Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522458/2/Bi/Th

Linz, 14.01.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA Dr. X, vom 8. Dezember 2009 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 23. November 2009, VerkR21-211-2009/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3, 3 Abs.2, 32 Abs.1, 30 Abs.1 FSG die am 8. März 2005 von der BH Linz-Land, VerkR20-738-2005/LL für die Klassen B, C, E und F erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von 26 Monaten, gerechnet ab  5. Juni 2009 (Zustellung des Mandatsbescheides vom 29. Mai 2009), entzogen und für den selben Zeitraum ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraft­fahr­zeuge und Invalidenkraftfahrzeuge ausgesprochen und das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Gemäß § 24 Abs.3 FSG wurde die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung vor Ablauf der Entziehungsdauer angeordnet und gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung einer allfällig dagegen eingebrachten Berufung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 26. November 2009.

 

2. Ausschließlich gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw frist­gerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungs­vor­entscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Ober­öster­reich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzel­mitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw beantragt die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf 17 Monate, zumal das Urteil nicht mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges in Zusammenhang stehe, er nicht selbst drogenabhängig sei und deshalb auch keine Beein­trächtigung der Verkehrszuverlässigkeit gegeben sei. Die über ihn verhängte Strafe werde ihn von der Begehung neuerlicher Straftaten im ggst Zusammen­hang abhalten. Die ggst Straftat sei durch eine zumindest im Lichte des Art.6 EMRK bedenkliche Tatprovokation verursacht worden. Er sei bis zur ggst Ver­urteilung unbescholten gewesen, daher seien maximal 17 Monate Ent­ziehungs­dauer angemessen und gerechtfertigt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 11. September 2009, 15 Hv 69/09d, wegen

A) des Verbrechens des Suchtgift­handels nach § 28a Abs.1 2. und 3. Fall, Abs.4 Z3 SMG als Beteiligter nach § 12, 3. Alt. StGB,

B) I. des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 5.Fall, Abs.4 Z3 SMG  teilweise als Beteiligter nach § 12, 2. Alt. StGB und

B) II. des versuchten Verbrechens des Suchtgifthandels nach den §§ 15 Abs.1 StGB, 28a Abs.1 5. Fall, Abs.4 Z3 SMG und

C) des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs.1 Z1, 1. und 2. Fall, Abs.2 SMG zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von drei Jahren (unter Anrechnung der Vorhaftzeit von 21.2.2009 bis 11.9.2009) verurteilt wurde.

Der 1957 geborene Bw wurde schuldig erkannt, in Traun, Wels, Linz und anderen Orten vorschrifts­widrig

A) zur Ein- und Ausfuhr von Suchtgift in einer das 25-fache der Grenz­menge übersteigenden Menge beigetragen zu haben, indem er etwa Anfang des Jahres 2009 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem bislang nicht ausgeforschten namens "X" als Mittäter einen bislang nicht ausgeforschten Lkw-Fahrer namens "X" oder "X" beauftragte, etwa 1.300g Heroin mit einem Reinheitsgehalt von 23,6 +/- 1,5% Heroin Base und 0,43 +/- 0,04% Monoacetylmorphin Base von der Türkei aus- und nach Österreich einzuführen, insbesondere indem er seine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme bereitstellte, B) Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge andern überlassen bzw einen anderen hiezu bestimmt zu haben, und zwar

I. indem er in der Zeit von etwa Anfang Jänner 2009 bis zuletzt am 21.2.2009

1) insgesamt etwa 120 g Heroin – über Vermittlung des gesondert verfolgten  S.T. – an den gesondert verfolgten S.S. verkaufte,

2) etwa 80 bis 100 g Heroin an den gesondert verfolgten X verkaufte,

3) etwa 50 g Heroin – über Vermittlung des gesondert verfolgten X – an einen bislang Unbekannten namens "X" verkaufte,

4) insgesamt etwa 11 g Heroin an den gesondert verfolgten X übergab und diesen beauftragte, die genannte Suchtgiftmenge weiterzuverkaufen, wobei es sich bei der Abnehmerin um eine verdeckte Ermittlerin des Bundeskriminalamtes handelte, und

II. indem er als Mittäter im bewussten und gewollten Zusammen­wirken mit X und X, am 21.2. 2009 974,7 g Heroin (netto) mit einer Reinsubstanz von 230 +/- 15 g Heroin Base und 4,2 +/- 0,35 g Monoacetylmorphin Base um den Betrag von 26.000 Euro an einen verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamtes verkaufte, wobei die Tat infolge Betretung und Festnahme beim Versuch blieb, und

C) Suchtgift, nämlich Heroin, in der Zeit von etwa Februar 2007 bis um den 21.2.2009 in wiederholten Angriffen erwarb und besaß, wobei er die Straftaten ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging.

 

Mildernd wurde beim Bw die geständige Verantwortung, die bisherige Unbe­scholtenheit, die großteilige Sicherstellung und der Umstand, dass die Taten teil­weise beim Versuch blieben, gewertet; erschwerend war das Zusammen­treffen von Verbrechen und Vergehen. Festgehalten wurde im Urteil die Dominanz des Bw (der Zweitangeklagte X und der Drittangeklagte X waren als Schwie­ger­sohn und Sohn des Bw in die Sache eingeweiht und konnten die ihnen vom Bw zugewiesenen Aufgaben im Zuge der geplanten Kaufabwicklung aufgrund des in der türkischen Kultur teilweise noch vorherrschenden Patriachats nicht ablehnen), der grenzüberschreitende Suchtgiftschmuggel aus rein mone­tären Aspekten – er bezog mangels Beschäftigung Notstandsunterstützung und hatte weder Vermögen noch Sorgepflichten, aber erhebliche Schulden – in der Absicht, eine fortlaufende Einnahmequelle zu erschließen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt wer­den, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) an­ge­­nommen werden muss, dass sie sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 SMG, BGBl.I Nr.112/1997, begangen hat.

Die Bestimmung nach § 28a SMG wurde durch die Suchtmittelgesetz-Novelle 2007 ab 1. Jänner 2008 in Kraft gesetzt und beinhaltet wie zuvor § 28 SMG den Suchtgifthandel. Eine entsprechende Novellierung hinsichtlich § 7 Abs.3 Z11 FSG ist jedoch (noch) nicht erfolgt. Der Unabhängige Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, dass eine strafbare Handlung nach § 28a SMG (weiterhin) eine bestimmte Tatsache nach § 7 Abs.3 FSG bildet; dies insbesondere auch deshalb, weil die dort aufgelisteten Tatsachen nur demonstrativ aufscheinen. Eine andere Betrachtungsweise würde zum Ergebnis führen, dass zwar die Vorbereitung zum Suchtgifthandel (nunmehr § 28 SMG) eine bestimmte Tatsache wäre, der eigent­liche Handel (nunmehr § 28a SMG) aber nicht. In Anbetracht dessen ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht, dass eine strafbare Handlung nach § 28a SMG weiterhin unter Ziffer 11 des § 7 Abs.3 FSG zu subsumieren ist (vgl UVS Oö. VwSen-522163).

 

Im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung wegen der Verbrechen nach § 28a Abs.1 2. und 3. Fall und 5. Fall und Abs.1 5.Fall SMG hat der Bw ohne jeden Zweifel eine die Ver­kehrs­unzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG verwirklicht. Auch wenn der Bw im Zuge der Begehung der Straftaten kein Kraftfahrzeug verwendet haben sollte, ist zweifels­ohne davon auszugehen, dass die Begehung der im Urteil genannten Taten typischerweise durch die Verwen­dung eines Kraftfahrzeuges erleichtert wird (vgl VwGH 1.12.1992, 92/11/0057). Es besteht daher die Gefahr, dass er sich in Zukunft diese erleichternden Umstände bei Gelegen­heit  zunutze macht.

 

Gemäß § 28a Abs.1 ist zu bestrafen, wer vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) übersteigenden Menge erzeugt, einführt, ausführt oder einem anderen anbietet, überlässt oder verschafft. Gemäß Abs.4 Z3 unterliegt einer höheren Strafdrohung, wer die Straftat nach Abs.1 in Bezug auf Suchtgift in einer das 25fache der Grenzmenge übersteigenden Menge begeht.

 

Verbrechen nach § 28a Suchtmittelgesetz sind wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen verwerflich und gefährlich. Der Bw hat nicht geringe Mengen Heroin an verschiedene Personen verkauft und diesen damit den Konsum bzw Weiterverkauf von Heroin ermöglicht. Das Überlassen von Suchtgift, speziell Heroin, an andere Personen ist vor allem im Hinblick auf die Schaffung und Aus­nutzung von Abhängigkeiten als besonders sozial­schädlich zu beurteilen, zumal es sich bei Heroin um eine harte und extrem gefährliche Droge handelt und die Abhängigkeit davon letztlich den Tod bedeutet. Dass es beim trotz der von ihm als "Familienoberhaupt" erzwungenen Mitbe­teiligung seines Sohnes und seines Schwiegersohnes für den Bw äußerst lukrativ schein­enden Verkauf von 975 g Heroin (!) am 21.2.2009 letztlich beim Versuch blieb, weil er dabei an einen verdeckten Ermittler des BKA geriet, hatte aufgrund des Umstandes, dass er sich bei seiner Verhaftung noch in der Vorbereitungs­phase des Verkaufs befand, die Verurteilung wegen Versuchs zur Folge, wobei aber kein Zweifel besteht, dass der Bw den Verkauf mit einem anderen Vertrags­partner schon aus finanziellem Eigennutz ohne alle Skrupel abgewickelt hätte.  

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung der Lenkberechtigung wegen man­gelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Im Hinblick auf die Wertung iSd § 7 Abs.4 FSG, die für die der Festsetzung der Entziehungsdauer zugrundeliegende Prognose, wann der Bw die Verkehrszu­verlässigkeit wieder erlangen wird, maßgebend ist, war zu berücksichtigen, dass es sich bei der strafbaren Handlung nach § 28a Abs.1 SMG offenbar um den begonnenen, letztlich aber daneben gegangenen Beginn einer großangelegten Karriere des Bw als Zwischenhändler für Heroin gehandelt hat, das strafbare Verhalten aber letztlich nur etwa einen Monat gedauert hat, wobei es sich bei Heroin allerdings um eine harte Droge handelt und der Umstand, dass der Bw an einen verdeckten Ermittler geriet, Zufall war. Selbst wenn er nach eigener Darstellung selbst nicht heroinabhängig war – er hat laut Gerichtsurteil von Februar 2007 bis 21. Februar 2009 mehrmals Heroin zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen – ist davon auszugehen, dass er mit dem Weiterverkauf ohne Rücksicht auf die Folgen für die Abnehmer bzw Konsumenten des Heroin zusätzlich zu seinem Bezug der Notstandshilfe seinen finanziellen Spielraum erweitern wollte.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt zur Auffassung, dass mit einer Entziehungs- bzw Verbotsdauer von 26 Monaten (gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides am 5. Juni 2009, dh bis 5. August 2011), die einer 29mo­natigen Dauer der Verkehrsunzu­verlässig­keit, gerechnet ab Beendigung des strafbaren Verhaltens am 21. Februar 2009, gleichkommt, das Auslangen im Sinne einer Prognose, dass der Bw bis dahin seine zutiefst menschenverachtende Lebens­ein­stellung überwunden und die Verkehrs­zuverlässigkeit wiedererlangt haben wird, gerade noch gefunden werden kann (vgl VwGH 21.2.1997, 96/11/0327; 10.11.1998, 97/11/0107).

 

Sein Argument in der Berufung, es sei zu berücksichtigen, dass die Straftat durch eine im Licht des Art.6 EMRK bedenkliche Tatprovokation verursacht worden sei, vermag der Unabhängige Verwaltungssenat angesichts des Umstandes, dass 975g Heroin geeignet gewesen wären, einer für ihn nicht mehr überschaubaren Zahl von Menschen Abhängigkeit mit schlechtesten Entzugschancen bis zum qual­­vollen Tod zu bereiten, in keiner Weise nachzuvollziehen. Den von ihm konkret beantragten 17 Monaten Entziehungsdauer vermag der Unabhängige Ver­­waltungs­senat schon aufgrund des Charakters der Entziehung der Lenk­berechtigung als Sicherungs­maßnahme zur Vermeidung zukünftigen Missbrauchs durch den Bw (vgl VwGH 6.7.2004, 2002/11/0171 mit Vorjudikatur) nichts abzugewinnen.

Es war daher im Anfechtungsumfang spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Verkauf v. Heroin § 28a Abs.1 + Abs.4 Z3 SMG mit Versuch des Verkaufs v. 975 g Heroin an verdeckten Ermittler – Urteil 3 Jahre unbedingt FSE ab Verhaftung 29 Monate – bestätigt.

 

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