Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522402/7/Fra/Bb/Ka

Linz, 02.02.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x, vom 24. September 2009, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 16. September 2009, GZ VerkR21-747-2008, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung der Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit und sonstiger Anordnungen, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2009, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991- AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11 und Abs.4, 24 Abs.1 Z1 und Abs.3, 25 Abs.1 und Abs.3 und 29 Abs.3 Führerscheingesetz 1997 - FSG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Bescheid vom 16. September 2009, GZ VerkR21-747-2008, Herrn x (dem Berufungswerber) die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides entzogen. Ferner wurde der Berufungswerber aufgefordert, vor Wiedererteilung der Lenkberechtigung ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beizubringen und den Führerschein nach Rechtskraft bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck oder bei der Polizeiinspektion Schörfling a. A. abzuliefern. Die gesetzlichen Grundlagen für diesen Entziehungsbescheid bilden die Bestimmungen der §§ 3, 7, 24, 25 und 29 FSG sowie § 14 Abs.3 FSG-GV.  

 

2. Mit Schriftsatz vom 24. September 2009 hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen diesen Bescheid vom 16. September 2009 – zugestellt am 18. September 2009 - bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht Gebrauch gemacht und die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben (§ 35 Abs.1 FSG). Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme (Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, GZ VerkR21-747-2008) sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2009. An der Verhandlung haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen und wurden zum Sachverhalt gehört. Ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat an der Verhandlung - entschuldigt - nicht teilgenommen.

 

Der Berufungswerber vermeinte im Rahmen seiner Äußerung im Zuge der Verhandlung, dass seine Schuld gering gewesen sei. Die Verwerflichkeit der Tat ergebe sich auch aus der äußerst geringen Strafzumessung des Landesgerichtes Wels, zumal ein Strafrahmen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe angedroht gewesen wäre. Die Handlungen seien auch vollkommen diametral zu seinem bisherigen Lebenswandel. Die verkauften Suchtmittel seien außerdem nicht unbedingt äußerst gefährliche Suchtstoffe - eine Gewöhnung sei nach Einnahme von geringen Mengen noch nicht vorhanden. Überdies sei der Verkauf in einem kurzen Zeitraum erfolgt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Mit Urteil des Landesgerichtes Wels vom 3. Februar 2009, GZ 15 Hv 184/08i, wurde der Berufungswerber wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1, 5. Fall SMG und Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs.1 Z1 1. und 2. Fall und Abs.2 SMG nach dem Strafsatz des § 28a Abs.1 SMG zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 5 Euro (= 900 Euro Gesamtgeldstrafe) sowie einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten verurteilt, wobei die verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Das Urteil ist - infolge des erklärten Rechtsmittelverzichtes - seit 3. Februar 2009 rechtskräftig.

 

Auf Grund der - in Angelegenheiten der Entziehung der
Lenkberechtigung
- bestehenden Bindungswirkung an das rechtskräftige strafgerichtliche Urteil durch die Führerscheinbehörde (vgl. z.B. VwGH 6. Juli 2004, 2004/11/0046) steht bindend fest, dass der Berufungswerber die ihm angelasteten Straftaten in der im Strafurteil dargestellten und umschriebenen Weise begangen hat.

 

Die vom Berufungswerber zu verantwortende strafbare Handlung nach § 28a SMG stellt eine die Verkehrsunzuverlässigkeit (§ 7 FSG) indizierende bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z11 FSG dar. Auch wenn die Bestimmung des  § 7 Abs.3 Z11 FSG noch auf die Bestimmung des SMG in der Geltung vor dem   1. Jänner 2008 abstellt, so gilt nach der Rechtsauffassung der Berufungsinstanz auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des nunmehrigen § 28a SMG als eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 FSG, welche gemäß § 7 Abs.4 FSG einer Wertung zu unterziehen ist. Die Entziehungsdauer infolge mangelnder Verkehrszuverlässigkeit beträgt gemäß § 25 Abs.3 FSG mindestens drei  Monate.

 

Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz stellen generell eine besondere Form der Kriminalität dar. Wegen der damit verbundenen Gefahr für die Gesundheit von Menschen sind derartige Verbrechen besonders verwerflich und gefährlich. Im Gegenstandsfall hat der Berufungswerber nicht nur Suchtgift besessen, sondern im Zeitraum von spätestens März 2008 bis zuletzt am 13. Dezember 2008 in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge (insgesamt ca. 900 Stück Ecstasy-Tabletten, 50 g Amphetamin und eine geringe Menge an Kokain) in Verkehr gesetzt und damit anderen den Konsum von Suchtmitteln ermöglicht. Das Überlassen von Suchtgift an andere Personen - vor allem im Hinblick auf die Herstellung von Abhängigkeitsverhältnissen - ist als besonders sozialschädlich zu beurteilen.

 

Ungeachtet der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit seines Verhaltens muss bei der Wertung der vom Berufungswerber begangenen bestimmten Tatsache aber auch die seither verstrichene Zeit und das Verhalten des Berufungswerbers während dieser Zeit berücksichtigt werden. Seit der Beendigung des strafbaren Verhaltens (letzte Tat am 13. Dezember 2008) ist nunmehr ein Zeitraum von beinahe 14 Monaten verstrichen. Zudem war der Berufungswerber bislang in strafrechtlicher Hinsicht unbescholten, noch lag ihm eine Entziehung der Lenkberechtigung zur Last. Auch seither hat er sich im Allgemeinen wohlverhalten und ist nicht negativ in Erscheinung getreten. Nicht unberücksichtigt kann auch seine teilweise geständige Verantwortung und der Umstand bleiben, dass das Strafgericht eine bedingte Freiheitsstrafe (fünf Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren) und eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 5 Euro verhängt hat. Das Gericht hat offensichtlich den Vollzug der Freiheitsstrafe durch den Berufungswerber nicht als erforderlich angesehen.

 

Nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist eine Entziehung der Lenkberechtigung mangels Verkehrszuverlässigkeit (§ 7 FSG) zufolge § 25 Abs.3 FSG nur dann rechtmäßig, wenn die Behörde auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides mit Recht annehmen darf, es liege Verkehrsunzuverlässigkeit vor und es werde die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf von drei Monaten eintreten (vgl. z.B. VwGH 23. November 2001, 2000/11/0017 uva). Wird die Entziehung der Lenkberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit beginnend mit Rechtskraft des Entziehungsbescheides verfügt, muss Verkehrsunzuverlässigkeit des Betreffenden noch zumindest für drei Monate ab Erlassung des Berufungsbescheides vorliegen, um rechtmäßig eine Entziehung aussprechen zu können.

 

Ausgehend von der letzten Tat des Berufungswerbers am 13. Dezember 2008 ergäbe sich im konkreten Fall bei Bestätigung der von der Erstinstanz verfügten und ab Rechtskraft des Bescheides beginnenden 12-monatigen Entziehungsdauer im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung eine angenommene Verkehrsunzuverlässigkeit des Berufungswerbers von ca. 26 Monaten. Diese prognostizierte Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit erweist sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zu ähnlichen Fällen jedoch als entschieden zu lang. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber im gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt die Verkehrszuverlässigkeit bereits längst wiedererlangt und die die Verkehrszuverlässigkeit begründende Gesinnung bereits überwunden hat.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

Bei diesem Ergebnis ist entfällt auch die Anordnung nach § 24 Abs.3 FSG zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG und die Ablieferungspflicht des Führerscheines nach § 29 Abs.3 FSG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr.  F R A G N E R

 

 

 

 

 

 

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