Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231081/2/Gf/Mu

Linz, 02.02.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 14. Jänner 2010, GZ Sich96-290-2009, wegen einer Übertretung des Meldegesetzes und des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als Spruchtpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit eingestellt wird; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 4 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried vom 14. Jänner 2009, GZ Sich96-290-2009, wurde über die Rechtsmittelwerberin einerseits eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Stunden) sowie andererseits eine Geldstrafe in Höhe von 30 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Stunden) verhängt, weil sie es nach ihrer Unterkunftnahme in einer Wohnung in x bis zum 5. Juli 2009 unterlassen habe, sich bei der zuständigen Behörde anzumelden, und sie sich nach diesem Zeitpunkt länger als drei Monate im Bundesgebiet aufgehalten habe, ohne dies der Behörde anzuzeigen; dadurch habe sie eine Übertretung des § 3 Abs. 1 des Meldegesetzes, BGBl.Nr. 9/1992, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I  135/2009 (im Folgenden: MeldeG), bzw. eine Übertretung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 135/2009 (im Folgenden: NAG) begangen, weshalb sie nach § 22 Abs. 1 Z. 1 MeldeG bzw. nach § 77 Abs. 1 Z. 4 NAG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der der Beschwerdeführerin angelastete Sachverhalt auf Grund entsprechender Wahrnehmungen der einschreitenden Sicherheitsorgane als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Rechts­mittelwerberin als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihr am 15. Jänner 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18. Jänner 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass sie in Österreich geboren worden und bereits vor eineinhalb Jahren die Verleihung der österreichischen Staats­bürgerschaft sowie die Ausstellung eines österreichischen Reisepasses beantragt habe. Außerdem habe sie sich bereits im Frühjahr 2009 beim Gemeindeamt in x angemeldet.

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Ried zu GZ Sich96-290-2009; da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und auch die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen schon gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG von der Durchführung einer
öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis auch keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 22 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MeldeG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro zu bestrafen, der in einer Wohnung Unterkunft nimmt und sich nicht innerhalb von drei Tagen danach  bei der Meldebehörde anmeldet.

3.1.1. Im gegenständlichen Fall geht aus dem im Akt der belangten Behörde einliegenden Schreibens des Bürgermeisters der Gemeinde x vom 8. Oktober 2009, GZ Pol-110/2009-A/W, hervor, dass dort am 13. Mai 2009 lediglich ein unvollständig ausgefüllter Meldezettel der Beschwerdeführerin eingelangt ist, auf dem insbesondere die Unterschrift des Unterkunftgebers fehlte; Gleiches wiederholte sich am 15. Juli 2009.

Da auch die Rechtsmittelwerberin selbst weder in ihren im erstbehördlichen Strafverfahren eingebrachten Schriftsätzen noch mit ihrer Berufung an den
Oö. Verwaltungssenat das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Meldung dokumentiert hat, musste ihr diesbezügliches Vorbringen als eine bloße Schutzbehauptung qualifiziert werden.

3.1.2. Weil ihr in diesem Zusammenhang auch kein entschuldigender Rechtsirrtum zugebilligt werden kann und sie zumindest insofern fahrlässig gehandelt hat, als sie es trotz offenbar unmissverständlicher Hinweise ihrer Wohnsitzgemeinde unterlassen hat, sich zumindest über die maßgebliche Rechtslage zu informieren, hat sie insoweit tatbestandsmäßig und auch schuldhaft gehandelt.

Ihre diesbezügliche Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.2. Gemäß § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 NAG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 250 Euro zu bestrafen, der sich als EWR-Bürger länger als drei Monate in Österreich aufhält, dies nicht binnen vier Monaten ab seiner Einreise der Behörde anzeigt und in diesem Zuge die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung beantragt.

Diese Sanktion steht zwar im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 5 der EU-Richtlinie 2004/38/EG (= Freizügigkeitsrichtlinie i.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 19 NAG). Im Gesamtkontext des Fremdenrechts betrachtet stellt sie jedoch eine Spezialbestimmung zu § 22 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MeldeG dar.

Insgesamt besehen würde sohin nicht nur eine unzulässige Doppelbestrafung i.S.d. Art. 4 des 7.ZPEMRK, sondern auch eine Diskriminierung von EU-Bürgern resultieren, wenn diese zusätzlich zu einer Bestrafung nach § 22 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MeldeG auch noch wegen einer Übertretung des § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 NAG belangt werden.

Da die belangte Behörde die Rechtsmittelwerberin bereits wegen einer Begehung  des Allgemeindelikts nach dem Meldegesetz in Anspruch genommen hat, war das unter einem wegen einer Verletzung des Spezialdelikts nach dem NAG geführte Strafverfahren einzustellen.

3.3. Aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als Spruchpunkt 2. aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG insoweit einzustellen war; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 4 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen nach § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

Rechtssatz:

VwSen-231081/2/Gf/Mu vom 2. Februar 2010

§ 22 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MeldeG; § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 NAG; Art. 8 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 5 der EU-Richtlinie 2004/38/EG

Diese Sanktion des § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 NAG steht zwar im Einklang mit Art. 8 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 5 der EU-Richtlinie 2004/38/EG (= Freizügigkeitsrichtlinie i.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 19 NAG). Im Gesamtkontext des Fremdenrechts betrachtet stellt sie jedoch eine Spezialbestimmung zu § 22 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MeldeG dar.

Insgesamt besehen würde sohin nicht nur eine unzulässige Doppelbestrafung i.S.d. Art. 4 des 7.ZPEMRK, sondern auch eine Diskriminierung von EU-Bürgern resultieren, wenn diese zusätzlich zu einer Bestrafung nach § 22 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 MeldeG auch noch wegen einer Übertretung des § 77 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 53 NAG belangt werden könnten.

Da die belangte Behörde hier die Rechtsmittelwerberin bereits wegen einer Begehung  des Allgemeindelikts nach dem Meldegesetz in Anspruch genommen hat, war das unter einem wegen einer Verletzung des Spezialdelikts nach dem NAG geführte Strafverfahren einzustellen.

 

Beachte:


vorstehende Entscheidung wurde im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkt 2.) aufgehoben;

VwGH vom 15.12.2011, Zl. 2010/0098-8

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