Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164450/8/Fra/Bb/Ka

Linz, 09.02.2010

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des x, vom 22. September 2009, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden, vom 3. September 2009, GZ VerkR96-4391-2009, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt lautet:

"Sie haben am 15. April 2009 um 15.43 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen x, im Ortsgebiet von Tragwein, auf der B 124 in Fahrtrichtung Bad Zell gelenkt und dabei bei auf Höhe km 14,922 die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h – nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz um 59 km/h überschritten".

 

Die angewendete Strafnorm wird auf § 99 Abs.2c Z9 StVO in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2009 abgeändert.

 

 

II.      Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen     Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe    von 100 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat Herrn x (dem Berufungswerber) mit Straferkenntnis vom 3. September 2009, GZ VerkR96-4391-2009, vorgeworfen, am 15. April 2009 um 15.43 Uhr den Pkw, x, auf der B 124 im Ortsgebiet Tragwein in Fahrtrichtung Bad Zell gelenkt zu haben, wobei er auf des Straßenkilometers 14,992 die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 59 km/h überschritten habe. Da sich beidseits der B 124 im Ortsgebiet Tragwein Haus- und Grundstückseinfahrten befinden, deren Benützer nicht mit derart schnellem Vorrangverkehr rechnen müssen, sei die Tat unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen worden.

 

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach
§ 20 Abs.2 iVm § 99 Abs. 2 lit.c StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche, verhängt wurde.
Überdies wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 50 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber am 22. September 2009 persönlich bei der Bezirkshauptshauptmannschaft Gmunden Berufung erhoben. Mangels Vorliegen eines Zustellnachweises ist von einer fristgerechten  Einbringung des Rechtsmittels auszugehen. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden nicht Gebrauch gemacht und die Berufung samt Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates   (§ 51 Abs.1 VStG). Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (51c VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme (Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, GZ VerkR96-4391-2009) und Durchführung ergänzender Erhebungen betreffend die Tatortörtlichkeit. Eine öffentliche mündliche Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, weil sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt aus dem vorliegenden Akt und auf Grund der Ergebnisse der im Rahmen des Berufungsverfahrens durchgeführten Ermittlungen ergibt. Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner Verfahrenspartei beantragt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber lenkte am 15. April 2009 um 15.43 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen x   im Ortsgebiet von Tragwein auf der B 124 in Fahrtrichtung Bad Zell. Bei Straßenkilometer 14,922 überschritt er mit dem gelenkten Pkw die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h – nach Abzug der in Betracht kommenden Messtoleranz – um 59 km/h. Die Messung der Fahrgeschwindigkeit erfolgte mittels geeichtem Laser-Messgerät, Type LTI 20.20 TS/KM-E, Messgerät-Nummer 7415 (BZ), bei km 15,026 durch x der Polizeiinspektion Bad Zell.

 

Der Berufungswerber hat weder die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich, noch das festgestellte Ausmaß bestritten. Insgesamt ist daher auf Grund des vorliegenden Messergebnisses als erwiesen anzusehen, dass der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsübertretung – in objektiver Hinsicht – begangen hat. Der Vorwurf, dass er diese Verwaltungsübertretung "unter besonders gefährlichen Verhältnissen" begangen hat, besteht jedoch aus folgenden Gründen nicht zu Recht:

 

Um ein strafbares Verhalten im Straßenverkehr unter § 99 Abs.2 lit.c StVO subsumieren zu können, müssen nach verwaltungsgerichtlicher Judikatur zu dem an sich strafbaren Verhalten des Täters noch zusätzliche Sachverhaltselemente hinzukommen, die die Annahme rechtfertigen, dass die Tat unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wurde (VwGH 9. März 2001, 2000/02/0128). Als solche besonders gefährlichen Verhältnisse kommen bei Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit insbesondere beeinträchtigte Sichtverhältnisse, ungünstige Fahrbahnbeschaffenheit und starkes Verkehrsaufkommen, der Verlauf und die Breite der Straße sowie die körperliche und geistige Verfassung des Lenkers oder auch die Beschaffenheit des Fahrzeuges in Betracht (VwGH 13. Juni 1989, 89/11/0061).

 

Die im Spruch und in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses getroffene Feststellung, dass sich beidseits der B 124 Haus- und Grundstückseinfahrten befinden, deren Benützer nicht mit derart schnellem Vorrangverkehr rechnen müssen, genügt allein für die Annahme besonders gefährlicher Verhältnisse nicht. Es wurden weder in der Anzeige noch im Straferkenntnis zusätzliche die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse begründende Sachverhaltselemente aufgezeigt, sondern lediglich abstrakt, ohne aktenmäßig festgehaltene diesbezügliche Tatsachenfeststellungen eine besondere Gefährdung angenommen. Eine solche abstrakte Gefährdung darf aber mit dem Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse im Sinne des § 99 Abs. 2 lit.c StVO nicht gleichgesetzt werden. Weder aus der Aktenlage noch auch aus den Erhebungen im Berufungsverfahren ergibt sich ein Anhaltspunkt dafür, dass zur Tatzeit andere Straßenbenützer im Bereich des Tatortes vorhanden gewesen wären oder Fahrzeuge aus den Haus- und Grundstückseinfahrten auf die B 124 einbiegen oder ausfahren hätten wollen. Die B 124 verläuft im Tatortbereich geradlinig, leicht abfallend und ist im Wesentlichen übersichtlich. Zur Tatzeit war die Fahrbahn trocken, es herrschte gute Sicht und nur mäßiges Verkehrsaufkommen. Überdies ist zu berücksichtigen, dass die gegenständliche Überschreitung knapp – circa 273 m - vor dem Ende des Ortsgebiets begangen wurde. Der erwähnte Schutzweg befindet sich etwa 300 m vor und damit in entsprechender Entfernung zur Tatortörtlichkeit. Sonstige Hinweise zur Begründung besonders gefährlicher Verhältnisse gibt es nicht.

 

Im Berufungsverfahren wurden - mit Ausnahme der massiven Überschreitung - keine sonstigen Umstände bekannt, welche eine besondere Gefährlichkeit der Übertretung begründen würden. Der Spruch des Straferkenntnisses war daher insofern abzuändern, als die Qualifikation der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung, wonach diese unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen worden sei, zu entfallen hat. Die hat zur Folge, dass auch die angewendete Strafnorm entsprechend (auf § 99 Abs.2c Z9 StVO in der Fassung BGBl. I Nr. 16/2009) abzuändern war. In diesem Zusammenhang sei auch festgehalten, dass eine Korrektur des Tatortes (von km 14,992 auf km 14,922) vorzunehmen und auch zulässig war, da innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist mit Ladungsbescheid vom 17. Juni 2009 ohnedies eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

 

Der Berufungswerber hat damit zu der im vorgeworfenen Tatzeit eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2c Z9 StVO begangen. Umstände, welche sein Verschulden an dieser Verwaltungsübertretung in Frage stellen könnten sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Es ist daher gemäß    § 5 Abs.1 VStG zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen.

 

Der gesetzliche Strafrahmen für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß der nunmehr anzuwendenden Bestimmung des § 99 Abs.2c Z9 StVO (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) zwischen 72 und 2.180 Euro. Die von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden angewendete Strafnorm des § 99 Abs.2 lit.c StVO sieht lediglich eine Mindeststrafe von 36 Euro bei der gleichen Höchststrafe von 2.180 Euro vor. Es ist daher im Sinne des Günstigkeitsprinzips von einer Mindeststrafe von 36 Euro auszugehen, wobei jedoch - insbesondere im Hinblick auf die Bindungswirkung für ein allfälliges Führerscheinentzugsverfahren - die Qualifikation der Übertretung als "besonders gefährlich" im Sinne des § 99 Abs.2 lit.c StVO – wie bereits aufgezeigt - zu entfallen hatte.

Im Rahmen der Strafbemessung ist zu berücksichtigen, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen generell die Gefahren des Straßenverkehrs erhöhen und zu den häufigsten Unfallursachen gehören. Sowohl aus general- als auch spezialpräventiven Überlegungen ist daher die Verhängung einer ausreichend hohen Geldstrafe erforderlich, um ähnliche Überschreitungen in Zukunft zu verhindern und sowohl den Berufungswerber selbst, als auch die Allgemeinheit darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung der straßenpolizeilichen Vorschriften im Straßenverkehr von wesentlicher Bedeutung ist.

 

Im Hinblick auf die massive Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um mehr als 100 % ist der Unrechtsgehalt der vom Berufungswerber begangenen Übertretung als ausgesprochen hoch einzuschätzen. Straferschwerend waren weiters bereits drei in der Vergangenheit (in den Jahren 2006 und 2008) durch den Berufungswerber verursachte in Rechtskraft erwachsene Geschwindigkeitsüberschreitungen zu werten. Strafmilderungsgründe liegen demgegenüber nicht vor und konnten auch im Berufungsverfahren nicht festgestellt werden.

 

Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände sowie der von der Bezirkshauptmannschaft Gmunden - mangels Mitwirkung - angenommenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.500 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten) ist der Unabhängige Verwaltungssenat der Überzeugung, dass die verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 500 Euro, welche ca. 23 % der möglichen Höchststrafe beträgt, tat- und schuldangemessen, aber und auch notwendig ist, um den Berufungswerber in Zukunft von neuerlichen Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten abzuhalten.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr.  F R A G N E R

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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