Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281182/5/Py/Rd/Hu

Linz, 20.01.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des x,  vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. August 2009, Ge96-40-10-2009-Bd/Fr, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz  zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen auf 400 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden (Faktum 1) und auf 150 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Stunden (Faktum 2) herabgesetzt werden. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 55 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafen. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. August 2009, Ge96-40-10-2009-Bd/Fr, wurden über den Berufungswerber  Geldstrafen von 800 Euro, EFS 37 Stunden (Faktum 1) und von 300 Euro, EFS 14 Stunden (Faktum 2), wegen Verwaltungsübertretungen jeweils gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG sowie § 58 Abs.3, 1. Satz, iVm § 8 BauV und  (Fakten 1 und 2) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x in x, und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten habe,  dass im Zuge einer am 22.4.2009 von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz auf der Baustelle x, durchgeführten Baustellenkontrolle festgestellt worden sei, dass am genannten Tag die Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung nicht eingehalten worden sind.

Am 22.4.2009 waren 2 Arbeitnehmer der oben angeführten Firma mit Verputzarbeiten auf dem Fassadengerüst tätig, wobei das Gerüst folgende Mängel aufgewiesen haben:

1.      An den beiden Stirnseiten der 2. Etage des südseitig angebrachten      Gerüstes fehlten trotz einer Absturzhöhe von ca. 4,0 m Brust-, Mittel- und        Fußwehren.

         Dies stellt eine Übertretung des § 58 Abs.3 1. Satz, BauV iVm § 8      BauV dar, wonach die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen        sein müssen.

 

2.      An sämtlichen Etagen des Gerüstes fehlten an den Etagen bei einer    Absturzhöhe von  ca. 4,0 – 5,0 m die Fußwehren.

         Dies stellt eine Übertretung des § 58 Abs.3, 1. Satz, BauV iVm § 8 BauV      dar, wonach die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen sein müssen.     

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe auf das gesetzliche Mindestmaß, beantragt.

Begründend wurde ausgeführt, dass unbestritten bleibe, dass das auf der Baustelle in x aufgestellte Gerüst Sicherheitsmängel aufgewiesen habe. Ergänzend wäre jedoch festzuhalten, dass die x über kein eigenes Gerät verfüge und das Aufstellen von Gerüsten immer an Fremdfirmen vergeben werde, insbesondere an die Firma x aus x. Von dieser Firma seien bislang die Gerüste sicherheitstechnisch einwandfrei und vorschriftsmäßig und zur Zufriedenheit der x aufgestellt worden. Der neben dem Berufungswerber zweite Geschäftsführer x habe diese Baustelle in x für das Unternehmen akquiriert und in der Folge verantwortlich betreut und dort auch die Arbeiter an der Baustelle eingewiesen. Zum damaligen Zeitpunkt sei aber eine Gerüstung noch nicht erfolgt, da bis zur Arbeitshöhe von ca 2m die Arbeiten auch ohne Gerüst erledigt werden konnten. Erst danach sei das Gerüst von der Firma x aufgestellt worden. Herr x habe vor Beginn der Arbeiten auf dem Gerüst verabsäumt, dieses auf allfällige Sicherheitsmängel zu kontrollieren. Wegen dieser Unterlassung sei der weitere Geschäftsführer, Herr x, aufgrund derselben Rechtsvorschriften – rechtskräftig – zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

In der x bestehe zwischen den beiden Geschäftsführern eine Arbeitsteilung dahin, dass ab der Auftragshereinnahme jeder Geschäftsführer für die Baustelle ausschließlich zuständig sei, der den Auftrag akquiriert habe. Die Verantwortung für sämtliche auf einem Bauvorhaben (Baustelle) anfallenden Tätigkeiten und Überwachungen liege ausschließlich bei einem der beiden Geschäftsführer. Eine vorherige Bekanntgabe eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 ArbIG sei daher nicht möglich, weil weder eine räumliche noch eine Aufgabenteilung nach Betätigung im Vorhinein feststehe. Der jeweils weitere Geschäftsführer menge sich in betriebliche Abläufe auf der Baustelle des anderen – mit Ausnahme von Verhinderungsfällen – nicht ein. Mit dieser seit der Firmengründung bestehenden Aufgabenteilung und umfassenden Zuständigkeit der Verantwortung eines Geschäftsführers auf  einer Baustelle haben die Geschäftsführer beste Erfahrungen gemacht, zumal die daraus entstehende Klarstellung, wer Ansprechpartner der Arbeitnehmer ist, die Einhaltung der Vorschriften und Normen am besten gewährleiste. Aufgrund der Kompetenz und Zuverlässigkeit beider Geschäftsführer habe es bislang auch keinerlei Verletzung von Schutzvorschriften zu beanstanden gegeben, weshalb eine "Nachkontrolle" durch den nicht zuständigen Geschäftsführer auf der Baustelle des anderen nicht notwendig gewesen sei und an der betrieblichen Realität im Wirtschaftsleben vorbei gehe. Die freimütige und zutreffende Angabe des Berufungswerbers, die Baustelle nicht einmal zu kennen, bestätige nur die Richtigkeit der aufgestellten Behauptung und könne darin keine Fahrlässigkeit des Berufungswerber abgeleitet werden.

Angesichts der im gegenständlichen Fall erfolgten Bestrafung des weiteren Geschäftsführers und der aufgrund des gegenständlichen Anlasses verschärften Kontrollmaßnahmen durch den Berufungswerber erscheinen weder spezial- noch generalpräventive Gründe für das Verhängen einer weiteren Bestrafung des an sich unbeteiligten und unbescholtenen Berufungswerbers nicht notwendig.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde  hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt und gab dieses in ihrer Stellungnahme an, dass laut Firmenbuchauszug sowohl der Berufungswerber als auch  x als handelsrechtliche Geschäftsführer ausgewiesen sind und im erstinstanzlichen Verfahren kein Gesellschaftsvertrag bezüglich der Zuteilung der Baustellen vorgelegt worden sei. Es seien daher grundsätzlich beide Geschäftsführer verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, wobei, da Herr x bereits rechtskräftig verurteilt wurde, kein Einwand gegen eine geringfügige Herabsetzung des Strafausmaßes bestehe.    

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 58 Abs.3 Satz BauV müssen die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein. Bretter mit einem Mindestquerschnitt von 12/2,4 cm dürfen als Brustwehren verwendet werden

1.      bei einem Steherabstand von nicht mehr als 2,0 m

2.      bei einem Steherabstand von nicht mehr als 3,0 m,

wenn die Bretter mit den Stehern verschraubt sind.

 

Gemäß § 8 Abs.1 sind geeignete Absturzsicherungen

1.      tragsichere und unverschiebbare Abdeckungen von Öffnungen und Vertiefungen oder

2.      Umwehrungen (Geländer) an den Absturzkanten, die aus Brust-, Mittel- und Fußwehren bestehen. Bei Wandöffnungen, Stiegenpodesten und Standflächen zur Bedienung oder Wartung von Maschinen bis zu einer Absturzhöhe von 2,0 m und bei Stiegenläufen können die Fußwehren entfallen.

 

Gemäß § 8 Abs.2 müssen Brust-, Mittel- und Fußwehren aus widerstandsfähigem Material hergestellt und so befestigt sein, dass die nicht unbeabsichtigt gelöst werden können. Werden Wehren aufgesteckt oder mit Klammern oder Nägeln befestigt, müssen sie derart angebracht sein, dass sie bei Belastung gegen die Stützen gedrückt werden. Brustwehren müssen in mindestens 1,0 m Höhe über den Arbeitsplätzen oder Verkehrswegen angebracht und für eine waagrecht angreifende Kraft von 0,3 kN in ungünstiger Stellung bemessen sein. Fußwehren müssen mindestens 12 cm hoch sein. Mittelwehren müssen zwischen Brustwehren und Fußwehren derart angebracht werden, dass die lichten Abstände zwischen den Wehren nicht mehr als 47 cm betragen.

 

4.2. Vom Berufungswerber wurde unbestritten belassen, dass das auf der Baustelle in x aufgestellte Gerüst – wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher ausgeführte – Sicherheitsmängel aufgewiesen habe. Weiters wurde auch nicht bestritten, dass im genannten Unternehmen kein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG iVm § 23 Abs.1 ArbIG bestellt und dem zuständigen Arbeitsinspektorat namhaft gemacht wurde. Es erfüllt daher der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen, weshalb er diese auch verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat.

 

4.3. Der Berufungswerber hat die Verwaltungsübertretungen aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Dem Berufungswerber ist es mit seinem Berufungsvorbringen nicht gelungen, sich von seinem schuldhaften Verhalten zu befreien. Vom Berufungswerber wurde zwar eingewendet, dass innerhalb der x zwischen den beiden Geschäftsführern eine Arbeitsteilung dahingehend bestehe, dass ab der Auftragserteilung der Geschäftsführer ausschließlich für die Baustelle zuständig sei, der den Auftrag akquiriert habe. Die Verantwortung für sämtliche auf einem Bauvorhaben (Baustelle) anfallenden Tätigkeiten und Überwachungen würden ausschließlich bei einem der beiden Geschäftsführer liegen und würde sich – mit Ausnahme von Verhinderungsfällen – der jeweils andere Geschäftsführer sich nicht in die betrieblichen Abläufe der Baustelle des anderen einmischen. Durch diese interne Arbeitsteilung sei es auch nicht möglich, einen verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 ArbIG zu bestellen, da weder eine räumliche Aufgabenteilung noch eine Aufgabenteilung nach Betätigung im Vorhinein feststehe.

 

Darauf ist zu erwidern, dass bei mehreren zur Vertretung nach außen Berufenen einer juristischen Person jeder aus diesem Personenkreis, soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die juristische Person strafrechtlich verantwortlich ist. Ist daher bei einer juristischen Person keine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG iVm § 23 Abs.1 ArbIG erfolgt, so ist jeder zur Vertretung nach außen Berufene der juristischen Person verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Der Verwaltungsgerichtshof hat hiezu auch ausgesprochen, dass bei einer Mehrzahl von zur Vertretung nach außen berufenen Organen einer juristischen Person diese die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit kumulativ, sohin nebeneinander, zu tragen haben. Eine bloß interne Aufgaben- und Verantwortungsaufteilung ist irrelevant (vgl. VwGH vom 5.9.1997, Zl. 97/02/0235, 14.12.1994, Zl. 94/03/0138).

 

Bis zur allfälligen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten bleibt grundsätzlich die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung bei den zur Vertretung nach außen berufenen Organen einer juristischen Person,  unabhängig von deren Anzahl. Wie bereits oben ausgeführt, wurde bislang kein verantwortlicher Beauftragter bestellt und dem Arbeitsinspektorat entsprechend gemeldet, sodass die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bei dem (jedem) zur Vertretung nach außen berufenen Organ der juristischen Person haften bleibt. Durch die rechtskräftige Bestrafung des "zweiten" Geschäftsführers wegen derselben Sache ist der Strafanspruch gegenüber dem Berufungswerber nicht erloschen, weshalb er auch verwaltungsstrafrechtlich belangt werden kann.

 

Der Berufungswerber bringt weiters vor, dass aufgrund der Kompetenz und Zuverlässigkeit beider Geschäftsführer bislang eine Verletzung von arbeitnehmerschutz­rechtlichen Bestimmungen nicht vorgekommen sei, und daher auch keine "Nachkontrolle" durch den nicht zuständigen Geschäftsführer auf der Baustelle des anderen notwendig gewesen sei. Im Übrigen würde diese Vorgehensweise an der betrieblichen Realität im Wirtschaftsleben vorbeigehen.           

 

Ob der Arbeitgeber persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich (entsprechend der Mitwirkungspflicht) darauf zu berufen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

 

Hat der Arbeitgeber eingestanden, die gegenständliche Baustelle selbst nie gesehen und auch keine Auftragsunterlagen eingesehen zu haben, weshalb er über die Gegebenheiten keine Angaben machen könne, fehlt es an einer Kontrolle des innerbetrieblich zur Durchführung der Arbeiten Anordnungsbefugten, sodass nicht vom Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems, das die Einhaltung der (arbeitnehmerschutzrechtlichen) Vorschriften mit gutem Grund erwarten lässt, ausgegangen werden kann (vgl. VwGH 25.1.2005, 2004/02/0294).

 

Weitere, als die Kompetenz und Zuverlässigkeit des zweiten Geschäftsführers hervorhebende, Angaben hinsichtlich eines effektiven und effizienten Kontrollsystems im Betrieb des Berufungswerbers, insbesondere hinsichtlich der Kontrolle der Angewiesen, wann, wie oft und durch wen Kontrollen stattfinden, ist der Berufungswerber hingegen schuldig geblieben, sodass von keinem der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Kontrollsystem auszugehen gewesen ist. Auch der Hinweis, wonach das Aufstellen von Gerüsten generell an Fremdfirmen vergeben werde und es bislang mit der Firma x keine Probleme gegeben habe, entbindet den Berufungswerber nicht von der Verpflichtung zur Kontrolle der Baustellen bezüglich der Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen der aufgestellten Gerüste.

 

5. Zur Strafbemessung wird Nachstehendes bemerkt:

 

5.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

5.2. Die Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

 

5.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen von 800 Euro und 300 Euro bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro festgesetzt. Hinweise, wonach es sich um einen Wiederholungsfall handeln würde, konnten laut  vorgelegtem Akten nicht entnommen werden, sodass von keinem erhöhten Strafrahmen auszugehen war. Darüber hinaus wurde der Strafbemessung ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen, Kreditrückzahlungen von ca. 130.000 Euro und die Sorgepflicht für ein Kind, zugrunde gelegt. Mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet; Schuldausschließungsgründe oder sonstige Entlastungsgründe konnten nicht gefunden werden.

 

5.4. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die von der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis festgesetzten Geldstrafen von 800 Euro bzw 300 Euro durchaus tat- und schuldangemessen sind und einer Überprüfung standhalten. Dennoch waren die verhängten Geldstrafen auf das nunmehr festgesetzte Strafausmaß herabzusetzen, zumal bereits der zweite Geschäftsführer diesbezüglich rechtskräftig bestraft wurde und daher der generalpräventive Aspekt bei der Strafbemessung weitgehend weggefallen ist. Im Übrigen wurde auch seitens des Arbeitsinspektorates aufgrund dieses Umstandes einer Herabsetzung der Geldstrafen nicht entgegengetreten.

 

Einer weitergehenden Herabsetzung der Geldstrafen, insbesondere im Hinblick auf Faktum 1, stand allerdings die Tatsache entgegen, dass weder Brust-, Mittel- Fußwehren angebracht waren und daher doch erheblich gegen die relevanten Schutzbestimmungen des ASchG verstoßen wurde.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen waren auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafen herabzusetzen.

 

Weil ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe nicht festzustellen war, war § 20 VStG mit einer außerordentlichen Milderung nicht vorzugehen.

Auch liegt keine Geringfügigkeit des Verschuldens vor, da das Verhalten des Beschuldigten nicht weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt, weshalb ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht in Betracht kommt.

 

6. Weil die Geldstrafen herabgesetzt wurden, war gemäß § 64 VStG der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz zu ermäßigen. Im Grunde der Strafherabsetzung hatte die Berufung teilweise Erfolg und entfällt daher die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG.     

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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