Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-330016/13/Lg/Hue/Ba

Linz, 22.02.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des x, x, x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. Juli 2009, Zl. Wi96-4-2009/HW, wegen einer Übertretung des Maß- und Eichgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene         Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren        eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 365 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48  Stunden verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gem. § 9 Abs. 1 VStG der x GmbH, x, x, zu vertreten habe, dass von der x GmbH als Herstellerin der nachfolgenden Fertigpackung die Bestimmungen des § 63 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz iVm § 11 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung nicht eingehalten worden seien:

"Anlässlich der am 13.01.2009 in den Räumlichkeiten der Firma x GmbH in x, x, gem. § 19 MEG durchgeführten Fertigpackungskontrolle wurden von einem Organ des Eichamtes x bei den Fertigpackungen:

X Katzenstreu 8 le

Folgende Verstöße festgestellt:

Entgegen § 11 Abs.2 der Fertigpackungsverordnung wurde bei den Fertigpackungen die Nennfüllmenge in Liter angegeben.

Anmerkung: Die Wirtschaftskammer Österreich hat in einem Umfrageverfahren festgestellt, dass betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu ein Handelsbrauch nicht feststellbar ist.

Dadurch wurde auch der § 10 Abs. 1 leg. cit. übertreten, da bei den o.a. Fertigpackungen das Zeichen ´e` angebracht war.

Die Fertigpackungen wurden von der x GmbH in x gewerbsmäßig feilgehalten.

Die x GmbH ist als Herstellerin gem. § 12 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung dafür verantwortlich, dass die Fertigpackungen den Vorschriften der Fertigpackungsverordnung entsprechen."

 

In der Begründung wird auf die Anzeige des Eichamtes x vom 19. Jänner 2009 und die Rechtfertigung des Bw vom 18. März 2009 Bezug genommen.

Weiters wird ausgeführt, dass entgegen den Rechtfertigungsangaben des Bw in Österreich kein Handelsbrauch für die Kennzeichnung von Katzenstreu in Litern bestehe. Der Erstbehörde liege diesbezüglich das Umfrageverfahren der Wirtschaftskammer Österreich vom 25. September 2007 vor. Demnach sei ein Handelsbrauch zur Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern anstelle von kg nicht feststellbar. Das Umfrageverfahren sei als Sachverständigengutachten zu qualifizieren. Für die belangte Behörde sei das Umfrageverfahren schlüssig und die Durchführung einer aktuelleren Erhebung nicht durchzuführen. Es sei Fahrlässigkeit anzunehmen.

Zur Strafbemessung sei mangels Angaben durch den Bw ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keine Sorgepflichten und kein Vermögen angenommen worden. Als strafmildernd sei kein Umstand, als straferschwerend eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe zu werten gewesen. Ebenso sei auf das öffentliche Interesse der Einhaltung der Vorschriften der Fertigpackungs­verordnung Bedacht genommen worden, da durch eine falsche Kennzeichnung der Produkte die Verbraucher getäuscht würden.

Die verhängte Geldstrafe sei im untersten Bereich gelegen und dem Schuld- und Unrechtgehalt der Tat angemessen.

 

2. In der Berufung bringt der Bw vor, dass die Regelung des § 11 Abs. 2 Fertigpackungsverordnung inhaltlich unbestimmt und daher im Hinblick auf Art. 18 B-VG verfassungswidrig sei, da Anhang 5 nicht (mehr) existiere. Aus dem vorliegenden Beweisergebnis ergebe sich nicht, dass ein Handelsbrauch zur Kennzeichnung von Katzenstreu in Litern nicht bestehe. Den Ausführungen der Wirtschaftskammer komme nicht die Qualität eines Sachverständigengutachtens zu. Die Auskunft der Wirtschaftskammer sei mit 25. September 2007 datiert und deshalb nicht mehr aktuell. Zudem sei der Auskunft der Wirtschaftskammer nicht zu entnehmen, welche Unternehmen bzw. Personen befragt worden seien und welche Marktanteile diese hätten. Somit sei diese Erhebung nicht repräsentativ. Da nicht ersichtlich sei, wie es zu der Einschätzung der Wirtschaftskammer gekommen ist, würden weder ein ordnungsgemäßer Befund noch ein ordnungsgemäß begründetes Gutachten vorliegen. In der Erhebung der Wirtschaftskammer hätten 62,07 % der Befragten einen diesbezüglichen Handelsbrauch bejaht. Dieses Ergebnis liege nur minimal unter zwei Drittel. In einzelnen Bundesländern, so auch in dem hier allein maßgeblichen Bundesland Vorarlberg sei das Bestehen eines Handelsbrauches von zwei Dritteln der Befragten bejaht worden. Die von der Wirtschaftskammer genannte Grenze für die Feststellung eines Handelsbrauchs (mehr als 2/3) sei zudem keiner gesetzlichen Bestimmung zu entnehmen und daher nicht entscheidungswesentlich. Wenn der Gesetzgeber von einer derart hohen und starren Grenze ausgegangen wäre, wäre sie im Gesetz so festgelegt worden. Daraus sei zu folgern, dass eine flexible, einzelfall- und produktspezifische Überprüfung zu erfolgen habe. Somit sei davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Fertigpackungsverordnung betreffend des Inverkehrbringens von Katzenstreu unter Angabe des Nennvolumens (Liter) erfüllt seien. Damit entspreche die Kennzeichnung in jeder Hinsicht der Fertigpackungsverordnung, so dass auch die allfällige Verwendung des Zeichens "e" nicht zu beanstanden sei.    

Selbst auf Basis der Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde sei davon auszugehen, dass für den Bw zum Zeitpunkt der angeblichen Verwaltungsübertretung nicht erkennbar gewesen sei, dass kein Handelsbrauch für das Inverkehrbringen von Katzenstreu unter Angabe des Nennvolumens (Liter) bestehen soll. Das Ergebnis der Untersuchung der Wirtschaftskammer sei dem Bw nicht bekannt und auch nicht feststellbar gewesen, ob die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Handelsbrauchs gerade noch nicht, oder gerade schon erfüllt seien. Selbst wenn grundsätzlich der objektive Tatbestand einer Verwaltungsübertretung vorliegen sollte, wäre dem Bw daher ein die Strafbarkeit ausschließender Irrtum über das Bestehen eines Handelsbrauches zugute zu halten. Deshalb sei ein allfälliges Verschulden des Bw als minimal zu werten. Zudem entspräche die verhängte Strafe nicht den gesetzlichen Strafzumessungsgründen und sei bei weitem überhöht.  

 

Beantragt wird die Durchführung einer aktuellen und repräsentativen Erhebung unter den beteiligten Verkehrskreisen über das Bestehen eines Handelsbrauches betreffend das Inverkehrbringen von Katzenstreu unter Angabe des Nennvolumens (Liter) durch die Verwaltungsstrafbehörde zweiter Instanz. Weiters wir die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 19. Jänner 2009 zugrunde. Demnach sei anlässlich einer am 13. Jänner 2009 bei der Firma x GmbH, x, x, gem. § 19 MEG durchgeführten Kontrolle die gegenständliche Verwaltungsübertretung festgestellt worden.

Der Anzeige angeschlossen sind in Kopie eine Mitteilung des Anzeigenlegers an die Herstellerfirma und eine Niederschrift mit einem Vertreter der Fa. x über die festgestellten Mängel. Weiters angeschlossen ist folgendes Schreiben der Wirtschaftskammer Österreich vom 25. September 2007 an das Eichamt mit folgendem Ergebnis einer Handelsbrauchumfrage betreffend Katzenstreu der Wirtschaftskammer: 

 

"Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 4. Juli 2007 teilen wir mit, dass das Umfrageverfahren abgeschlossen ist. Die Detailergebnisse finden Sie in der beiliegenden Tabelle. Daraus ergibt sich folgendes Gesamtergebnis:

 

Frage:

Betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg ist ein Handels­brauch dahingehend nicht feststellbar.

 

Um Zufallsergebnisse zu vermeiden, nimmt die Wirtschaftskammer Österreich das Bestehen ei­nes Handelsbrauchs erst dann als gegeben an, wenn mehr als zwei Drittel der Befragten aus den betroffenen Verkehrskreisen positiv antworten. Wenn weniger als zwei Drittel der Antworten positiv sind, nehmen wir an, dass ein Handelsbrauch nicht feststellbar ist. Wenn nicht mehr als die Hälfte positiv antworten, gehen wir davon aus, dass ein Handelsbrauch nicht besteht.

 

Frage 1:

Besteht nach Ihren Kenntnissen ein Handelsbrauch betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg?

 

 

Bundesland

      JA

NEIN

     KA

Gesamt

WK Burgenland

4

2

0

6

WK Kärnten

0

0

0

0

WK Niederösterreich

6

4

0

10

WK Oberösterreich

2

1

1

4

WK Salzburg

2

2

0

4

WK Steiermark

10

5

0

15

WK Tirol

0

0

0

0

WK Vorarlberg

2

1

0

3

WK Wien

10

6

0

16

Gesamtsumme

36

21

1

58

Gesamtsumme in %

62,07

36,21

1,72

100

 

Ein Handelsbrauch ist nicht feststellbar."

 

Nach Strafverfügung vom 2. Februar 2009 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Aufgrund einer Anfrage der belangten Behörde teilte das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Schreiben vom 6. April 2009 Folgendes mit:

 

"Das überprüfte Erzeugnis „X Katzenstreu" ist unbestrittener Maßen eine Fertigpackung iSd. § 7 Abs. 1 FPVO und es sind daher die Bestimmungen für Fertigpackungen gem. der FPVO anzuwenden.

 

§ 7. FPVO lautet:

(1) Die Bestimmungen dieses Abschnittes gelten für Fertigpackungen , in denen Erzeugnisse in konstanten, einheitlichen Nennfüllmengen in den Verkehr gebracht werden sollen, die

a) bestimmten, vom Hersteller im Voraus festgelegten Werten entsprechen,

b) in Gewichts- oder Volumeneinheiten ausgedrückt werden,

c) nicht kleiner als 5 g oder 5 ml und nicht größer als 10 kg oder 10 l sind.

 

(2) Die Bestimmungen dieses Abschnittes gelten nicht

1.      für die folgenden Erzeugnisse, die an Letztverbraucher abgegeben werden, die das Erzeugnis in ihrer selbständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit verwenden:

a) Erzeugnisse nach Anhang 3 Nummer 1.A, die ein Volumen von weniger als 0,25 I aufweisen;

b) Erzeugnisse nach Anhang 4 Nummer 5.1 bis 5.5, Anhang 4 Nummer 6 sowie Anhang 5;

c) Erzeugnisse, die nach Gewicht oder Volumen abgefüllt werden und für die in den Anhängen keine verbindlichen Werte festgelegt sind;

 

2. für Erzeugnisse nach Anhang 3 Nummer 2.A und Nummer 4, die für die Versorgung von Luftfahrzeugen, Seeschiffen und Eisenbahnzügen oder für den Verkauf in Duty-Free-Shops bestimmt sind;

3. für Erzeugnisse nach Anhang 4 Nummer 6, die zum Zwecke der Fertigstellung halbfertiger Waren in Verbindung mit diesen in den Verkehr gebracht werden;

4. für Fertigpackungen, die ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind und nicht das Zeichen nach § 10 Abs. 1 tragen;

5. für als solche gekennzeichnete Gratisproben;

6. für geeichte formbeständige Behältnisse.

 

Das Erzeugnis hat gem. § 11 Abs. 2 FPVO, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, die Angabe seines Nenngewichtes auf der Fertigpackung zu tragen, da es keinen flüssigen Inhalt beinhaltet.

 

§ 11 FPVO lautet:

(1) Fertigpackungen müssen leicht erkennbar, deutlich lesbar und unverwischbar folgende Angaben tragen:

1. Die Nennfüllmenge (Nenngewicht oder Nennvolumen), ausgedrückt in

den Einheiten Kilogramm oder Gramm, Liter, Zentiliter oder

Millimeter unter Verwendung von Ziffern, gefolgt vom

Einheitenzeichen oder gegebenenfalls dem Namen der verwendeten

Einheit gemäß § 2 MEG, wobei die Ziffernhöhen zur Angabe der

Nennfüllmenge wie folgt festgelegt sind:

 

Packungs Gramm

 

Größe in

Zentiliter

Mindestschriftgröße in Millimeter

bis 50

bis 5

2

>50 bis 200

>5 bis 20

3

>200 bis 1000

>20 bis 100

4

> 1000

> 100

6

 

 

2. ein Zeichen oder eine Aufschrift zur Feststeilung des Herstellers oder des Importeurs.

Andere als die in den Anhängen 4 und 5 genannten Erzeugnisse müssen, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen.

(3) Wird das Zeichen e nach § 10 Abs. 1 auf der Fertigpackung angebracht, so muß dieses im gleichen Sichtbereich wie die Angabe der Nennfüllmenge liegen und mindestens 3 mm hoch sein.

(4) Werden als Verpackung Maßbehältnis-Flaschen verwendet, auf denen bei der handelsüblichen Darbietungsform der Fertigpackung das Nennvolumen sichtbar angegeben ist, so ist eine weitere Angabe des. Nennvolumens gemäß Abs. 1 nicht erforderlich.

 

Im Rahmen eines vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen in einem Berufungsverfahren eines vergleichbaren Sachverhaltes durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde an die Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien, eine Anfrage bezüglich eines allfällig bestehenden Handelsbrauchs, nach welchem Katzenstreu in Liter und nicht nach kg deklariert wird, gestellt.

 

Die Ergebnisse einer durch die Wirtschaftskammer Österreich, Wiedner Hauptstraße 63, 1045 Wien durchgeführten Handelsbrauchsumfrage bezüglich eines allfällig bestehenden Handelsbrauchs, nach welchem Katzenstreu in Liter und nicht nach kg deklariert wird, lauten zusammengefasst wie folgt:

 

´Bezug nehmend auf Ihr Schreiben vom 4. Juli 2007 teilen wir mit, dass das Umfrageverfahren abgeschlossen ist. Die Detailergebnisse finden Sie in der beiliegenden Tabelle. Daraus ergibt sich folgendes Gesamtergebnis:

 

Frage:

Betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg ist ein Handelsbrauch dahingehend nicht feststellbar.

 

Um Zufallsergebnisse zu vermeiden, nimmt die Wirtschaftskammer Österreich das Bestehen eines Handelsbrauchs erst dann als gegeben an, wenn mehr als zwei Drittel der Befragten aus den betroffenen Verkehrskreisen positiv antworten. Wenn weniger als zwei Drittel der Antworten positiv sind, nehmen wir an, dass ein Handelsbrauch nicht feststellbar ist. Wenn nicht mehr als die Hälfte positiv antworten, gehen wir davon aus, dass ein Handelsbrauch nicht besteht

 

Frage 1:

Besteht nach ihren Kenntnissen ein Handelsbrauch betreffend der Kennzeichnung von Katzenstreu nach Litern an Stelle von kg?

 

 

Bundesland

JA

NEIN

KA

Gesamt

WK Burgenland

4

2

0

6

WK Kärnten

0

0

0

0

WK Niederösterreich

6

4

0

10

WK Oberösterreich

2

1

1

4

WK Satzburg

2

2

0

4

WK Steiermark

10

5

0

15

WK Tirol

0

0

0

0

WK Vorarlberg

2

1

0

3

WK Wien

10

6

0

16

Gesamtsumme

36

21

1

58

Gesamtsumme in %

62,07

36,21

172

100

 

´Ein Handeisbrauch ist nicht feststellbar.`

 

Bezüglich einer Anfrage in einem vergleichbaren Sachverhalt hat das nunmehrige BMWFJ wie folgt Stellung bezogen:

 

´Sehr geehrte Damen und Herren,

 

unter Bezugnahme auf die Anfrage betreffend die Deklarierung von Katzenstreu in Liter oder in Kilogramm teilen wir ihnen folgendes mit:

 

Die österreichische Fertigpackungsverordnung BGBl. Nr. 867/1993 normiert in § 11 Abs. 2, dass „Andere als die in den Anhängen 4 und 5 genannten Erzeugnisse müssen, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen müssen.'

 

Dies entspricht auch der Umsetzung der Richtlinie 211/76/EWG in der in Artikel 4 Abs. 2 folgendes festgelegt ist:

 

„Fertigpackungen mit flüssigen Erzeugnissen müssen die Angabe ihres Nennvolumens, Fertigpackungen mit anderen Erzeugnissen die Angabe ihres Nenngewichts tragen, es sei denn, dass in allen Mitgliedstaaten die gleichen entgegengesetzten Handelsbräuche oder einzelstaatliche Regelungen oder dass entgegengesetzte gemeinschaftliche Regelungen bestehen."

 

Die Anhänge 4 und 5 enthalten für bestimmte Produkte (auch) die zu verwendenden Einheiten, deshalb die Ausnahme.

 

Die Doppelkennzeichnung in Kilogramm und Liter ist nicht untersagt, jedoch wird bemerkt, dass durch die Doppelkennzeichnung eine Verunsicherung der Verbraucher eintreten könnte.

 

Auf Grund obiger Bestimmungen ist die Angabe in Kilogramm erforderlich. Eine zusätzliche Information für den Verbraucher (Angabe in Liter) ist zulässig."

 

Bei der Frage, ob ein Handelsbrauch oder eine Usance besteht handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern um eine Tatfrage (siehe RS0042274).

 

Zu Recht wurde daher im vorgenannten Ermittlungsverfahren die Wirtschaftskammer Österreich von der Berufungsbehörde als Sachverständiger herangezogen.

 

In Folge der laufenden Fertigpackungskontrollen durch die Eichämter ist amtsbekannt, dass sich die Kennzeichnungsgepflogenheiten bei Katzenstreu seit dem Sachverständigengutachten durch die Wirtschaftskammer Österreich im Jahre 2007 nicht geändert haben.

 

Diesbezüglich ist auch auf die konkretisierende Stellungnahme des BMWA, nunmehr BMWFJ, zu verweisen.

 

Es ist auch noch auf die angeschlossene Stellungnahme des BMWJF vom 11.03.2009 an die Europäische Kommission zu verweisen, worin gerade die Sichtweise des zuständigen Ministeriums in einem vergleichbaren Sachverhalt dargelegt wurde.

 

Entgegen der von dem Beschuldigten vertretenen Rechtsansicht besteht in Österreich weiterhin kein Handelsbrauch iSd. § 11 Abs. 2 FPVO und sind somit Katzenstreuprodukte durch die Angabe ihres Nenngewichtes auszuweisen. Auf die Möglichkeit der rechtskonformen Doppelkennzeichnung wird nochmals ausdrücklich hingewiesen.

 

Der festgestellte Verstoß bewirkt, dass die Anzeige zu Recht erfolgte und wird weiterhin um schuldangemessene Bestrafung ersucht."

 

Diesem Schreiben angeschlossen ist folgende Stellungnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend vom 11. März 2009 an die Europäische Kommission:

 

"Unter Bezugnahme auf ihr E-Mail vom 11. März 2009 und der damit verbundenen Anfrage hinsichtlich der Kennzeichnung von Katzenstreu teilen wir Ihnen folgendes mit:

 

Allgemeine Bemerkungen

Zunächst wird festgehalten, dass in Österreich die dafür geltenden Bestimmungen der Rich­tlinie 76/211/EWG für und 75/106/EWG durch die Fertigpackungsverordnung 1993 umge­setzt wurden.

 

RICHTLINIE DES RATES vom 19. Dezember 1974 zur Angleichung der Rechtsvor­schriften der Mitgliedstaaten über die Abfüllung bestimmter Flüssigkeiten nach Volumen in Fertigpackungen (75/106/EWG)

 

Der Geltungsbereich der Richtlinie 75/106/EWG ist im Artikel 1 näher ausgeführt:

 

´Gegenstand dieser Richtlinie sind die Fertigpackungen mit den in Anhang III aufgeführten flüssigen Erzeugnissen, die nach Volumen abgefüllt werden und in einheitlichen Mengen von nicht weniger ais 5 ml und nicht mehr als 101 in Verkehr gebracht werden sollen.`

 

Die Bestimmungen dieser Richtlinie 75/106/EWG sind daher (und waren) für Katzenstreu, das nicht in Anhang III aufgeführt ist und eindeutig kein flüssiges Produkt ist, nicht anzuwenden.

 

Der Geltungsbereich der Richtlinie 76/211/EWG (in der Fassung der RL 2007/45/EG) ist im Artikel 1 näher ausgeführt:

 

´Diese Richtlinie gilt für Fertigpackungen, in denen Erzeugnisse in konstanten, einheitlichen

Nennfüllmengen in den Verkehr gebracht werden sollen, die

  • bestimmten, vom Abfüllbetrieb im Voraus festgelegten Werten entsprechen,
  • in Gewichts- oder Volumeneinheiten ausgedrückt werden,
  • nicht kleiner als 5 g oder 5 ml und nicht größer als 10 kg oder 101 sind.`

 

Artikel 4 Punkte (1) bis (3) der Richtlinie lauten:

 

´(1) Auf allen in Artikel 3 genannten Fertigpackungen muss stets das als Nenngewicht oder Nennvolumen bezeichnete Gewicht oder Volumen des Erzeugnisses angegeben sein, das sie gemäß Anhang I jeweils enthalten müssen.

Fertigpackungen mit flüssigen Erzeugnissen müssen die Angabe ihres Nennvolumens, Fertigpackungen mit anderen Erzeugnissen die Angabe ihres Nenngewichts tragen, es sei denn, dass in allen Mitgliedstaaten die gleichen entgegen gesetzten Handelsbräuche oder einzelstaatliche Regelungen oder dass entgegen gesetzte gemeinschaftliche Regelungen be­stehen.

Sind die Handelsbräuche oder die einzelstaatlichen Regelungen für bestimmte Arten von Erzeugnissen oder bestimmte Arten von Fertigpackungen nicht in allen Mitgliedstaaten gleich, so müssen diese Fertigpackungen zumindest die Füllmengenangabe tragen, die dem Handeisbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Regelung des Bestimmungslandes ent­spricht.`

 

Zunächst ist also davon auszugehen, dass nach Artikel 4 Punkt (1) auf allen Fertigpackungen entweder Gewicht oder Volumen anzugeben ist.

 

Danach kommt Artikel 4 Punkt (2) zur Anwendung, in dem beschrieben wird, dass

- flüssige Erzeugnisse die Angabe des Nennvolumens

- andere Erzeugnisse die Angabe des Nenngewichts

tragen müssen.

 

Dann wird auf einen abweichenden Handelsbrauch verwiesen, wobei einer der drei Fälle zu­treffen muss:

1. in allen Mitgliedstaaten bestehen die gleichen entgegen gesetzten  

    Handelsbräuche oder

2. in allen Mitgliedstaaten bestehen die gleichen entgegen gesetzten

    einzelstaatlichen Regelungen oder

3. es bestehen entgegen gesetzte gemeinschaftliche Regelungen.

 

Dann ist noch Artikel 4 Punkt (3) anzuwenden, in dem das Vorhandensein der Angabe ent­sprechend dem Handeisbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Regelung des Bestim­mungslandes zwingend verlangt ist (´so müssen diese Fertigpackungen zumindest die Füllmengenangabe tragen, die dem Handeisbrauch oder der geltenden einzelstaatlichen Rege­lung des Bestimmungslandes entspricht`).

 

Zur konkreten Beschwerde der Deklaration von Katzenstreu nach Volumen (I) an Stelle der Deklaration nach Gewicht (kg):

 

Zunächst haben wir festgestellt, dass Katzenstreu kein flüssiges Erzeugnis ist und demnach nach Artikel 4 Punkt (2) die Angabe des Nenngewichtes erforderlich ist.

 

Danach folgte die Prüfung des Handelsbrauches in Österreich. Die Wirtschaftskammer Öster­reichs hat mitgeteilt, dass hier kein abweichender Handelsbrauch zur Gewichtsangabe für dieses Produkt vorliegt.

 

Daher ist das Ergebnis nach Artikel 4 Punkt (2), dass die oben angeführten Bestimmungen (1) bis (3) des Artikels 4 nicht zutreffen und daher auch nicht anzuwenden sind.

 

Aus diesem Grund wird auf jeden Fall die Angabe des Nenngewichtes gefordert und dieses wird auch für die Prüfung der Packung auf Übereinstimmung mit den Anforderungen heran­gezogen.

 

Die Behauptung des Beschwerdeführers, in Österreich, Deutschland und der gesamten EU läge ein gleichartiger Handelsbrauch vor, ist somit nicht zutreffend. Gleichzeitig gibt es auch keine gemeinschaftlichen Regelungen mit entgegen gesetztem Handelsbrauch.

 

In Österreich wird jedoch als Zusatzkennzeichnung für den Kunden auch die Angabe in Liter toleriert. Eine Fertigpackung, die jedoch nur Liter enthält wird beanstandet und zur Anzeige gebracht.

 

Daher wird die Vorgangsweise bei diesem Produkt als konform mir den zutreffen­den Richtlinien erachtet.

 

Der Beschwerdeführer hat in seinen Ausführungen noch Folgendes erwähnt;

 

´In Österreich, Deutschland und der gesamten EU ..... oder 20 Liter e Packungen`.

 

Die hier anzuwendende Richtlinie 211/76/EWG selbst und die Anbringung des Zeichens „e" beziehen sich ausschließlich auf die Füllmengen die zwischen 5 g oder 5 ml und maximal 10 kg oder 10 l liegen.

 

Nur für diesen Füllmengenbereich ist die Richtlinie anzuwenden und auch nur für diesen Be­reich sind die zulässigen Minusabweichungen und weitere Anforderungen in der Richtlinie festgelegt.

 

Es wird im Besonderen darauf hingewiesen, dass beim Vorfinden von ´20 Liter e Packungen` diese sofort gesperrt werden und der Weiterverkauf verhindert wird, da die An­bringung eines ´e` auf Packungen über 10 kg oder 10 l unzulässig ist.

 

Weiters wird als Information mitgeteilt, dass Streuprodukte (gemeinsam mit Torf und Erde) im Jahr 2007 in ca. 16 % der Fälle zu Beanstandungen bei der Füllmenge geführt haben."

 

Dazu äußerte sich der Bw am 28. Mai 2009 im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Zudem liegt im Verwaltungsakt eine Auflistung der Verwaltungsvorstrafen des Bw ein.

 

Der Akt schließt mit dem angefochten Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gem. § 10 Abs. 1 Fertigpackungsverordnung darf der Hersteller das Zeichen "e" nur auf Fertigpackungen anbringen, die dieser Verordnung entsprechen, wobei bei Erzeugnissen nach Anhang 3 Z1 lit. A und B, Z2 lit. A sowie Z4 die Nennfüllmenge einem der zugeordneten EG-Werte entsprechen muss. Dieses Zeichen bezieht sich nur auf die Nennfüllmenge.

 

Gem. § 11 Abs. 2 Fertigpackungsverordnung müssen andere als die in den Anhängen 4 und 5 genannten Erzeugnisse, soweit nicht entgegengesetzte Handelsbräuche bestehen, bei flüssigem Inhalt die Angabe des Nennvolumens und bei anderem Inhalt die Angabe ihres Nenngewichtes auf der Fertigpackung tragen.

 

Gem. § 63 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz werden Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen, Entscheidungen oder Verfügungen, sofern sie nicht nach anderen Vorschriften mit einer strengeren Strafe bedroht sind oder ein gerichtlich zu ahnender Tatbestand vorliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bis zu 10.900 Euro bestraft, auch wenn es beim Versuch geblieben ist.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall wird dem Bw vorgeworfen, gegen zwei Bestimmungen (§§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 2) der Fertigpackungsverordnung verstoßen zu haben, da einerseits die Nennfüllmenge der verfahrensgegenständliche Katzenstreu in Litern angegeben wurde und andererseits auf den Packungen das Zeichen "e" angebracht war. Es wurde im bekämpften Bescheid für beide Übertretungen eine gemeinsame Strafe von 365 Euro bzw. eine gemeinsame Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt.

 

§ 22 Abs. 1 VStG besagt, dass, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen sind.

 

Im angefochtenen Bescheid wurde für zwei Delikte eine gemeinsame Strafe ausgesprochen. Aus diesem Grund liegt Rechtswidrigkeit des Straferkenntnisses vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

 

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