Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252275/21/Py/Hu

Linz, 20.01.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung der Frau x, vertreten durch Rechtsanwältin x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Mai 2008, GZ: 102501/2007,  wegen Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. Jänner 2010 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängten Geldstrafen auf je 500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 17 Stunden, herabgesetzt.

 

II.     Der Beitrag der Berufungswerberin zu den Verfahrenskosten der Erstbehörde verringert sich auf 100 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Mai 2008, GZ: 102501/2007, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw)  wegen Übertretungen nach § 3 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungs­gesetz – AuslBG 1975, zwei Geldstrafen in Höhe von je 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 33 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 200 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung befugte Person der Firma x  zu verantworten, dass von dieser Firma zu den einzeln angeführten Zeiten die nachfolgenden ausländischen Staatsbürger in den jeweils angeführten Funktionen beschäftigt wurden, obwohl für diese ausländischen Staatsangehörigen weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, für diese Personen auch kein Feststellungsbescheid durch das regionale AMS ausgestellt wurde und die Ausländer auch nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis, eines Befreiungsscheines oder eines entsprechenden Niederlassungsnachweises waren:

1. x, geb. x, von 23.02.2007 bis 15.05.2007 als Kellnerin bzw. Kassierin und

2. x, geb. x, von 05.04.2007 bis 15.05.2007 als Küchenhilfskraft."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen sei. Dem Vorbringen der Bw, wonach es sich bei den beiden ausländischen Staatsangehörigen um Gesellschafter handelt die daher nicht unter die Bestimmungen des AuslBG fallen, müsse entgegen gehalten werden, dass beide Ausländer bei typischen Arbeitnehmertätigkeiten angetroffen wurden, was von ihnen auch im Personenblatt bestätigt wurde. Zudem lasse die angegebene Beschäftigungsdauer von 8 Stunden pro Tag, 7 Tage pro Woche, nur einen geringen Spielraum für sogenannte Geschäftsführertätigkeiten.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass als strafmildernd der Umstand gewertet wurde, dass die Bw zum Tatzeitpunkt noch unbescholten war, straferschwerende Umstände seien nicht hervorgekommen. Hinsichtlich der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse gehe die Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 3.000 Euro aus sowie dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten aus.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Bw im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 27. Oktober 2009. Darin wendet die Bw zum einen Verjährung an, zum anderen sei im erstinstanzlichen Verfahren das Parteiengehör nicht gewahrt worden. In der Sache bringt die Bw vor, dass die aktiver Mitarbeit der Gesellschafter im Service bzw. in der Küche des Lokales neben einer Geschäftsführertätigkeit maßgeblich ist für den Erfolg des Unternehmens ist und zwischenzeitig der Gesellschaftsvertrag entsprechend geändert wurde. Zu ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen führt die Bw aus, dass sie ein monatliches Einkommen in Höhe von 500 Euro beziehe. In der mündlichen Berufungsverhandlung ergänzte die Bw ihre diesbezüglichen Angaben und teilte mit, dass sie zudem für ein Kind sorgepflichtig ist.

 

3. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2009 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. Jänner 2010. An dieser haben die Bw mit ihrer Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz als Parteien teilgenommen. Als Zeuge wurde ein an der gegenständlichen Kontrolle beteiligter Beamte der Finanzverwaltung, KIAB, einvernommen. In der Berufungsverhandlung schränkte die Bw ihre Berufung auf die von der Erstbehörde verhängte Strafhöhe ein und brachte zum Verschulden ergänzend vor, dass sie gemeinsam mit den beiden Gesellschaftern bei der Gründung der Gesellschaft einen Notar zu Rate gezogen habe. Sie sei davon ausgegangen, dass sie von diesem auf allenfalls erforderliche behördliche Genehmigungen im Zusammenhang mit der Betriebsaufnahme aufmerksam gemacht wird. Da dies nicht der Fall war, ging die Bw bis zur gegenständlichen Kontrolle immer davon aus, sich rechtmäßig zu verhalten. Jedenfalls sei es ihr Bestreben gewesen, das Unternehmen rechtskonform zu betreiben und sei inzwischen eine entsprechende Gesellschaftsform gewählt und die erforderlichen Feststellungsbescheide eingeholt worden. Der Vertreter der Organpartei stimmte in der Berufungsverhandlung aufgrund der besonderen Sachlage einer Anwendung des § 20 VStG zu.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zum Berufungsvorbringen der eingesetzten Verfolgungsverjährung ist auszuführen, dass die Aufforderung zur Rechtfertigung der belangten Behörde vom 11. Juni 2007 an die x bzw. deren gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung befugte Personen und somit nicht an eine bestimmte individuell bezeichnete physische Person gerichtet war. Jedoch wurde der Bw von der Erstbehörde mit Schreiben vom 17. März 2008 – und somit innerhalb der in § 28 Abs.2 AuslBG iVm § 31 Abs.2 VStG festgesetzten Verjährungsfrist von einem Jahr – die Stellungnahme der am Verfahren beteiligten Organpartei vom 14. März 2008 zur Kenntnis gebracht. Von der Bw wurde dazu im Wege ihrer rechtsfreundlichen Vertretung mit Schreiben vom 29. April 2008 Stellung genommen, weshalb der in der Berufung erhobene Vorwurf, es sei Verfolgungsverjährung eingetreten, nicht zu Recht besteht.

 

5.2. Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Die Erstbehörde hat bei der Strafbemessung als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit der Bw gewertet.

 

Als mildernd ist im gegenständlichen Verfahren zudem die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates nahezu drei Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Milderungsgründe und im Hinblick auf das von der Bw vorgebrachte Tateingeständnis konnte daher unter Anwendung des § 20 VStG die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe auf 500 Euro herabgesetzt werden, zumal Erschwerungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

 

Die Tat bleibt jedoch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre, da bei Beschäftigung illegaler Arbeitskräfte der zu erwartende volkswirtschaftliche Schaden nicht unbedeutend ist. Mit der nunmehr verhängten Strafe ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates die erforderliche Sanktion gesetzt, um der Bw die Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und sie künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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