Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300869/2/WEI/Sta

Linz, 28.01.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X, X, X, vertreten durch X, X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 9. Jänner 2009, Zl. Pol 96-199-2008, wegen einer Verwaltungsübertretungen nach dem § 5 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 77/2007) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird in der Schuldfrage insoweit Folge gegeben als bei der Tatanlastung im Nebensatz "dass durch die Tiere dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden" die Worte "gefährdet oder" ersatzlos zu entfallen haben. Im Übrigen wird der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses bestätigt.

 

              Aus Anlass der Berufung wird die Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 70 Stunden reduziert.

 

II.              Der Berufungswerber hat im Verfahren erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 30 Euro zu leisten. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiterer Kostenbeitrags.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; § 64 Abs 1 und 2 und § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben als Halter der auf dem Areal Ihrer Straußenzucht gehaltenen Strauße zu verantworten, dass diese am 09.09.2008, 18:12 Uhr, in X, X, in einer Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt wurden, dass durch die Tiere dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden, indem einer der von Ihnen gehaltenen Vögel aus dem umzäunten Gehege entweichen und bis in den Garten von Frau X, X, X, vordringen konnte. In diesem Garten konnte sich der Strauß schließlich völlig unbeaufsichtigt bewegen und dort die Äpfel von den Bäumen fressen."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 5 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden dem Bw gemäß § 64 VStG der Betrag von 50 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 13. Jänner 2009 zugestellt wurde, richtet sich die am
19. Jänner 2009 um 15:50 Uhr rechtzeitig per Telefax eingebrachte Berufung, in der auf die Rechtfertigung vom 7. November 2008 (richtiges Datum der Eingabe ist der 6.11.2008) verwiesen wird. Darin wird der Vorfall im Ergebnis bagatellisiert.

 

Die Berufung führt ergänzend zum Tatbestand "Belästigung" an, dass es von mangelnder Bereitschaft zur guten Nachbarschaft zeige, wenn Bauersleute ihren Nachbar anzeigen, wenn sein Straußvogel ein paar "Glaubäpfel" auf ihrem Grund frist. Was solle man da noch ergänzend hinzufügen, als nur noch zu sagen: Schämen sollten sie sich!

 

Zum Tatbestand "Gefährdung dritter Personen" argumentiert die Berufung, dass nach dem neuen Tierschutzgesetz (gemeint: des Bundes) Straußvögel als landwirtschaftliches Nutzvieh gelten. Wären sie besonders gefährlich, hätten sie diese Einstufung nicht erhalten. Ein vom Rechtsvertreter zur Gefährlichkeit von Straußvögel befragter Sachverständiger habe geantwortet, dass man das nicht sagen könne. Jedes Tier könnte gefährlich werden, vor allem dann, wenn es seine Jungen schützt und verteidigt.

 

Der Bw betriebe seine Straußenfarm in X schon über 14 Jahre. Es sei noch nie jemand zu Schaden gekommen. Daher sollte die Behörde endlich aufhören von "Gefährdung" zu reden. Dies ginge einfach an der Wirklichkeit vorbei.

 

Die Berufung wendet sich auch gegen das Strafausmaß. Der Bw sei Rentner und seine Rente betrage 1.200 Euro. Die Einkünfte aus der Straußenzucht würden im Ergebnis mit Null zu bewerten sein.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

2.1. Mit Anzeige (GENDIS-Anzeige) der Polizeiinspektion (PI) Laakirchen vom
25. September 2008, Zl. A1/0000014084/01/2008$4, wurde der Bw wegen des Verdachts der nicht ordnungsgemäßen Haltung und Verwahrung von Straußenvögeln angezeigt.

 

Als Begehungszeit wird der 9. September 2008/18:12 Uhr und als Tatort der Gartenbereich des Einfamilienhauses in X in X angegeben Zur Tatbeschreibung wird ausgeführt, dass Frau X bei der telefonischen Anzeigeerstattung angegeben habe, dass sich ein Strauß in ihrem Garten befinden und dort Äpfel von den Bäumen fressen würde.

 

Der Verdächtige X habe angegeben, dass er schon seit 15 Minuten versuchen würde, den Strauß einzufangen. Beim Eintreffen der Beamten habe sich der Strauß auf der gegenüberliegenden Wiese des Objektes X befunden und X hätte ihn verfolgt, um ihn einzufangen.

 

 2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21. Oktober 2008 hat die belangte Behörde dem Bw die Tat genauso wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet.

 

In der Rechtfertigung vom 6. November 2008 behauptete der Bw zunächst, dass er sich nicht erinnern könne. Sollte tatsächlich ein Vogel entwichen sein und Äpfel von Bäumen gefressen haben, so sei er bereit, dem Besitzer des Garten den doppelten Lagerhauspreis zu vergüten. Nur die Anzeigerin habe gar keinen Garten.

 

Bei der Tierhaltung sei nur eine relative Sicherheit möglich. Das beginne schon mit bellenden oder bissigen Hunden bis hin zu brüllenden, stoßenden "Rindviechern" oder schlagenden Pferden. Auch ein krähender Hahn wäre schon für böse oder sensible Nachbarn Grund gewesen, seinen Patron bei Gericht wegen "Lärmbelästigung" zu verklagen. Die Behörden wissen zwischen ernsthaften Verstößen und Lächerlichkeiten zu unterscheiden. Abschließend heißt es wörtlich: "Daß dem Straußvogel die sauren Mostbirnen lieber waren, als das saure Gesicht der ÖVP-Tante X, sollte auch die Behörde dem Strauß nicht nachtragen."

 

2.3. Mit Schreiben vom 11. November 2008 holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der PI Laakirchen zur Rechtfertigung des Bw ein. Im Schreiben der PI Laakirchen vom 13. November 2008, Zl. A1/14084/2008-Ste, berichtete der Meldungsleger Insp. X, dass bei Eintreffen der Beamten beim Objekt X in X der Bw gegenüber diesem Objekt (getrennt durch den Güterweg X) angetroffen wurde, als er versuchte den Strauß einzufangen. Der Meldungsleger habe ihm persönlich mitgeteilt, dass sein Strauß Äpfel aus dem Garten gefressen hätte und er wieder angezeigt werde. Der Bw hätte geantwortet, dass er seit 15 Minuten versuchen würde, den Strauß einzufangen. Dass sich dieser an den Vorfall nicht mehr erinnern könne, sei daher unbegreiflich.

 

Zum Tatort wird in der Stellungnahme der PI Laakirchen berichtet, dass die Objekte X und X in X über einen gemeinsamen Gartenbereich verfügen, wobei der gegenständliche Garten von X genutzt und betreut werde.

 

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 12. Dezember 2008 hat die belangte Behörde dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters die Stellungnahme der PI Laakirchen wörtlich mitgeteilt. Der Strauß konnte den von Frau X benutzten und betreuten Garten, der im Besitz ihres Vaters sei, betreten, sich dort frei bewegen und Äpfel von den Bäumen fressen.

 

Mit dazu eingebrachter Stellungnahme vom 22. Dezember 2008 kritisiert der Bw, dass die belangte Behörde die Begriffe "Gefährdung" und "Belästigung" immer nur im Zusammenhange verwendet und nicht einzeln definiert. Gefährdung lasse sich objektiv erklären, während Belästigung subjektiv und psychisch bedingt wäre, was ein Psychiater besser erklären könnte.

 

Zum vorgehaltenen Sachverhalt wird dann ausgeführt:

 

"Was hat er denn angestellt dieser arme Vogel?

'Im Garten konnte sich der Strauß schließlich völlig unbeaufsichtigt bewegen und dort die Äpfel von den Bäumen fressen.'

 

Ein Tierschützer würde nur noch verächtlich brummen: 'Neidskragen, gieriger!!'

 

Es tut mir leid, daß sich die Behörde mit solchen Lächerlichkeiten oder Dummheiten befassen muß.

Herr X will den 'Schaden' bezahlen.

 

Die Behörde wolle die Gefährdung, die von Straußvögeln ausgeht, von Sachverständigen klären lassen.

Was die Belästigung sensibler Naturen durch Straußvögel betrifft, dürfte schon die Meinung des Amtsarztes der BH. Gmunden genügen."

 

In weiterer Folge hat die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 9. Jänner 2009 erlassen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und dabei unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bw festgestellt, dass der angelastete Sachverhalt im Wesentlichen unbestritten feststeht. Es wird vom Bw in seiner letzten Stellungnahme sowie in der Berufung nicht mehr bezweifelt, dass am
9. September 2008 ein Strauß aus dem Gehege des Bw entlaufen ist und im Garten der Frau X und ihres Vaters X Äpfel von den Bäumen fraß.

 

3.2. Dem erkennenden Verwaltungssenat ist weiters aus dem mit h. Erkenntnis vom 27. August 2009, Zl. VwSen-300837/18/WEI/Se (BH Gmunden zu Zl. Pol 96-57-2008), entschiedenen Berufungsverfahren bekannt, dass am frühen Nachmittag des 10. März 2008 ein ausgewachsener männlicher Straußenvogel im nicht umzäunten Garten des X und seiner Tochter X auftauchte, der eine auffällige Verletzung im Brustbereich hatte. Dieser vermutlich bei Rangkämpfen mit anderen Hähnen verletzte Strauß verhielt sich aggressiv gegenüber Herrn X und seiner Tochter X, indem er immer wieder mit den Flügeln schlug und fauchend auf diese Personen losging, die ihn nur mit Holzlatten auf Distanz halten konnten und sich schließlich zurückziehen mussten, da er sich nicht vertreiben ließ. Die Zeugin X hatte dann gegen 13:45 Uhr, als sie mit einem Wäschekorb aus dem Haus kam, eine weitere Begegnung mit dem Strauß, der ihr den Zugang zu ihrem eigenen neben dem Bauernhaus ihres Vaters gelegenen Haus versperrte. Sie konnte sich nur noch zu einer nahen Gartenbank bewegen, wo auch vorsorglich eine Latte deponiert war. Sie stieg dann auf die Bank, um größer zu wirken, und konnte die Latte ergreifen, um den nur noch ca. 1,5 m entfernten Straußenvogel auf Distanz zu halten. Sie schrie den Vogel auch an, was ihn aber kaum beeindruckte. Aus dieser minutenlang dauernden misslichen Lage wurde sie durch den sich nähernden Dienstwagen der Polizei Laakirchen befreit. Der irritierte Strauß ließ von ihr ab und wendete sich den Polizeibeamten zu. Als er in aggressiver Weise tänzelnd und fauchend auf den Polizeibeamten Insp. X losging, zog dieser die Dienstwaffe und feuerte mehrere Schüsse auf den Strauß ab, der schließlich tot zu Boden fiel.

 

Dem damaligen Polizeibericht der PI Laakirchen vom 18. März 2008, Zl. B6/4221/2008-Ste, waren eine Lichtbildbeilage 1 mit Übersichtsaufnahmen zum Gartenbereich des Objektes X in X, und eine Lichtbildbeilage 2 vom 27. März 2008 über den Zustand der Umzäunung der Straußenfarm des Bw angeschlossen. Auf den insgesamt 8 Lichtbildern konnte man morsche und bereits umgefallene Steher und unzureichende Drahtverbindungen erkennbar. Bild Nr. 8 zeigt einen freilaufenden Strauß in der Nähe, aber außerhalb des Geheges, der auf Grund der unzureichenden Umzäunung entlaufen konnte.

 

3.3. In der damals am 14. Juli 2009 durchgeführten Berufungsverhandlung erläuterte der Amtstierarzt X der belangten Behörde aus fachlicher Sicht, dass die vom Bw praktizierte Straußenhaltung in einem einheitlichen Gehege ohne Abtrennungen durch Zwischenzäune zwecks Gruppenhaltung unweigerlich zum Problem von Rangkämpfen zwischen den Hähnen und damit zu Verletzungen der Tiere und zur Unruhe innerhalb der Herde führt. Normalerweise muss man die Straußenvögel in verschiedenen Gruppen halten, welche nach Alter und Geschlecht differenziert werden. Weil diese Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Haltung vom Bw nicht erfüllt werden, seien Konflikte vorprogrammiert. Auch die Bodenvegetation innerhalb des Geheges sei im schlechten Zustand, weshalb die Tiere bei Gelegenheit Grünfutter außerhalb des Geheges suchen. Aus diesen Gründen und auch wegen der mangelhaften Umzäunung kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von erwachsenen Straußenvögeln.

 

Zur Gefährlichkeit von Straußenvögel führte der Amtstierarzt aus, dass ein ausgewachsener Strauß etwa 80 bis 90 kg wiege und eine Laufgeschwindigkeit von etwa 60 km/h erreiche. Der Umgang mit diesen Tieren sei den Leuten in unseren Breiten fremd, weshalb man sich leicht falsch verhalten und einen eher als unberechenbar einzuschätzenden Strauß allenfalls auch unbewusst provozieren könne. Gefährlich sind Fußtritte von einem solchen Vogel, der über erhebliche Zehen wie größere Reptilien verfügt. Auch der Schnabel sei nicht zu unterschätzen und könne Menschen verletzen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 5 Abs 1 Oö PolStG (idF LGBl Nr. 94/1985 und LGBl Nr. 147/2002) begeht u.A. eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet,

 

wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden.

 

Den Materialien (vgl AB Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) ist zu entnehmen, dass sich eine landesgesetzliche Regelung betreffend das Halten von Tieren nicht mehr nur auf gefährliche Tiere beschränken sollte und Missstände nicht mehr ortspolizeilichen Regelungen der Gemeinden überlassen bleiben sollten. Vielmehr sprach sich der Ausschuss für allgemeine innere Angelegenheiten des Oö. Landtages dafür aus, eine Beaufsichtigung oder Verwahrung von Tieren, die so mangelhaft erfolgt, dass sie Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft für strafbar zu erklären. Dritte Personen seien dabei alle, die nicht unmittelbar dem Haushalt des Tierhalters angehören.

 

Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB³³, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

Dass der Bw als Betreiber einer Straußenfarm auch Halter der Strauße ist, steht außer Frage. Er kommt als Täter der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 Oö. PolStG in Betracht, zumal die belangte Behörde die Ausnahme nach § 8 leg.cit. für das Halten von Tieren im Rahmen der ortsüblichen land- und forstwirtschaftliche Produktion zutreffend verneint hat.

 

Zum Deliktscharakter des § 5 Abs 1 Satz 1 Oö. PolStG hat der Oö. Verwatungssenat schon in der Vergangenheit die Ansicht vertreten (vgl VwSen-300417 vom 25.06.2002, VwSen-300442 vom 5.09.2002; VwSen-300518 vom 30.06.2004), dass es sich bei dieser Verwaltungsübertretung nach der gewählten grammatikalischen Konstruktion mit Hauptsatz und Folgesatz um ein Erfolgsdelikt handelt, bei dem die mangelhafte Haltung des Tieres zu einer in der Außenwelt erkennbaren (konkreten) Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung Dritter führen muss. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl AB zur Oö. Polizeistrafgesetznovelle 1985, Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) geht auch hervor, dass nicht jede mangelhafte Tierhaltung, sondern nur eine solche, die Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft strafbar sein sollte.

 

4.2. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats hat der Bw im erstbehördlichen Verfahren sinngemäß zutreffend kritisiert, dass die belangte Behörde zwischen Gefährdung und Belästigung nicht unterschieden hat. Der konkret angelastete Sachverhalt wurde einfach unter beide Tatbestandsvarianten subsumiert. Dies trifft aber im vorliegenden Fall nicht zu.

 

Im Falle der Gefährdung dritter Personen infolge mangelhafter Verwahrung eines Tieres, handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Mitglieds um ein Ereignis, aus dem eine naheliegende Gefahr für ein persönliches Rechtsgut wie Leib oder Leben oder Freiheit eines Menschen abgeleitet werden kann.

 

Bei einem ausgewachsenen Strauß handelt es sich nach der vom erkennenden Verwaltungssenat geteilten Ansicht des Amtstierarztes um ein nach den jeweiligen Umständen relativ gefährliches Tier, weil ein solcher Vogel bis zu 90 kg schwer wird, sehr schnell laufen und folgenschwere Fußtritte versetzen kann. Auch mit seinem Schnabel wird er wohl jemanden verletzen können. Schon die erheblichen Verletzungen im Brustbereich nach Rangkämpfen der Hähne (vgl Fotobeilage im h. Berufungsverfahren VwSen-300837-2008) beweisen, dass Straußenvögel auch aggressiv und ziemlich gefährlich sein können. Die pauschale Berufungsansicht, dass Strauße nicht gefährlich sind, weil angeblich 14 Jahre nie jemand zu Schaden gekommen wäre, wird daher nicht geteilt.

 

Im vorliegenden Fall hat das Entweichen des Straußes aus dem mangelhaft umzäunten Gehege des Bw am 9. September 2008 aber nicht zu einer konkreten Gefährdung von Personen geführt. Zumindest ist ein solcher Sachverhalt in keiner Weise aktenkundig geworden. Die Umschreibung der Tat durch die belangte Behörde impliziert keine Gefährdung, auch wenn sich der Vogel ungehindert im Garten bewegen und Äpfel fressen konnte. Denn offenbar war es zu keiner Begegnung zwischen Tier und Mensch gekommen, bei der das Tier aggressiv und angriffslustig reagierte. Frau X hatte aus welchen Gründen immer gar nicht versucht, den Vogel zu vertreiben.

 

4.3. Damit bleibt nur noch die Tatbildvariante der unzumutbaren Belästigung durch das Tier. Insofern geht der erkennende Verwaltungssenat davon aus, dass die Frage der Belästigung objektiv und nicht nach dem rein subjektiven Empfinden eines Betroffenen zu beurteilen ist. Als Maßstab wird man von dem Empfinden eines objektiven Beobachters, der über die Umstände des Einzelfalles informiert ist, ausgehen und fragen müssen, ob dieser in der Lage des Betroffenen das unkontrollierte Verhalten des Tieres als nicht mehr tolerierbare Beeinträchtigung seiner Privatsphäre und damit als unzumutbare Belästigung angesehen hätte. Auf diese Weise können allfällige Überempfindlichkeiten und unsachliche Voreingenommenheiten von betroffenen Personen bei der rechtlichen Beurteilung ausgeblendet werden.

 

Zum gegenständlichen Vorfall ist bekannt geworden, dass sich der entkommene Straußenvogel doch einige Zeit im Garten der Frau X ungehindert bewegen und verweilen konnte, um Äpfel von den Bäumen zu fressen. Diese waren zur Tatzeit im September 2008 wahrscheinlich reif, weshalb der Vogel auch einen entsprechenden Anreiz hatte. Nach dem Bericht des X hatte der Bw beim Eintreffen der Polizei angeblich schon fünfzehn Minuten vergeblich versucht, seinen Strauß einzufangen. Das spricht auch dafür, dass der Vogel die gefundene Futterquelle nicht leicht aufgeben, sondern sich vielmehr gütlich tun wollte. Es ist demnach entgegen der vereinzelten Andeutung des Rechtsvertreters des Bw nicht so gewesen, dass der Strauß bloß ein paar "Glaubäpfel" fraß.

 

Nach dem durchschnittlichen Empfinden eines besonnenen Menschen ist es nicht akzeptabel, in seinem Garten von einem ausgebrochenen Strauß besucht zu werden, der durch sein selbstbewusstes Auftreten einerseits schon die normale Benutzbarkeit des Gartens beeinträchtigt – beispielsweise konnte Frau X ihre kleinen Kinder nicht mehr im Garten spielen lassen, weil eine folgenschwere Begegnung mit dem Strauß nicht auszuschließen war – und andrerseits noch die Äpfel von den Bäumen frist, um seinen Hunger zu stillen. Diese Beeinträchtigung der freien Zugänglichkeit des eigenen Gartens sowie der Eingriff in das Nutzungsrecht an Früchten ist nach Überzeugung des erkennenden Mitglieds eine für einen normal empfindlichen Menschen unzumutbare Belästigung.

 

Dass ein erwachsener Strauß von 80 oder 90 kg Körpergewicht eine imposante Erscheinung ist und schon deshalb Personen, die den Umgang mit solchen Tieren nicht gewohnt sind, leicht Angst machen kann, ist allgemein verständlich und bedarf daher keiner weiteren Begründung.

 

Der Tatbestand der nicht ordnungsgemäßen Verwahrung eines Tieres zum Nachteil dritter Personen nach § 5 Abs 1 Oö. PolStG wurde deshalb vom Bw nach dem festgestellten Sachverhalt in der beschriebenen Tatvariante "Belästigung" erfüllt. Die Verwaltungsübertretung hat der Bw auch schuldhaft begangen, weil er aus zahlreichen Vorfällen in der Vergangenheit (vgl neben den 9 einschlägigen Vorstrafen im aktenkundigen Verzeichnis der belangten Behörde auch die h. Erkenntnisse vom 26.08.2009, Zl. VwSen-300834/15/WEI/Se, und vom 27.08.2009, Zlen. VwSen-300837/18/WEI/Se, 300838/17/WEI/Se), bei denen immer wieder Strauße aus seiner Straußenfarm entweichen und andere Personen belästigen oder gefährden konnten, nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen, die Haltungsbedingungen zur Vermeidung von Rangkämpfen oder der Futtersuche außerhalb des Geheges nicht verbessert und die Mängel in der Umzäunung nicht rechtzeitig behoben hat.

 

Im Ergebnis steht daher fest, dass der Bw die dargelegte Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt hat. Offenbar hat dies der Bw auch in gewisser Hinsicht eingesehen, zumal er wenigstens in seiner letzten Stellungnahme vom 22. Dezember 2008 behauptete, den "Schaden" zahlen zu wollen.

 

4.4. Im Rahmen der Strafbemessung war nach der Strafbestimmung des § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Oö. PolStG von einer Strafdrohung bis zu 1.450 Euro auszugehen. Die belangte Behörde ging unter Hinweis auf frühere Verwaltungsstrafverfahren zu den persönlichen Verhältnissen des Bw von einer Landwirtschaft mit Einheitswert von 23.000 Euro, keinem weiteren Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. In der Berufung wird nunmehr eine monatliche Rente von bloß 1.200 Euro und kein Einkommen aus der Straußenzucht eingewendet. Letzteres wurde allerdings weder bescheinigt, noch sonst plausibel gemacht, weshalb der Oö. Verwaltungssenat nicht annehmen kann, dass eine schon seit 14 Jahren betriebene Straußenfarm keinen Ertrag abwirft. Im Ergebnis spielt dies bei der strafbehördlich verhängten Strafe in Höhe von 500 Euro aber noch keine wesentliche Rolle.

 

Straferschwerend wertete die belangte Behörde 9 einschlägige rechtskräftige Verwaltungsübertretungen wegen § 5 Abs 1 Oö. PolStG und weitere nicht näher spezifizierte Verwaltungsstrafen nach § 38 iVm § 24 Tierschutzgesetz (Verstöße gegen Tierhaltungsverordnungen). Abgesehen von der Unbestimmtheit hält der erkennende Verwaltungssenat die Nichteinhaltung von Haltungsbedingungen im Verhältnis zu § 5 Oö. PolStG nicht für einschlägig und daher insofern nicht für erschwerend. Strafmildernd war nach Ansicht der Strafbehörde kein Umstand zu werten.

 

Der erkennende Verwaltungssenat hat im gegenständlichen Fall den Schuldspruch auf Belästigung eingeschränkt, weil eine Gefährdung dritter Personen durch den entlaufenen Strauß nach der Aktenlage nicht erwiesen war. Damit vermindert sich aus rechtlicher Sicht auch das Gewicht des Tatvorwurfs. Außerdem ist dem Bw durchaus als schuldmildernd anzurechnen, dass er schon 15 Minuten vor dem Eintreffen der Polizei vor Ort war, um den Straußenvogel einzufangen und die Belästigung durch das Tier zu beenden. Hingegen hält der Oö. Verwaltungssenat die im erstbehördlichen Verfahren bekundete Bereitschaft des Bw zur Schadensgutmachung nicht für sehr ausgeprägt und daher auch nicht für mildernd. In der Berufung war davon keine Rede mehr.

 

Mit Rücksicht auf die dargelegten Strafzumessungsgründe kann nach der Auffassung des erkennenden Mitglieds mit einer Geldstrafe von 300 Euro das Auslangen gefunden werden. Es liegt nämlich nur mäßiges Unrecht vor und das Verschulden des Bw erscheint durch sein Bemühen, die Belästigung rasch abzustellen, auch eher unterdurchschnittlich, weshalb es trotz der Vorstrafen auch aus präventiven Überlegungen keiner höheren Strafe bedarf. Dazu kommt noch das Argument, das die belangte Behörde selbst in schwerer wiegenden Fällen nur eine Geldstrafe von 400 Euro verhängte (vgl VwSen-300834 vom 26.08.2009 und VwSen-300837 und 300636 vom 27.08.2009).

 

Die für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß dem § 16 Abs 2 VStG innerhalb von zwei Wochen festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe war im angemessenen Verhältnis zur verminderten Geldstrafe auf 70 Stunden zu reduzieren.

 

5. Im Ergebnis war der Berufung teilweise Folge zu geben, der Schuldspruch einzuschränken und die Strafe entsprechend zu reduzieren. Im Berufungsverfahren entfiel damit gemäß § 65 VStG ein weiterer Kostenbeitrag.

 

Im erstinstanzlichen Strafverfahren verminderte sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG auf den Betrag von 30 Euro (10 % der Geldstrafe).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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