Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590236/3/BP/Wb VwSen-590237/3/BP/Wb

Linz, 03.02.2010

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Berufung des X sowie des X, beide vertreten durch X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 10. Dezember 2009, GZ.: SanRB01-76-2005, mit dem einem Antrag der Frau X auf Zurücknahme der Hausapothekenbewilligungen der Berufungswerber stattgegeben wurde, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 10. Dezember 2009, GZ.: SanRB01-76-2005, wurde einem Antrag der Frau X, vertreten durch X, vom 15. Juli 2009 betreffend die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligungen der Berufungswerber (im Folgenden kurz: Bw) stattgegeben und die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke der Bw mit 8. Juni 2010 bzw. mit Inbetriebnahme der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke zurückgenommen.

 

Als Rechtsgrundlagen werden § 29 Abs. 4 Apothekengesetz (ApG), i.d.F. BGBl. I Nr. 5/2004, § 62 Abs. 2 i.V.m. § 44 ApG, i.d.F. BGBl. I Nr. 75/2008 genannt.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass Frau X mit Eingabe vom 22. Dezember 2005 die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in
X beantragt habe. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 19. Oktober 2006, SanRB01-76-2005, sei dem Antrag keine Folge gegeben und die Konzession nicht erteilt worden. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 8. Juni 2007, VwSen-590153/18/SR/Ri, sei – nach rechtzeitiger Berufung – die Konzession einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte in X und der Festlegung des Gemeindegebietes von X als Standort erteilt worden. Diese Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen.

 

Mit Eingabe vom 15. Juli 2009 habe Frau X – rechtsfreundlich vertreten – die Zurücknahme der ärztlichen Hausapothekenbewilligung der Bw beantragt, worauf den Betroffenen dieser Umstand im Schreiben vom 14. August 2009 mitgeteilt und ihnen eine 4-wöchige Frist zur Einbringung einer Stellungnahme gewährt worden sei. Die Bw hätten – ebenfalls rechtsfreundlich vertreten – in der Stellungnahme vom 10. September 2009 im Wesentlichen ausgeführt, dass § 62a Abs. 1 ApG der Entscheidung zu Grunde zu legen sei, da sämtliche Voraussetzungen für deren Anwendung vorlägen. Gleichzeitig sei die Abweisung des Antrags begehrt worden.

 

Dazu habe sich die Vertreterin der Antragstellerin im Schriftsatz vom
10. November 2009 geäußert und ausgeführt, dass gemäß § 62a Abs. 4 ApG für Konzessionen, die aufgrund von, am 10. Jänner 2006 bereits anhängigen, nicht bis 31. Oktober 2008 abgeschlossenen,  Apothekenkonzessionsverfahren, erteilt worden seien, die 3-jährige Zurücknahmefrist für ärztliche Hausapotheken gelte. Es sei daher hinsichtlich der Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheken in X § 29 Abs. 4 -8 ApG in der Fassung vor der Apothekengesetznovelle BGBl. I Nr. 41/2006 anzuwenden, sodass die Zurücknahme der ärztlichen Hausapothekenbewilligungen mit Bescheid so rechtzeitig auszusprechen sei, dass die Einstellung des Hausapothekenbetriebes 3 Jahre nach Rechtskraft des Apothekenkonzessionsbescheides – somit zum 26. Juni 2010 – erfolge. Wenn die Hausapotheken führenden Ärzte meinten, es sei bis dato nicht sichergestellt, dass die Apotheke tatsächlich in Betrieb gehen werde, und es könne eine Zurücknahme der ärztlichen Hausapothekenbewilligungen überhaupt erst erfolgen, wenn die Errichtung der Apotheke in Angriff genommen sei, so verweise die Antragstellerin auf den diesbezüglichen eindeutigen Text des § 29 Abs. 4 ApG i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006, wonach die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen sei, wenn die Wegstrecke zwischen dem Berufssitz und der Betriebstätte der neuen Apotheke 4 km nicht überschreite. Der vom Gesetzgeber verwendete Begriff "Neuerrichtung" könne insbesondere im Hinblick auf – wie im konkreten Fall – vorgenommene Bestreitungen der Voraussetzungen für die Zurücknahme der ärztlichen Hausapothekenbewilligungen nicht dahingehend ausgelegt werden, dass das Apothekengebäude bereits errichtet sein müsse, ganz abgesehen davon, dass auch die Anmietung eines bereits bestehenden Lokals möglich sei; vielmehr müsse – wie im konkreten Fall – die Angabe der in Aussicht genommenen Inbetriebnahme der Apotheke schon aus wirtschaftlichen Gründen ausreichend sein.

 

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde nach Anführung des § 62a Abs. 1 und 2 ApG i.d.F. BGBl. I Nr. 75/2008 aus, dass die Genehmigung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke entsprechend § 62a Abs. 1 leg. cit. abweichend von den Bestimmungen des § 29 Abs. 3 und 4 leg. cit. mit Vollendung des
65. Lebensjahres, sofern in diesem Zeitpunkt die Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke rechtskräftig erteilt gewesen sei, jedoch spätestens
10 Jahre ab Rechtskraft der Konzessionserteilung zurückzunehmen sei, sofern die Konzession nach dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 41/2006 (29. März 2006) in einer Gemeinde, wo im Zeitpunkt der Antragsstellung zwei Vertragsstellen für Allgemeinmedizin besetzt gewesen seien, erteilt worden sei.

 

Sofern nach § 62a Abs. 2 ApG die Konzession vor dem 29. März 2006 erteilt worden sei und somit vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 41/2006 bzw. gemäß § 62 2 oder 3 leg. cit. rechtskräftig erteilt worden sei, sei die Rechtslage vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 41/2006 weiterhin anzuwenden.

 

Die Konzession sei im in Rede stehenden Fall mit Erkenntnis des UVS vom 8. Juni 2007 rechtskräftig erteilt worden. Sie sei daher nach dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes i.d.F. BGBl. I Nr. 41/2006 rechtskräftig erteilt worden und es sei somit die Voraussetzung erfüllt, dass die Rücknahme der Bewilligung der ärztlichen Hausapotheken mit Ablauf des 65. Lebensjahres bzw. spätestens nach 10 Jahren erfüllt sei. Das zitierte Erkenntnis des UVS stütze sich jedoch auf die Rechtsgrundlage des § 62a Abs. 4 ApG, und es sei daher nach § 62 Abs. 2 leg. cit. die Rechtslage vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes i.d.F. vor dem BGBl. I Nr. 41/2006, somit i.d.F. BGBl. I Nr. 5/2004 weiterhin anzuwenden. Der vorliegende Sachverhalt erfülle daher sowohl die Voraussetzungen des § 62a Abs. 1 ApG als auch die des § 62a Abs. 2 leg. cit.. Im Vergleich beider Normen stelle die Regelung des § 62a Abs. 2 leg. cit. die speziellere der beiden dar. Es sei diese aufgrund der "lex spezialis Regelung" anzuwenden, weshalb daher die Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 5/2004 hier relevant sei.

 

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 2005, G13/05-14, G27/05-15 und G46/05-13 sei der letzte Halbsatz des § 29 Abs. 4 ApG als verfassungswidrig aufgehoben worden (In-Kraft-Treten der Aufhebung mit
31. Oktober 2006). Unter Berücksichtigung des zitierten Erkenntnisses des VfGH laute Abs. 4 daher nunmehr dahingehend, dass die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke bei der Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen sei, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und der Betriebstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke
4 Straßenkilometer nicht überschreite.

 

Dieses Erkenntnis sei auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden, da die rechtskräftige Erteilung der Konzession mit 8. Juni 2007 erfolgt und das Verfahren zur Zurücknahme der Bewilligung für die Haltung ärztlicher Hausapotheken zwar eine rechtskräftige Konzessionserteilung voraussetze, ansonsten jedoch als eigenständiges und vom Verfahren der Konzessionserteilung losgelöstes, selbständiges Verfahren zu betrachten sei, welches mit der Antragstellung vom 15. Juli 2009 und somit nach Aufhebung des letzten Halbsatzes von § 29 Abs. 4 ApG in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2004 eingeleitet worden sei.

 

Die Wegstrecke zwischen der Betriebstätte der geplanten öffentlichen Apotheke und dem Berufssitz der beiden Ärzte betrage jeweils unter 4 Straßenkilometer, womit die Voraussetzung erfüllt und spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bw durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter  rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 29. Dezember 2009.

 

Darin wird zunächst ausgeführt, dass die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurücknahme der Hausapothekenbewilligungen nicht der Rechtslage entspreche, weil:

1. eine Entziehung der Hausapothekenbewilligungen vor dem 26. Juni 2010 jedenfalls unzulässig sei;

2. die Bw ihre Arztpraxis in einer Zweiarztgemeinde hätten, in der seit dem
29. März 2006 die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung unter Anwendung des § 62a Abs. 1 ApG zu erfolgen habe und zwar grundsätzlich erst nach Ablauf von 10 Jahren ab Konzessionserteilung. Ungeachtet dessen könne eine Zurücknahme der Hausapothekenbewilligungen selbst bei Anwendbarkeit des § 29 Abs. 4 ApG in der Fassung vor In-Kraft-Treten der Novelle 2006 nur dann erfolgen, wenn sämtliche Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle vorlägen. 

 

Im Falle der Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke bestehe das Recht bis zum Tage mit dessen Ablauf die Zurücknahme der Hausapotheke nach den Bestimmungen des § 29 bzw. 62a Abs. 1 ApG von der Behörde ausgesprochen worden sei. Eine Entziehung zu einem Zeitpunkt vor Ablauf der 3-Jahresfrist des § 29 Abs. 4 ApG, neue und alte Fassung, bzw. der 10 Jahre nach § 62a Abs. 1 ApG sei im Apothekengesetz nicht vorgesehen und finde auch in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Verfahrensrecht keine Deckung. Die Behörde habe die Zurücknahme zum 8. Juni 2010 ausgesprochen. Dieser Zeitpunkt sei jedenfalls verfehlt. Die Apothekenkonzession sei mit Zustellung des Berufungsbescheides des UVS am 25. Juni 2006 (gemeint wohl 2007) - wie auch im Antrag vorgebracht – rechtskräftig. Die 3-Jahresfrist des § 29 ApG laufe somit erst am 25. Juni 2010 ab, sodass rechtlich eine Zurücknahme frühestens mit 26. Juni 2010 ausgesprochen werden könne. Der angefochtene Bescheid entspreche weiters auch deshalb nicht der Rechtslage, als nach der Fassung des Spruches die Entziehung alternativ mit dem Tag der In-Betriebnahme der Apotheke ausgesprochen worden sei, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt der selben.

 

Die Voraussetzungen des § 62a Abs. 1 ApG träfen nach Ansicht der Bw auf X zu, da

1. diese Gesetzesbestimmung nicht auf den Zeitpunkt der Antragsstellung abstelle;

2. zum Zeitpunkt des Ansuchens sowie auch heute nur
2 Kassenvertragsplanstellen von Allgemeinmedizinern besetzt gewesen seien;

3. den Bw die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Novelle 2006 rechtskräftig erteilt gewesen seien und keiner der beteiligten Ärzte das 65ste Lebensjahr vollendet habe.

 

Eine Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheke unter Anwendung des § 62a Abs. 2 ApG sei nicht zulässig. Dazu sei festzustellen, dass das Ansuchen vom
22. Dezember 2005 auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und In-Betriebnahme einer öffentlichen Apotheke in X mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Oktober 2006 zunächst abgewiesen worden sei; mit der Begründung, dass nach sämtlichen Beweisergebnissen das Versorgungspotential der beantragten Apotheke unter 5.500 Personen liege, was auch durch ein Gutachten der Apothekerkammer bestätigt worden sei. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 8. Juni 2007, zugestellt am 25. Juni 2007, sei einer dagegen eingebrachten Berufung, im Hinblick auf die Novelle 2006 (mit 1. November in Kraft getreten) geänderte Rechtslage des § 62a Abs. 4 ApG, der zufolge der Bedarf nun gegeben gewesen sei, wenn bei bestehender Hausapotheke im 4 Kilometer Umkreis 2 Allgemeinmediziner mit Kassenvertrag tätig seien, Folge gegeben und der Antragstellerin die beantragte Konzession erteilt worden. In dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid sei nicht festgestellt worden, dass für die bewilligte Apotheke ein Versorgungspotential von 5.500 Personen bestehe. Es sei vielmehr ausschließlich die seit 29. März 2009 auch für Neuansuchen geltende Rechtslage, wonach der Bedarf bei Bestehen einer ärztlichen Hausapotheke das Vorhandensein von
2 Allgemeinmedizinern mit Kassenvertrag voraussetze, Grundlage für die Konzessionserteilung gewesen.

 

§ 62a Abs. 2 ApG bestimme, dass dann, wenn eine Apothekenkonzession unter Anwendung des Abs. 3 oder 4 leg. Cit. erteilt worden sei, die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung nach der "alten Rechtslage" also § 29 ApG in der Fassung vor In-Kraft-Treten der Novelle 2006 zu beurteilen sei. Eine Zurücknahme der ärztlichen Hausapothekenbewilligung nach § 29 Abs. 4 ApG in der alten Fassung habe auch zur Voraussetzung, dass im rechtskräftigen Konzessionsbescheid das Vorhandensein eines Versorgungspotentials von 5.500 Personen festgestellt worden sei, was im vorliegenden Fall nicht gegeben sei.

 

Der VfGH habe in seinem Erkenntnis vom 14. Oktober 2005 (G 13/05-14), mit dem auch in § 29 Abs. 4 ApG das Erfordernis des Versorgungspotentials aufgehoben worden sei, ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des
31. Oktober 2006 in Kraft trete. Bis zum 31. Oktober 2006 sei somit die Bestimmung des § 29 Abs. 4 ApG mit der Maßgabe rechtswirksam und damit Gegenstand der Rechtsordnung geblieben, dass ein Versorgungspotential von 5.500 Personen im Konzessionsbescheid festgestellt sein müsse. Der Gesetzgeber habe rund 5 Monate nach diesem Erkenntnis – in dessen Kenntnis – die Übergangsbestimmung des § 62a ApG erlassen, und damit die vom VfGH als verfassungwidrig angesehene Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG bis
31. Oktober 2006 als Gesetzesbestimmung neuerlich erlassen und gleichzeitig bestimmt, dass die bis zum Tage des In-Kraft-Tretens der Apothekengesetznovelle 2006 für die Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheke gelte.

 

Dem trage auch der Umstand Rechnung, dass es zur Wahrung der Rechtssicherheit und zur Gleichbehandlung nicht so sein könne, dass die nach der vormaligen Rechtslage begonnenen jedoch nach der neuen Rechtslage bewilligten Apotheken zu einer Zurücknahme der ärztlichen Hausapotheken führe, wenn nicht festgestellt sei, dass die Apotheke über 5.500 Personen verfüge. Da für X ein Versorgungspotential von 5.500 zu versorgenden Personen im Konzessionsbescheid nicht festgestellt worden sei, finde somit die für alle 2-Arztgemeinden geltende Sondernorm des § 62a Abs. 1 ApG Anwendung, der zufolge die Rücknahme der Hausapothekenbewilligung nach Ablauf des 65sten Lebensjahres des Hausapotheken führenden Arztes oder nach Ablauf von 10 Jahren ab rechtskräftiger Konzessionserteilung zu erfolgen habe. Diese entspreche auch dem Gleichheitsgrundsatz.

 

Eine Auslegung des § 62a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 und 4 ApG dahingehend, dass die alte Rechtslage auf alle 2-Arztgemeinden anzuwenden sei, in denen das Konzessionsansuchen bereits vor dem 29. März 2006 eingebracht gewesen sei, könne dem Willen des Gesetzgebers nicht entnommen werden.

 

Abschließend stellen die Bw den Antrag:

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der von der Antragstellerin eingebrachte Antrag den Bw die für die 2-Arztgemeinde X rechtskräftig erteilte Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke zurückzunehmen, als unbegründet abgewiesen werde; in eventu

Aussprechen, dass die Zurücknahme frühestens mit Ablauf der 10-Jahresfrist des § 62a Abs. 1 ApG, also zum 26. Juni 2016 (gemeint wohl 2017) erfolge.

 

 

2. Mit Schreiben vom 19. Jänner 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.1. Mit Schriftsatz vom 1. Februar 2010 übermittelte die Rechtsvertreterin der Antragstellerin eine Stellungnahme die im folgenden wiedergegeben wird:

 

"1. Die Berufung ist insoweit nicht berechtigt, als sie von einer zehnjährigen - und nicht von einer dreijährigen - Zurücknahmefrist der ärztlichen Hausapothekenbewilligungen ausgeht.

 

2. Wenn die Berufungswerber (im Folgenden: Bw) meinen, die Behörde 1. Instanz habe die Zurücknahme der ärztlichen Hausapothekenbewilligungen zum 8.6.2010 zu Unrecht ausgesprochen, so verweise ich zunächst darauf, dass ich am 16.7.2009 den Antrag gestellt habe, die Bewilligungen der nunmehrigen Bw zur Führung ihrer ärztlichen Hausapotheken in X mit Wirksamkeit vom 26.6.2010 zurückzunehmen. Dies deshalb, weil der Bescheid des UVS des Landes Oberösterreich vom 8.6.2007, GZ VwSen-590153/18/SR/Ri, mit dem mir die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in X erteilt wurde, am 25.6.2007 zugestellt wurde. Ich habe daher unter Bezugnahme auf den Umstand, dass die Zurücknahmefrist für die ärztlichen Hausapotheken im konkreten Fall gemäß § 62a Abs. 4 ApG, auf den sich der zitierte Berufungsbescheid des UVS OÖ auch stützt, drei Jahre beträgt, beantragt, die Hausapothekenbewilligungen per 26.6.2010 zurückzunehmen, wie dies die Bw in ihrer Berufung (zu Recht) ausführen.

   

3. Nicht zutreffend ist aber die Auffassung der Bw, dass die Voraussetzungen für die Zurücknahme der ihnen erteilten Hausapothekenbewilligungen per 26.6.2010 nicht vorliegen, weil es sich bei X um eine Zwei-Arzt-Gemeinde handelt, in der gemäß § 62a Abs. 1 ApG die Hausapothekenbewilligungen erst zehn Jahre nach Rechtskraft der Konzessionserteilung für die öffentliche Apotheke zurückzunehmen sind.

   

Ich habe bereits in meiner Stellungnahme vom 10.11.2009, auf die ich - um weitwendige Wiederholungen zu vermeiden - verweise, ausführlich dargelegt, dass meines Erachtens die Voraussetzungen für die dreijährige Zurücknahmefrist der ärztlichen Hausapothekenbewilligungen im konkreten Fall, das heißt per 26.6.2010, gegeben sind.

   

4. Wenn die Bw nun meinen, die Verweisung des § 62a Abs. 4 ApG auf § 62 Abs. 2 und 3 ApG würde bedeuten, dass die dreijährige Zurücknahmefrist für ihre ärztlichen Hausapotheken nur dann zu gelten hat, wenn im Apothekenkonzessionsverfahren festgestellt wurde, dass die neue Apotheke über ein 5.500 Personen übersteigendes Versorgungspotential verfügen wird, so sind sie damit nicht im Recht:

   

Die von den Bw vertretene Rechtsauffassung würde nämlich bedeuten, dass in allen Fällen des § 62a Abs. 4 ApG, in denen für Zwei-Arzt-Gemeinden - unabhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung - die Apothekenkonzessionen nach dem 31.10.2006 erteilt wurden, die vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14.10.2005, Zl. G 13/05 ua, als verfassungswidrig aufgehobene Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG idF BGBl. I Nr. 16/2001, der für Orte mit ärztlichen Hausapotheken für öffentliche Apotheken ein Mindestversorgungspotential von 5.500 Personen vorgesehen hatte, anzuwenden sei. Diese Interpretation des § 62a Abs. 4 ApG iVm Abs. 2 und 3 würde aber das Wieder-Inkraft-Setzen einer vom Verfassungsgerichtshof mit Fristsetzung als verfassungswidrig aufgehobenen Regelung über die vom Verfassungsgerichtshof gesetzte Frist hinaus bedeuten und ist daher nicht verfassungskonform bzw. wäre die zitierte Norm, hätte sie tatsächlichen diesen Inhalt, verfassungswidrig.

   

Eine verfassungskonforme Auslegung der Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 4 ApG iVm Abs. 2 und 3 gebietet vielmehr auch in Ansehung der Entstehungsgeschichte der Apothekengesetznovelle 2006, dass iS des (gebotenen) Vertrauensschutzes für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle anhängige Apothekenkonzessionsverfahren in allen Fällen - daher unabhängig davon, ob der Apothekenkonzessionsbescheid vor oder nach dem 31.10.2006 erlassen wurde - die dreijährige Zurücknahmefrist für ärztliche Hausapotheken gilt.

   

5. Sollte der UVS OÖ allerdings der Auffassung sein, im konkreten Fall sei - entgegen der von mir vertretenen Auffassung - § 62a Abs. 1 ApG anwendbar, weil mein Apothekenkonzessionsbescheid erst nach dem 31.10.2006 erlassen wurde, so bringe ich schon jetzt vor, dass § 62a Abs. 1 ApG RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl. I Nr. 41/2006 gegen die auch den Gesetzgeber bindenden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Erwerbsausübungsfreiheit und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verstößt und verweise auf die vom UVS Steiermark bereits in seinem Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof vom 20.8.2009, Zl. G 224/09, geltend gemachten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 62a Abs. 1 ApG, die ich vollinhaltlich teile und die wie folgt lauten:

   

"1. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hegt das Bedenken, dass § 62a Abs 1 ApothekenG gegen die grundrechtlich verbürgte Erwerbsfreiheit und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt.

Die Übergangsregelung des § 62a Abs. 1 wurde geschaffen, nachdem der Verfassungsgerichtshof mit dem Erkenntnis G 13/05 ua. vom 14. Oktober 2005 unter anderem § 10 Abs 2 Z 1 ApothekenG, RGBl Nr. 5/1907 idF BGBl I Nr. 16/2001 als verfassungswidrig aufgehoben hatte. Sie räumt allen Inhabern einer Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke, sofern (unter anderem) diese Bewilligung vor 29.03.2006 erteilt wurde, abweichend von § 29 Abs 4 ApothekenG in der geltenden Fassung eine wesentlich längere Frist für die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligungen ein. In den Parlamentarischen Materialien findet sich zum Zweck der Regelung folgender Debattenbeitrag des Abgeordneten Dr. X:

 

"Erstens: In Gemeinden, in denen nur ein Arzt für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag seinen ständigen Berufssitz hat, wird die Regelversorgung mit Arzneimitteln durch die Hausapotheke geleistet. In diesen Fällen geht die ärztliche Versorgung Hand in Hand mit der gesicherten Abgabe von Arzneimitteln. Die Vier-Kilometer-Sperrzone rund um eine Apotheke reicht nicht in diese Gegend hinein. Das bedeutet, dass die Hausapotheke in jedem Fall bestehen bleibt. Dies soll verhindern, dass strategische Umsiedelungen der Apotheke stattfinden.

Zweitens: In Gemeinden mit zwei Kassenvertragsärzten für Allgemeinmedizin wird eine Konzession für Apotheken möglich. Eine bereits bestehende Hausapotheke bleibt bis zum 65. Lebensjahr des Arztes, längstens aber 10 Jahre ab Konzessionserteilung.

Drittens:  Neue  Hausapotheken in solchen Zwei-Arzt-Gemeinden haben bei

Konzessionserteilung einer Apotheke einen Bestand von nur drei Jahren.

Viertens: Die Frist für eine tatsächliche Eröffnung einer Apotheke nach Konzessionserteilung wird von drei auf fünf Jahre verlängert, damit sich die Berechenbarkeit für die tatsächliche Eröffnung einer Apotheke in Zwei-Arzt-Gemeinden erhöht.

Fünftens: In Drei-Arzt-Gemeinden - oder mehr - müssen Hausapotheken bei Eröffnung einer Apotheke nach drei Jahren schließen.

Sechstens: Die neuen Regelungen treten mit Kundmachung in Kraft. Für laufende Konzessionsverfahren gilt bis 31. Oktober 2006 die alte Rechtslage." (GP XXII IA 1293 der Beilagen S. 242).

 

Der Initiativantrag 751/A wurde unter anderem wie folgt begründet:

 

"§ 62a enthält die notwendigen Übergangsregelungen. Abs 1 sieht im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung und zur Verwirklichung der in § 342 Abs 1 Z 1 ASVG vorgesehenen Wahlmöglichkeit zwischen zwei in angemessener Zeit erreichbaren Vertragsärzten für bestehende Hausapothekenbewilligungen eine Verlängerung des in § 29 Abs 4 vorgesehenen Zeitraums vor, ohne gleichzeitig eine Zutrittsschranke für öffentliche Apotheken zu errichten. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei der Ausgestaltung des ärztlichen Versorgungsnetzes im ländlichen Raum bisher auch die Führung einer ärztlichen Hausapotheke in die Planung miteinbezogen wurde. Es ist daher für einen geordneten Übergang auf das nunmehrige System notwendig, diesen Hausapotheken eine längere Umstellungsfrist zu gewähren. In Gemeinden, in denen sich schon jetzt mehr als zwei Kassen-Vertragsärzte befinden, ist davon auszugehen, dass die notwendige Versorgung der Bevölkerung mit Gesundheitsdienstleistungen auch gewahrt bleibt, wenn die bestehenden ärztlichen Hausapotheken innerhalb einer 3-Jahresftist zurückgenommen werden müssen. Bei nach dem In-Kraft-Treten dieser Novelle besetzten Kassenplanstellen oder bewilligten Hausapotheken kann hingegen bereits das neue System entsprechend berücksichtigt werden. Durch diese Regelung soll ausschließlich für einen begrenzten Zeitraum eine Übergangslösung geschaffen werden, nach wie vor wird aber am Grundsatz festgehalten, dass es keine dauerhafte Parallelstruktur zwischen öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken geben soll (GP XXII 1293 der Beilagen S.247)"

 

§ 29 Abs 5 APG lautete idF vor der Novelle BGBl I Nr. 16/2001:

 

"Der Inhaber der neu errichteten öffentlichen Apotheke (Abs 4) ist verpflichtet, den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Apotheke der Behörde mitzuteilen. Die Behörde hat die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung auf Antrag des Inhabers der öffentlichen Apotheke mit Bescheid so rechtzeitig auszusprechen, dass die Einstellung des Hausapothekenbetriebes mit dem Tag der Inbetriebnahme der öffentlichen Apotheke erfolgt. Gegen einen Bescheid, mit welchem die Hausapothekenbewilligung zurückgenommen wird, ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig." Erst mit der am 03.03.2001 in Kraft getretenen Novelle BGBl I Nr. 16/2001 wurde § 29 Abs 5 ApothekenG dahin geändert, "dass die Einstellung des Hausapothekenbetriebes drei Jahre nach Rechtskraft des Bescheides erfolgt, mit dem die Konzession für die öffentliche Apotheke erteilt wurde."

 

2. § 62a Abs 1 ApothekenG gleicht in wesentlichen Einzelheiten der mit der Apothekengesetznovelle BGBl. I 120/1998 eingefügten "Übergangsvorschrift für den Betrieb von Hausapotheken" des § 62, dessen erster, vom Verfassungsgerichtshof aufgehobener Absatz wie folgt lautete (Fehler im Original):

 

"§ 29 Abs 4 und 5 gelten unter den Voraussetzungen, dass

1. die Hausapotheke vor dem 1. Juni 1998 in Betrieb genommen worden ist,

2. die Hausapotheke vom selben Arzt ununterbrochen betrieben wird, und

3. die öffentliche Apotheke, die auf Grund eines Bescheides in Betriebe genommen wird, der nach dem 31. Mai 1998 in Rechtskraft erwachsen ist,

mit der Wirkung, daß die Zurücknahme der Hausapothekenbewilligung nicht vor dem 31. Mai 2008 erfolgt."

 

2.1. Im Erkenntnis G 18/00 vom 04.12.2000 hat der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken, die ihn zur amtswegigen Prüfung des § 62 Abs 1 ApothekenG idF BGBl I Nr. 120/1998 veranlasst hatten, noch einmal wiedergegeben und hat dazu unter anderem in Punkt 11.4.2. Folgendes ausgeführt:

 

"Wenn § 62 Abs 1 ApothekenG nämlich das ursprüngliche Vertrauen von Ärzten in den Weiterbestand der Gesetzeslage schützen soll, welches durch den Wegfall des in § 10 Abs 2 Z 1 ApothekenG liegenden Erfordernisses für die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke enttäuscht worden sein könnte, erscheint diese Regelung insofern überschießend und damit verfassungswidrig, als sie auch Gruppen von Ärzten schützen dürfte, die nicht ausschließlich durch die Rechtslage, wie sie durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 02. März 1998, VfSlg. 15.103/1998, hergestellt wurde, in ihrem Vertrauen enttäuscht wurden, sondern auch solche, bei denen sich die schon immer gegebene Gefahr der Errichtung einer Apotheke verwirklicht hat. So erfasst nämlich der Wortlaut des § 62 Abs 1 ApothekenG beispielsweise auch solche hausapothekenführende Ärzte, die bereits im März 1998 in Standorten niedergelassen waren, in welchen die Zahl der von einer allenfalls zu errichtenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen mehr als 5.500 betragen hat und die daher bereits vor der Aufhebung des diesbezüglichen Kriteriums in § 10 Abs 2 Z 1 ApothekenG (also auch bei unveränderter Rechtslage) mit der Errichtung einer öffentlichen Apotheke und folglich auch mit dem Entzug ihrer eigenen Berechtigung rechnen mussten. Diese hausapothekenführenden Ärzte scheinen vorläufig nicht schutzwürdiger als jene, die durch die Übergangsregelung des § 62 Abs 1 ApothekenG gar nicht begünstigt werden."

 

Da diese Bedenken im Prüfungsverfahren nicht entkräftet wurden, blieb der Verfassungsgerichtshof bei seiner im Prüfungsbeschluss geäußerten Auffassung.

 

 

2.2. Hatte die Einfügung des § 62 Abs 1 ApothekenG idF BGBl I 120/1998 in das Apothekengesetz somit ihren Grund darin, dass der Gesetzgeber damit auf die Aufhebung des § 10 Abs 2 Z 1 ApothekenG durch das Erkenntnis VfSlg. 15.103 reagiert hat, gilt das Gleiche insofern für § 62a Abs 1 ApothekenG, als § 10 Abs 2 Z 1 ApothekenG mit der Novelle BGBl I 16/2001 sinngemäß unverändert wieder in Kraft. gesetzt und mit dem Erkenntnis VfSlg. 17682 neuerlich als verfassungswidrig aufgehoben wurde und der Gesetzgeber mit § 62a Abs 1 ApothekenG idF BGBl I 41/2006 wieder eine Übergangsregelung erlassen hat, die im wesentlichen Gehalt der seinerzeit geltenden Übergangsvorschrift des § 62 Abs 1 gleicht. So ist insbesondere gleich geblieben, dass die verlängerte Frist für die Zurücklegung der Hausapothekenbewilligung Fälle erfasst, in denen dem Arzt diese Bewilligung zu einer Zeit erteilt wurde, als das betreffende, vom Verfassungsgerichtshof zum zweiten Mal aufgehobene Bedarfskriterium gegolten hat.

Der Begründung des Initiativantrages ist nicht zu entnehmen, dass die Abgeordneten im Entstehungsprozess der nun angefochtenen Bestimmung darauf Bedacht genommen hätten, den diesbezüglichen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes Rechnung zu tragen. Das vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 16038 geäußerte Bedenken, § 62 Abs 1 schütze auch Ärzte, bei denen sich die schon immer gegebene Gefahr der Errichtung einer Apotheke verwirklicht hat, weil sie schon im März 1998 in Standorten niedergelassen waren, in denen die Zahl der von einer allenfalls zu errichtenden Apotheke aus zu versorgenden Personen mehr als 5.500 Personen betragen hat und die daher bereits vor Aufhebung des diesbezüglichen Kriteriums in § 10 Abs 2 Z 1 ApothekenG (somit auch bei unveränderter Rechtslage) mit der Errichtung einer öffentlichen Apotheke und mit dem Entzug ihrer eigenen Berechtigung rechnen mussten, ist daher für § 62a Abs l unverändert - relevant. Auch diese Vorschrift behandelt (aus Sicht der begünstigten Ärzte) ungleiche Sachverhalte gleich bzw. (aus der Sicht der nicht begünstigten Ärzte) gleiche Sachverhalte ungleich und widerspricht damit offensichtlich dem Gleichheitsgrundsatz.

 

3.1. In Punkt 11.4.3. des Erkenntnisses VfSlg. 16038 heißt es weiter:

 

"Der Verfassungsgerichtshof hegt weiters vorläufig das folgende, sich aus den Konsequenzen des § 62 ergebende Bedenken: Im Hinblick auf die insbesondere durch die Betriebspflicht (§ 13 ApothekenG) und dem Bereitschaftsdienst (§ 8 leg cit) vorgegebenen Mindestkosten des Betriebes einer öffentlichen Apotheke in Verbindung mit dem Umstand, daß ein beträchtlicher Teil des Umsatzes öffentlicher Apotheken aus dem  Vertrieb von rezeptpflichtigen Arzneimitteln, welche (auch) die am Standort der Apotheke etablierten Ärzte ihren Patienten verschreiben, resultieren dürfte, scheint - wie der Beschwerdeführer unter Nennung konkreter Zahlen vorbringt und der Verfassungsgerichtshof vorläufig annimmt - ein wirtschaftlich sinnvoller Betrieb einer öffentlichen Apotheke an Standorten, für die auch ärztliche Hausapotheken rechtmäßig bestehen, im allgemeinen nicht möglich zu sein."

   

Der Grundsatz, dass Hausapothekenbewilligungen mit der Neueröffnung einer öffentlichen Apotheke nach  § 29 Abs 4 ApothekenG zurückgenommen würden, sei, wie der Verfassungsgerichtshof weiter ausführte, durch § 62 Abs 1 durchbrochen, weil diese Vorschrift Konzessionswerbern keine rechtsfolgenlose neuerliche Entscheidung für oder gegen die Eröffnung einer öffentlichen Apotheke ermögliche und § 19 Abs 1 ApothekenG der Behörde die Befugnis einräume, die Apothekenkonzession zurückzunehmen, wenn die Apotheke binnen einem Jahr nach Ausfolgung der Konzessionsurkunde nicht in Betrieb gesetzt wird. Dadurch könnte der Konzessionsinhaber gezwungen sein, allein zum Zweck des Konzessionserhalts über mehrere Jahre einen verlustbringenden Apothekenbetrieb zu führen. Gemessen an deren Zielsetzung und an dem durch sie bewirkten Eingriff in die wirtschaftlichen Möglichkeiten von Konzessionsinhabern sei die auf zehn Jahre angelegte Dauer der Übergangsregelung überschießend lang.

 

3.2. Diese Begründung trifft ebenso auf § 62a Abs 1 zu, weil auch danach die Hausapothekenbewilligung spätestens zehn Jahre nach Rechtskraft der Konzession zurückzunehmen ist, außer der Inhaber der Bewilligung vollendet vorher das 65. Lebensjahr. Hatte § 19 Abs 1 Z 1 ApothekenG in der Fassung vor der Novelle BGBl. 1 Nr.16/2001 vorgesehen, dass die Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke zurückgenommen werden  konnte, wenn die Apotheke   binnen einem  Jahr nach Ausfolgung der Konzessionsurkunde nicht in Betrieb gesetzt wurde, wurde die Möglichkeit, die Konzession zurückzunehmen, durch die Novelle BGBl I Nr. 16/2001 dahin beschränkt, dass die Zurücknahme erfolgen konnte, wenn die Apotheke nicht innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft des Konzessionsbescheides eröffnet wurde. Mit der Novelle BGBl I Nr. 41/2006 wurde die Frist des § 19 Abs 1 Z 1 ApothekenG von drei auf fünf Jahre verlängert, "damit sich die Berechenbarkeit für die tatsächliche Eröffnung einer Apotheke in Zwei-Arzt-Gemeinden erhöht." (Dr. X, GP XXII IA 1293 der Beilagen S. 242).

Der Konzessionsinhaber kann nunmehr zwar - ohne dadurch vom Verlust der Konzession bedroht zu sein - seine Investitionsentscheidung auf bis zu fünf Jahre hinausschieben und damit den Zeitraum, in dem er - bei rechtmäßigem Weiterbestehen einer ärztlichen Hausapotheke am selben Standort - einen allenfalls verlustbringenden Apothekenbetrieb zu führen hätte, so verkürzen, dass er höchstens fünf Jahre beträgt; dies führt aber dazu, dass der Konzessionsinhaber dann trotz Erteilung der Konzession auf die Ausübung der bewilligten Erwerbstätigkeit bis zur Investitionsentscheidung bzw. Errichtung der öffentlichen Apotheke verzichten muss, obwohl die Konzessionserteilung prinzipiell auf die tatsächliche Ausübung der bewilligten Erwerbstätigkeit ausgerichtet ist. Dies kommt einer Aussetzung des Rechts auf freie Erwerbsausübung bzw. einem temporären Verlust dieses Rechts gleich. Bei näherer Betrachtung erweist sich daher, dass der Konzessionsinhaber nur zwischen zwei Übeln wählen kann, nämlich die Apotheke zu errichten und zu betreiben, während am Standort noch rechtmäßig  ärztliche Hausapotheken weiter bestehen, oder bis zur Schließung der Hausapotheken auf den Betrieb der Apotheke zu verzichten. Die Verlängerung der Frist nach § 19 Z 1 ApothekenG bewirkt hinsichtlich der Übergangsfrist von bis zu zehn Jahren in § 62a Abs 1 lediglich, dass der Zeitraum, in dem die Apotheke allenfalls nur verlustbringend geführt werden kann, auf bis zu fünf Jahre verkürzt werden kann, in welchem Fall sich allerdings der Zeitraum, in dem die bereits bewilligte Erwerbstätigkeit nicht ausgeübt werden kann, entsprechend verlängert, weshalb sich de facto daran, dass die Frist von zehn Jahren überschießend lang ist, nichts geändert hat."

   

6. Ich stelle daher den

 

A N T R A G

 

den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die ärztlichen Hausapothekenbewilligungen der Berufungswerber per 26.6.2010 zurückgenommen werden, im Übrigen aber den Berufungen keine Folge zu geben und sie abzuweisen, in eventu rege ich an, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Aufhebung des § 62a (1) und (4), allenfalls wegen des untrennbaren Zusammenhanges des gesamten § 62a ApG idF BGBl. I Nr. 42/2006 wegen Verletzung der auch den Gesetzgeber bindenden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Erwerbsausübungsfreiheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz zu stellen."

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nicht erforderlich war, nachdem sich der Sachverhalt zweifelsfrei aus der Aktenlage ergibt, im Verfahren im Wesentlichen die Beurteilung von Rechtsfragen strittig ist und die Akten erkennen lassen, dass eine weitere mündliche Erörterung eine tiefgreifendere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Im Übrigen liegt kein darauf gerichteter Parteienantrag vor bzw. wurde einvernehmlich zurückgezogen  (§ 67d Abs. 1 und 3 AVG).

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter Punkt 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten Sachverhalt aus.

 

2.4. Gemäß § 67a AVG ist der Oö. Verwaltungssenat im vorliegenden Fall zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen.

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. § 62a Abs. 1, 2, 4 und 6 des Apothekengesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009 lauten:

 

(1) Wurde eine Konzession für eine öffentliche Apotheke nach dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 41/2006 für eine Betriebsstätte erteilt, in deren Gemeinde zum Zeitpunkt der Antragstellung gemäß § 9 zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, vorhanden waren, so ist abweichend von § 29 Abs. 3 und 4 die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke dann zurückzunehmen, wenn der Inhaber der Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke das 65. Lebensjahr vollendet hat, sofern die Bewilligung zur Haltung der ärztlichen Hausapotheke zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes bereits rechtskräftig erteilt war. Die Frist für die Zurücknahme und die Einstellung des Betriebes der ärztlichen Hausapotheke darf dabei insgesamt jedoch zehn Jahre ab Rechtskraft der Konzession nicht übersteigen.

 

(2) Wurde eine Konzession für eine öffentliche Apotheke vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 41/2006 oder gemäß Abs. 3 oder 4 rechtskräftig erteilt, so gilt hinsichtlich der Rücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke die Rechtslage vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 41/2006 weiter.

 

(4) Auf im Zeitpunkt der Kundmachung BGBl. I Nr. 1/2006 anhängige Konzessionsverfahren, die bis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, ist § 10 Abs. 2 Z 1 in der Form anzuwenden, dass ein Bedarf dann nicht besteht, wenn sich in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke eine ärztliche Hausapotheke befindet und in der Gemeinde oder im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte zum Zeitpunkt der Antragstellung weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1, die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, bestehen.

 

(6) Auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Apothekengesetznovelle BGBl. I Nr. 75/2008 anhängige Verfahren ist die Rechtslage vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes weiterhin anzuwenden.

 

3.2. Es ist im vorliegenden Fall völlig unbestritten, dass der verfahrensleitende Antrag am 15. Juli 2009 gestellt wurde, weshalb gemäß § 62a Abs. 6 ApG grundsätzlich das Apothekengesetz in der geltenden Fassung und nicht in der vor In-Kraft-Treten der Novelle BGBl. I Nr. 75/2008 anzuwenden ist.

 

In der Berufung wird u.a. geltend gemacht, dass die belangte Behörde fälschlich den § 62a Abs. 2 ApG und nicht Abs. 1 leg. cit. als Rechtsgrundlage für die Entscheidung herangezogen hat. Dazu ist Folgendes auszuführen:

 

3.3.1. Aus der Formulierung der Abs. 1 und 2 ergibt sich, dass bei manchen Sachverhalten, wie auch im vorliegenden Fall, grundsätzlich beide Normen – also in konkurrierender Weise – Anwendung finden könnten. Der belangten Behörde grundsätzlich folgend, ist diese Konkurrenz mit Hilfe der allgemeinen Auslegungsregeln aufzulösen, wobei besonders auf die Regelung "lex spezialis derogat legi generali" Bedacht zu nehmen ist.

 

3.3.2. Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass gemäß § 62a Abs. 1 ApG die Tatbestandselemente der Konzessionserteilung nach dem In-Kraft-Treten der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 erfolgte und dass in X 2 hausapothekenführende Allgemeinmediziner niedergelassen sind, deren Bewilligung vor rechtskräftiger Konzessionserteilung für die öffentliche Apotheke bestanden hatte. Klar ist aber auch, dass gemäß § 62a Abs. 2 ApG eine der dort angeführten Alternativen vorliegt, nämlich die Konzessionserteilung auf Basis des Abs. 4 leg. cit.

 

3.3.3. Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man nun aufgrund der Tatsache, dass § 62a Abs. 1 ApG zwei Tatbestandselemente für seine Anwendung aufweist, wohingegen Abs. 2 leg. cit. nur je eine von drei Alternativen fordert, zu dem Schluss kommen, dass Abs. 1 leg. cit. die speziellere Norm darstellt. Dem ist aber nicht so, denn es ist wohl so zu verstehen, dass Abs. 1 leg. cit. generell die Verfahren in 2-Arztgemeinden regeln soll, die nach dem In-Kraft-Treten der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006, also ab dem 29. März 2006 betrifft; Abs. 2 jedoch generell die Fälle, die vor dieser Novelle entschieden wurden und dazu im vergleichbaren Zeitraum des Abs. 1 leg. cit. speziell jene Fälle, in denen die Apothekenkonzession auf Basis der Abs. 3 oder 4 leg. cit. erteilt wurde. Diese Einschränkung des Anwendungsbereiches des Abs. 1 leg. cit. gilt somit auch für die dort angeführten Fälle der 2-Arztgemeinden. Der Anwendungsbereich des Abs. 1 besteht sohin lediglich für jene Fälle, in denen Apothekenkonzessionen nach In-Kraft-Treten der Novelle in 2-Arztgemeinden nicht auf Basis der Abs. 3 oder 4 leg. cit. erteilt wurden.

 

3.3.4. Es ist also festzuhalten, dass im vorliegenden Fall § 62a Abs. 2 ApG als einschlägige Norm anzusehen ist, und dass – nach den allgemeinen Auslegungsregeln – Abs. 1 leg. cit. auch dann keine Anwendung finden kann, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 leg. cit. nicht erfüllt sind bzw. die - im vorliegenden Fall – von der Antragstellerin angestrebten Rechtsfolgen mangels Vorliegens der Voraussetzungen nicht eintreten.

 

3.4.1. § 62a Abs. 2 verweist hinsichtlich der Rücknahme von Hausapotheken auf die Rechtslage vor In-Kraft-Treten der Novelle des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 41/2006 und somit auf BGBl. I Nr. 5/2004.

 

3.4.2. § 29 Abs. 4 ApG in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2004 lautet:

 

Die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke ist bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet und in dem rechtskräftigen Bescheid zur Konzessionierung der neuen öffentlichen Apotheke ein Versorgungspotential im Sinne des § 10 von zumindest 5.500 Personen für die neue öffentliche Apotheke festgestellt wurde.

 

3.4.3. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 2005, G13/05-14, G27/05-15 und G46/05-13 wurde der letzte Halbsatz des § 29 Abs. 4 ApG als verfassungswidrig aufgehoben und die Wirkung der Aufhebung mit 31. Oktober 2006 verfügt. Unter Berücksichtigung des zitierten Erkenntnisses des VfGH kam die belangte Behörde zu dem Schluss, dass Abs. 4 daher nunmehr dahingehend laute, dass die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke bei der Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen sei, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und der Betriebstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke 4 Straßenkilometer nicht überschreite. Das vormals enthaltene Erfordernis des Vorliegens eines zumindest 5.500 Personen umfassenden Versorgungspotentials müsste demnach unberücksichtigt bleiben. Es ist nun aber strittig, ob diese als verfassungskonform erkannte oder die ursprüngliche Regelung anzuwenden ist. Diesbezüglich ist zunächst auf die Wirkung einer Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof einzugehen, da es eine Rolle spielt, ob die ursprüngliche Norm quasi ex tunc als nichtig erklärt oder ex nunc ab dem Wirksamwerden der Aufhebung fällt.

 

3.4.4. Gemäß Art. 140 Abs. 5 B-VG verpflichtet das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben wird, den Bundeskanzler oder den zuständigen Landeshauptmann zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung. Dies gilt sinngemäß für den Fall eines Ausspruchs gemäß Abs. 4. Die Aufhebung tritt am Tage der Kundmachung in Kraft, wenn nicht der Verfassungsgerichtshof für das Außer-Kraft-Treten eine Frist bestimmt. Diese Frist darf 18 Monate nicht überschreiten.

 

Ist gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

 

Im vorliegenden Fall hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Oktober 2005 eine Frist gemäß Art. 140 Abs. 5 für das Außer-Kraft-Treten der verfassungswidrigen Norm bis zum 31. Oktober 2006 gesetzt. Gemäß Abs. 7 leg. cit., letzter Satz ist das als verfassungswidrig erkannte Gesetz auf alle Tatbestände (mit Ausnahme des Anlassfalles – hier nicht relevant) anzuwenden. Dies kann aber bei grammatikalischer Interpretation nichts anderes bedeuten, als dass dieses Gesetz – wenn auch verfassungswidrig – geltende Rechtslage bis zum Eintritt der Aufhebung ist.

 

Daraus folgt ganz generell gesprochen, dass, wenn eine Gesetzesnorm, die nach Fällung des aufhebenden Erkenntnisses aber noch vor Eintritt des befristeten Außer-Kraft-Tretens  erlassen wird, auf die vor ihrem In-Kraft-Treten geltende Rechtslage verweist, ist die Gesetzesnorm ohne Berücksichtigung der Aufhebung anzuwenden.

 

3.4.5. Wenn nun eingewendet werden könnte, dass es verfassungsrechtlich bedenklich sei, dass ein einfaches Bundesgesetz – den höchstrichterlichen Spruch gleichsam ignorierend – nachträglich auf eine verfassungswidrige Norm verweist, so ist zunächst auf den Wortlaut des Art. 140 Abs. 5 und 7 B-VG Bedacht zu nehmen, wodurch jegliche allfällige teleologische Interpretation hintanzustellen ist. Dies widerspricht auch nicht etwaigen rechtsstaatlichen Überlegungen, da ja schon – wie im vorliegenden Fall – auch der Verfassungsgerichtshof von sich aus schon durch die Fristsetzung dokumentiert, dass sogar noch eine weitere Anwendung der als verfassungswidrig erkannten Norm rechtlich unbedenklich sei.

 

Wenn es auch aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates absolut unzulässig wäre vor einer grammatikalischen Interpretation nach dem Willen des Gesetzgebers zu fragen, so ist dieser offensichtlich gerade darauf gerichtet, für die von der Übergangsbestimmung des § 62a Abs. 2 umfassten Fallkonstellationen, die Norm des § 29 Abs. 4 ApG in der ursprünglichen – nicht vom Verfassungsgerichtshof beanstandeten Form – heranzuziehen. Wäre es anders, hätte der Legislator nämlich keinen Verweis auf eine ältere Fassung vornehmen müssen, sondern einfach auf den die Beanstandung berücksichtigenden § 29 Abs. 3 ApG in der geltenden Fassung und die dort aufgestellten Bedingungen verweisen können.

 

Hinsichtlich einer allfälligen verfassungskonformen Interpretation ist folgendes anzuführen: "Ein Gesetz verfassungskonform zu interpretieren bedeutet, dass jene von mehreren (mit den üblichen Interpretationsmethoden gewonnenen) Interpretationsergebnissen ausgeschlossen werden, die mit dem Verfassungsrecht nicht vereinbar sind. Anders formuliert: Erscheint ein Gesetzestext in verschiedener Weise interpretierbar, werden jene Interpretationen ausgeschieden, die der Verfassung widersprechen, und die

Auslegung auf jene Interpretation(en) reduziert, die mit der Verfassung in Einklang steht (stehen)." (Öhlinger, Verfassungsrecht8 (2009) Rz 36). Die Grenze der verfassungskonformen Auslegung liegt dort, wo sie dem Wortlaut des Gesetzes oder der Absicht des Gesetzgebers eindeutig widerspricht (vgl VfSlg 11.036/1986). In diesem Sinn äußert sich auch Berka in: Lehrbuch Verfassungsrecht2 (2008) Rz 94: " Nur dann, wenn mehrere Auslegungen möglich sind, ist jene zu wählen, die den Konflikt mit der Verfassung vermeidet. Widerspricht ein Gesetz nach seinem eindeutigen Sinn der Verfassung, kann und darf es nicht verfassungskonform interpretiert werden."

 

Genau dies ist aber im vorliegenden Fall gegeben, da der Gesetzestext an sich schon bei grammatikalischer Interpretation klar und unmissverständlich ist.

Sohin ist dokumentiert, dass § 29 Abs. 4 ApG in der Fassung BGBl. I Nr. 5/2004 in vollem Umfang anzuwenden ist.

 

3.5. § 29 Abs. 4 ApG in der oa. Fassung sieht die Zurücknahme von ärztlichen Hausapotheken dann vor, wenn die Entfernung zwischen Berufssitz des Arztes und der Apotheke vier Straßenkilometer nicht überschreitet und in dem rechtskräftigen Bescheid zur Konzessionierung der neuen öffentlichen Apotheke ein Versorgungspotential im Sinne des § 10 von zumindest 5.500 Personen für die neue öffentliche Apotheke festgestellt wurde.

 

Dazu ist festzuhalten, dass im in Rede stehenden Fall zwar gemäß dem Konzessionsbescheid für die öffentliche Apotheke vom 8. Juni 2007 (rechtskräftig mit 25. Juni 2007) das Erfordernis der 4 Straßenkilometer nicht überschreitenden Wegstrecke zwischen dem Berufssitz der Ärzte und der Apotheke als vorliegend erkannt wurde, aber in Hinblick auf § 62a Abs. 4 ApG das Versorgungspotential von zumindest 5.500 Personen nicht festgestellt wurde, das nach der Aktenlage im Übrigen nicht gegeben war und im vorliegenden Fall auch von den Parteien übereinstimmend nicht releviert wurde. Es folgt daraus, dass die Voraussetzungen des § 29 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 5/2004 nicht vorliegen, weshalb auch die Rechtsfolge der Rücknahme der Hausapothekenbewilligungen der Bw nicht eintreten kann.

 

Nun wäre es aber – wie oben schon angemerkt - unzulässig im vorliegenden Fall – die Rechtsgrundlage wechselnd – auf § 62a Abs. 1 zurückzugreifen, der aufgrund der herangezogenen "lex spezialis-Regel" nicht subsidiär Anwendung finden kann.

 

3.6. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, der Berufung stattzugeben und der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben.

 

Weiters darf angemerkt werden, dass auch bei Abweisung der Berufung der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert werden hätte müssen, dass zum Einen die 3-Jahresfrist ab Rechtskraft des Konzessionsbescheides am 26. Juni 2010 geendet haben würde und zum Anderen, dass auf die In-Betriebnahme der Apotheke nur nach diesem Zeitpunkt und nicht ganz generell heranzuziehen gewesen wäre.  

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Bernhard Pree

 


VwSen-590236 vom 1. Februar 2010

§ 62a ApG, 140 Abs. 5 und 7 B-VG

Rechtssatz:

Gemäß Abs. 7 leg. cit., letzter Satz ist das als verfassungswidrig erkannte Gesetz auf alle Tatbestände (mit Ausnahme des Anlassfalles – hier nicht relevant) anzuwenden. Dies kann aber bei grammatikalischer Interpretation nichts anderes bedeuten, als dass dieses Gesetz – wenn auch verfassungswidrig – geltende Rechtslage bis zum Eintritt der Aufhebung ist.

 

Es ist wohl so zu verstehen, dass Abs. 1 leg. cit. generell die Verfahren in 2-Arztgemeinden regeln soll, die nach dem In-Kraft-Treten der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006, also ab dem 29. März 2006 betrifft; Abs. 2 jedoch generell die Fälle, die vor dieser Novelle entschieden wurden und dazu im vergleichbaren Zeitraum des Abs. 1 leg. cit. speziell jene Fälle, in denen die Apothekenkonzession auf Basis der Abs. 3 oder 4 leg. cit. erteilt wurde. Diese Einschränkung des Anwendungsbereiches des Abs. 1 leg. cit. gilt somit auch für die dort angeführten Fälle der 2-Arztgemeinden. Der Anwendungsbereich des Abs. 1 besteht sohin lediglich für jene Fälle, in denen Apothekenkonzessionen nach In-Kraft-Treten der Novelle in 2-Arztgemeinden nicht auf Basis der Abs. 3 oder 4 leg. cit. erteilt wurden.

 

 

Daraus folgt ganz generell gesprochen, dass, wenn eine Gesetzesnorm, die nach Fällung des aufhebenden Erkenntnisses aber noch vor Eintritt des befristeten Außer-Kraft-Tretens  erlassen wird, auf die vor ihrem In-Kraft-Treten geltende Rechtslage verweist, ist die Gesetzesnorm ohne Berücksichtigung der Aufhebung anzuwenden.

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VfGH vom 14.06.2010, Zl.: B 411/10-9

 

 

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