Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522299/24/Ki/Jo

Linz, 22.02.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vertreten durch X, vom 3. Juni 2009 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 18. Mai 2009, VerkR21-15317-2007, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Juli 2009 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Ausspruch über die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B sowie die damit verbundenen weiteren Anordnungen bzw. Verbote behoben werden, diesbezüglich die Lenkberechtigung aber durch folgende Auflagen eingeschränkt wird:

 

"X hat der zuständigen Behörde (derzeit Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen) jeweils bis spätestens 16. Mai 2010, 16. August 2010, 16. November 2010 und 16. Februar 2011 aktuelle Laborbefunde hinsichtlich CDT, Gamma-GT, MCV, SGOT und SGPT unaufgefordert zu übermitteln.

 

Weiters hat sich X bis spätestens 16. Februar 2011 einer amtsärztlichen Nachuntersuchung zur Beurteilung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B zu unterziehen."

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm §§ 24 und 64 Abs.2 AVG.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid vom 18. Mai 2009, VerkR21-15317-2007, hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eine Vorstellung des Berufungswerbers gegen einen Mandatsbescheid vom 14. November 2008 abgewiesen.

 

Mit diesem Mandatsbescheid wurde dem Berufungswerber

 

I.          die Lenkberechtigung für die Führerscheinklasse B ab Zustellung dieses Bescheides bis zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen entzogen und ihm das Recht aberkannt, für die Dauer der Entziehung der angeführten Lenkberechtigung von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

 

II.        das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen bis zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen verboten.

 

III.     angeordnet, er habe den Führerschein sofort bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen abzuliefern.

 

Weiters wurde dem Rechtsmittelwerber mit Bescheid vom 18. Mai 2009 die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr in Verzug aberkannt.

 

Als verfahrensrelevanten Sachverhalt führte die Behörde aus, dass im Zuge einer amtsärztlichen Untersuchung wegen einer eventuellen Arbeitsunfähigkeit nach dem Sozialhilfegesetz von der im Bezirk tätigen Amtsärztin am 17. Oktober 2007 mitgeteilt wurde, dass seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen wegen Verdacht chronischer Alkoholkrankheit, Depressionen und Schwindelzustände in Frage zu stellen sei. Es sei daher ein Verfahren auf Überprüfung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen eingeleitet und der Amtsarzt um gutachtliche Stellungnahme ersucht worden.

 

Laut amtsärztlichen Gutachten vom 29. September 2008, welchem eine verkehrspsychologische Stellungnahme und eine Stellungnahme eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie zugrunde liegt, sei er gemäß § 8 FSG zum Lenken eines Kraftfahrzeuges zur Zeit nicht geeignet. Es sei davon auszugehen gewesen, dass aufgrund der in der verkehrspsychologischen Stellungnahme festgestellten funktionellen Leistungsdefizite eine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen vorliege.

 

Im Einzelnen wurden die Ausführungen des Amtsarztes in der Begründung des angefochtenen Bescheides zitiert.

 

1.2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber mit Schriftsatz vom 3. Juni 2009 Berufung erhoben, dies mit dem Antrag, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben, das Verfahren einzustellen und dem Beschwerdeführer unverzüglich die Lenkberechtigung zu erteilen.

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom  9. Juni 2009 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 35 Abs.1 FSG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Juli 2009, an welcher der Berufungswerber im Beisein einer Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen teilgenommen haben, und weiters Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens bezüglich gesundheitliche Eignung des Rechtsmittelwerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1.

 

2.5. Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen bzw. als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Unter Hinweis auf das Gutachten des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. September 2008 hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen den nunmehr angefochtenen in der Präambel zitierten Bescheid erlassen.

 

In diesem Gutachten beurteile der Sachverständige Herrn X zum Lenken von Kraftfahrzeugen (zur Zeit) als nicht geeignet, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass aus amtsärztlicher Sicht aufgrund eines Untersuchungsbefundes und eines negativen Testergebnisses bei einer verkehrspsychologischen Untersuchung der Schluss gezogen werden müsse, dass X aufgrund der nachgewiesenen funktionellen Leistungsdefizite nicht in der Lage sei, sich angepasst im Straßenverkehr zu verhalten und es müsse mit Fehlreaktionen insbesondere in riskanten bzw. komplexen Verkehrssituationen gerechnet werden.

 

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung am 9. Juli 2009 erklärte sich der Rechtsmittelwerber bereit, sich einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung zu unterziehen.

 

In der Folge hat sich X dieser verkehrspsychologischen Untersuchung und überdies auch über Anordnung durch die Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung einer psychiatrischen Untersuchung unterzogen.

 

Letztlich erfolgte durch die Amtsärztin des Amtes der Oö. Landesregierung am 16. Februar 2010 eine amtsärztliche Untersuchung des Berufungswerbers hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B und es gelangte die Sachverständige zum Ergebnis, dass X zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B befristet geeignet sei, dies unter Vorschreibung einer Nachuntersuchung nach einem Jahr sowie von Kontrolluntersuchungen hinsichtlich CDT, Gamma-GT, MCV, SGOT, SGPT im Abstand von drei Monaten an die Behörde.

 

Als Grundlage für ihre Beurteilung verwies die Amtsärztin auf eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 19. Oktober 2009 von X sowie eine fachärztliche Stellungnahme von X vom 2. Februar 2010.

 

Aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme sei abzuleiten, dass beim Probanden auffällig widersprüchliche Angaben zu seinem Alkoholkonsum wären. Im ATV-Test habe sich eine hohe psychische Alkoholdisposition bei einer ausgeprägten Dissimilationstendenz ergeben. Auch würden sich bei der Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsparameter bei einer normentsprechenden allgemeinen kognitiven Strukturierung Schwächen im Bereich der allgemeinen Aufmerksamkeit und der Konzentrationsleistung ergeben. Diese spezifische Beeinträchtigung könne jedoch durch das normentsprechende Ergebnis im Bereich der reaktiven konzentrativen Dauerbelastbarkeit sowie Stressresistenz kompensiert werden. Vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung aus sei X zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheinklasse B bedingt geeignet, unter der Voraussetzung von aktuell unauffälligen alkoholrelevanten Laborparametern könne die Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Klasse B befürwortet werden unter der Empfehlung eines Befristungszeitraumes von mindestens 12 Monaten zur weiteren ärztlichen Kontrolle alkoholrelevanter Laborparameter. Weiters gehe aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme hervor, dass der Untersuchte wohl Einsicht hinsichtlich der Trennung von Alkoholmissbrauch und Alkoholkonsum zeige und er in der Lage sei, den Alkoholabusus zu reflektieren.

 

Zur fachärztlichen Stellungnahme von X führte die Amtssachverständige aus, der Facharzt habe attestiert, dass derzeit kein Hinweis für Missbrauch oder Abhängigkeit hinsichtlich Alkohol bestehe. Diese Aussage sei auch anhand des dokumentierten CDT-Wertes nachvollziehbar. Anhand der Diagnosekriterien des ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen der WHO, Verlag Huber, 4. Auflage 2000) sei bezüglich der unter Kapitel F10 bis 19 "Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen" kein Hinweis auf schädlichen Gebrauch oder Abhängigkeit hinsichtlich Alkohol feststellbar. Keine der dort gegebenen Kriterien für schädlichen Gebrauch, Abhängigkeitssyndrom, Entzugssyndrom durch Alkohol oder psychotrope Substanzen bedingtes anamnestisches Syndrom oder durch Alkohol oder psychotrope Substanzen bedingter Restzustand und verzögert auftretende psychotische Störungen seien feststellbar.

 

Ein Missbrauch oder Abhängigkeit hinsichtlich Drogen sei anamnestisch nicht erhebbar und anhand der klinischen Untersuchung würden sich hierfür auch keine Hinweise ergeben.

 

Eine Eignung für das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1 sei aus neurologischer-psychiatrischer Sicht anhand der durchgeführten Untersuchung sowie der vorliegenden Unterlagen derzeit gegeben. An Kontrolluntersuchungen empfehle sich die regelmäßige Bestimmung des CDT-Wertes in vierteljährlichen Abständen für zumindest ein Jahr.

 

Die Amtsärztin begründete ihr Gutachten wie folgt:

 

"Es handelt sich bei X insgesamt um 3 FS-Entzüge aufgrund von Alkoholdelikten. Aus der zuletzt durchgeführten verkehrspsychologischen Stellungnahme von X vom 19.10.09, zeigten sich im ATV-Test eine hohe psychische Alkoholdisposition bei einer ausgeprägten Dissimilationstendenz, auch zeigten sich bei der Überprüfung der kraftfahrspezifischen Leistungsparameter bei einer normentsprechenden allgemeinen kognitiven Strukturierung Schwächen im Bereich der allgemeinen Aufmerksamkeit und der Konzentrationsleistung, wobei jedoch diese spezifische Beeinträchtigung durch das normentsprechende Ergebnis im Bereich der reaktiven konzentrativen Dauerbelastbarkeit sowie Stressresistenz kompensiert werden könnten, sodass vom Standpunkt verkehrspsycholgischer Begutachtung aus X unter der Voraussetzung des Nachweises der Alkoholabstinenz im Sinne der Beibringung weiterer alkoholrelevanter Laborparameter im Normbereich und ärztlicher Kontrolluntersuchungen als geeignet betrachtet werden könne. Aus der fachärztlichen Stellungnahme von X ist ebenso abzuleiten, dass weiterhin die regelmäßige Bestimmung der alkoholspezifischen Laborparameter in vierteljährlichen Abständen für zumindest ein Jahr empfohlen wird, weshalb auch aus ho. Sicht aufgrund der anamnestisch erhobenen erhöhten Alkoholdisposition und des Zustandes nach 3x-igen FS-Entzuges, die Voraussetzung zum Lenken von Kfz, der Nachweis einer weiterhin stabilen Alkholabstinenz erforderlich ist und deshalb die weitere Kontrolle der Leberwerte für 1 Jahr, erforderlich ist."

 

2.6. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich als Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 9. Juli 2009 sowie der im Akt aufliegenden Unterlagen. Die der Entscheidung zugrunde liegenden Gutachten werden als schlüssig und nicht den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen widersprechend anerkannt. Die amtsärztliche Sachverständige legte ihrer Entscheidung eine aktuelle verkehrspsychologische Stellungnahme sowie ein aktuelles psychiatrisches Gutachten zugrunde, auch diese Beurteilungen werden als schlüssig anerkannt, weshalb seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich keine Bedenken bestehen, diese Unterlagen der Berufungsentscheidung zugrunde zu legen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

3.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

 

Diesbezüglich ist gemäß § 13 Abs.5 ein Führerschein auszustellen.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat nunmehr ergeben, dass X zwar zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gesundheitlich geeignet ist, in Anbetracht der Feststellungen der dem Verfahren beigezogenen medizinischen Sachverständigen war jedoch eine Einschränkung in Form der spruchgemäß angeführten Auflagen notwendig. Von der vorgeschlagenen Befristung konnte abgesehen werden, zumal bei der angeordneten amtsärztlichen Nachuntersuchung ohnedies die weitere gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers beurteilt werden kann.

 

Der Berufungswerber wird jedoch darauf hingewiesen, dass er im Falle der Nichtbefolgung der Auflagen wiederum mit einer Entziehung der Lenkberechtigung zu rechnen hat.

 

3.2. Was die Anordnungen hinsichtlich Ablieferung des Führerscheines bzw. Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung gegen den Bescheid anbelangt, so sind diese durch die geltenden Rechtsvorschriften gedeckt (§ 29 Abs.3 FSG bzw. § 64 Abs.2 AVG), der Berufungswerber wurde diesbezüglich nicht in seinen Rechten verletzt, der Bescheid war sohin in diesen Punkten zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

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