Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522459/2/Fra/Ka

Linz, 01.02.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 23.11.209, VerkR21-405-2009/BR, betreffend Aufforderung, ein amtsärztliches Gutachten und eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Die im angefochtenen Bescheid getroffene Anordnung, dass der Berufungswerber ein amtsärztliches Gutachten und eine verkehrspsychologische Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle beizubringen hat, wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a Abs.1 AVG; § 24 Abs.3 FSG iVm § 17 Abs.1 FSG-GV

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/I. hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber (Bw) unter Bestätigung des Mandatsbescheides vom 22.7.2009, VerkR21-405-2009/BR, die ihm von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn am 25.5.2007 unter Zl. 07/207433 ausgestellte Lenkberechtigung für die Klassen B, C1, C und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 16 Monaten, gerechnet ab 30.7.2009, das ist bis einschließlich 30.11.2010, entzogen. Weiters wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten. Für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung wurde ihm das Recht, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt.

 

Weiters wurde angeordnet, dass sich der Bw auf seine Kosten bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigten Stelle einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen hat. Der Umfang der Nachschulung hat mindestens fünf Gruppensitzungen zu insgesamt 18 Kurseinheiten zu betragen. Die Entziehungsdauer endet nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Zudem wurde der Bw aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung beizubringen. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Die Entziehungsdauer endet nicht vor Befolgung dieser Anordnung.

 

Der Bw wurde weiters verpflichtet, den über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellten Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde bzw der für ihn zuständige Polizeiinspektion abzuliefern. Die aufschiebende Wirkung einer allenfalls gegen den Spruchabschnitt dieses Bescheides einzubringenden Berufung wurde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzuge ausgeschlossen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung, über die der Oö. Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) wie folgt erwogen hat:

 

2.1. Die nunmehr belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass der Bw im Mai 2006 einen Gegenverkehrsunfall in vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand verschuldet habe und nachdem er festegestellt hatte, dass sein PKW nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei, sich von der Unfallstelle entfernte. Nachdem die Polizei einen Tipp betreffend seines Aufenthaltsortes bekommen habe, habe er in einem etliche Kilometer entfernten Nachtlokal angetroffen werden können. Den Alkotest habe er verweigert. Damals wurde eine Entziehungsdauer von 12 Monaten verhängt und im Zuge der Wiederausfolgung des Führerscheines wurde eine Auflage nach Code 104 (periodische  Kontrolle von GGT- und CDT- Werten) festgesetzt. Am 22.7.2009 habe er abermals in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht. Damals sei er auf der B 147 links von der Straße abgekommen und sei  mit seinem Fahrzeug im Straßengraben gelandet. Als die Polizei zur Unfallstelle kam, habe er versucht, in den Wald zu flüchten, habe jedoch nach kurzer Verfolgung gestellt werden können. Mindestens eine Stunde nach dem Verkehrsunfall habe er noch einen Atemluftalkoholgehalt von 0,72 mg/l gehabt, was bedeute, dass er das Fahrzeuge mit mehr als 1,5 Promille Blutalkohol gelenkt hatte.

 

Im Rahmen der Wertung führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass der Bw in einem Zeitraum von etwas mehr als drei Jahren zwei Verkehrsunfälle unter starker Alkoholbeeinträchtigung verschuldet hat. Im Jahre 2007 wurde offenkundig, dass er wahrscheinlich ein nachhaltiges Alkoholproblem habe und es sei ihm nur mit größter Mühe möglich gewesen, die Auflage zu erfüllen. Nach Ansicht der Kraftfahrbehörde sei es erforderlich, den Bw vor Wiederausfolgung seines Führerscheines durch ein amtsärztliches Gutachten und einer vorangegangen verkehrspsychologischen Untersuchung hinsichtlich seiner Alkoholgewohnheiten zu überprüfen, ob er nach Ablauf der Entziehungsdauer und einem nachhaltigen Gesinnungswandel in der Lage sein wird, Kraftfahrzeuge nur im nüchternen Zustand zu lenken.

 

Der Bw richtet sein Rechtsmittel gegen die Verpflichtung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sowie gegen die angeordnete VPU. Er stellt fest, die angesprochene Entziehungsdauer, die Nachschulungsanordnung und das Verbot, für die Entziehungsdauer von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, nicht anzufechten. Er gesteht ein, am 18.7.2009 die bestimmte Tatsache des § 7 Abs.3 Z1 FSG gesetzt zu haben, weil er seinen PKW mit 0,72 mg/l AAK gelenkt habe. Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 24.11.2009, VerkR96-6387-2009-Dg, in welchem über ihn eine Strafe von 1.400 Euro nach § 99 Abs.1a StVO 1960 verhängt wurde, ist in Rechtskraft erwachsen. Der Bw verweist außerdem auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22.9.2003, VwSen-520369/2/Fra/Ka. Der do. Bw verschuldete in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand (0,72 mg/l AAK) einen Verkehrsunfall, bei welchem hoher Sachschaden an zwei PKW´s entstanden sei und zwei Personen leicht verletzt wurden. Auch dabei habe es sich um das 2. Alkoholdelikt binnen zwei Jahren gehandelt. Im ggst. Fall betrage die Zeitspanne zwischen den beiden Alkoholdelikten mehr als drei Jahre, die Folgen des Verkehrsunfalles (Sachschaden) sei hier bedeutend geringer. In dem von der belangten Behörde zitierten und vom Rechtsanwalt x vertretenen Fall hatte der VwGH einen Sachverhalt zu beurteilen, welche mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sei, weil der do. Beschwerdeführer binnen kurzer Frist drei Alkoholdelikte zu verantworten hatte. Der Bw nimmt Bezug auf die Bestimmung des § 17 Abs.1 FSG-GV. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung sei mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung drei Mal entzogen wurde oder wenn  ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b oder c bestraft worden ist. Da keine dieser beiden Voraussetzungen für die Annahme mangelnder Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gegenständlich vorliege, weil es sich um den zweiten Entzug seiner Lenkberechtigung in den letzten fünf Jahren handelt und eine Übertretung nach § 99 Abs.1a StVO 1960 vorliegt und keine Verweigerung des Alkotestes oder der Blutabnahme, seien seiner Meinung nach die Voraussetzungen für die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht gegeben.

 

Der Bw stellt deshalb den Antrag, der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge seiner Berufung Folge geben und den Bescheid im angefochtenen Umfang aufheben.

 

2.2. Gemäß § 17 Abs.1 FSG-GV ist die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs.2 FSG im Hinblick auf ein verkehrspsychologisches auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

1. auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder

2. auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken.

 

Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung drei Mal entzogen wurde oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b oder c StVO 1960 bestraft wurde.

 

Im vorliegenden Fall wurde dem Bw die Lenkberechtigung wegen eines Alkoholdeliktes für die Dauer von 12 Monaten ab 24.5.2006 entzogen. Am 18.7.2009 verschuldete der Bw abermals in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und wurde er deshalb wegen Übertretung des § 99 Abs.1a StVO 1960 bestraft.

 

Gemäß § 24 Abs.3 erster Satz FSG kann bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung udgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen.

 

Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass dem Bw die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung fehlt ist plausibel, jedoch im Sinne des § 17 Abs.1 2. Satz FSG-GV nicht zwingend. Gemäß § 24 Abs.3 erster Satz FSG ist es zulässig, anlässlich der Entziehung der Lenkberechtigung auch die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung vorzuschreiben, wobei auch eindeutig klargestellt wird, dass im Rahmen jedes amtsärztlichen Gutachten auch die Beibringung einer fachärztlichen oder verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden kann. Der Behörde ist hiezu Ermessen eingeräumt. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt in Übereinstimmung mit dem Bw auf den konkreten Einzelfall bezogen die Auffassung, dass unter Zugrundelegung des oa Sachverhaltes vor dem Hintergrund der zitierten Rechtslage von der amtsärztlichen Untersuchung unter Beibringung eines verkehrspsychologischen Stellungnahme – noch – abgesehen werden kann, weil durch die beiden Vorfälle innerhalb eines Zeitraumes von mehr als drei Jahren, wobei der Bw durch das zweite Alkoholdelikt eine Übertretung nach § 99 Abs.1a StVO 1960 begangen hat, die mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung noch nicht ausreichend indiziert ist. Sollte der Bw jedoch wieder neuerlich einschlägig rückfällig werden, kann dieses Resultat wohl nicht mehr aufrecht erhalten werden.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;   diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen -
jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

 

 

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