Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231077/2/Gf/Mu

Linz, 08.01.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 30. November 2009, GZ Sich96-633-2009, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 30. November 2009, GZ Sich96-633-2009, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 84 Stunden) verhängt, weil er sich seit dem 15. April 2008 durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten habe; dadurch habe er eine Übertretung des § 31 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I  29/2009 (im Folgenden: FPG), begangen, weshalb er nach § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG zu bestrafen gewesen seien.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer wegen dieser Übertretung bereits zuvor mit Strafverfügung vom 13. August 2008 rechtskräftig bestraft worden sei, er es aber in der Folge weiterhin unterlassen habe, eine Anmeldebescheinigung gemäß § 53 FPG zu beantragen.

1.2. Gegen dieses ihm am 4. Dezember 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, nach den Angaben der Erstbehörde rechtzeitig eingebrachte Berufung.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass er sich lediglich zum Arbeiten in Österreich aufhalte und ca. fünf bis sieben Mal pro Jahr in die BRD fahre. Außerdem sei er in x ordnungsgemäß polizeilich gemeldet.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu GZ Sich96-633-2009; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und auch die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen schon gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis auch keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde u.a. dann nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie zwar rechtmäßig eingereist sind, aber während ihres Aufenthalts die zulässige Aufenthaltsdauer überschreiten (Z. 1).

Gemäß § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 29/2009 (im Folgenden: NAG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 200 Euro zu bestrafen, der als EWR-Bürger, der sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen und sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufgehalten hat, diesen Umstand nicht spätestens nach Ablauf von drei Monaten ab seiner Niederlassung der Behörde anzeigt.

3.2. Im gegenständlichen Fall geht sowohl aus dem Spruch als auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses unmissverständlich hervor, dass die Erstbehörde den Rechtsmittelwerber nicht wegen einer Übertretung des Grunddeliktes des § 120 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG, sondern vielmehr wegen der Begehung des Spezialdeliktes des § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 Abs. 1 NAG belangen wollte.

Insoweit genügt jedoch der Spruch des angefochtenen, offensichtlich bloß eine Bestrafung wegen § 120 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG intendierenden Straferkenntnisses nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG, weil der Tatbestand des Deliktes des § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 Abs. 1 NAG nicht – wie im angefochtenen Straferkenntnis angeführt – die Beantragung einer Anmeldebescheinigung, sondern vielmehr die Feststellung der Nichtanzeige der Niederlassung voraussetzt.

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

Da dem Rechtsmittelwerber jedoch angelastet wurde, "sich seit dem 16. Juli 2008 unrechtmäßig" im Bundesgebiet aufzuhalten und auf diese Weise ein Tatzeitraum bis zur Erlassung des Straferkenntnisses, d.i. bis zum 30. November 2009, erfasst wurde, ist die Verfolgungsverjährungsfrist damit zumindest noch zum Teil offen, sodass das Strafverfahren jedenfalls insoweit nicht eingestellt werden konnte.

Ob der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall wegen einer Übertretung des § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 Abs. 1 NAG zu verfolgen ist, hat jedoch nicht der Oö. Verwaltungssenat, sondern vielmehr die Erstbehörde aus eigenem zu beurteilen; bejahendenfalls wäre dann insbesondere auch der wesentlich geringere Strafrahmen besonders zu  berücksichtigen.

3.4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

VwSen-231077/2/Gf/Mu vom 8. Jänner 2010:

§ 31 Abs. 1 Z. 1 FPG; § 53 Abs. 1 NAG; § 44a Z. 1 VStG; § 31 Abs. 2 VStG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG

– Sowohl aus dem Spruch als auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht unmissverständlich hervor, dass die Erstbehörde den Rechtsmittelwerber nicht wegen einer Übertretung des Grunddeliktes des § 120 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG, sondern vielmehr wegen der Begehung des Spezialdeliktes des § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 Abs. 1 NAG belangen wollte; damit genügt jedoch der Spruch des angefochtenen, offensichtlich bloß eine Bestrafung wegen § 120 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 31 Abs. 1 Z. 1 FPG intendierenden Straferkenntnisses nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG, weil der Tatbestand des Deliktes des § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 Abs. 1 NAG nicht – wie im angefochtenen Straferkenntnis angeführt – die Beantragung einer Anmeldebescheinigung, sondern vielmehr die Feststellung der Nichtanzeige der Niederlassung voraussetzt;

 

– Bloße Aufhebung ohne Einstellung, wenn dem Rechtsmittelwerber angelastet wurde, "sich seit dem 16. Juli 2008 unrechtmäßig" im Bundesgebiet aufzuhalten und auf diese Weise ein Tatzeitraum bis zur Erlassung des Straferkenntnisses, d.i. bis zum 30. November 2009, erfasst wurde, weil ist die Verfolgungsverjährungsfrist damit zumindest noch zum Teil offen ist.

 

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