Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252380/2/Gf/Mu

Linz, 19.02.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23. November 2009, GZ 37125/2009, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

 

II.   Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 23. November 2009, GZ 37125/2009, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er am 20. Juli 2009 gegen 9.17 Uhr in Bad Schallerbach eine andere Person als Dienstnehmer mit Auslieferungsarbeiten per LKW beschäftigt habe, ohne diese zuvor zumindest mit den Mindestangaben beim zuständigen Sozialversicherungsträger zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung angemeldet zu haben. Dadurch habe er eine Übertretung des § 33 Abs. 1 und Abs. 1a  i.V.m. § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 31/2007 (im Folgenden: ASVG) begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die dem Rechtsmittelwerber angelastete Tat auf Grund entsprechender, am 20. Juli 2009 vor Ort getroffener Feststellungen eines Kontrollorganes des Finanzamtes Linz als erwiesen anzusehen und dem Beschwerdeführer zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 30. November 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 14. Jänner 2009 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

Darin  bringt der Beschwerdeführer vor, mit der gegenständlichen Angelegenheit nichts zu tun zu haben, da er seinen angeblichen "Dienstnehmer" überhaupt nicht kenne. Er halte sich nunmehr schon seit über fünf Jahren in Österreich auf und sei in dieser Zeit noch nie als selbständiger Arbeitgeber aufgetreten, sondern vielmehr selbst immer als Dienstnehmer im Baugewerbe tätig gewesen. Außerdem besitze er auch keinen LKW und vom 26. Mai bis zum 25. November 2009 – und somit auch zum Vorfallszeitpunkt – sei er, wie sich aus seinem Reisepass ergebe, in Lybien gewesen. Schließlich verfüge er auch über keinen Handyanschluss mit jener Nummer, die sein angeblicher Dienstnehmer im Zuge von dessen damaliger Einvernahme angegeben habe.

Da es sich sohin offenkundig um eine Verwechslung handeln müsse, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu GZ 37125/2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Parteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen auch gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall, weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 ASVG handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er (im Erstfall) mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder von den Gerichten zu ahnden noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist –, der als Dienstgeber Meldungen oder Anzeigen entgegen den Bestimmungen des ASVG entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden bzw. binnen 7 Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden; diese Meldepflicht gilt nach § 33 Abs. 2 ASVG u.a. auch für teilversicherte, nämlich bloß in der
Unfallversicherung pflichtversicherte Dienstnehmer.

 

3.2. Aus dem vom Beschwerdeführer im Zuge der Einbringung seiner Berufung bei der belangten Behörde gleichzeitig vorgelegten Reisepass könnte hervorgehen, dass er über ein vom 26. Mai 2009 bis zum 25. November 2009 gültiges Visum verfügte und dass am 1. April 2009, am 10. Mai 2009, am 19. Juli 2009, am 9. August 2009, am 5. September 2009, am 13. September, am 22. September 2009 und am 17. November 2009 Reisebewegungen, insbesondere am 19. Juli 2009 eine Einreise, stattgefunden haben. Davon ausgehend könnte die Behauptung des Beschwerdeführers, dass er zum Tatzeitpunkt – genauer: vom 19. Juli 2009 bis zum 9. August 2009 – in Lybien war, den Tatsachen entsprechen; dies zu Grunde legend könnte allenfalls auch weiters zutreffen, dass es nicht er – sondern eine andere Person – war, die dem (vermeintlichen) Dienstnehmer am Vortag seiner Betretung die LKW-Schlüssel ausgehändigt hat, wie jener im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 20. Juli 2009 durch das Finanzamt Grieskirchen-Wels angegeben hat.

 

Ob all dies tatsächlich zutrifft oder nicht, hat jedoch nicht der Oö. Verwaltungssenat, dem von Verfassungs wegen bloß die Funktion eines Organs der Rechtmäßigkeitskontrolle, nicht jedoch auch die damit unvereinbare Aufgabe einer Strafverfolgungsbehörde zukommt (vgl. Art. 129 B-VG), sondern – wie für den Fall, dass mit der Berufung neue Tatsachen vorgebracht werden, auch § 24 VStG i.V.m. § 64a AVG zeigt – vielmehr die belangte Behörde zu klären, wobei den Beschwerdeführer insoweit auch eine entsprechende Mitwirkungsverpflichtung (insbesondere in Bezug auf die Übersetzung des von ihm vorgelegten Reisedokuments) trifft.

 

Im Ergebnis kann sohin – wie gezeigt – beim gegenwärtigen Ermittlungsstand nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Rechtsmittelwerber im gegenständlichen Fall tatsächlich als ein Dienstgeber i.S.d. ASVG tätig geworden ist.

 

3.3. Wenn mit der Berufung neue Tatsachen vorgebracht werden, die substantielle Ermittlungen dahin, ob der dem Beschwerdeführer angelastete Tatbestand überhaupt erfüllt ist, und damit ausschließlich dem Bereich der Strafverfolgung (Anklage) zuzurechnende Verfahrensschritte unumgänglich machen, dann hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach hg. ständiger Rechtsprechung vielmehr das angefochtene Straferkenntnis ohne gleichzeitige Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens einzustellen.

 

Daher war im gegenständlichen Fall der Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war. Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war hingegen nicht zu verfügen; ob bzw. inwieweit dieses fortgeführt wird, hat hingegen die belangte Behörde vielmehr aus eigenem zu beurteilen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

 

Rechtssatz:

 

VwSen-252380/2/Gf/Mu vom 19. Februar 2010

 

Art. 129 B-VG; § 64a AVG:

 

Aufhebung ohne Einstellung, wenn mit der Berufung neue Tatsachen vorgebracht werden, die substantielle Ermittlungen dahin, ob der dem Beschwerdeführer angelastete Tatbestand erfüllt ist, und damit ausschließlich dem Bereich der Strafverfolgung (Anklage) zuzurechnende Verfahrensschritte unumgänglich machen.

 

 

 

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