Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560117/3/WEI/Ba

Linz, 11.02.2010

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Herrn X, X gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28. Juli 2009, Zl. 301-12-4/1, betreffend Ersatz von Kosten für soziale Hilfe nach dem § 48 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998 (LGBl Nr. 82/1988, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 41/2008) zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 52 und 66 Abs 3 Oö. SHG 1998

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem bekämpften Bescheid hat der Bürgermeisters der Stadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde über den Antrag des Magistrats Linz bzw der Stadt Linz als Sozialhilfeträgerin vom 19. Juni 2009 wie folgt abgesprochen:

 

"Spruch

 

Herr X, geb. X, wohnhaft in X, ist als Geschenknehmer der mit Übergabsvertrag vom 08.04.2004 zur Hälfte an ihn übergebenen Liegenschaft X zum Ersatz von 50 % der monatlich ungedeckten Verpflegskosten für die Unterbringung seiner Mutter X, geb. X (Anm.: richtig X), seit 21.05.2008 im SZ X verpflichtet.

Die Kostenersatzpflicht ist begrenzt mit € 8252,50, dem von sämtlichen Geldleistungen bereinigten halben Geschenkwert.

Die Verpflegskosten sind abhängig von der Anzahl der Verpflegstage, den Tarifen der SZL, den aktuellen Pensionsbezügen sowie der Pflegestufe des Heimbewohners.

Die monatlich ungedeckten Heimkosten betragen im Jahresmittelwert auf Basis der Tarife und Pensionen 2009 € 1250,79.

Der bis dato den Magistrat Linz entstandene Sozialhilfeaufwand in Höhe von € 2533,36 wird Herrn X nach Rechtskraft dieses Bescheides zur Hälfte, also € 1266,68, in Rechnung gestellt, zahlbar binnen 14 Tagen auf das Konto der ASK BLZ X Kt. Nr. X unter Angabe des Vor- und Familiennamens der Heimbewohnerin.

Die künftig anfallenden ungedeckten Heimkosten werden Herrn X zur Hälfte mit Zahlschein vorgeschrieben.

 

Rechtsgrundlage:   §§ 8,9,11,15,17,25,48,52,66 OÖ. Sozialhilfegesetz 1998,

                            LGBl. Nr. 82/1998; § 5 OÖ. Sozialhilfeverordnung 1998.

 

1.2. Gegen diesen dem Bw durch Hinterlegung am 30. Juli 2009 zugestellten Bescheid richtet sich die am 13. August 2009 rechtzeitig bei der belangten Behörde eingelangte Berufung gleichen Datums, mit der sinngemäß die Aufhebung des angefochtenen Bescheides angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Zum Sachverhalt stellt die belangte Behörde zunächst begründend fest, dass sich die Mutter des Bw seit 21. Mai 2008 im Seniorenzentrum X befinde und ihr soziale Hilfe in Form der Unterbringung gegen Rückersatz der gesamten Nettokosten (also als Selbstzahlerin) gewährt worden sei. Dieser Bescheid sei seit 16. Juni 2008 rechtskräftig.

 

Mit Notariatsakt vom 8. April 2004 hatte Frau X ihren Söhnen X und X 32240/1330587stel Anteile an der Liegenschaft X Grundbuch X, mit denen Wohnungseigentum an der im Hause X gelegenen Wohnung X verbunden ist, je zur Hälfte ins Eigentum übergeben und sich das lebenslange unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht vorbehalten. Laut Punkt "Fünftens" des notariellen Übergabs­vertrages erfolgte die Übergabe bzw Übernahme der Liegenschaft in den Besitz der Übernehmer samt Gefahrenübergang am Tag der Vertragserrichtung.

 

Aus der Aktenlage ergibt sich weiter, dass die belangte Behörde mit Bescheid vom 29. Mai 2008, ohne Geschäftszahl, wie folgt abgesprochen hat:

 

"Spruch

Frau X, geb. X, wird, solange sich die Grundlagen dieses Bescheides nicht ändern, Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen im Sinne des OÖ. Sozialhilfegesetzes 1998 durch Unterbringung im Seniorenzentrum X, X, ab 21.05.2008, gegen Rückersatz der gesamten Nettokosten (Heimtarif und Pflegegeldanteil), gewährt.

 

Die Heimkosten werden per Abbuchungsauftrag eingezogen, sollte dies auf Grund versch. Umstände (z.B. Austritt, Ableben) nicht möglich sein, wird eine gesonderte Vorschreibung (Erlagschein) erfolgen.

..."

 

In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass die im Seniorenzentrum untergebrachte Mutter des Bw nach den angegebenen Verhältnissen derzeit in der Lage sei, die ihr bekannt gegebenen Nettoheimkosten zu tragen.

 

Am 27. März 2009 stellte X als Sachwalter der Mutter des Bw den Antrag auf Übernahme der monatlich ungedeckten Verpflegskosten ab 1. Mai 2009.

 

Mit Bescheid vom 27. März 2009, ohne Geschäftszahl, wurde unter weitgehender Wiederholung des Bescheides vom 29. Mai 2008 wie folgt ergänzend abgesprochen:

 

"Spruch

 

Frau X, geb. X, wird, solange sich die Grundlagen diese Bescheides nicht ändern, Hilfe zur Pflege in stationären Einrichtungen im Sinne des OÖ. Sozialhilfegesetzes 1998 durch Unterbringung im Seniorenzentrum X, X, ab 21.05.2008 bis einschließlich 30.04.2009, gegen Rückersatz der gesamten Nettokosten (Heimtarif und Pflegegeldanteil) gewährt. Die Heimkosten werden per Abbuchungsauftrag eingezogen, sollte dies auf Grund versch. Umstände (z.B. Austritt, Ableben) nicht möglich sein, wird eine gesonderte Vorschreibung (Erlagschein) erfolgen.

Die Übernahme der nicht gedeckten Verpflegskosten wird ab 01.05.2009 gewährt und nur insoweit übernommen, als sie nicht durch Ersatz der eigenen Mittel, Ersatzleistung unterhaltspflichtiger Angehöriger oder Geschenknehmer, Beitragsleistungen Dritter und allfälliger Schadenersatzansprüche gedeckt sind.

..."

 

2.2. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hingewiesen, dass bei der Antragstellung für die Mutter jeweils darüber informiert worden sei, dass auf Grund der Übergabe am 8. April 2004 und der Unterbringung im Seniorenzentrum X ab 21. Mai 2008 ein Kostenersatzverfahren gemäß §§ 48 und 52 Oö. SHG eröffnet werde, sobald dem "Mag. Linz als Sozialhilfeträger" (gemeint wohl: Stadt Linz als Sozialhilfeträgerin) Kosten durch die Unterbringung entstehen.

 

Nach einem amtlichen Schätzgutachten des X vom 15. Mai 2009, Zl. 601-11/Po, beträgt der Verkehrswert der mit dem Wohnungsrecht belasteten Eigentumswohnung X in der X, 22.200 Euro. Mit schriftlicher Ladung zum Vergleich vom 20. Mai 2009 hat das Amt für Soziales, Jugend und Familie (ASJF) dem Bw das Schätzgutachten übermittelt und darüber informiert, dass nach Abzug des Freibetrages gemäß § 48 Abs 1 Oö. SHG 1998 (€ 22.200,00 –  € 5.695,00) ein Geschenkwert von € 16.605,00 Euro verbleibe, der durch zwei Geschenknehmer zu teilen sei, was einen Kostenersatz von 8.252,50 Euro pro Geschenknehmer ergebe.

 

Am 10. Juni 2009 sprach der Bw beim ASJF vor, erklärte, das übermittelte Schätzungsgutachten nicht anzuerkennen, und beantragte die Vorschreibung des Kostenersatzes mit Bescheid.

 

2.3. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 25. Juni 2009 hat die belangte Behörde den Bw noch einmal den gesamten Sachverhalt und ihre rechtliche Beurteilung mitgeteilt. Darauf reagierte der Bw nicht mehr.

 

Die belangte Behörde erließ daraufhin den angefochtenen Bescheid vom 28. Juli 2009. In rechtlicher Hinsicht vertritt sie im Wesentlichen die Ansicht, dass die Leistung sozialer Hilfe gemäß § 15 Oö. SHG 1998 auch schon durch (bloße) Unterbringung in stationären Einrichtungen erbracht werden könne. Wie auch aus dem § 25 Abs 1 leg.cit. abzuleiten sei, gebe es eine Leistung ohne Kostenbeteiligung in Form der Aufnahme als Selbstzahler, die ebenfalls einer bescheidmäßigen Erledigung bedarf. Dabei ginge es auch um eine Leistung sozialer Hilfe, die die Frist nach § 48 Oö. SHG auslöst.

 

2.4. Die Berufung geht im Wesentlichen vom oben dargestellten Sachverhalt aus. Der Bw bringt ergänzend vor, dass sich der Gesundheitszustand seiner Mutter in der Zeit nach Übergabe der Eigentumswohnung am 8. April 2004 zusehends verschlechterte. Er habe mit seinem Bruder den weiteren Aufenthalt der Mutter in der Wohnung bis zum 21. Mai 2008 durch eine intensive persönliche Betreuung ermöglicht. Trotz dieser Fürsorge sei die Sicherheit der Mutter insbesondere während der Nachtstunden nicht mehr gegeben gewesen. Sie sei in der Nacht mehrmals verwirrt in Linz herumgelaufen und von Polizeistreifen aufgegriffen worden. Im Frühjahr 2008 sei seine Mutter X entmündigt worden und habe der Bruder, ohne sich mit dem Bw zu beraten oder abzusprechen, die Übersiedlung der Mutter in das Seniorenzentrum X verfügt.

 

Aus Anlass der Aufnahme im Seniorenzentrum erkundigten sich der Bw und sein Bruder bei X von der Abteilung Soziales und Gesundheit des Amtes der Oö. Landesregierung über die Regelungen im Oö. Sozialhilfegesetz. Er habe ihnen mitgeteilt, dass bis einschließlich April 2009 die Heimkosten aus eigenen Mitteln zu bezahlen seien und dann nach Ablauf der 5-Jahresfrist ein Antrag auf Übernahme der Heimkosten gestellt werden könne. Eine sachliche Diskussion zu diesem Thema sei ihm von der belangten Behörde verweigert worden. Im Vertrauen auf die erteilte Auskunft hätten der Bw und sein Bruder die Heimkosten vom 21. März 2008 bis 30. April 2009 übernommen, wobei insgesamt ein Betrag von etwa 17.600 Euro direkt an das Seniorenzentrum X bezahlt worden sei. Dem Antrag seines Bruders auf Übernahme der monatlich un­gedeckten Kosten ab 1. Mai 2009 sei mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz stattgegeben worden, wobei eine Ersatzpflicht von insgesamt weiteren 16.505 Euro vorgeschrieben worden sei. Mit der bisherigen Übernahme der Kosten von 17.600 Euro hätten der Bw und sein Bruder die Ersatzpflicht bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon mehr als erfüllt.

 

In rechtlicher Hinsicht bringt der Bw vor, dass der Interpretation des § 48 Oö. Sozialhilfegesetz im Bescheid des Magistrats Linz nicht gefolgt werden könne. Beim Magistrat Linz seien durch die beschriebene Übernahme der Kosten durch ihn und seinen Bruder keine Kosten angefallen, womit auch keine Ersatzpflicht gegeben sein könne. Gegenstand der Ersatzpflicht seien die jeweils entstandenen Kosten. Es sei unlogisch eine Ersatzpflicht ohne Kostenanfall anzunehmen. Letztlich wäre diese eine ungerechtfertigte Bereicherung.

 

Nach der Geltendmachung der Ersatzpflicht hätten sich der Bw und sein Bruder umfassend informiert. Dabei sei ihnen mitgeteilt worden, dass von den oberösterreichischen Bezirken nur der Magistrat der Landeshauptstadt Linz die irrige Ansicht vertrete, dass bereits die Aufnahme in einem Alten- und Pflegeheim als Selbstzahler die Ersatzpflicht nach § 48 Oö. Sozialhilfegesetz auslöst.

 

Hätte man die Mutter unter Kostenübernahme bis zum Ablauf der 5-Jahresfrist in einem privaten Pflegeheim (zB X) untergebracht und anschließend die Aufnahme im Seniorenzentrum X beantragt, wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, eine Ersatzpflicht nach § 48 Oö. Sozialhilfegesetz geltend zu machen. Dies zeige, dass die Ersatzpflicht nur im Fall von tatsächlich übernommen Kosten durch den Magistrat Linz Anwendung finden könne. Der Bw beantragt daher, auf die Einhebung des Kostenersatzes zur Gänze zu verzichten.

 

2.5. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 3. September 2009 ihre Verwaltungsakten zur Berufungsentscheidung vorgelegt und angemerkt, dass der Bw und sein Bruder X zu keiner Zeit für Heimkosten aufgekommen wären. Vielmehr sei das Vermögen ihrer Mutter bis unter die Freibetragsgrenze verbraucht worden.

 

3.1. Die Zuständigkeit der belangten Behörde ergibt sich aus § 66 Abs 6 iVm § 52 Abs 5 Oö. SHG 1998. Da ein Vergleich zwischen dem Bw und der Stadt Linz als dem Träger der Kosten der Sozialhilfe nach § 40 Abs 1 Oö. SHG 1998 nicht zustande kam, hatte die belangte Behörde über den Antrag der Stadt Linz auf Kostenersatz nach § 48 Oö. SHG 1998 mit Bescheid zu entscheiden. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich für das Berufungsverfahren folgt aus § 66 Abs 3 Oö. SHG 1998.

 

3.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten ist. Zur Lösung des vorliegenden Berufungsfalles waren daher nur Rechtsfragen zu beurteilen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Im 7. Hauptstück (§§ 45 bis 52) des Oö. SHG 1998 geht es um den Ersatz für geleistete soziale Hilfe und den Übergang von Ansprüchen.

 

Nach den allgemeinen Bestimmungen des § 45 Abs 1 Oö. SHG 1998 haben für Kosten sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Ersatz zu leisten, soweit hiefür nicht bereits vom Hilfebedürftigen Kostenbeiträge nach § 9 Abs 7 Oö. SHG 1998 geleistet wurden oder solche ausgeschlossen sind:

 

1.  der Empfänger sozialer Hilfe;

2.  die Erben des Empfängers sozialer Hilfe;

3.  dem Empfänger sozialer Hilfe gegenüber unterhaltspflichtige Angehörige;

4.  Personen, denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat;

5.  Personen, denen der Empfänger sozialer Hilfe Vermögen geschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat.

 

Die im gegenständlichen Fall einschlägige Vorschrift des Oö. SHG 1998 lautet:

 

§ 48

Sonstige Ersatzpflichtige

 

          (1) Zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe sind auch Personen verpflichtet, denen der Empfänger sozialer Hilfe in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Leistung sozialer Hilfe während oder drei Jahre nach deren Leistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat, soweit der Wert des Vermögens das Zehnfache des Richtsatzes für Alleinstehende (§ 16 Abs. 3 Z. 1 lit a) übersteigt; dies gilt auch für Schenkungen auf den Todesfall.

 

          (2) Die Ersatzpflicht nach Abs. 1 ist mit der Höhe des Geschenkwertes (Wert des ohne entsprechende Gegenleistung übernommenen Vermögens) begrenzt.

 

Demnach sind gemäß § 48 Abs 1 Oö. SHG 1998 u.A. Personen zum Ersatz der Kosten für soziale Hilfe verpflichtet, denen der Empfänger sozialer Hilfe in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Leistung Vermögen verschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat, soweit der Wert des Vermögens das Zehnfache des Richtsatzes für Alleinstehende (§ 16 Abs 3 Z 1 lit a leg.cit.) übersteigt;

 

4.2. Im Bericht des Sozialausschusses des Oö. Landtages betreffend das Oö. SHG 1998 (vgl Blg 206/1998 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. LT, 25. GP) wird unter Punkt A. I. 2. als wesentlichste inhaltliche Änderung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage die "Verlängerung der Frist für einen Zugriff auf den Geschenknehmer" genannt und im Teil B. "Zu § 48" ausgeführt:

 

"Die Regelung der Ersatzpflicht "sonstiger Dritter" entspricht weitgehend § 52b des Oö. Sozialhilfegesetzes. § 48 bringt hier eine Verlängerung der Fristen auf fünf Jahre vor der Leistung sozialer Hilfe, um spekulative Vermögensübertragungen zu erschweren. ..."

 

Die Ersatzpflicht von Geschenknehmern wurde mit der Oö. Sozialhilfegesetz-Novelle 1983, LGBl Nr. 2/1984 (vgl dazu Regierungsvorlage, Blg 234/1982 Oö. LT 22. GP), erstmals eingeführt. Die Vorschrift lautete wie folgt:

 

§ 52b

Ersatz durch Geschenknehmer

 

          Hat ein Hilfeempfänger innerhalb von drei Jahren vor Gewährung der Sozialhilfe oder nach der Gewährung Vermögen im Wert von mehr als das Fünffache des Richtsatzes für Personen, die alleinstehend sind, verschenkt oder sonst ohne dem Wert des Vermögens entsprechende Gegenleistung an andere Personen übertragen, so ist der Geschenknehmer (Erwerber) verpflichtet, dem Sozialhilfeträger die für den Hilfeempfänger aufgewendeten Kosten bis zur Höhe des Geschenkwertes (Wertes des ohne entsprechende Gegenleistung übernommenen Vermögens), soweit das geschenkte Vermögen oder dessen Wert noch vorhanden ist, zu ersetzen.

Die Verpflichtung besteht nicht mehr nach Ablauf von drei Jahren nach Einstellung der Hilfeleistung. § 51a Abs. 1 (Anm.: Ersatz durch unterhaltspflichtige Angehörige) gilt gegenüber diesen Ersatzpflichtigen sinngemäß.

 

Diese Vorläuferbestimmung des § 52b Oö. Sozialhilfegesetz lässt im grammatikalischen Zusammenhang darauf schließen, dass mit der den Lauf der Regressfrist unterbrechenden "Gewährung der Sozialhilfe" solche Fälle gemeint sind, in denen der Sozialhilfeträger Kosten für den Hilfeempfänger aufgewendet hat. Die Nachfolgeregelung des § 48 Oö. SHG 1998 sollte den Materialien zufolge bis auf eine Verlängerung der Regressfrist nichts an dieser Rechtslage ändern. Auch der Wortlaut des § 48 Oö. SHG 1998 bietet kaum Anhaltspunkte für eine andere Auslegung. Es geht um die Ersatzpflicht für Kosten sozialer Hilfe, wenn fünf Jahre vor Beginn dieser Leistung sozialer Hilfe Vermögen verschenkt wurde. Dabei ist mit der "Leistung sozialer Hilfe" eine solche gemeint, die mit Kosten für den Sozialhilfeträger verbunden ist, zumal sich der im Relativsatz angeführte "Beginn der Leistung sozialer Hilfe" auf die im Hauptsatz gebrauchte Wendung "Ersatz der Kosten für soziale Hilfe" bezieht.

 

4.3. Auch aus der oben dargelegten Formulierung der Grundsatzbestimmung des § 45 Abs 1 Oö. SHG 1998 ist abzuleiten, dass die Ersatzpflicht nach dem Willen des Landesgesetzgebers überhaupt nur entstehen kann, wenn Kosten sozialer Hilfe tatsächlich angefallen sind. Dies spricht weiter dafür, dass erst die tatsächliche Kostenbelastung des Sozialhilfeträgers den Regress innerhalb bestimmter Frist ermöglichen soll. Daher genügt es entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde nicht, dass einem sog. Selbstzahler soziale Hilfe durch Unterbringung in einer stationären Einrichtung iSd § 15 Oö. SHG 1998 gegen vollen Kostenersatz gewährt wird. Auch wenn es nach dem § 25 Oö. SHG 1998 eine Leistung sozialer Hilfe ohne Kostenbeteiligung des Sozialhilfeträgers geben mag, vermag dies nichts daran zu ändern, dass die Regelungen über den Kostenersatz im 7. Hauptstück des Oö. SHG 1998 tatsächlich aufgewendete Kosten sozialer Hilfe voraussetzen und es für die Regressmöglichkeit im § 48 Oö. SHG 1998 auch auf diesen Umstand maßgeblich ankommt.

 

Die Ansicht der belangten Behörde, dass die Regressfrist von fünf Jahren schon durch die bloße Unterbringung in einem Alters- und Pflegeheim als Selbstzahler unterbrochen wäre, liefe auf die Möglichkeit des Rückgriffs auf Geschenknehmer auch noch Jahrzehnte nach der Vermögensübertragung hinaus. Diese Konsequenz erscheint nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats unter dem Aspekt des verfassungsrechtlichen Sachlichkeitsgebotes bedenklich, weil Geschenknehmer dadurch einseitig mit großer Rechtsunsicherheit in Bezug auf mögliche künftige Ersatzleistungen belastet werden, ohne dass dafür eine naheliegende sachliche Rechtfertigung ersichtlich ist. Jedenfalls hätte der Gesetzgeber eine von den tatsächlich aufgewendeten Kosten sozialer Hilfe losgelöste Unterbrechung der Regressfrist ausdrücklich vorsehen und dabei wohl noch weitere absolute Grenzen einziehen müssen, um verfassungsrechtliche Bedenken auszuräumen.

 

4.4. Der Vollständigkeit halber verweist der erkennende Verwaltungssenat noch auf den Erlass der Oö. Landesregierung (Sozialabteilung des Amts der Oö. Landesregierung) vom 6. Juni 2001, Zl. SO-090016/7-2001-Wm/Hl, betreffend die Auslegung des § 48 Oö. SHG 1998, der zwar als generelle Weisung für den außerhalb der Verwaltungshierarchie stehenden unabhängigen Verwaltungssenat nicht rechtsverbindlich ist, aber im Ergebnis den gleichen Standpunkt wie die gegenständliche Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats einnimmt. Dies folgt eindeutig aus den im Folgenden zitierten Passagen:

 

Seite 2 Absatz 2:

 

"Bei der Hilfe in stationären Einrichtungen nach § 15 Oö. SHG ist die Besonderheit zu beachten, dass der Zeitraum der Unterbringung in einem Heim als Selbstzahler für die Fristenberechnung außer Betracht bleibt."

 

Seite 4 letzter Absatz:

 

"Der Vollständigkeit halber weisen wir abschließend noch auf eine Vorgangsweise hin, die sich in der Praxis entwickelt hat: In jenen Fällen, in denen das Vermögen bereits geraume Zeit vor dem Beginn der Leistung sozialer Hilfe übertragen wurde, wird ein formales Ersatzverfahren manchmal bereits im Vorfeld dadurch vermieden, dass der Geschenknehmer die Deckung der Heimkosten bis zum Ablauf der 5-Jahres-Frist übernimmt."

 

5. Im Ergebnis ist zusammenfassend festzuhalten, dass eine von tatsächlich aufgewendeten Kosten sozialer Hilfe unabhängige (losgelöste) Unterbrechung der Regressfrist weder der Vorgängerbestimmung des § 52b Oö. Sozialhilfegesetz, noch der Vorschrift des § 48 Oö. SHG 1998 zu entnehmen ist. Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht der Unterbrechung des Fristenlaufs auch bei der bloßen Heimunterbringung als Selbstzahler erscheint aus den unter Punkt 4.3. angeführten Gründen verfassungsrechtlich bedenklich und darf schon aus diesem Grund dem Landesgesetzgeber nicht unterstellt werden.

 

Da im vorliegenden Fall die Vermögensübertragung ohne entsprechende Gegenleistung (notarieller Übergabsvertrag) bereits am 8. April 2004 erfolgte und der Stadt Linz als Sozialhilfeträgerin erst ab 1. Mai 2009 und damit außerhalb der Regressfrist des § 48 Abs 1 Oö. SHG 1998 Verpflegskosten entstanden sind, war der Berufung Folge zu geben und der erstbehördliche Bescheid über die Ersatzpflicht des Bw zur Gänze aufzuheben.

 

Der Ordnung halber sei noch erwähnt, dass die von der belangten Behörde auch rückwirkend ausgesprochene Ersatzpflicht für (angeblich) ungedeckte Verpflegskosten seit 21. Mai 2008 deshalb rechtswidrig war, weil die Übernahme der nicht gedeckten Verpflegskosten erst ab 1. Mai 2009 gewährt wurde (vgl Bescheid vom 27.03.2009) und der Stadt Linz als Sozialhilfeträgerin vorher keine Kosten entstanden sind.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Bundesstempelgebühren für die Berufung von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Dr. W e i ß

 

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