Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281016/29/Wim/Bu

Linz, 12.02.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn Ing. X, vertreten durch X, X, wegen Übertretung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14. Dezember 2009 zu Recht erkannt:

 

I.            Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt.

 

II.         Der Berufungswerber hat zusätzlich als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 140 Euro zu leisten, dass sind 20 % der verhängten Strafe.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 19, 24 und 51  Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber wegen Übertretung der §§ 10 Abs. 1 Z4 und 5 Abs. 2 Z1 Bauarbeitenkoordinationsgesetz (BauKG) eine Geldstrafe in der Höhe von 700 Euro, im Nichteinbrinungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, sowie ein 10%-iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 


Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

Der Beschuldigte, Herr Ing. X, geboren am X, wohnhaft: X, X, hat folgende Verwaltungsübertretung als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der X Baugesellschaft mbH mit dem Sitz in X zu vertreten: Die X Baugesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in X hat am 24.10.2005 als Baustellenkoordinator beim Bauvorhaben "Neubau Betriebshalle und Bürogebäude der X, X, X" nicht darauf geachtet, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden. Nach dem für diese Baustelle erstellten SiGe-Plan hätte in der Kalenderwoche 41 bis 44 (10.10.2005 bis 6.11.2005) durch die X GmbH, X, X, ein Schutznetz für die Dachmontage angebracht werden sollen. Ein derartiges Schutznetz war jedoch nicht vorhanden. Die Arbeitnehmer der X GmbH, X, X, waren völlig ungesichert mit Dachisolierungsarbeiten beschäftigt.

 

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig durch seine Rechtsvertretung Berufung erhoben und darin zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht der Berufungswerber sondern ein anderer namentlich genannter Dienstnehmer der X Bau GmbH als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich Beauftragter gemäß § 9 VStG und gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG mit dessen Zustimmung bestellt worden sei und somit dem Beschuldigten im gegenständlichen Fall kein vorwerfbares Verhalten zur Last läge.

Weiters sei Herr Baumeister Ing. X zum Baustellenkoordinator bestellt gewesen wobei diesbezüglich auf das Schreiben der X Bau GmbH vom 17.4.2006 verwiesen werde. Selbst diesem Genannten liege kein Verstoß gegen das Bauarbeitenkoordinationsgesetz zur Last. 

In der Anzeige von 11.1.2006 werde dargestellt, dass am 24.10.2005 der Arbeitsinspektor eine Baustellenüberprüfung durchgeführt habe. In der Folge werde beschrieben, dass Arbeitsnehmer der X GmbH am 27.10.2005 völlig ungesichert mit Dachisolierungsarbeiten beschäftigt gewesen seien. Wie es zu dieser Feststellung komme sei nicht erklärlich, da an diesem Tag keine Kontrolle durchgeführt worden sei.

 

Der vorliegende Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan für das gegenständliche Bauvorhaben sei mehrfach abgeändert worden. Die Demontage des Schutznetzes nach Beendigung der Trapezverlegungsarbeiten durch die Firma X GmbH sei gerechtfertigt gewesen, weil das Netz bei abgedeckten Deckelöffnungen keine Funktion mehr gehabt hätte.

Die mit der Herstellung der Dacheindeckung beauftragte Firma X habe sowohl die Baustellenordung als auch die Baustellenkoordination am 25.10.2005 zu Kenntnis genommen und selbst für den Schutz ihrer Arbeitnehmer Vorsorge zu tragen.

 

Insgesamt sei daher davon auszugehen, dass dem Berufungswerber kein Fehlverhalten zur Last liege. Unabhängig davon sei auch ein allfälliges Verschulden des Berufungswerbers derart gering und seien keine Folgen durch eine allfällige Übertretung des BauKG entstanden, sodass die Erstbehörde jedenfalls in Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe hätte absehen müssen.

Letztlich sei auch darauf zu verweisen, dass bei dem vorliegenden Strafverfahren bei einem Unbescholtenen die verhängte Strafe, welche mehr als das Vierfache der Mindeststrafe darstelle, deutlich überzogen sei.

 

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat mit Erkenntnis vom 28. Februar 2008, VwSen-281016/4/Wim/Ps der Berufung Folge gegeben in der Annahme die Bestellung eines verantwortlich Beauftragen für die Einhaltung aller Arbeitnehmerschutzvorschriften schließe auch das BauKG ein und die Bestrafung des ansonsten nach außen vertretungsbefugten Bevollmächtigten einer GmbH aus.

 

Aufgrund einer Beschwerde des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit gegen diese Entscheidung hat schließlich der Verwaltungsgerichtshofes mit Erkenntnis vom 5. August 2009, Zl. 2008/02/0108-6 den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. In der Begründung dazu wurde angeführt, dass es dahin gestellt bleiben mag, ob es sich auch bei den Vorschriften des BauKG um Arbeitnehmerschutzvorschriften handelt. Die X Bau GmbH sei für die genannte Baustelle nicht nur als Baustellenkoordinator im Sinne des § 5 BauKG bestellt worden sondern auch, wie sich aus der im Akt einliegenden Vorankündigung für Bauarbeiten vom 23. August 2005 ergebe, mit der Durchführung der Baumeisterarbeiten beauftragt worden. Mit der maßgeblichen Bestellungsurkunde gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG vom 20. Juli 2005 sei von der X Bau GmbH die Meldung der Baustelle gemäß § 3 Abs. 3 BauV erstattet worden und der Beginn der Bauarbeiten gemeldet worden. Diese Meldung enthalte keinen Hinweis darauf, dass die X Bau GmbH auch als Baustellenkoordinator auf dieser Baustelle tätig sei. Nach dem objektiven Erklärungswert des Urkundentextes stehe die Bestellung des Dipl. X zum verantwortlichen Beauftragten in unmittelbarerem Zusammenhang mit den Bauarbeiten und enthalte keinen Bezug zu der Tätigkeit als Baustellenkoordinator. Daher könne sich der Passus in der Bestellungsurkunde: "Einhaltung aller Arbeitnehmerschutzvorschriften" nicht auf die vom Baustellenkoordinator einzuhaltenden Bestimmungen des BauKG beziehen zumal in der hier zu beurteilen Bestellungsurkunde nur von Baumeisterarbeiten, nicht aber von der Tätigkeit als Baustellenkoordinator die Rede sei.

 

3.2. Im fortgesetzten Ermittlungsverfahren hat der Unabhängige Verwaltungssenat beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.12.2009 in der die Zeugen Baumeister Ing. X von der X Bau GmbH und Arbeitsinspektor Ing. X einvernommen wurden.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber  ist handelsrechtlicher Geschäftführer der X Baugesellschaft mbH.

Beim Bauvorhaben "Neubau Betriebshalle und Bürogebäude der X, X, war die X Baugesellschaft mbH. mit der Durchführung der Baumeisterarbeiten beauftragt. In diesem Auftrag mitumfasst waren auch die Leistungen der Baustellenkoordination. Die faktischen Leistungen der Baustellenkoordination wurden durch ihren beschäftigten Baumeister Ing. X erbracht. Dieser hat unter anderem einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan sowohl für das Bürogebäude als auch für die Halle, der vom planenden Architekten bereits vorgefertigt war, angepasst.

 

Mit der maßgeblichen Bestellungsurkunde gemäß § 23 Abs. 1 ArbIG vom 20. Juli 2005 ist von der X Baugesellschaft mbH die Meldung der Baustelle gemäß § 3 Abs. 3 BauV erstattet worden und der Beginn der Bauarbeiten gemeldet worden. Diese Meldung enthält keinen Hinweis darauf, dass sie auch als Baustellenkoordinator auf dieser Baustelle tätig ist.

In der Vorankündigung von Bauarbeiten vom 23.8.2005 wurde als Baustellenkoordinator die  Fa. X genannt. Die Nennung von Bmst. Ing. X erfolgte lediglich in einem Klammerausdruck.

 

Der SiGe-Plan in der maßgeblichen letzten Aktualisierung 29.9.2005 für den Bereich Halle sah als gemeinsame Schutzeinrichtung unter anderem vor:

Schutznetz bei Dachmontage – Firma X KW 41 – 44

Absicherung der Deckenöffnungen – Firma X KW 43 – 44

weiters ist bei den Leistungen unter anderem vorgesehen:

Dachkonstruktion Firma X KW 43 – 44 mit dem Vermerk "Absicherung der Deckenöffnungen und Absturzsicherungen

 

Bei einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat am 24.10.2005 in der KW 43 waren mehrere Arbeitnehmer der Firma X völlig ungesichert mit Dachisolierungsarbeiten beschäftigt, wobei keinerlei kollektive oder persönliche Schutzeinrichtungen verwendet wurden und insgesamt acht Dachdurchlässe von jeweils 15 bei einer Absturzhöhe von 11 m vorhanden waren.

 

Für die Baustelle gab es eine Baustellenordnung die von der Firma X am 25.10.2005 unterfertigt worden ist. In dieser Baustellenordnung wird das jeweils ausführende Unternehmen verpflichtet die Inhalte  des Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes sowie der einschlägigen Arbeitnehmerschutzbestimmungen einzuhalten.

 

3.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt insbesondere auch den in den Feststellungen zitierten einschlägigen Urkunden sowie aus den Zeugenaussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

Was den Zeitpunkt der Kontrolle und somit auch der Übertretung anlangt, ist es für den Unabhängige Verwaltungssenat schon aus der Anzeige vom 11.1.2006 nachvollziehbar, dass es sich hier bei dem Datum 27.10. mit dem die Bauarbeiten der Firma X angeführt sind um einen Schreibfehler handeln muss. So führt der anzeigende Arbeitsinspektor zunächst an, dass am 24.10. eine Baustellenkontrolle durchgeführt worden ist und bis zu diesem Zeitpunkt der Baustellenkoordinator nicht darauf geachtet habe, dass der SiGe-Plan eingehalten werde. Erst auf der zweiten Seite der Anzeige wird ohne jeden erkennbaren Zusammenhang plötzlich einmalig der 27.10. als Datum der ungesicherten Arbeiten genannt. Grundsätzlich ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat aus der Systematik der Anzeige nachvollziehbar, dass die Arbeiten nur zum Datum der angeführten Kontrolle festgestellt werden konnten. Auch in der Verhandlung hat der Zeuge Ing. X nachvollziehbar dargelegt, dass es sich dabei um einen bloßen Schreibfehler handelt und die Kontrolle und auch die vorgeworfene Übertretung am 24.10.2005 stattgefunden habe. Rein aus seinem Schreibstil schließe er das, da er zunächst anführe, dass er am 24.10. die Baustelle besucht habe, dass dort gearbeitet wurde und daher hätte auch hier das Datum 24.10 lauten sollen.

 

Die Bestellung der Firma X als solche zum Baustellenkoordinator ergibt sich jedenfalls aus den vorgelegten Unterlagen insbesondere aus der Vorankündigung und wurde auch vom einvernommenen Zeugen Baumeister Ing. X so dargestellt, dass eben die Firma X als solche mit den Baumeisterarbeiten auch den Bereich Bauarbeitenkoordination übernommen hat und er die dafür erforderlichen konkreten Tätigkeiten und Schritte als Beschäftigter der Firma X gesetzt hat.

 

Auch dass zum Kontrollzeitpunkt keinerlei Sicherungsvorkehrungen bei den von der Firma X durchgeführten Arbeiten vorhanden waren, ergibt sich aus der glaubwürdigen Aussage des Zeugen Ing. X.

 

Die konkreten Anordnungen betreffend Arbeitnehmersicherheit ergeben sich aus dem zitierten SiGe-Plan für die X, der im erstinstanzlichen Akt aufliegt.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z4 BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.500 Euro zu bestrafen ist, wer als Baustellenkoordinator die Verpflichtungen nach § 5 verletzt. Gemäß § 5 Abs. 2 Z1 BauKG hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung durch die Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragenen Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte nach Abs. 2 bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zu Vertretung nach außen berufen ist. Nach § 9 Abs. 2 VStG können für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden denen die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

 

4.2. Entsprechend den Ausführungen in der Begründung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. August 2009, Zl. 2008/02/01108-6 ist nach dem objektiven Erklärungswert der bereits zitierten Urkunden eine Beauftragung für die Einhaltung der Vorschriften des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes nicht umfasst. Es ist daher der Berufungswerber als handlungsrechtlicher Geschäftsführer grundsätzlich im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich.

 

Grundsätzlich ist dem Berufungswerber zuzugestehen, dass der SiGe-Plan die in den Sachverhaltsfeststellungen beschriebenen mehreren Anordnungen für den Tattag, der in der KW 43 liegt, vorsehen. Die umfassendste gemeinsame Schutzeinrichtung ist jedoch für die gegenständliche Übertretung des Schutznetz bei Dachmontage für die Firma X von der KW 41 bis KW 44. Sie setzt am frühesten ein und deckt den gesamten maßgeblichen Zeitraum der Dacharbeiten ab.

Allgemein muss ausgeführt werden, dass der gegenständliche SiGe-Plan in der vorliegenden Aktualisierung in sich nicht besonders schlüssig und aufeinander abgestimmt erscheint, zumal hier anscheinend Doppelgleisigkeiten bzw. doppelte Absicherungen vorgesehen waren. Der Berufungswerber hätte somit sorgen müssen, dass sämtliche dieser Maßnahmen umgesetzt werden schon aus formalen Gründen damit der SiGe-Plan vollständig umgesetzt wird. Darunter fällt auch die Montage und Belassung des angesprochenen Schutznetzes.

 

Grundsätzlich haben im Überprüfungszeitpunkt Dacharbeiten ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen stattgefunden und wurde somit sämtlichen einschlägigen Festlegungen des SiGe-Plans widersprochen. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung ist somit als erfüllt anzusehen.

 

4.3. Hinsichtlich des Verschuldens ist grundsätzlich auszuführen, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG es sich bei dieser Übertretung um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt handelt, bei dem Fahrlässigkeit dann ohne Weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Um ein Verschulden auszuschließen muss der Berufungswerber ein entsprechend wirksames Kontrollsystem eingerichtet haben. Dazu hat er initiativ von sich aus darzulegen, dass er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus sondern entscheidend ist deren wirksame Kontrolle.

 

Hinsichtlich eines wirksamen Kontrollsystems wurde seitens des Berufungswerbers von sich aus überhaupt nichts dargelegt wie er sichergestellt hat, dass der Baustellenkoordinator seinen Verpflichtungen und Überwachungsaufgaben nachkommt. Auch der als Zeuge einvernommene Baumeister Ing. X hat nur angegeben, dass er je nach Bedarf und wenn er vorbeigefahren ist die Baustelle kontrolliert hat. Es gibt keine schriftlichen Belege dafür und auch die Baustellenordung wurde erst einen Tag nach der Übertretung unterfertigt. Der Zeuge konnte auch nicht angeben, ob die rechtzeitige Vorlage vor Baubeginn urgiert worden sei.

 

Seine Verantwortung als Baustellenkoordinator kann aber auch generell nicht durch eine Baustellenordnung auf die ausführenden Firmen übertragen werden, sondern haben diese allenfalls selbstständig gesondert für Arbeiten ohne Schutzvorrichtungen einzustehen, wie das offensichtlich auch im  gegenständlichen Fall durch die gesonderte Anzeige betreffend die Firma X erfolgt ist. Somit kann ein Verweis auf allfällige Pflichten der bauausführenden sonstigen Firmen den Baustellenkoordinator hier nicht entlasten.

 

Auch hinsichtlich der mehrfachen Sicherheitsanordnungen ist nochmals grundsätzlich festzuhalten, dass überhaupt keine eingehalten wurden und daher auch derartiges Vorbringen zu keiner Schuldbefreiung des Berufungswerbers führen kann.

 

Insgesamt liegt somit keine Schuldentlastung des Berufungswerbers vor und hat diese die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.

 

4.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand wieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung im Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse  des Beschuldigten sind bei der Bemessung  von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelst es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung,  die von der Behörde nach dem vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 700 Euro verhängt. Dies sind weniger als 10 % der vorgesehenen Höchststrafe. Die Behörde ist dabei von einer nicht widersprochenen Schätzung eines monatlichen Nettoeinkommens von 3.000 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen. Als mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit  gewertet. Als straferschwerend kein Umstand.

 

Dazu ist aus Sicht des Unabhängige Verwaltungssenates anzumerken, dass hierin keinerlei Ermessensfehler gesehen werden können. Insbesondere aufgrund der Gesamtumstände der Tat, insbesondere der extremen Absturzhöhen von  11 m, bei denen immer wieder tödliche Arbeitsumfälle bei einem tatsächlichen Absturz entstehen, erscheint diese Strafbemessung durchaus gerechtfertigt. Noch dazu als der Berufungswerber im SiGe-Plan und mehrere Schutzmaßnahmen vorgesehen hat, aber nicht einmal dafür gesorgt hat, dass zumindest eine diese Maßnahmen umgesetzt worden ist. Gerade auch aus spezial- aber auch generalpräventiven Gründen - so zeigt sich in der laufenden Entscheidungstätigkeit des erkennenden Mitgliedes immer wieder, dass die Vorschriften des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes und die Pflichten des Baustellenkoordinators betrifft immer wieder eher auf die leichte Schulter genommen  werden und diesen nicht die nötige Konsequenz bei der Umsetzung beigemessen wird - war daher spruchgemäß zu entscheiden. Eine Orientierung an der Mindeststrafe war bei den gegebenen Tatumständen nicht geboten.

 

Nach den obigen Ausführungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anwendung der §§ 20 (ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe) und 21 VStG (geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Tat) nicht vor. Gerade die enorme Absturzhöhe führte zu enormen Gefahren für die tätigen Arbeitnehmer und kann hier nicht von unbedeutenden Folgen gesprochen werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden-

 

5. Der vorgeschriebene zusätzliche Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren ergibt sich aus den angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

      

 

Dr. Leopold Wimmer

 

 

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