Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240718/2/Gf/Mu

Linz, 29.01.2010

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung der x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 16. Dezember 2009, GZ 31392/2009, wegen einer Übertretung des Speisesalzgesetzes und drei Übertretungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt I.4., II.4. und III.4. aufgehoben werden, es in Spruchpunkt III.2. anstelle von "100 Euro" bzw. "2 Stunden" nunmehr "Ermahnung", in Spruchpunkt III.1. anstelle von "72 Euro" bzw. "7 Stunden" nunmehr "36 Euro" bzw. "3 Stunden", in Spruchpunkt III.3. anstelle von "300 Euro" nunmehr "100 Euro" und in Spruchpunkt IV. anstelle von "67,20 Euro", "649,80 Euro", "717,00 Euro" bzw. "1.389,00 Euro" nunmehr "13,60 Euro" (Barauslagen), "374,80 Euro" (Untersuchungskosten), "388,40 Euro" (Kosten insgesamt) bzw. "524,40 Euro" (Gesamtbetrag) zu heißen hat und in Spruchpunkt I.3. die Wendungen "und mit krankheitsbezogenen Angaben im Sinne des § 5 Abs. 3 LMSVG" sowie "und gemäß § 5 Abs. 3 LMSVG ist es verboten, in der Werbung einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen zu lassen" zu entfallen haben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens ermäßigt sich auf insgesamt 13,60 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG; § 71 LMSVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 16. Dezember 2009, GZ 31392/2009, wurden über die Rechtsmittelwerberin vier Geldstrafen in einer Höhe von insgesamt 672 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: insgesamt 17 Stunden) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin ihrer GmbH zu verantworten habe, dass diese am 14. Jänner 2009 das Produkt „original nat(ur)salz″ zum einen in einer Umschließung ohne der deutlich lesbaren Aufschrift "unjodiert" sowie zum anderen ohne Kennzeichnung in Bezug auf den Brennwert sowie den Eiweiß-, Kohlehydrat- und Fettgehalt und einerseits mit zur Irreführung geeigneten gesundheitsbezogenen und andererseits mit krankheitsbezogenen Angaben an ein anderes Unternehmen geliefert und auf diese Weise in Verkehr gebracht habe. Dadurch habe die Beschwerdeführerin eine Übertretung des § 2 Abs. 4 i.V.m. § 5a Abs. 1 des Speisesalzgesetzes, BGBl.Nr. 112/1963, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 115/1999 (im Folgenden: SpSG), eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 4 der Verordnung über die Nährwertkennzeichnung von Lebensmitteln, BGBl.Nr. 896/1995, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 186/2009 (im Folgenden: NwKV), i.V.m. § 90 Abs. 3 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 52/2009 (im Folgenden: LMSVG), eine Übertretung des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 i.V.m. § 90 Abs. 2 LMSVG und eine Übertretung nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (im Folgenden: VO 1924/2006) i.V.m. § 90 Abs. 3 LMSVG begangen, weshalb sie zum einen nach § 5a Abs. 1 SpSG und zum anderen nach § 90 Abs. 2 LMSVG sowie (zweimal) nach § 90 Abs. 3 LMSVG zu bestrafen gewesen sei. Zudem wurden Untersuchungskosten in Höhe von 649,80 Euro vorgeschrieben.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der ihr zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund eines entsprechenden Gutachtens der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherung (im Folgenden: AGES) als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien Milderungsgründe nicht hervorgekommen, während zwei rechtskräftige einschlägige Verwaltungsvorstrafen als erschwerend zu werten gewesen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Rechtsmittelwerberin seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 2000 Euro).

1.2. Gegen dieses ihr am 7. Jänner 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. Jänner 2009 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin bringt die Beschwerdeführerin zunächst vor, dass der Spruch dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG deshalb nicht entspreche, weil in diesem weder festgehalten sei, dass das Produkt selbst jodiert bzw. unjodiert gewesen sei oder dass die Aufschrift "unjodiert" auf der Verpackung gefehlt habe; außerdem enthalte dieser weder einen Hinweis auf das Vorhandensein einer konkreten nährwertbezogenen noch auf eine konkret verbotene gesundheitsbezogene noch auf eine konkret verbotene krankheitsbezogene Angabe.

Davon abgesehen habe das gegenständliche Produkt zwar Jod, jedoch nur in natürlicher Form, enthalten; hingegen sei keine nachträgliche zusätzliche Ver­setzung erfolgt, was aber nach Auffassung der Rechtsmittelwerberin offenbar eine Voraussetzung der Gebotsnorm des § 2 SpSG bilde. Hinsichtlich der angelasteten Verletzungen der Bestimmungen der NwKV weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass es ihr zum Tatzeitpunkt an einem entsprechenden Unrechtsbewusstsein infolge eines nicht vorwerfbaren Irrtums und damit an einem entsprechenden Verschulden gefehlt habe. Schließlich seien die Angaben "unverfälscht", "aus unverfälschten Lagerstätten", "ganzheitliches natürliches Produkt" und der Hinweis auf die gesunde Lebensweise jeweils wahrheitsgemäß, sodass diese folglich auch nicht als irreführend angesehen werden könnten.

Darüber hinaus wird festgestellt, dass im gegenständlichen Fall weder ein Schaden eingetreten noch Personen gefährdet worden und die Folgen der Übertretung unbedeutend gewesen seien, sodass die Strafe insgesamt jedenfalls als überhöht anzusehen sei.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung bzw. eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu GZ 31392/2009; da sich bereits aus
diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – nachdem hier keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 44a Z. 1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfahren hat, muss der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat in so konkretisierter Form enthalten, dass der Beschuldigte einerseits in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und er anderseits rechtlich davor geschützt wird, wegen desselben Verhalten nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Dem genügt der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses in Verbindung mit der Begründung und dem Gutachten der AGES vom 26. Juni 2006, GZ 09027672 (im Folgenden kurz: Gutachten), weil daraus insgesamt (gerade noch hinreichend) deutlich wird, welches gebotswidrige Verhalten der – hier zudem anwaltlich vertretenen – Rechtsmittelwerberin angelastet werden soll (wie dies im Übrigen gerade auch der dementsprechend ausführlich begründete Beschwerdeschriftsatz deutlich belegt).

3.2.1. Zur angelasteten Übertretung des § 2 Abs. 4 SpSG

3.2.1.1. Gemäß § 5a Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 4 SpSG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen, der unjodiertes Speisesalz in Verkehr bringt, ohne dessen Umschließung mit der deutlich lesbaren Aufschrift "unjodiert" versehen zu haben.

Nach § 1 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 Z. 1  SpSG ist unter "Vollsalz" ein Speisesalz zu verstehen, dessen Gesamtgehalt mindestens 15 mg/kg und höchstens 20 mg/kg in Form von Jodid oder Jodat beträgt.

Aus dem Konnex dieser beiden Bestimmungen geht im Wege eines Umkehrschlusses hervor, dass als ein unjodiertes Speisesalz jenes anzusehen ist, dessen Gesamtjodgehalt unter 15 mg/kg liegt; für die davon abweichende Auffassung der Rechtsmittelwerberin, dass von einem unjodierten Speisesalz stets nur dann die Rede sein könne, wenn dieses nicht durch eine nachträgliche Zugabe von Jod versetzt wurde, findet sich hingegen im Normtext kein Anhaltspunkt. 

Dies zu Grunde legend sowie davon ausgehend, dass diesbezüglich aus dem vorangeführten Gutachten der AGES hervorgeht, dass der Jodidanteil bei der untersuchten Probe unterhalb der Bestimmungsgrenze von 2 mg/kg lag (vgl. S. 2 u. 3 des Gutachtens), ergibt sich, dass es sich im gegenständlichen Fall um unjodiertes Speisesalz handelte, wobei auf der Verpackung eine dementsprechende Aufschrift fehlte. Dieser ersteren Feststellung des Jodidanteiles ist die Beschwerdeführerin nicht – zumindest nicht auf gleicher fachlichen Ebene, nämlich im Wege eines Gegengutachtens – entgegengetreten und auch Letzteres, d.i. die insoweit mangelhafte Ausstattung der Verpackung, wurde von ihr nicht bestritten.

Sie hat somit tatbestandsmäßig i.S.d. § 5a i.V.m. § 2 Abs. 4 SpSG gehandelt.

3.2.1.2. Wenn auf der Ebene des Verschuldens sinngemäß eingewendet wird, dass ihr der Rechtsirrtum, dass unter einem unjodierten Salz nicht bereits jedes solche, das einen unter dem in § 2 Abs. 1 Z. 1 SpSG normierten Grenzwert von 15 mg/kg liegenden Jodanteil aufweist, sondern nur ein solches zu verstehen sei, das gegenüber seinem ursprünglichen Zustand zusätzlich mit Jod versetzt wurde, nicht vorwerfbar sei, so ist sie darauf zu verweisen, dass sie als Unternehmerin a priori dazu verpflichtet gewesen wäre, sich mit den für ihren Branchenzweig einschlägigen Rechtsvorschriften – z.B. durch Einholung einer dementsprechenden Auskunft von der zuständigen Behörde – vertraut zu machen. Indem sie dies hier jedoch offenkundig unterlassen hat, hat sie zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.2.1.3. Im Zuge der Strafbemessung wurden von der belangten Behörde "zwei rechtskräftige einschlägige Vormerkungen" als erschwerend gewertet. In welcher Beziehung diese als einschlägig zu qualifizieren sind, wurde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht näher ausgeführt, was jedoch angesichts des Umstandes, dass im gegenständlichen Fall insgesamt vier verschiedenartige Strafen verhängt wurden, unabdingbar gewesen wäre. Auch in dem von der Erstbehörde vorgelegten Akt findet sich diesbezüglich kein Hinweis. Unter diesen Umständen hatte der Oö. Verwaltungssenat sohin davon auszugehen, dass dieser Erschwerungsgrund als nicht erwiesen gilt und daher nicht zu berücksichtigen ist, wenngleich dies auch auf der anderen Seite deshalb nicht dazu führt, dass die Rechtsmittelwerberin als unbescholten anzusehen wäre (was wiederum einen besonderen Milderungsgrund darstellen würde), weil sie es unterlassen hat, im Zuge ihrer Berufung der diesbezüglichen Behauptung der belangten Behörde in irgend einer Form inhaltlich entgegenzutreten.

Ebenso hat sie auch die von der belangten Behörde getroffenen Annahmen in Bezug auf ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mit der vorliegenden Beschwerde nicht beanstandet, sodass von einem tatsächlichen monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 2.000 Euro und dem Nichtbestehen von Sorgepflichten auszugehen ist.

Als strafmildernd waren zu ihren Gunsten jedoch einerseits die lange Verfahrensdauer – hinsichtlich der insbesondere auch nicht nachvollziehbar ist, weshalb die Untersuchung der Probe (1 kg Speisesalz) durch die AGES nahezu drei Monate (vgl. S. 2 des Gutachtens) und das daran anschließende erstbehördliche Strafverfahren weitere vier Monate in Anspruch nahm (wobei insbesondere in wenig zweckmäßiger Weise noch eine Strafverfügung erlassen wurde, nachdem bereits das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet, nämlich ein Gutachten erstellt worden war)  –  und andererseits, weil gegenteilige Ermittlungsergebnisse nicht vorliegen, der kurze Zeitraum der festgestellten Übertretung (1 Tag) zu werten.

All dies berücksichtigend hält es der Oö. Verwaltungssenat für in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die Strafhöhe mit 36 Euro und demgemäß (vgl. § 16 Abs. 2 VStG) die Ersatzfreiheitsstrafe mit 3 Stunden festzusetzen.

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 Abs. 1 VStG kam hingegen deshalb nicht in Betracht, weil das Verschulden der Beschwerdeführerin nicht geringfügig war: General- und spezialpräventive Zwecke lassen es nämlich geboten erscheinen, sie selbst sowie situativ vergleichbare Unternehmer durch den Ausspruch einer Strafe dazu zu anzuhalten, sich mit den für ihre Branche maßgeblichen Ge- und Verbotsnormen – zumindest im Wege einer entsprechenden Informationseinholung bei der zuständigen Behörde – vertraut zu machen. 

3.2.2. Zur angelasteten Übertretung des § 5 Abs. 1 und Abs. 4 NwKV

Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG i.V.m. § 5 Abs. 1 Z. 1 lit. b NwKV bzw. i.V.m. § 5 Abs. 3 Z. 6 und Abs. 4 NwKV begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel in Verkehr bringt, ohne diese mit der Angabe ihres Eiweiß-, Kohlehydrat- und Fettgehalts bzw. ihres Mineralstoffgehalts zu kennzeichnen.

Diesbezüglich geht aus dem Gutachten hervor, dass sowohl eine Angabe des Eiweiß-, Kohlehydrat-, Fett- und Mineralstoffgehalts fehlte, was auch von der Beschwerdeführerin gar nicht bestritten wird; sie macht vielmehr geltend, dass eine entsprechende Kennzeichnung deshalb nicht erfolgt sei, weil das gegenständliche Produkt (Salz) naturgemäß keinen Brennwert habe, dafür aber Mineralstoffe nicht nur in Spurenelementen aufweise, sondern nahezu ausschließlich aus diesen bestehe.

Diese Auffassung wird auch im Gutachten bestätigt (vgl. S. 9, Pkt. 16).

Wenngleich dies an der grundsätzlichen Bezeichnungspflicht nichts ändert, war – weil es allgemein nachvollziehbar ist, dass man im Falle einer Bezeichnungspflicht mit dem Wert Null von vornherein nicht auf den Gedanken verfällt, auch bei deren Unterlassung eine Gebotsnorm verletzt zu haben – das diesbezügliche Verschulden der Rechtsmittelwerberin geringfügig und die Folgen dieser Übertretung offensichtlich unbedeutend.

Daher konnte insoweit gemäß § 21 Abs. 1 VStG mit dem Ausspruch einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden.

3.2.3. Zur angelasteten Übertretung des § 5 Abs. 2 und Abs. 3 LMSVG

Gemäß § 90 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2  Z. 3 LMSVG bzw. i.V.m. § 5 Abs. 3 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel mit Angaben hinsichtlich besonderer Eigenschaften, die alle vergleichbaren Lebensmittel aufweisen, bzw. mit Angaben hinsichtlich Eigenschaften, die der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit dienen, bewirbt.

3.2.3.1. In diesem Zusammenhang geht auch das Gutachten (vgl. S. 5  und 7) selbst davon aus, dass sich die der Rechtsmittelwerberin angelasteten Bezeichnungen überwiegend nicht auf der Verpackung des verfahrensgegenständlichen Produktes selbst befinden; vielmehr enthält diese nur den Hinweis, dass nähere Informationen unter einer näher bezeichneten Internetseite eingeholt werden können.

Nachdem § 1 Abs. 1 LMSVG klarstellt, dass dieses Gesetz (nur) die Anforderungen an Lebensmittel, Wasser für den menschlichen Gebrauch, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel sowie die damit verbundene Verantwortung der Unternehmer regelt (und insoweit für alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen gilt), folgt daraus, dass die Strafbestimmung des § 90 Abs. 2 LMSVG zwar grundsätzlich auch dann zur Anwendung kommt, wenn die Werbung in anderer Form als auf der Verpackung des Lebensmittels erfolgt. In einem derartigen Fall muss jedoch bei einer Konstellation wie der vorliegenden im Spruch des Straferkenntnisses deutlich zum Ausdruck kommen, dass diese Tathandlung nicht in einem Inverkehrbringen, sondern in einem Bewerben eines Lebensmittels bestanden hat. Dem geht voraus, dass die Strafbehörde zuvor ermittelt und in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise festgestellt haben muss, wer der Betreiber der in Frage kommenden Internetseite ist und dass diesem zugleich eine auf den Lebensmittelbereich bezogene Unternehmereigenschaft zukommt.

Abgesehen davon, dass insoweit ohnehin jegliche nach § 44a Z. 1 VStG erforderlichen Konkretisierungselemente im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses fehlen, liegen gegenständlich aber auch keinerlei Ermittlungsergebnisse dahin vor, dass die Internetseite "http://www.x.at/" völlig zweifelsfrei der Beschwerdeführerin verwaltungsstrafrechtlich zuzurechnen wäre.

Insoweit fehlt es daher schon von vornherein an ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit.

3.2.3.2. Unmittelbar auf der Verpackung fanden sich jedoch auch nähere Hinweise auf die Entstehung von Salzlagerstätten sowie darauf, dass das verfahrensgegenständliche Lebensmittel ein ganzheitliches und natürliches Produkt sei, wobei hiezu im Gutachten jeweils festgestellt wird, dass es sich hierbei jeweils um Eigenschaften handelt, die jedem handelsüblichen Salz zukommen (vgl. S. 5 und 6 des Gutachtens).

Wenn die Beschwerdeführerin dazu vorbringt, dass es sich insoweit jeweils um wahrheitsgemäße Angaben handle, so ist ihr entgegenzuhalten, dass es darauf unter verwaltungsstrafrechtlichen Gesichtspunkten nicht ankommt: Entscheidend ist insoweit vielmehr, ob diese Angaben aus dem Blickwinkel der Werbewirksamkeit betrachtet dazu geeignet waren, einem durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck zu vermitteln, dass das verfahrensgegenständliche Lebensmittel insoweit besondere, vergleichbaren Produkten nicht zukommende Eigenschaften besitzt.

Dies ist im gegenständlichen Fall deshalb zu bejahen, weil der gesamte Verpackungstext nie von Salz an sich, sondern jeweils explizit nur von "nat(UR)salz", d.i. ist die spezifische Produktmarke des verfahrensgegenständlichen, von der Beschwerdeführerin vertriebenen Lebensmittels, spricht. Im Kontext besehen ergibt sich damit aber unweigerlich der Eindruck, dass die auf der Verpackung näher beschriebenen Eigenschaften nicht jedem Speisesalz, sondern nur dem hier in Rede stehenden zukämen.

Daher sowie aus den bereits oben unter 3.2.1.2 näher dargestellten Gründen ist die Strafbarkeit der Rechtsmittelwerberin, soweit es die ihr angelastete Übertretung gemäß § 90 Abs. 2  Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 3 LMSVG betrifft, gegeben.   

Da aber andererseits deren Strafbarkeit nach § 90 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 3 LMSVG aus den unter 3.2.3.1. angeführten Gründen nicht besteht, war zum einen deshalb sowie aus den unter 3.2.1.3. dargestellten Überlegungen, die im gegebenen Zusammenhang analog maßgeblich sind, die im angefochtenen Straferkenntnis unter Pkt. III.3. verhängte Strafe auf 100 Euro herabzusetzen.

3.2.4. Zur angelasteten Übertretung des Art. 10 Abs. 1 VO 1924/2006

Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG i.V.m. begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der Lebensmittel mit insofern verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben in Verkehr bringt, als diese nicht den allgemeinen und speziellen Kennzeichnungsanforderungen der VO 1924/2006 entsprechen und zudem nicht nach dieser VO zugelassen sowie nicht in die Liste der zugelassenen Angaben aufgenommen sind.

Abgesehen davon, dass es insoweit im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ohnehin an einer den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG genügenden Konkretisierung fehlt (welche im Hinblick auf die zugleich angelastete Übertretung des § 5 Abs. 2 Z. 3 LMSVG schon deshalb unabdingbar gewesen wäre, um   im Ergebnis eine unzulässige Doppelbestrafung zu vermeiden), gilt hier – weil das Gutachten insoweit wiederum davon ausgeht (vgl. S. 7), dass sich die verbotswidrigen Angaben nicht auf der Verpackung selbst, sondern ausschließlich auf der dort angegebenen Internetseite finden – das oben zu Pkt. 3.2.3.1. Ausgeführte analog.

Daher ist auch diesbezüglich keine Strafbarkeit der Rechtsmittelwerberin gegeben.

3.3. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als Spruchpunkt I.4., II.4. und III.4. aufgehoben werden, es in Spruchpunkt III.2. anstelle von "100 Euro" bzw. "2 Stunden" nunmehr "Ermahnung", in Spruchpunkt III.1. anstelle von "72 Euro" bzw. "7 Stunden" nunmehr "36 Euro" bzw. "3 Stunden", in Spruchpunkt III.3. anstelle von "300 Euro" nunmehr "100 Euro" und in Spruchpunkt IV. anstelle von "67,20 Euro", "649,80 Euro", "717,00 Euro" bzw. "1.389,00 Euro" nunmehr "13,60 Euro", "374,80 Euro", "391,40 Euro" bzw. "524,40 Euro" zu heißen hat und in Spruchpunkt I.3. die Wendungen "und mit krankheitsbezogenen Angaben im Sinne des § 5 Abs. 3 LMSVG" sowie "und gemäß § 5 Abs. 3 LMSVG ist es verboten, in der Werbung einem Lebensmittel Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuzuschreiben oder den Eindruck dieser Eigenschaften entstehen zu lassen" zu entfallen haben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4.1. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf insgesamt 13,60 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

4.2. Nach § 71 Abs. 3 LMSVG ist im Straferkenntnis der zum Kostenersatz verpflichteten Partei – d.i. i.S.d. § 71 Abs. 2 LMSVG der Bestrafte – der Ersatz der Kosten an die AGES vorzuschreiben, wobei deren Höhe nach dem entsprechenden Gebührentarif zu berechnen ist (§ 71 Abs. 4 LMSVG).

Im gegenständlichen Fall hat die AGES mit ihrem Schreiben vom 29. Juni 2009, GZ 09-012213, Kosten in einer Gesamthöhe von 649,80 Euro begehrt.

Dabei ist unter dem Gegenstand "Gutachten" die Menge "3" angeführt, was bei einem Einzelpreis von 137,50 pro Position folglich zu einem Gesamtteilbetrag von 412,50 Euro führt.

Dieser Ansatz ist jedoch insofern nicht nachvollziehbar, weil in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt lediglich 1 (physisches) Gutachten enthalten ist. Dieses ist zwar in eine Begutachtung nach sechs (in Bezug auf einzelne Gesetzesstellen) bzw. vier (in Bezug auf Typen von Rechtsvorschriften) Kategorien weiter untergliedert, aber weder daraus noch sonst ergibt sich ein Hinweis dafür, wie die AGES dazu gelangen konnte, einen dreifachen Gutachtenstarif zu veranschlagen. 

Mangels einer erforderlichen Konkretisierung ist daher vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall lediglich ein Gutachten erstellt und daher der Betrag von 137,50 Euro lediglich einmal (und nicht drei Mal) hätte in Rechnung gestellt werden dürfen.

Umgekehrt wurde die Rechtsmittelwerberin jedoch im Ergebnis wegen einer Verletzung der Kennzeichnungspflicht bzw. wegen verbotener Angaben zumindest teilweise bestraft, sodass die übrigen tarifmäßig vorgeschriebenen Untersuchungen jeweils prinzipiell erforderlich – wenngleich nicht in vollem Umfang erfolgreich – waren.

Aus diesen Gründen waren die bescheidmäßig vorgeschriebenen Untersuchungskosten nicht zur Gänze, jedoch teilweise – nämlich um zwei Mal 137,50 Euro – zu reduzieren, sodass im Ergebnis lediglich ein Gesamtbetrag von 374,80 Euro zu Recht besteht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f


Rechtssatz:

 

VwSen-240718/2/Gf/Mu vom 29. Jänner 2010

 

§ 44a Z. 1 VStG; § 19 VStG; § 21 Abs. 1 VStG; §§ 1 und 2 SpeisesalzG; § 5 Abs. 2 und 3 LMSVG; 90 Abs. 2 LMSVG

 

§ 44a Z. 1 VStG: Ist der Bf. rechtsanwaltlich vertreten, so ist dem Konkretisierungsgebot entsprochen, wenn aus dem Spruch i.V.m. der Begründung des Straferkenntnisses und dem Gutachten der AGES insgesamt deutlich wird, welches gebotswidrige Verhalten ihm angelastet werden soll;

 

§ 19 VStG: Lange Verfahrensdauer (1 Jahr) und kurzer Tatzeitraum (1 Tag) als Milderungsgründe;

 

§ 21 Abs. 1 VStG: Bloß geringfügiges Verschulden und Absehen von der Strafe, wenn anstelle einer gebotenen Kennzeichnung mit dem Wert "Null" diese überhaupt unterbleibt;

 

Aus § 2 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 SpeisesalzG folgt, dass als ein unjodiertes Salz bereits ein solches anzusehen ist, dessen Gesamtjodgehalt unter 15 mg/kg liegt (und nicht bloß ein solches, dass durch eine nachträgliche Zugabe von Jod angereichert wurde) → kein entschuldbarer Rechtsirrtum, weil sich der Bf. zuvor entsprechend informieren hätte müssen;

 

Keine Strafbarkeit gem. § 90 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Z. 3 LMSVG, wenn aus dem Spruch nicht zweifelsfrei hervorgeht, dass sich die ge- bzw. verbotswidrigen Angaben nicht unmittelbar auf der Verpackung befanden, sondern auf dieser nur ein Verweis auf eine Internetseite angebracht war, und weder entsprechende Ermittlungsergebnisse noch konkrete Spruchelemente darauf hinweisen, dass der Betrieb der Internetseite in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise dem Bf. in dessen Eigenschaft als Unternehmer verwaltungsstrafrechtlich zuzurechnen ist;

 

Für eine Strafbarkeit gem. § 90 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 3 LMSVG ist es unerheblich, dass die Angaben der Wahrheit entsprechen; selbst in diesem Fall kommt es lediglich darauf an, ob diese geeignet waren, einem durchschnittlichen Verbraucher den Eindruck zu vermitteln, dass das Produkt bestimmte Eigenschaften besitzt, die vergleichbare Produkte nicht aufweisen.

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VwGH vom 15.12.2011, Zl. 2010/10/0084-5  

 

 

 

   

 

 

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