Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401043/2/SR/La

Linz, 02.02.2010

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des x, geboren am x, nigerianischer Staatsangehöriger, derzeit Polizeianhaltezentrum Wels (PAZ), vertreten durch Rechtsanwalt x, Rechtsanwalt KG, x, wegen Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck seit dem 7. Jänner 2010 im PAZ Wels zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; unter einem wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Ried im Innkreis) Kosten in der Höhe von insgesamt 426,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage und der Gegenschrift in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

 

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist laut eigenen Angaben am
1. Dezember 1978 in x, geboren, x Staatsangehöriger und undokumentiert von Italien kommend am 16. Dezember 2002 illegal in Österreich eingereist.

 

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. April 2005, AI 2 39.581, wurde der Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) gemäß § 7 AsylG 97 abgewiesen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach x festgestellt. Die dagegen erhobene Berufung wies der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. November 2009, Zl. A9 260.023-0/2008/14E, ab und verfügte die Ausweisung (laut  AIS am 24. November 2009 in Rechtskraft erwachsen).

 

1.3. Der Polizeipräsident von Wien verhängte mit Bescheid vom 6. August 2003, Zl. III-1125776/FrB/03, gegen den Bf ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich. Die dagegen eingebrachte Berufung wies der Sicherheitsdirektor von Wien mit Bescheid vom 3. Dezember 2003,
SD 1133/03, ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid (rechtskräftig seit
4. Dezember 2003).

 

1.4. Im Vorlageakt scheinen folgende rechtskräftige Verurteilungen auf:

 

*       Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. Mai 2003, AZ 061E Hv 53/03i, Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr (davon acht Monate unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren vorläufig bedingt nachgesehen) wegen des teils vollendeten, teils versuchten Vergehens nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Zif. 2 erster Fall SMG und 15. Abs. 1 StGB;

*       Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. November 2003, Zl. 064E Hv 133/03a, Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten wegen zweier Vergehen nach § 27 Abs. 1, 6. Fall, Abs. 2 Zif. 2 SMG und § 27 Abs. 1, 1. und 2. Fall SMG;

*       Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. Juli 2009, Zl. 26 Hv 133/2003a, wegen des Vergehens nach § 224, 1. Fall und 15 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten (vorläufig bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren);

*       Urteil des Landesgerichtes Linz vom 1. Dezember 2009, Zl. 23 Hv 186/09 i, wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB, der Vergehen der Körperverletzung (in zwei Fällen) nach § 83 Abs. 1 StGB und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten (vorläufig bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren).

 

1.5. In der Zeit vom 18. Oktober 2003 bis zum 17. März 2005 befand sich der Bf in U-Haft bzw. in Strafhaft.

 

1.6. Weiters scheinen im Vorlageakt folgende Anzeigen auf:

 

·                     PI Thalheim bei Wels vom 13. Juli 2006, Verdacht des Diebstahls;

·                     PI Linz-Lenaupark vom 24. Jänner 2009, Gefährliche Drohung;

·                     PI Linz Neue Heimat vom 25. August 2009, Sachbeschädigung und Körperverletzung (Lebensgefährtin).

 

1.7. Im Zuge einer Kontrolle am 21. November 2008 wies sich der Bf gegenüber Beamten der GPI Flughafen Linz-Hörsching mit einem ge- bzw. verfälschten nigerianischen Reisepass aus. Bei der niederschriftlichten Befragung am
7. Jänner 2010 rechtfertigte sich der Bf damit, dass er sich diesen zusenden habe lassen, damit er Frau x heiraten könne.

 

1.8. Am 6. Jänner 2010 wurde der Bf um 23.45 Uhr als Insasse des Linienbusses Eurolines (Linie Budapest – Rotterdam) auf der A8 am Autobahnparkplatz von Organen der Autobahnpolizeiinspektion Ried (im Folgenden API Ried) einer Personenkontrolle unterzogen. Wie dem Bericht vom 7. Jänner 2010, GZ B6/584/2010, zu entnehmen ist, wies sich der Bf dabei mit einem fremden nigerianischen Reisepass, Nr. x, lautend auf x, versehen mit dem österr. Aufenthaltstitel Nr. A16546202, aus. Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes wurde der Bf "nach dem FPG" festgenommen und der belangten Behörde vorgeführt.

 

1.9. Bei der Beschuldigtenvernehmung gegenüber den Beamten der API Ried brachte der Bf am 7. Jänner 2010, gegen 02.00 Uhr, vor, dass er sich die Dokumente von einem Herrn x ausgeborgt habe, weil er nach Amsterdam reisen wollte. Er sei in Österreich Asylwerber und das Asylamt habe ihm gesagt, dass er Österreich verlassen müsse.

 

1.10. Aufgrund der angegebenen Wohnadresse (x) nahm der zuständige Bearbeiter der API Ried am 7. Jänner 2010 telefonischen Kontakt mit der Mieterin x auf. Über Befragen führte diese aus, dass der Bf mit ihr liiert gewesen sei und bei ihr gewohnt habe. Seit nunmehr einem Monat habe sie die Beziehung beendet und keinen Kontakt mehr zum Bf gehabt. Der Bf habe seinen Wohnungsschlüssel und ein paar alte Kleidungsstücke in der Wohnung zurückgelassen. Über den Verbleib des Bf wisse sie nichts, sie könne auch keine Kontaktadressen bzw. Personen nennen.

 

1.11. Am 7. Jänner 2010 wurde der Bf von der belangten Behörde von 13.30 bis 15.45 Uhr niederschriftlich befragt.

 

Nach Vorhalt des relevanten Sachverhaltes (u.a. Abschluss des Asylverfahrens, rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot) führte der Bf zu seinen persönlichen Verhältnissen aus, dass ein knapp fünfjähriger Sohn von ihm im Bundesgebiet lebe und den Familiennamen "x" trage. Mit der Kindesmutter sei er nicht verheiratet und er scheine in der Geburtsurkunde nicht auf. Dennoch leiste er monatlich 180 Euro Alimente. Die Wohnanschrift der beiden könne er nicht angeben. Er vermute, dass sie im Raum Grieskirchen wohnen würden.

 

Seit 2005 wohne er mit der Österreicherin x zusammen. Zuletzt in x in der x. Auch nach Vorhalt des Aktenvermerkes vom 7. Jänner 2010 (Erhebung durch die API Ried – Anfrage bei x) blieb der Bf dabei, dass er mit Frau x liiert und die Beziehung aufrecht sei. Vermutlich habe Frau x aus Angst vor der Polizei die ihm vorgehaltenen Angaben gemacht. Er sei ja schließlich deshalb nach Amsterdam gereist, um dort die Möglichkeiten einer Eheschließung mit Frau x zu erheben. In weiterer Folge hätte er dann nach einer Rückkehr in das Bundesgebiet versucht, einen Aufenthaltstitel zu erlangen.

 

Im Hinblick auf das Vorbringen des Bf hielt der zuständige Referent der belangten Behörde Rücksprache mit Frau x und hielt das Gesprächsergebnis im erstellten Aktenvermerk (ONr 88) wie folgt fest:

"Frau x drückt sich augenscheinlich um eine klare Aussage. Sie antwortet sinngemäß, dass sie mit Herrn x zusammengelegt habe. Es sei aber zu Problemen gekommen, weshalb jetzt `die Beziehung nicht mehr so fest sei.´ Wie sich die Beziehung weiter entwickle, könne man nicht genau sagen. Erst Anfang Dezember sei sie von einem Urlaub von den Philippinen nach Linz zurückgekommen. Nach mehrfachem Drängen meinerseits, konkret anzugeben, ob und wie oft Herr x ab Anfang Dezember 2009 in der Wohnung genächtigt hat, gibt sie zögerlich an, dass dies vielleicht drei- bis viermal der Fall gewesen sei. Auch außerhalb der Wohnung hätte sie ihn vereinzelt gesehen. Eine neuerliche Unterkunftnahme in der Wohnung durch Herrn x schließt sie nicht gänzlich aus. Er habe noch Kleidung in der Wohnung. Sie wisse aber nicht, wohin Herr x hätten fahren wollen und zu welchem Zweck. Herrn x habe sie nie nach dessen Familienstand gefragt; dass er in Österreich ein Kind hat, davon wisse sie nichts."

 

Nach Vorhalt der Angaben der x sagte der Bf, dass er nun angebe, die Wohnungsschlüssel Frau Mayr übergeben zu haben. Sie wisse aber Bescheid, dass er nach Amsterdam gehen wollte, um von dort aus seine Papiere zu regeln. In absehbarer Zeit habe er "irgendwie wieder nach Österreich zurückkommen" wollen. Jedenfalls habe er bis zuletzt in x in der x Unterkunft genommen.

 

Zur Amtshandlung am 6. Jänner 2010 und der Verwendung fremder Dokumente befragt, brachte der Bf vor, dass er sich diese geborgt hatte. Er würde weder ein gültiges Reisedokument besitzen noch über einen Sichtvermerk verfügen. Zum Urkundendelikt (Anzeige Flughafen PI Linz-Hörsching vom Jänner 2009) führte der Bf aus, dass er sich einen Reisepass auf dem Postweg von Nigeria zusenden habe lassen, damit er Frau x heiraten könne. Zutreffend sei, dass er mit Frau x im August 2009 eine Auseinandersetzung gehabt habe. An eine gefährliche Drohung im Jänner 2009 in Linz könne er sich nicht erinnern.

Bisher habe er Rückkehrhilfe oder Rückkehrberatung nicht in Anspruch genommen. Aufgrund seiner Lebensumstände möchte er nicht nach Nigeria zurück. In Nigeria sei sein Leben in Gefahr.

 

1.12. Im Anschluss an die niederschriftliche Befragung stellte der Bf bei den Organen der API Ried einen Folgeasylantrag. Unmittelbar nach Information der zuständigen Erstaufnahmestelle des Bundesasylamtes teilte das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, dem Bf zu Zl. AI 10 00138 mit, dass beabsichtigt sei, den Folgeasylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und den Abschiebeschutz aufzuheben (§ 29 Abs. 3 AsylG).

 

1.13. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried im Innkreis vom 7. Jänner 2010, GZ. Sich41-26-2010, wurde über den Bf zur Sicherung der Ausweisung nach § 10 AsylG sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 iVm § 76 Abs. 2 Z 3 iVm § 57 AVG 1991 verhängt.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, einer Auflistung der bisherigen gerichtlichen Verurteilungen und Verwaltungsübertretungen und einer ausführlichen und umfassenden Darstellung des relevanten Sachverhaltes nahm die belangte Behörde Bezug auf die der Schubhaftverhängung unmittelbar vorangehende Asylantragstellung.

 

Abstellend auf die ex-lege-Einleitung des Ausweisungsverfahrens nach § 27 Abs. 1 Zif. 1 AsylG erachtete die belangte Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 76 Abs. 2 Zif. 2 FPG und im Hinblick auf das durchsetzbare und unbefristete Aufenthaltsverbot jene nach § 76 Abs. 2 Zif. 3 FPG als gegeben an.

 

Anschließend legte die belangte Behörde schlüssig und nachvollziehbar den konkreten Sicherungsbedarf dar, zeigte auf, warum weder von einer entscheidungsrelevanten beruflichen noch sozialen Verankerung auszugehen sei, die den Zweck der Schubhaft auch durch die Anwendung eines gelinderen Mittels erreichen ließe und kam schlussendlich nach erfolgter Verhältnismäßigkeitsprüfung zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse überwiege. 

 

Der Schubhaftbescheid wurde dem Bf am 7. Jänner 2010 ausgefolgt und die Übernahme von ihm bestätigt. Im Anschluss daran wurde der Bf um 19.05 Uhr ins Polizeianhaltezentrum Wels eingeliefert.

 

1.14. Aufgrund der Anfrage des fremdenpolizeilichen Referates der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. Dezember 2009 (ob die Absicht des Bf, Österreich freiwillig zu verlassen, noch aufrecht sei) teilte die zuständige Bearbeiterin der "Caritas für Menschen in Not" am 7. Jänner 2010 mit, dass sich der Bf "nicht mehr gemeldet habe und auch nicht kontaktierbar sei".

 

1.15. Am 18. Jänner 2010 informierte das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, die belangte Behörde davon, dass der Asylantrag des Bf mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Jänner 2010, Zl. AI 10 00.138, gemäß § 68 AVG zurückgewiesen worden und der Bescheid durchsetzbar sei.

 

1.16. Mit Schreiben vom 19. Jänner 2010 ersuchte die belangte Behörde das Bundesministerium für Inneres um Beschaffung eines nigerianischen Heimreisezertifikates.

 

1.17. Am 22. Jänner 2010 übermittelte Rechtsanwalt x unter Hinweis auf die erteilte Vollmacht zwei Schriftsätze samt Beilagen per E-mail. Der erste Schriftsatz war an die belangte Behörde gerichtet und beinhaltete den "Antrag auf sofortige Entlassung aus der Schubhaft". Der zweite Schriftsatz war an das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, gerichtet (Beschwerde gegen den Bescheid vom 15.1.2010 mit dem Antrag auf aufschiebende Wirkung).

 

1.18. Mit Schreiben vom 25. Jänner 2010 teilte die belangte Behörde dem nunmehrigen Rechtsvertreter mit, dass der Antrag auf sofortige Entlassung aus der Schubhaft im FPG nicht vorgesehen und die Zurückweisung des Antrages wegen Unzulässigkeit beabsichtigt sei.

 

1.19. Am 25. Jänner 2010 informierte das Bundesasylamt die belangte Behörde davon, dass der Bf eine Beschwerde gegen den unter Punkt 1.15 bezeichneten Bescheid eingebracht habe.

 

2. Mit Schreiben vom 27. Jänner 2010 übermittelte der Rechtsvertreter des Bf der belangten Behörde folgenden Schriftsatz:

"In dieser Angelegenheit nehme ich Bezug auf Ihr Schreiben vom 25.1.2010 und weise darauf hin, dass nach § 82 Fremdenpolizeigesetz jedenfalls eine Beschwerde gegen die Anhaltung an den Unabhängigen Verwaltungssenat gestellt werden kann, wobei diese Beschwerde auch bei der Behörde eingebracht werden kann, der die Festnahme und Anhaltung zuzurechnen ist.

Im Hinblick auf diese Gesetzesstelle schadet daher aus meiner Sicht die unrichtige Bezeichnung des Antrages nicht, ich bitte sie, diesen als Beschwerde gegen die Fortdauer der Schubhaft, dies insbesondere im Zusammenhang mit dem nicht rechtskräftigen Abschiebungsbescheid und dem Umstand, dass Herr x in Österreich integriert ist, zu werten und dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorzulegen, dies unter Hinweis auf die genannte Bestimmung."

 

Da das Schreiben des Rechtsvertreters mit 28. Jänner 2010 bei der belangten Behörde einlangte, gilt diese daher als mit 28. Jänner 2010 eingebracht.

 

Im (vom Rechtsvertreter) angeführten (ursprünglichen) Antrag vom 22. Jänner 2010 brachte der Bf vor, dass gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom
15. Jänner 2010 Beschwerde eingebracht und der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt worden sei. Im Hinblick darauf werde die sofortige Enthaftung beantragt, weil dem Bf mit Sicherheit nicht zumutbar sei, während des gesamten Rechtsmittelverfahrens in Schubhaft zu verbleiben. Eine tatsächliche Notwendigkeit der Schubhaft bestünde nicht. Der Bf sei aufrecht unter der Adresse x gemeldet und sozial vollkommen integriert. Er habe niemals versucht, sich einer Abschiebung zu entziehen, sodass schon von vornherein nicht nachvollzogen werden könne, warum überhaupt eine Schubhaft, die aufgrund der Einschränkung der persönlichen Freiheit immer das letzte Mittel darstellen müsse, für notwendig erachtet werde. Im Hinblick auf das jetzt laufende Verfahren sei eine Schubhaft nicht mehr gerechtfertigt. 

3.1. Mit Schreiben vom 28. Jänner 2010 übermittelte die belangte Behörde den Fremdenakt samt der Schubhaftbeschwerde und erstattete eine Gegenschrift. Der Vorlageakt langte am 29. Jänner 2010 beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

Einleitend wies die belangte Behörde auf den vorliegenden Schubhaftbescheid vom 7. Jänner 2010 und die Schriftsätze des Rechtsvertreters (Antrag vom
22. Jänner 2010 und Schreiben vom 27. Jänner 2010) hin.

Anschließend beantragte die belangte Behörde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Begründend führte sie aus, dass das erste Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Nigeria festgestellt worden sei. Weiters liege ein vollstreckbares, unbefristetes Aufenthaltsverbot vor und der neuerliche Asylantrag sei wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Bis dato habe der Asylgerichtshof der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt. An der Beischaffung eines Heimreisezertifikates werde gearbeitet.

Ergänzend zur Begründung des Schubhaftbescheides wies die belangte Behörde auf die bevorstehende Abschiebung, die Mittellosigkeit und Ausreiseunwilligkeit des Bf, die Verwendung gefälschter und "geborgter " Reisedokumente, seine rechtskräftigen Verurteilungen und sein privates Umfeld hin.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage der Sachverhalt hinlänglich geklärt ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 83 Abs. 4 FPG).

 

4.1.2. Dem Bf wurde am 7. Jänner 2010 der Schubhaftbescheid der belangten Behörde ausgefolgt, anschließend wurde er in das PAZ Wels verbracht und seither wird er in Schubhaft angehalten.  

 

Seine Beschwerde wegen der Anhaltung in Schubhaft im PAZ Wels ist zulässig, aber unbegründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG 2005 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

4.3. Obwohl der Bf lediglich die "Fortdauer der Schubhaft" für rechtswidrig erachtet, ist der Unabhängige Verwaltungssenat im Hinblick auf § 83 Abs. 4 FPG gehalten, eine umfassendere Beurteilung vorzunehmen.

 

4.3.1. Bei Vorliegen sämtlicher formeller Voraussetzungen für die konkret in Aussicht genommene aufenthaltsbeendende Maßnahme kann die Schubhaft jedenfalls auf § 76 Abs. 2 FPG gestützt werden.

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist bei Eingriffen in das Recht auf persönliche Freiheit stets das unmittelbar anwendbare Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten und die zuständige Fremdenpolizeibehörde hat in jedem Fall eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof folgert daraus, dass die die Schubhaft anordnende Behörde nachvollziehbar darzulegen hat, inwiefern die Anordnung der Schubhaft erforderlich ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. In diesem Sinn seien auch die Überlegungen anzustellen, ob dem Sicherungszweck bereits durch die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG entsprochen werden kann. (siehe VwSen-401019/5/Wei/Se mit zahlreichen Verweisen). Im Erkenntnis vom
30. August 2007 hat der Verwaltungsgerichtshof zudem ausgeführt, dass dies im Ergebnis bedeute, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 FPG gestützt werden soll, stets nur die ultima ratio sein darf.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs. 2 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

So hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom 28.6.2007, Zl. 2004/21/0003, einer Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf seine mit der dg. Entscheidung vom 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081, geänderte Rechtsprechung, wonach allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie von strafgerichtlichen Verurteilungen (weil die Inschubhaftnahme nicht der Aufdeckung, Verhinderung oder Sanktionierung von Straftaten dienen darf; vg. VfSlg 13715/1994; VwGH vom 22.11.2007, Zl. 2006/21/0189; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246) und einer fehlenden Ausreisewilligkeit (insbesondere, solange noch nicht feststeht, ob die Abschiebung zulässig und die Ausreise zu überwachen ist sowie ein konkreter Sicherungsbedarf besteht) für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich der Asylwerber dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht mehr hinreichen, stattgegeben." 

 

Zur fehlenden Ausreisewilligkeit eines Fremden führt der Verwaltungsgerichtshof nunmehr in ständiger Rechtsprechung aus, dass diese für sich allein nicht die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung rechtfertigt. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt (vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246).

 

Ebenso darf die Schubhaft nicht als eine präventive Vorbereitungshandlung zu einer erfolgreichen Durchführung der Abschiebung (siehe VwGH vom
26. September 2007, Zl. 2004/21/0150) zum Einsatz gebracht werden. 

 

Darüber hinaus ist eine generalisierende Betrachtungsweise von vornherein unzulässig. Beispielsweise darf aus dem Nichtvorhandensein von Bargeld nicht schon "unter Zugrundelegung allgemeiner Erfahrungssätze" (siehe VwGH vom 24. 10.2007, 2006/21/0067) a priori darauf geschlossen werden, dass sich der Fremde, würde er in Freiheit belassen, die erforderlichen Mittel durch illegale Arbeit beschaffen wird.

 

4.3.2. Hinsichtlich der hier gewählten aufenthaltsbeendenden Maßnahmen (rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, rechtskräftige Ausweisung nach dem AsylG) ist der Oö. Verwaltungssenat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes an die diesbezüglichen vollstreckbaren Entscheidungen der Fremdenpolizeibehörden bzw. Asylbehörden gebunden.

 

4.3.2.1. Die belangte Behörde hat die Schubhaft gemäß "§ 76 Abs. 2 Zif. 2 und Zif. 3 FPG" zur "Sicherung der Ausweisung nach § 10 AsylG und der Abschiebung" angeordnet und verhängt.

 

4.3.2.1.1. Unstrittig steht fest, dass gegen den Bf vor der Stellung des weiteren Asylantrages (7. Jänner 2010) ein durchsetzbares (hier: rechtskräftiges) Aufenthaltsverbot erlassen wurde (Zustellung des Bescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien am 4. Dezember 2003).

 

Gemäß § 62 Abs. 4 FPG gilt ein Rückkehrverbot wieder als Aufenthaltsverbot gemäß § 60 FPG, wenn eine Ausweisung durchsetzbar geworden ist. Der Asylgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 4. November 2009 (rechtskräftig seit
24. November 2009) die Zulässigkeit der Ausweisung des Bf nach Nigeria ausgesprochen.

 

Zutreffend ist daher die belangte Behörde von einem rechtskräftigen und somit durchsetzbaren Aufenthaltsverbot ausgegangen.

 

Ebenso ist unbestritten, dass das Bundesasylamt gegen den Bf nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet hat und dem Bf die Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Zif. 4 AsylG zugekommen ist.

 

Nach § 36 Abs. 1 FPG kommt einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag zurückgewiesen wird, eine aufschiebende Wirkung nicht zu. Einer Beschwerde gegen eine mit einer solchen Entscheidung verbundenen Ausweisung kommt die aufschiebende Wirkung nur zu, wenn sie vom Asylgerichtshof zuerkannt wird. Kommt einer Beschwerde gegen eine Ausweisung die aufschiebende Wirkung nicht zu, ist die Ausweisung durchsetzbar (§ 36 Abs. 4 FPG). Da das Bundesasylamt mittlerweile den Asylantrag des Bf wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und diese Entscheidung mit einer Ausweisung verbunden hat, ist nunmehr von einer durchsetzbaren Ausweisung auszugehen. Im Hinblick auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann daher die weitere Anhaltung in Schubhaft auf § 76 Abs. 2 Zif. 1 FPG gestützt werden.

 

Der Bf hat weder den Schubhaftbescheid noch die unmittelbar vorausgehende Festnahme bekämpft. Daraus ist zu schließen, dass er selbst von der Rechtmäßigkeit dieser Akte ausgeht und nur die weitere Anhaltung in Schubhaft bekämpfen wollte.

 

4.3.2.1.2. Die Verhängung der Schubhaft ist nach den angeführten Bestimmungen nur bei Vorliegen des Sicherungsbedarfes und der Verhältnismäßigkeit zulässig.

 

Im Erkenntnis vom 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass bei fehlenden Ausführungen zum Sicherungsbedarf und bei gänzlichem Fehlen nachvollziehbarer Begründungselemente von der Rechtswidrigkeit des angeordneten Freiheitsentzuges auszugehen sei.

 

Aus dem umfassend festgestellten Sachverhalt ist, wie nachfolgend dargestellt, das Vorliegen eines Sicherungsbedarfes unabdingbar abzuleiten.

Die Ausreiseunwilligkeit des Bf ist unstrittig. Wie aktenkundig ist, hat der Bf mehrfach gegenüber Behördenvertretern geäußert, nicht nach Nigeria zurückkehren zu wollen. Aus dem Schriftverkehr zwischen der Bundespolizeidirektion Linz und der Caritas Linz geht hervor, dass der Bf ursprünglich eine Rückkehrwilligkeit angedeutet, in der Folge davon Abstand genommen und den Kontakt von sich aus mit der Caritas Linz abgebrochen hat. Der Bf hat es aber nicht bei der schlichten Weigerung, nicht in seinen Herkunftsstaat zurückkehren zu wollen, belassen. In Kenntnis der rechtskräftigen Abweisung seines Asylbegehrens und des Abspruches über die Zulässigkeit der Ausweisung und Abschiebung nach Nigeria hat er seine Unterkunft in Linz verlassen. Obwohl er den Kontakt zu Frau x abgebrochen und ihr die Wohnungsschlüssel zurückgegeben hat, meldete er sich an der gemeinsamen Unterkunft nicht ab. Wie sich nunmehr zeigt, geschah dies in der Absicht, für den Fall einer fremdenpolizeilichen Maßnahme auf eine "aufrechte Meldeadresse" zurückgreifen zu können. Dass der Bf keine Hemmungen hat, Verstöße gegen die Rechtsordnung zu setzen, zeigen seine zahlreichen gerichtlichen Verurteilungen, die sich nicht nur gegen die Allgemeinheit sondern auch gegen Personen in seiner unmittelbaren Nähe ("Lebensgefährtin") gerichtet haben. Darüber hinaus schreckte der Bf auch nicht zurück, sich fremder Identitäten zu bedienen um Reisebewegungen verschleiern zu können. Anschaulich zeigt sich das darin, dass der Bf in seinem Herkunftsstaat einen "nigerianischen Reisepass bestellt" hat, damit er seinen Aufenthalt in Österreich durch Eingehen einer Ehe legalisieren kann. Um fremdenpolizeilichen Maßnahmen entgehen zu können, versuchte der Bf illegal nach Amsterdam zu gelangen und verwendete dabei die "geborgten" Reisedokumente eines "Bekannten". Indem sich der Bf der Identität einer Person bediente, die sich rechtmäßig in Österreich aufhält, und er unter dieser Identität unterzutauchen versuchte, zeigt er eindeutig auf, dass er gewillt ist, mit allen Mitteln fremdenpolizeiliche Maßnahmen hintanzuhalten.

Das weitere Verhalten des Bf bestätigt diese Annahmen. Als der Bf beim Versuch der illegalen Ausreise unter Inanspruchnahme einer falschen Identität aufgegriffen und ihm das beabsichtigte fremdenpolizeiliche Vorgehen zur Kenntnis gebracht worden ist, stellte er unmittelbar vor der Schubhaftverhängung einen weiteren Asylantrag. Wie das bisherige Asylverfahren bestätigt, stellte der Bf den Asylantrag nur, um die belangte Behörde daran zu hindern, das rechtskräftige Aufenthaltsverbot und die rechtskräftige Ausweisung durchzusetzen. Da der Bf keine neuen Verfolgungsgründe vorgebracht hat, war das Bundesasylamt gehalten, den neuerlichen Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass dem Bf nicht nur die schlichte Ausreiseverweigerung vorzuhalten ist, sondern durch das von ihm über einen weiten Zeitraum gesetzte Verhalten ein Untertauchen in die Illegalität zu befürchten war und auch ist.

Entgegen den Beschwerdeausführungen ist auch nicht von einer Integration des Bf auszugehen. Seine familiären Bindungen konnte er nur sehr vage beschreiben und bezogen auf seine früheren Aussagen stellten sich diese sogar als widersprüchlich dar. Darüber hinaus kann auch nicht von einer beruflichen und sozialen Integration gesprochen werden. Die lebensgemeinschaftsähnliche Verbindung ist nicht mehr als existent anzusehen. Bereits während des Jahres 2009 gab es mehrere – sogar – gewalttätige Auseinandersetzungen, die schlussendlich zum Auszug des Bf aus der gemeinsamen Wohnung geführt haben dürften. Auch wenn Frau x ihre ursprüngliche Aussage in der folgenden Kontaktaufnahme mit einem Vertreter der belangten Behörde etwas abgeschwächt hat, bleiben die Trennung und der Auszug (Abgabe der Wohnungsschlüssel) als Faktum bestehen. 

Im Hinblick auf die beabsichtigte Durchsetzung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes und der Ausweisung ist zu prüfen, ob die Anhaltung in Schubhaft trotz des konkreten Sicherungsbedarfes verhältnismäßig ist.

Auch wenn nicht verkannt wird, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.03.2009, 2007/21/0542, mwN) die Schubhaft keinesfalls dazu dienen könne, den Fremden von der Begehung weiterer Straftaten in Österreich bis zur Außerlandesbringung abzuhalten und dass die Annahme, die Schubhaft sei aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten, nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstelle, sind die strafgerichtlichen Verurteilungen des Bf und die daraus zu entnehmenden Feststellungen der Strafgerichte von besonderem Interesse (zur „Bindungswirkung“ eines rechtskräftigen Strafurteils und zur Bedeutung strafgerichtlicher Sachverhaltsfeststellungen als “maßgebender Sachverhalt" iSd § 37 AVG vgl. Eisner/Schiffkorn in Gruber/Paliege-Barfuß [Hrsg.], Die Relevanz der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB im Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung, Jahrbuch Gewerberecht 2009, 205ff).

 

Die zahlreichen gerichtlichen Verurteilungen, das fortgesetzte kriminelle Verhalten und die versuchte illegale Ausreise unter Verwendung eines "geborgten" Reisepasses zur Verhinderung unmittelbar bevorstehender fremdenbehördlicher Maßnahmen weisen, wie bereits ausgeführt, auf das Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfes hin.

Durch die kriminelle Tätigkeit des Bf, die sich über mehrere Jahre hinzog, gefährdete der Bf die Gesundheit, das Leben und Eigentum von Menschen in hohem Maße. Bemerkenswert ist überdies, dass das Fehlverhalten des Bf nicht nur im letzten Jahr seines Aufenthaltes im Bundesgebiet gegeben war sondern sich über einen wesentlichen Zeitraum seiner Anwesenheit erstreckt hat. Eine lange Phase des Wohlverhaltens ist nicht erkennbar.

Schon die strafgerichtlichen Verurteilungen offenbaren die völlige Gleichgültigkeit des Bf gegenüber der österreichischen Rechtsordnung und deuten auf eine mangelnde charakterliche Zuverlässigkeit hin.  

Mit dem Beschwerdevorbringen kann der Bf nicht nachvollziehbar und überzeugend darlegen, dass ein konkretes Sicherheitsbedürfnis nicht bestehe. Da der Bf auch kaum über wesentliche soziale Bindungen verfügt, haben diese auch keine nennenswerte Auswirkung auf die Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfes.

Vor dem Hintergrund seines bisherigen Fehlverhaltens im Bundesgebiet und der daraus zu erschließenden Persönlichkeitsstruktur war für die belangte Behörde daher nicht zu erwarten, dass der Bf freiwillig das Land verlassen und sich den entsprechenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen ohne weiteres fügen werde.

Die Anhaltung des Bf war somit nicht als bloß rein präventive Vorbereitungshandlung für die Abschiebung anzusehen, sondern diente ausschließlich dazu ein neuerliches Untertauchen des Bf zu verhindern. Die Schubhaftverhängung zur Sicherung des Verfahrens war daher dringend geboten.

 

Aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass der mit der Sicherungsmaßnahme verfolgte Zweck nicht auch durch die Anordnung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Der konkrete Sicherungsbedarf ist somit gegeben und die Anwendung gelinderer Mittel ausgeschlossen.  

 

Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft ist im konkreten Fall auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich. Die belangte Behörde hat das bisherige Verfahren zielstrebig und unter Bedachtnahme darauf geführt, dass die knapp über drei Wochen andauernde Schubhaft so kurz wie möglich gehalten wird.

 

Der gegenläufigen Einwendung des Bf war nicht zu folgen. Zum Entscheidungszeitpunkt liegt eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung des Bundesasylamtes vor. Da bis dato der Asylgerichtshof der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, könnte die belangte Behörde bei Vorliegen des erforderlichen Heimreisezertifikates den Bf in seinen Herkunftsstaat abschieben. Ein Zuwarten auf das Ende des Beschwerdeverfahrens ist, entgegen der Ansicht des Rechtsvertreters, nicht erforderlich.

 

Aufgrund der Aktenlage ist nicht davon auszugehen, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates nicht innerhalb angemessener Frist erreicht werden kann.

 

4.4. Im Ergebnis erweist sich daher die Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig festzustellen war, dass die für die Anhaltung des Bf in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkhauptmann von Ried im Innkreis) nach § 79a Abs. 1 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. II 456/200, antragsgemäß ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (57,40 Euro für den Vorlageaufwand und 368,80 Euro für den Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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