Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100412/58/Bi/Fb

Linz, 14.12.1992

VwSen - 100412/58/Bi/Fb Linz, am 14. Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine I. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Hans Guschlbauer, sowie durch Mag. Michael Gallnbrunner als Beisitzer und Mag. Karin Bissenberger als Berichterin über die Berufung des P G, vertreten durch Frau Rechtsanwalt Dr. M H, vom 5. Februar 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 2. Jänner 1992, VerkR96/1764/1991/Gz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als das bekämpfte Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt wird, die Geldstrafe aber auf 15.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Tage herabgesetzt werden.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich daher auf 1.500 S. Ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG, § 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960. zu II.: §§ 65 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat mit Straferkenntnis vom 2. Jänner 1992, VerkR96/1764/1991/Gz, über Herrn P G wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 18.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Tagen verhängt, weil er am 6. April 1991 um 20.30 Uhr den PKW, Marke Ford, Type Sierra, Kennzeichen , auf der S Vorstadt in B, Gemeinde B, Bezirk B, in Richtung S gelenkt und sich am 6. April 1992 um 21.25 Uhr am Gendarmerieposten B gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert hat, seine Atemluft mittels Alkomat auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand befunden hat.

Gleichzeitig wurde ihm ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz von 1.800 S auferlegt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die von der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt wurde. Da im Straferkenntnis eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 4. Mai 1992 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgehalten, die am 3. September 1992 am Sitz der Erstbehörde weitergeführt und am 10. Dezember 1992 fortgesetzt wurde, wobei das Beweisverfahren wiederholt wurde, da aufgrund der Erkrankung eines Mitgliedes der I. Kammer deren Zusammensetzung wechselte.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe sein Fahrzeug am 6. April 1991 um 20.30 Uhr nicht gelenkt, sondern es im Gegenteil über mehrere Stunden bereits nicht mehr in Betrieb gehabt, sodaß er auch keinen Alkotest durchführen ließ. Das Fahrzeug sei zwischen seiner angeblichen Fahrt und der Kontrolle der Wärmeentwicklung durch den Meldungsleger mindestens eine Stunde gestanden, sodaß es derart abgekühlt sei, daß eine angebliche Wärmeentwicklung keinesfalls als Indiz für eine Fahrt seinerseits gedeutet werden könne. Da er das Fahrzeug schon mehrere Stunden nicht in Verwendung gehabt habe, sei er nicht verpflichtet gewesen, den Alkotest durchführen zu lassen. Er habe keinerlei Interesse an einer Auseinandersetzung mit den ihm vollkommen unbekannten Burschen gehabt, sodaß er die Ansicht vertrete, das Straferkenntnis sei zu Unrecht ergangen. Er beantrage daher, das Verfahren zur Einstellung zu bringen und das Straferkenntnis aufzuheben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn, sowie die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers Rev. Insp. F, des Zeugen C R und die Befragung des Rechtsmittelwerbers im Rahmen der mündlichen Verhandlung.

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens nimmt der unabhängige Verwaltungssenat folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Am 6. April 1991 um 20.30 Uhr überquerte der Zeuge C R zusammen mit G Z in der S Vorstadt die Straße, wobei sich ein roter PKW ziehmlich rasch näherte und vor ihnen abbremste. Der dem Zeugen unbekannte Lenker - P G - kurbelte das Seitenfenster herunter und beschimpfte die beiden Burschen, worauf diese dementsprechend zurückredeten. Der Lenker fuhr anschließend weiter, stellte sein Fahrzeug auf dem Stadtplatz ab und kam zu Fuß zurück, wobei es mit den beiden Burschen abermals zu einem Wortwechsel und einer anschließenden Rangelei kam, bei der der Zeuge R letztlich eine Verletzung an der Lippe davontrug. Der Zeuge R beabsichtigte die Gendarmerie zu verständigen, wurde aber an die Stadtwache weiterverwiesen, worauf er bei einer Funkpatrouille, dessen Besatzung auch der Meldungsleger angehörte, auf dem Stadtplatz in Braunau Anzeige erstattete.

Sowohl die beiden Zeugen als auch der Rechtsmittelwerber schilderten beim Gendarmerieposten Braunau den Vorfall, wobei der Zeuge R auch vom Vorfall in der S Vorstadt erzählte und angab, er erkenne in der Person des Beschuldigten jenen PKW-Lenker wieder, der ihn nach dem Überqueren der Straße beschimpft hatte. Rev. Insp. F stellte beim Rechtsmittelwerber Symptome einer Alkoholbeeinträchtigung, insbesondere Alkoholgeruch der Atemluft, fest, sodaß er ihn nach der Einvernahme um 21.25 Uhr beim Gendarmerieposten Braunau zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung aufforderte, die dieser jedoch mit der Begründung verweigerte, daß er nicht mit dem Auto gefahren sei. Während der getrennt geführten Einvernahmen ließ der Meldungsleger durch Kollegen den PKW des Berufungswerbers, einen PKW Marke Ford, Kennzeichen auf dem Stadtplatz suchen, wobei im Anschluß an die Einvernahme der Meldungsleger zusammen mit dem Rechtsmittelwerber zu diesem Fahrzeug ging und dort am Kühlergrill Wärmeentwicklung feststellte. Da der Beschuldigte bestritt, zuvor mit dem PKW gefahren zu sein, forderte ihn der Meldungsleger auf, die Motorhaube zu öffnen, was der Rechtsmittelwerber mit der Begründung ablehnte, er mache dies dann, wenn ein weiterer Gendarmeriebeamter als Zeuge anwesend sei. Der Meldungsleger beendete hierauf die Amtshandlung.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der dargestelle Sachverhalt ist aufgrund der glaubwürdigen und im Hinblick auf die inzwischen verstrichene Zeit im wesentlichen widerspruchsfreien Angaben der Zeugen F und R als erwiesen anzunehmen. Insbesondere der Meldungsleger hat bei seiner Einvernahme vor dem unabhängigen Verwaltungssenat den Eindruck eines sehr sorgfältigen und gewissenhaften Gendarmeriebeamten hinterlassen, der - da es sich im gegenständlichen Fall um eine Privatanzeige des Zeugen R handelte offensichtlich besonders vorsichtig handelte, indem er zunächst den PKW des Rechtsmittelwerbers suchen ließ und dann sich selbst davon überzeugte, ob an diesem noch Wärmeentwicklung spürbar war.

Geht man davon aus, daß der Zeuge R die Anzeige wegen der Rangelei mit dem Rechtsmittelwerber bzw. seiner Verletzung an der Lippe erstattete und sich im Verlauf dieser Vorfallsschilderung - gleichsam nebenbei herausgestellt hat, daß es sich beim Rechtsmittelwerber um jenen PKW-Lenker aus der S Vorstadt gehandelt hat - erst der Gendarmeriebeamte stellte Alko-Symptome fest -, so kann die Aussage des Zeugen R nicht als unglaubwürdig angesehen werden. Der Zeuge hat nachvollziehbar geschildert, daß er jenen PKW-Lenker von der Beifahrerseite aus im Licht des gegenüberliegenden Lokales "D" genau wahrnehmen konnte, wobei ihn dieser Lenker sofort beschimpft hat. Der Rechtsmittelwerber ist von kräftiger Statur und spricht Deutsch mit starkem Akzent, sodaß ein Wiedererkennen auf der Straße auch ohne Fahrzeug glaubwürdig ist. Auch wenn der Zeuge die exakte Fahrzeugmarke bzw. Type zunächst nicht richtig bezeichnet hat - auf die Unsicherheit hat er bereits bei seiner ersten Einvernahme vor dem GPK Braunau hingewiesen -, hat er sofort angegeben, es habe sich um ein rotes Auto mit einem neuen Braunauer Kennzeichen gehandelt, was letztlich auch zutraf. Daß bei der um 20.30 Uhr im April bereits herrschenden Dunkelheit bzw. auch bei Straßenbeleuchtung einem Zeugen, der von einem anhaltenden PKW-Lenker mit einer solchen Intensität beschimpft wird, eine gewisse Überraschung zugebilligt werden muß, die ihn vielleicht daran hindert, sich das Fahrzeug genau einzuprägen, ist verständlich. Andererseits ist die Schilderung des Rechtsmittelwerbers vom Vorfall insofern unglaubwürdig, als dieser angegeben hat, er habe die beiden Burschen, die sich provokant und lässig benommen hätten, auf der Straße getroffen und sie sofort mit:"Was machst du da, du Arschloch", angesprochen, worauf ein Bursch mit dem Kopf gegen seinen Bauch gestoßen sei, sodaß er ihm einen Schlag versetzt habe, weil er darüber erzürnt gewesen sei. Wegen dieses Schlages bzw. der daraus folgenden Verletzung des Zeugen Riegler wurde der Rechtsmittelwerber mit Strafverfügung des Bezirksgerichtes Braunau rechtskräftig bestraft. Abgesehen davon, daß, hätte sich der Vorfall so wie von ihm geschildert abgespielt, der Zeuge gar nicht wissen konnte, daß der Rechtsmittelwerber einen roten PKW mit neuem B Kennzeichen besitzt, hat der Rechtsmittelwerber seine Verantwortung im Hinblick auf den Zeitpunkt des Abstellens des PKW auf dem Stadtplatz mehrfach geändert. Nicht bestritten wurde allerdings, daß der Rechtsmittelwerber zuvor Bier getrunken hat und daher Alkoholisierungssymptome aufwies. Die im Rahmen der Beweisaufnahme zutagegetretenen Ungereimtheiten im Hinblick auf die Farbe und das Kennzeichen des PKW sind aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit erklärbar und ändern nichts an der Glaubwürdigkeit des Zeugen R. Nicht verifiziert werden konnte, ob der Zeuge tatsächlich bei der Prüfung der Wärmeentwicklung beim PKW anwesend war, wobei aber nicht auszuschließen ist, daß er diese Beobachtung aus einiger Entfernung gemacht hat. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist es einem mit der Materie vertrauten Gendarmeriebeamten zumutbar, die Wärmeentwicklung an einem abgestellten PKW durch einen Griff auf den Kühlergrill festzustellen und richtig zuzuordnen. Da sich der Vorfall kurz nach 21.30 Uhr im April ereignet hat, ist anzunehmen, daß auch, wenn der PKW ca. 1 Stunde dort abgestellt war, noch eine Wärmeentwicklung, insbesondere am Kühlergrill durch die Wärmeabstrahlung des Motors, feststellbar ist. Diesbezüglich ist dem Meldungsleger jedenfalls Glauben zu schenken, während aus dem Verhalten des Rechtsmittelwerbers, der sich ohne einen zusätzlichen Zeugen, weigerte, die Motorhaube zu öffnen, für ihn nichts zu gewinnen ist.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangte daher zur Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber den roten PKW um 20.30 Uhr des 6. April 1991 auf einer öffentlichen Straße gelenkt hat und aufgrund der Alkoholisierungssymptome sowie des angegebenen Alkoholkonsums die korrekt erfolgte Aufforderung des speziell geschulten und behördlich ermächtigten Meldungslegers befolgen hätte müssen. Durch seine Weigerung hat er objektiv und subjektiv den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen, daß der Rechtsmittelwerber zwar eine einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1990 aufweist, wobei er damals mit 12.000 S (12 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) bestraft wurde, diese aber von der Erstinstanz festgesetzte Strafe nicht rechtfertigt. Der Rechtsmittelwerber bezieht ein Einkommen von nunmehr 9.000 S und ist sorgepflichtig für 2 Kinder.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den wirtschaftlichen Verhältnissen des Rechtsmittelwerbers. Sie liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (§ 99 Abs.1 StVO sieht Geldstrafen von 8.000 S bis 50.000 S vor) und entspricht auch general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen.

Es steht dem Rechtsmittelwerber frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit der Bezahlung der Strafe in Raten anzusuchen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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