Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281152/33/Py/Hu

Linz, 02.02.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land  vom 26. Februar 2009, GZ: Ge96-167-2008/DJ, wegen Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 3. Dezember 2009 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zu dem Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 60 Euro, zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§  24, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land  vom 26. Februar 2009, Ge96-167-2008/DJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.1 Z16 iVm § 28 Abs.2 ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 idF BGBl.II/Nr. 13/2007, eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 30 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin x, Geschäftsanschrift in x, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Anlässlich einer am 26.05.2008 durchgeführten Besichtigung der nachstehend angeführten Arbeitsstätte/Filiale durch den Arbeitsinspektor x wurde festgestellt, dass folgende Vorschriften zum Schutz der ArbeitnehmerInnen nicht eingehalten wurden:

Den ArbeitnehmerInnen der Filiale der x in x, stand am 26.05.2008 an einem geeigneten Platz keine Einrichtung zur Verfügung, um mitgebrachte Speisen zu erwärmen.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 28 Abs.2 ArbeitnehmerInnenschutz dar, wonach den ArbeitnehmerInnen Einrichtungen zum Wärmen von mitgebrachten Speisen und Getränken zur Verfügung zu stellen ist."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass die objektive Tatseite der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung aufgrund der dienstlichen Feststellungen eines Organs des Arbeitsinspektorates Leoben als erwiesen anzusehen ist.

 

Zur vorgelegten Bestellurkunde vom 9. Mai 2005, mit der Frau x dem Arbeitsinspektorat Leoben als verantwortlich Beauftragte gemeldet wurde, führt die belangte Behörde aus, dass die Bestellurkunde von einer Prokuristin der x unterfertigt wurde und somit keine rechtswirksame Bestellung vorliege. Der Bw habe daher als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der x die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu verantworten. Da dem Bw ein Entlastungsbeweis nicht gelungen sei und die x bereits mit Schreiben vom 5. April 2007 auf die Mängel hingewiesen wurde, sei von bedingtem Vorsatz des Beschuldigten auszugehen.

 

Zur Strafbemessung wird angeführt, dass als straferschwerend mehrere Verwaltungsvorstrafen zu werten waren, strafmildernde Gründe seien nicht vorgefunden worden. Im Hinblick auf den gesetzlichen Strafrahmen erscheine die nunmehr verhängte Geldstrafe notwendig, um den Bw im Sinne einer Spezialprävention von der Begehung weiterer Verwaltungsstrafen abzuhalten. Zudem sei bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht genommen worden, dass ein öffentliches Interesse an der Einhaltung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen besteht, um eine Schädigung von volkswirtschaftlichen Interessen hintan zu halten.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung Berufung erhoben und vorgebracht, dass, auch wenn sich – aufgrund der unterschiedlichen Funktionsweise – Einrichtungen zum Wärmen von solchen zum Kühlen unterscheiden lassen, nach dem klaren Wortlaut und Wortsinn des § 28 Abs.2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz eine weitere Unterscheidung betreffend Speisen und Getränke in zwei weitere "Einzeltatbestände" unzulässig sei, die hiezu vorgeschriebene Einrichtung hat dem Erwärmen beider "Nahrungsmittelgattungen" zu dienen.

 

Indem sich der von der Behörde verfolgte Vorwurf nur auf "Speisen" bezieht, ist somit ein Verstoß gegen § 44a VStG verwirklicht.

 

Zum Tatvorwurf, wonach die vorgelegte Bestellurkunde von einer Prokuristin des vom Bw vertretenen Unternehmens unterzeichnet worden sei, bringt der Bw vor, dass er die Prokuristin, Frau x, dafür mit einer Spezialvollmacht ausgestattet habe, die gemeinsam mit der Berufung vorgelegt werde. Die Verantwortlichkeit sei daher rechtswirksam auf einen verantwortlich Beauftragten übertragen worden und sei der Bw somit für die ihm vorgeworfenen Taten verwaltungsstrafrechtlich nicht verantwortlich.

 

3. Mit Schreiben vom 16. April 2009  hat die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am       3. Dezember 2009, die aufgrund des dem Verfahren zugrunde liegenden sachlichen Zusammenhanges gemäß § 51e Abs.7 VStG gemeinsam mit der im Berufungsverfahren zu VwSen-281149 anberaumten mündlichen Verhandlung durchgeführt wurde. An dieser Verhandlung haben der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des anzeigenden Arbeitsinspektorates als Parteien teilgenommen. Als Zeugen wurden Herr x und Frau x, beide vom Arbeitsinspektorat Leoben, sowie die Leiterin der Filiale x des vom Bw vertretenen Unternehmens, Frau x, einvernommen. Die Einvernahme der vom Bw in der Berufung beantragten übrigen Zeugen konnte unterbleiben, da das diesbezügliche Berufungsvorbringen nicht in Zweifel gezogen wurde.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x.

 

Am 1. Jänner 2003 erteilte der Bw der Prokuristin und Vertriebsleiterin der x, Frau x, geb. x, die schriftliche Vollmacht, in seinem Namen Verkaufsleiter der x zu verantwortlich Beauftragten im Sinn des § 9 VStG zu bestellen und die Bestellungsurkunden zur Delegierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an die Verkaufsleiter der x zu unterzeichnen. Des weiteren räumte der Bw in dieser Spezialvollmacht Frau x ausdrücklich die Vollmacht ein, sich selbst in seinem Namen zur verantwortlichen Beauftragten zu bestellen und die Bestellurkunden zu unterfertigen, mit welchen Frau x die Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 VStG hinsichtlich jener neu eröffneten Filialen der x übertragen wird, welche in jenen Verkaufsbezirken eröffnet werden, für welche Frau x durch den Bw die Verantwortlichkeit gemäß § 9 VStG übertragen erhalten hat.

 

Mit Bestellurkunde vom 9. Mai 2005, unterfertigt von Frau x, wurde Frau x vom Bw namens der x zur verantwortlichen Beauftragten  hinsichtlich der den Arbeitnehmerschutz betreffenden Bestimmungen sowie der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hinsichtlich des in Pkt. III der Vereinbarung und Bestellurkunde beschriebenen Verantwortungsbereiches bestellt. In diesem Pkt. III ist festgelegt, dass sich die Bestellung von Frau x zur verantwortlichen Beauftragten ausdrücklich auf die im § 9 VStG bezogenen besonderen Fälle der Verantwortlichkeit für nachstehend abgegrenzte Bereiche bezieht (der Auszug aus der Bestellurkunde bezieht sich auf die für das gegenständliche Verfahren relevanten Punkte, Originaltext kursiv gesetzt, Unterstreichungen nicht im Original):

 

A)      Der räumlich abgegrenzte Bereich, für welchen Frau x die Verantwortlichkeit trägt, ist mit dem Gebiet der Bundesländer Burgenland, Steiermark und Kärnten, dh. mit allen in diesen Bundesländern gelegenen Niederlassungen/Filialen/Verkaufsstellen/Arbeitsstätten der x festgelegt.

B)      Der sachlich abgegrenzte Bereich, für welchen Frau x die Verantwortlichkeit trägt, betrifft:

1.     Die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x und deren Schutz betreffenden Vorschriften und der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Ausgenommen hievon ist die Verantwortlichkeit für die Einhaltung jener Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen;

 

Unter IV. wird festgelegt, dass die Bestellung von Frau x unbefristet erfolgt. Soferne zu einem späteren Zeitpunkt ein oder mehrere verantwortliche Beauftragte für sachlich oder räumlich abgegrenzte Bereiche bestellt werden, welche Bereiche Teil des Frau x übertragenen Verantwortungsbereiches sind, ruht der hievon umfasste Teil ihres Verantwortungsbereiches, dh., ihre Bestellung wird für diesen Teil ihres Verantwortungsbereiches temporär unwirksam. Die Verantwortlichkeit von Frau x für den hievon betroffenen Teil ihres Verantwortungsbereiches wird wieder wirksam, wenn die Bestellung oder oben genannten verantwortlich Beauftragten widerrufen wird. Die Verantwortung hinsichtlich jener Teile, welche durch eine Bestellung eines weiteren verantwortlichen Beauftragten nicht berührt werden, bleibt bestehen. Sofern Teile dieser Vereinbarung nicht rechtswirksam sein oder werden sollten, bleibt die Geltung der restlichen Regelungen hievon unberührt .

 

Der Bw konnte glaubhaft machen, dass diese Bestellurkunde am 3. Juni 2005 beim Arbeitsinspektorat Leoben einlangte.

 

Anlässlich einer Kontrolle der Filiale x, der x am 26. Mai 2008 wurde seitens des Arbeitsinspektorates Leoben festgestellt, dass den ArbeitnehmerInnen der Filiale an einem geeigneten Platz keine Einrichtung zur Verfügung gestellt wurde, um mitgebrachte Speisen zu erwärmen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, den von den Parteien vorgelegten Urkunden und Unterlagen sowie den Aussagen der in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen.

 

Der Umstand, dass am 26. Mai 2008 in der Filiale x des vom Bw vertretenen Unternehmens keine Einrichtung zur Verfügung stand, um mitgebrachte Speisen zu erwärmen, wurde vom Bw nicht bestritten.

 

Hinsichtlich der vom Bw vorgelegten Urkunde vom 9. Mai 2005 konnte dieser aufgrund des vorgelegten Postrückscheines glaubhaft unter Beweis stellen, dass vom Arbeitsinspektorat Leoben am 3. Juni 2005 eine am 2. Juni 2005 zur Post gegebene eingeschriebene Briefsendung übernommen wurde. Dies wurde auch von der in der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugin x bestätigt. Aus den Aussagen des einvernommenen Arbeitsinspektors sowie den Anmerkungen des  Vertreters der Organpartei in der mündlichen Berufungsverhandlung geht zudem hervor, dass es durchaus vorkommen kann, dass beim Arbeitsinspektorat Briefsendungen einlangen, die nicht allen Bearbeitern zur Kenntnis gelangen. Dem Bw ist es daher gelungen glaubhaft zu machen, dass die mit 9. Mai 2005 datierte Bestellurkunde betreffend Frau x zur verantwortlich Beauftragten zum Tatzeitpunkt beim Arbeitsinspektorat Leoben vorlag.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zur verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Der Bw beruft sich im Verfahren auf die Bestellung von Frau x zur verantwortlich Beauftragten. Auch wenn es ihm gelungen ist, durch die vorgelegte Spezialvollmacht eine rechtswirksame Unterfertigung der Bestellurkunde durch die von ihm dazu ermächtigte Prokuristin darzulegen und auch glaubhaft gemacht werden konnte, dass diese Bestellurkunde vor dem Tatzeitpunkt beim zuständigen Arbeitsinspektorat Leoben einlangte, konnte durch die vorgelegte Urkunde dennoch nicht erwiesen werden, dass für den den Bw treffenden Tatvorwurf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit wirksam übertragen wurde.

 

5.2. Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

Gemäß § 28 Abs.2 leg.cit. sind den Arbeitnehmern in den Aufenthaltsräumen, wenn solche nicht bestehen, an sonstigen geeigneten Plätzen, Sitzgelegenheiten mit Rückenlehne und Tische in ausreichender Anzahl zur Einnahme der Mahlzeiten sowie Einrichtungen zum Wärmen und zum Kühlen von mitgebrachten Speisen und Getränken zur Verfügung zu stellen.

 

Dem Bw wird im gegenständlichen Verfahren das Nichtvorhandensein einer Einrichtung zum Erwärmen mitgebrachter Speisen zur Last gelegt, ein Vorwurf, der sich auf den Bereich der räumlichen Ausstattung der Filiale bezieht und der vom Bw auch nicht bestritten wird. In der vom Bw vorgelegte Bestellurkunde vom 9. Mai 2005 wird jedoch ausdrücklich "die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x" vom sachlichen Geltungsbereich der Bestellung der verantwortlichen Beauftragten ausgenommen.

 

Wenn der Rechtsvertreter des Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung diesbezüglich vorbringt, in diesem Fall sei eben auf andere bzw. ältere Bestellurkunden zurückzugreifen, so ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Vorbringen sowie im Hinblick auf die in der Bestellurkunde festgelegten unklaren zeitlichen Geltungsbereich eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Übertragung des Verantwortungsbereiches nicht dargelegt werden kann.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein nach § 9 Abs.2 VStG eröffneter gewillkürter Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in eindeutiger Weise zu erfolgen, ohne dass die Behörde in die Lage versetzt wird, noch weitere Ermittlungen und Erhebungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, anzustellen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen (vgl. VwGH 29.4.1997, 96/05/0282; 7.4.1995, 94/02/0470). Da somit hinsichtlich des dem Bw zur Last gelegten Tatvorwurfes die geforderte Eindeutigkeit der Bestellurkunde nicht vorliegt und damit eine wirksame Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 9 VStG nicht gegeben ist, wurde gemäß § 9 Abs.1 VStG der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x von der belangten Behörde zutreffend zur Verantwortung gezogen. Entgegen den Berufungsausführungen entspricht der Spruch der belangten Behörde zudem dem in § 44a VStG aufgestellten Konkretisierungsgebot, da von Gesetzes wegen den ArbeitnehmerInnen das Erwärmen sowohl von mitgebrachten Getränken als auch von mitgebrachten Speisen zu ermöglichen ist und beide Vorgänge durch unterschiedliche Einrichtungen erfolgen können.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Zur Entlastung hinsichtlich der Verwaltungsübertretung hat der Bw keine Aussagen gemacht und nichts vorgebracht, womit zumindest von fahrlässiger Begehung auszugehen ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass das vom Bw vertretene Unternehmen bereits mit Schreiben vom 5. April 2007 aufgrund der Überprüfung einer anderen Filiale auf den vorgeworfenen Mangel aufmerksam gemacht wurde und daher dem Unternehmen das Erfordernis der Zurverfügungstellung von Einrichtungen zum Wärmen von mitgebrachten Speisen und Getränken in den Filialen bewusst sein musste, ist die belangte Behörde zutreffend von einer vorsätzlichen Tatbegehung ausgegangen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs.1 VStG als erschwerend gewertet, dass die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit beim Bw nicht vorliegt. Zudem weist die belangte Behörde zu Recht auf den Unrechtsgehalt der Tat hin, insbesondere auf den Zweck der Schutzbestimmungen, nämlich Schutz der ArbeitnehmerInnen vor Gesundheitsgefährdungen und –beeinträchtigungen. Als Milderungsgrund ist im Verfahren lediglich die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens hervorgetreten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Da ein Überwiegen von Milderungsgründen aber nicht festgestellt werden kann ist von einer Anwendung des § 20 VStG Abstand zu nehmen. Auch unter Berücksichtigung der Verfahrensdauer erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen als angemessen und geboten, um den Bw künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Eine Anwendung des § 21 VStG war nicht in Betracht zu ziehen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorlagen.

 

7. Da die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 64 VStG mit 20 % der verhängten Strafe, das sind 60 Euro, festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 24.09.2010, Zl.: 2010/02/0077-5


 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum