Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252367/2/Gf/Mu

Linz, 01.02.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der x gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. Dezember 2009, GZ 30528/2009, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.   Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 9. Dezember 2009, GZ 30528/2009, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 56 Stunden) verhängt, weil sie es als "handelsrechtliche Geschäftsführerin" einer GmbH zu verantworten habe, dass von dieser zwischen dem 18. und dem 21. August 2008 ein Dienstnehmer beschäftigt worden sei, ohne zuvor zumindest mit den Mindestangaben beim zuständigen Sozialversicherungsträger zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet worden zu sein; erst am 22. August 2008 sei eine entsprechende Nachmeldung erfolgt. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 33 Abs. 1 und 1a  i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG) begangen, weshalb sie nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die der Rechtsmittelwerberin angelastete Tat auf Grund entsprechender, am 19. Mai 2009 getroffenen Feststellungen eines Kontrollorganes des Finanzamtes Linz als erwiesen anzusehen und der Beschwerdeführerin zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei ihre bisherige Unbescholtenheit, das Tateingeständnis und die Nachmeldung als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; daher habe eine außerordentliche Strafmilderung vorgenommen werden können, wobei die von ihr angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse entsprechend berücksichtigt worden seien.

1.2. Gegen dieses ihr am 22. Dezember 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 4. Jänner 2010 – und damit rechtzeitig – per e‑mail bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin wird die Tat zwar nicht bestritten, jedoch vorgebracht, dass wegen dieses Verbringens bereits ihr Vater – der zweite Geschäftsführer der verfahrensgegenständlichen GmbH – bestraft worden sei. Da sie am Vorfallstag krank gewesen sei, hätte ihr Vater die Anmeldung vorzunehmen gehabt, sodass sie kein Verschulden treffe.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu GZ 30528/2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall, weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber Meldungen oder Anzeigen entgegen den Bestimmungen des ASVG entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden; diese Meldepflicht gilt nach § 33 Abs. 2 ASVG u.a. auch für teilversicherte, nämlich bloß in der
Unfallversicherung pflichtversicherte Dienstnehmer.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen – soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind – derjenige strafrechtlich verantwortlich, der zur Vertretung nach außen berufen ist. 

 

3.2. Hinsichtlich des von der Beschwerdeführerin – der Sache nach – vorgebrachten Argumentes, dass der staatliche Strafanspruch bereits als konsumiert anzusehen sei, wenn i.S.d. § 9 Abs. 1 VStG einer von mehreren außenvertretungsbefugten Geschäftsführer bereits rechtskräftig bestraft worden ist, spricht zu Gunsten der belangten Behörde, dass der Verwaltungsgerichtshof bisher (im Anschluss an R. Walter – H. Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 8. Auflage, Wien 2003, RN 773) in mehreren Erkenntnissen eine gegenteilige Auffassung vertreten hat (vgl. VwGH v. 14. Dezember 1994, Zl. 94/03/0138).

 

Ob diese – oder eine davon abweichende (E. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, Bd. II, Wien 1954, S. 119) – Meinung letztlich zutreffend ist, brauchte jedoch im gegenständlichen Fall jedoch schon aus folgendem Grund nicht näher untersucht zu werden:

 

Aus dem im vorgelegten Akt enthaltenen Firmenbuchauszug ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin (nicht schon mit dem Zeitpunkt der Gründung der GmbH, sondern erst) am 5. Dezember 2007, und zwar als zur selbständigen Vertretung der GmbH berechtigte Prokuristin, eingetragen wurde. Mit dem am 13. Februar 2009 durchgeführten (und somit erst nach dem Tatzeitpunkt gestellten) Antrag vom 5. Februar 2009 wurde diese Funktion gelöscht und dadurch ersetzt, dass sie (neben ihrem Vater) zur selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführerin bestellt wurde (wobei ihr diese Funktion firmenintern bereits seit dem 31. Oktober 2008 – d.i. aber ein immer noch nach dem Tatzeitraum gelegener Zeitpunkt – zukam).

 

Aus all dem folgt, dass die Rechtsmittelwerberin zum Tatzeitpunkt zwar außenvertretungsbefugt, aber (noch) nicht handelsrechtliche Geschäftsführerin der verfahrensgegenständlichen GmbH und damit auch nicht i.S.d. § 9 Abs. 1 VStG – jedenfalls nicht in der ihr im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfenen Form – verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich war, weil allein die Prokura noch keine strafrechtliche Verantwortlichkeit begründet.

 

3.3. Weil ihr damit eine Tat angelastete wurde, die sie zumindest so nicht begangen hat, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 


 

Rechtssatz:

 

VwSen-252367/2/Gf/Mu vom 1. Februar 2010

 

§ 9 Abs. 1 VStG:

 

– Keine Strafbarkeit, wenn sich aus dem Firmenbuch zweifelsfrei ergibt, dass die Bf. zum Tatzeitpunkt (noch) nicht als handelsrechtliche Geschäftsführerin der GmbH bestellt war;

 

– Strafbarkeit aller bei mehreren Geschäftsführern einer GmbH: Keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Frage – nur Hinweis auf den Meinungsstand.)

 

 

 

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