Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-164387/5/Kei/Bb/Th

Linz, 18.02.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung von Frau X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, vom 6. August 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 29. Juli 2009, GZ VerkR96-859-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

 

II.              Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren in der Höhe von 20 Euro (= 20 % der verhängten Geldstrafe) zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat Frau X (der Berufungswerberin) mit Straferkenntnis vom 29. Juli 2009, GZ VerkR96-859-2009, vorgeworfen, als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn auf Verlangen vom 11. November 2008 nicht binnen zwei Wochen nach der am 17. November 2008 erfolgten Zustellung der schriftlichen Aufforderung, Auskunft erteilt zu haben, von wem dieses Fahrzeug am 15. August 2008 um 15.57 Uhr in St. Peter/H. gelenkt wurde und auch jene Person nicht benannt zu haben, die die Auskunft erteilen hätte können.

 

Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach
§ 103 Abs.2 KFG begangen, weshalb über sie gemäß § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, verhängt wurde.
Überdies wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 10 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis, zugestellt 6. August 2009, hat die Berufungswerberin am 20. August 2009 – und somit rechtzeitig – durch ihrem ausgewiesenen Rechtsvertreter bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn Berufung erhoben und diese gemäß dem – durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich – erteilten Verbesserungsauftrag im Sinne des § 13 Abs.3 AVG iVm § 24 VStG vom 15. September  2009, GZ VwSen-164387/2, mit Schriftsatz vom 30. September 2009 fristgerecht ergänzt.

 

Darin bringt die Berufungswerberin im Wesentlichen vor, dass sie die verlangte Auskunft berechtigterweise nicht erteilt habe, da sie sich auf das Aussageverweigerungsrecht stützen könne. Dass dies nach österreichischem Recht nicht gelten soll, könne angesichts der Rechtsangleichung im europäischen Rechtsraum nicht nachvollzogen werden und führe auch dazu, dass wegen eines solchen Verstoßes gegen Deutsches Recht zu Stande gekommene Entscheidungen in Deutschland auch nicht vollstreckt würden.

 

Gerade in diesem Geringfügigkeitsbereich der Strafverfolgung gäbe es keine aus der Verfassung zu entnehmende Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen und die Rechte auf Auskunftsverweigerung zurückzutreten lassen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat die Berufung samt bezughabenden den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher gemäß      § 51 Abs.1 VStG die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen ist       (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.  

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich, weil sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt aus dem vorliegenden Akt ergibt und im Übrigen eine solche von der anwaltlich vertretenen Berufungswerberin auch nicht beantragt wurde.

 

4.1. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

 

Mit Schreiben vom 11. November 2008, GZ VerkR96-9654-2008, fragte die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gemäß § 103 Abs.2 KFG bei Frau X, wohnhaft in X, als Fahrzeughalterin (Zulassungsbesitzerin) nach dem Lenker des Pkw, BMW 1er, schwarz, mit dem Kennzeichen X am 15. August 2008 um 15.57 Uhr in der Gemeinde St. Peter am Hart, Altheimerstraße B 148 bei km 31,096, im Bereich Baustelle Brücke, in Fahrtrichtung Braunau. Diese Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers wurde der Berufungswerberin – zuhanden ihres Rechtsvertreters - unter Anschluss einer Kopie des Verfahrensaktes zugestellt.

 

Nachdem die Berufungswerberin auf die entsprechende Anfrage überhaupt keine Auskunft erteilte, wurde sie in weiterer Folge nach § 103 Abs.2 KFG verfolgt und es wurde schließlich das nunmehr bekämpfte Straferkenntnis erlassen.

 

5. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

5.1. In rechtlicher Beurteilung des – unter 4.1. dargelegten – Sachverhaltes ist anzuführen, dass gemäß § 103 Abs.2 KFG die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

5.2. Die Berufungsweberin hat – unbestritten – trotz nachweislich zugestellter Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG die verlangte Lenkerauskunft nicht erteilt. Sie hat deshalb die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.2 KFG in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Der Umstand, dass es sich bei der Berufungswerberin um eine Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland handelt, ändert nichts an dieser Sach- und Rechtslage. Da sich der gegenständliche Pkw mit dem Kennzeichen X zu jenem Zeitpunkt, auf den sich die Anfrage bezieht, im Inland befand, ist auf den gegenständlichen Sachverhalt die österreichische Rechtslage anzuwenden (vgl. dazu auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof z.B. vom 27. Juni 1997, 97/02/0220; vom 26. Mai 1999, 99/03/0074 uva.). Es ist damit auch die Strafbefugnis durch die nach den österreichischen Gesetzen dafür in Betracht kommende Behörde gegeben und hat auch die Bestrafung nach der in Österreich geltenden Rechtslage zu erfolgen. Dabei ist es ferner ohne Bedeutung, ob der Bestrafung auf dem Territorium des Heimatstaates auf Grund des deutschen Rechtes allfällige Vollstreckungshindernisse entgegenstehen. Bei der Vollstreckung handelt es sich um ein vom Verwaltungsstrafverfahren abgehobenes Verfahren. Ein allfälliges Vollstreckungshindernis berührt die Rechtmäßigkeit eines ergangenen Strafbescheides nicht. Soweit sich die Berufungswerberin daher auf die deutsche Rechtslage beruft, kann ihr nicht gefolgt werden.

 

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom 29. Juni 2007, BeschwerdenNr. 15809/02 und 25624/02 – die Fälle O'Halloran und Francis gegen das Vereinte Königreich betreffend - zum wiederholten Male eindeutig klargestellt, dass Regeln, welche den Fahrzeughalter verpflichten, den Lenker seines Kraftfahrzeuges zu einem bestimmten Zeitpunkt bekannt zu geben, nicht gegen Artikel 6 EMRK verstoßen. Die gegenständliche Entscheidung bezieht sich zwar auf die englische Rechtslage, diese ist jedoch mit der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG vergleichbar. Dementsprechend sprechen auch keinerlei grundrechtlichen Bedenken gegen die Bestrafung der Berufungswerberin.

 

Sollte die Berufungswerberin tatsächlich der Meinung gewesen sein, dass für den gegenständlichen Fall die deutsche Rechtslage anzuwenden ist, so kann sie dieser Irrtum nicht entschuldigen. Es muss von jedem Kraftfahrzeuglenker sowie Halter eines Kraftfahrzeuges die Einsicht verlangt werden, dass in jenen Fällen, in denen sich sein Kraftfahrzeug in Österreich befindet, die österreichische Rechtslage anzuwenden ist.

 

Sonstige Umstände, welche das Verschulden der Berufungswerberin an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ausschließen könnten, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass jedenfalls – zumindest – von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist. Die Berufungswerberin hat daher die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

 

5.3. Zur Strafbemessung ist festzuhalten, dass gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Für die Begehung von Verwaltungsübertretungen nach § 103 Abs.2 KFG sieht
§ 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von jeweils bis zu 5.000 Euro vor.

Im Rahmen der Bemessung der Strafe ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG das Interesse an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerungen möglichen Ermittlung von Personen, die in Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung, schützt. Im gegenständlichen Fall wäre gegen den Lenker ein Verwaltungsstrafverfahren wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO durchzuführen gewesen, dies war aber wegen der unterlassenen Auskunft durch die Berufungswerberin nicht möglich.

 

Die Berufungswerberin verfügt – gemäß ihren Angaben – über ein monatliches Bruttoeinkommen von 410 Euro, hat offenbar kein Vermögen und ist sorgepflichtig für einen Sohn. Sie erhält ein Kindergeld für ihren Sohn in der Höhe von 164 Euro pro Monat. Sie erhält Naturalunterhalt von ihrem Ehemann, der eine Erwerbsunfähigkeitsrente in unpfändbarer Höhe erhält. Sie weist – zumindest im Verwaltungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn – keine einschlägigen Vormerkungen auf und war den Vorfallszeitpunkt betreffend verwaltungsstrafrechtlich noch gänzlich unbescholten. Der Strafmilderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit im Sinne des § 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG kann ihr damit zuerkannt werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass dieser Milderungsgrund sowie auch die eher ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Berufungswerberin bereits durch die Bezirkshauptmannschaft Braunau bei der Bemessung der Strafe hinreichend berücksichtigt wurden. Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Straferschwerend war kein Umstand zu werten.

 

In Anbetracht des gesetzlich festgelegten Strafrahmens in Höhe von 5.000 Euro  für die Begehung von Verwaltungsübertretungen dieser Art erachtet daher der Unabhängige Verwaltungssenat, dass die verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 100 Euro und die unabhängig von den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 36 Stunden, in welche im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens angesiedelt wurden, tat- und schuldangemessen und geeignet sind, um die Berufungswerberin künftighin vor weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten und sie dazu zu verhalten, ihren gesetzlichen Verpflichtungen als Fahrzeughalterin nachzukommen und für die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprechend Sorge zu tragen. Eine Herabsetzung der Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe kam daher nicht in Betracht, jedoch wird die Berufungswerberin auf § 54b Abs.3 VStG hingewiesen, wonach einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen hat. Ein diesbezüglicher Antrag wäre allenfalls bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn einzubringen. 

 

Zu § 21 VStG vertritt der Oö. Verwaltungssenat die Auffassung, dass im konkreten Fall die Berufungswerberin kein bloß geringes Verschulden trifft, weshalb ein Absehen von der Strafe nicht möglich ist.

 

Es war folglich spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

 

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Michael  K e i n b e r g e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum