Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550508/8/Wim/Rd/Bu

Linz, 16.03.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der Architekten X,  vertreten durch Rechtsanwälte X, X, X, vom 9. März 2010 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren betreffend das Vorhaben "Architektenwettbewerb X", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Marktgemeinde X die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungs­verfahren, längstens aber bis 9. Mai 2010, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 5, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 9.3.2010 hat die Architekten X GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) nachstehende Anträge (Hauptantrag) gestellt: Der UVS möge:

a)      ein Nachprüfungsverfahren einleiten;

b)      die Entscheidung über die Zuweisung eines Preisgeldes an die    Wettbewerbsteilnehmerin " X GmbH, X und        X, X" im gegenständlichen Wettbewerb        für nichtig erklären; in eventu die Entscheidung über die Zuweisung des           Preisgeldes für nichtig erklären;

c)      die Entscheidung über die Nicht-Zulassung der Antragstellerin zur        Teilnahme im anschließenden Verhandlungsverfahren für nichtig erklären;

d)      eine mündliche Verhandlung durchführen;

e)      der Auftraggeberin den Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten          Pauschalgebühren binnen 14 Tagen zu Handen der Antragstellervertreter     bei sonstiger Exekution auferlegen;

und hinsichtlich der Erlassung einer einstweiligen Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens nachstehende Verfügungen zu erlassen, in welcher:

a)      das gegenständliche Vergabeverfahren ausgesetzt wird;

b)      in eventu dem Auftraggeber untersagt wird, das Verhandlungsverfahren       gemäß § 30 Abs.2 Z6 BVergG einzuleiten und insbesondere den Zuschlag    im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen;

c)      in eventu die Frist zur Legung eines Angebotes im Verhandlungsverfahren    ausgesetzt wird und insbesondere dem Auftraggeber untersagt wird, den          Zuschlag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen;

d)      in eventu dem Auftraggeber untersagt wird, den Zuschlag im    gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen;

e)      den Auftraggeber jedenfalls verpflichten, der Antragstellerin die für den         Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichtete          Pauschalgebühr binnen 14 Tagen zu Handen der Rechtsvertreter der         Antragstellerin zu ersetzen.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass beide Entscheidungen der Auftraggeberin, zugegangen am 23.2.2010, und zwar die Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes sowie die Entscheidung über die Nicht-Zulassung der Antragstellerin zur Teilnahme im anschließenden Verhandlungsverfahren, beide datiert mit 22.2.2010, angefochten werden.

 

In der Wettbewerbsbekanntmachung vom 12.9.2009 sei die X als öffentliche Auftraggeberin ausgewiesen. Aus der Wettbewerbsordnung ergebe sich jedoch, dass die X als vergebende Stelle bzw Abwicklerin auftrete. Für die Antragstellerin sei klar, dass die Marktgemeinde X als Auftraggeberin iSd § 2 Z8 BVergG anzusehen sei.

 

Zum Sachverhalt führt die Antragstellerin aus, dass die X als vergebende Stelle im Amtsblatt der EU, Supplement X vom 12.9.2009 zu 2009/S176-253880, den konkreten Wettbewerb bekannt gemacht habe. Die Frist zur Abgabe von Teilnahmeanträgen sei mit 15.10.2009 festgesetzt worden. Die Antragstellerin habe fristgerecht einen Teilnahmeantrag abgegeben und sei ihr mit Schreiben vom 20.10.2009 mitgeteilt worden, dass sie sich für die zweite Verfahrensstufe qualifiziert habe.

 

Die Wettbewerbsordnung enthalte neben allgemeinen Vorgaben für die Durchführung des Wettbewerbs jene Richtlinien für eine Entwurfserstellung, die von den Teilnehmern am Wettbewerb bei Erstellung ihrer Pläne zu beachten seien. Im allgemeinen Teil der Wettbewerbsordnung sei zunächst vorgesehen, dass neben der gegenständlichen Wettbewerbsordnung die Wettbewerbsordnung Architektur der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (WOA), Stand 16.10.2000, subsidiär zur Anwendung kommen solle.

 

Unter Punkt C.8 der Richtlinie sei angegeben, dass das zu planende Alten- und Pflegeheim auf der Parzelle X, KG X, errichtet werden solle. Dabei sei vorgesehen, das bestehende Alten- und Pflegeheim in zwei Abschnitten abzubrechen. Der jeweils frei werdende Bereich solle den Bauplatz darstellen. Die Planung sei so zu erstellen, dass diese Abschnittserrichtung, aber speziell die Betriebsführung des ersten Abschnittes funktionell, wie auch technisch ohne gröbere Beeinträchtigungen möglich sei. In der ersten Bauphase solle demnach zunächst das neue Alten- und Pflegeheim errichtet werden, damit die Bewohner aus dem alten Gebäude in das neue umziehen könnten, ehe das alte Gebäude abgerissen werden könne (zulässig sei lediglich der Abbruch einer "Wabe", also des südlichen Gebäudeteils mit einer Länge von 9m; diesbezüglich sei mit den Wettbewerbsunterlagen sowohl  eine Planzeichnung zur Verfügung gestellt als auch im Hearing klargestellt worden, dass ein weiterer Abbruch während der ersten Bauphase unzulässig sei).

 

Die Wettbewerbsordnung verweise ua ausdrücklich auf die in Geltung stehenden oberösterreichischen Baugesetze und Verordnungen, sowie die einschlägigen ÖNORMEN, wobei die ÖNORM B 1600 und B 1601 ausdrücklich erwähnt wurden. Die besondere Bedeutung dieser Bestimmungen und Normen sei dadurch besonders hervorgehoben worden, als unter Punkt C.10 erneut auf die einschlägigen (bau-)gesetzlichen Vorschriften sowie die genannten ÖNORMEN hingewiesen wurde. Die genaue Konzeption des zu planenden Alten- und Pflegeheims werde durch das der Wettbewerbsordnung beigefügte Raumerfordernisprogramm vorgegeben, insbesondere welche Größe die einzelnen Räume aufweisen sollen.

 

Die Antragstellerin habe fristgerecht ihre Wettbewerbsarbeit eingereicht. Am 23.2.2010 sei ihr von der vergebenden Stelle mitgeteilt worden, dass der Wettbewerb abgeschlossen worden sei und ein nachfolgendes Verhandlungs­verfahren mit dem Sieger stattfinden werde. Da ihre Wettbewerbsplatzierung nicht zum Sieg gereicht habe, sei sie zum Verhandlungsverfahren nicht zugelassen. Das Bewertungsprotokoll der Jury sei als Anhang angeschlossen gewesen. Aus diesem Protokoll gehe hervor, dass die F2-Architekten X GmbH und X Architekten den ersten Preis erhalten haben. Weiters gehe aus dem Protokoll hervor, dass in einem zweiten Wertungsdurchgang das Projekt der Antragstellerin und jenes, das in der Folge als bestgereihtes Projekt zum Verhandlungsverfahren zugelassen werden sollte, als preiswürdig gewertet worden seien, und bei einer Gegenüberstellung das Projekt, das nunmehr bestgereiht ist, als das funktionell bessere ausgewählt worden sei. Der Antrag, dem nunmehr bestgereihten Projekt den ersten Preis zu verleihen und das Projekt der Antragstellerin mit dem zweiten Preis auszuzeichnen, sei mit 8:0 Stimmen angenommen worden. In der Beschreibung der Projekte wurde bezüglich des Projektes der Erstgereihten besonders hervorgehoben, dass dieses funktionell gut organisiert sei, die kürzesten Wegelängen habe und mit einer einzigen Stiege auskommen würde. Der im Schnitt dargestellte Vorschlag für die Belichtung der Stiege werde von der Jury gut geheißen; diese weise allerdings auch darauf hin, dass eine solche im Grundriss nicht zu finden sei.

 

Zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidungen der Auftraggeberin wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin den zweiten Platz des Wettbewerbs belegt habe und dass durch die Nichtigerklärung der Zuweisung des Preisgeldes an die F2-Architekten X GmbH und X Architekten, die Antragstellerin auf den ersten Platz vorrücken würde, mit ihr das Verhandlungsverfahren über die ausgelobten Leistungen durchzuführen und somit auch die Rechtswidrigkeit der Entscheidung über die Nicht-Zulassung  zum Verhandlungsverfahren beseitigt wäre. Die folgenden Ausführungen würden sich deshalb darauf konzentrieren, darzulegen, weshalb das Projekt der nach dem Juryprotokoll Erstgereihten auszuscheiden gewesen wäre; keinesfalls hätte es gemäß § 36 Abs.6 WOA jedoch mit einem Preis bedacht werden dürfen.

 

Für die Durchführung eines Wettbewerbs nach den §§ 153 ff BVergG 2006 seien zwar keine Ausscheidensgründe explizit vorgesehen. Allerdings sehe § 155 Abs.3 Z7 BVergG 2006 vor, dass in der zur Durchführung von Wettbewerben festzulegenden Wettbewerbsordnung Ausschlussgründe vorzusehen seien. In der konkreten Wettbewerbsordnung sei unter Punkt A.5 die Wettbewerbsordnung Architektur der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (WOA) für subsidiär anwendbar erklärt worden.

§ 36 Abs.4 WOA besage, dass bei Vorliegen sonstiger Verstöße gegen die WOA – Formalfehler, Unterschreitung des Erfordernisprogramms, Untererfüllung der geforderten Leistungen, es der Jury obliege, darüber zu entscheiden, ob das Projekt ausgeschieden werden müsse oder nicht. Projekte, die dem Erfordernisprogramm (§ 28 Z2) in wesentlichen Punkten nicht Rechnung tragen, könnten nicht mit Preisen, wohl aber mit Anerkennungspreisen und Unkostenbeiträgen bedacht werden.

Diese allgemeine Bestimmung der WOA über Ausschlussgründe werde durch die konkrete Wettbewerbsordnung dahingehend konkretisiert und verschärft, als in Punkt A.4.2. Ausschließungsgründe definiert würden. Insbesondere sei vorgesehen, dass die Nichteinhaltung der Ausschreibungsbedingungen des Wettbewerbs zum Ausschluss führe. Das erstgereihte Projekt entspreche in mehreren Punkten nicht den Ausschreibungsbedingungen der konkreten Wettbewerbsordnung, weshalb es in Anwendung der dort vorgesehenen Ausschließungsgründe auszuscheiden gewesen wäre; keinesfalls zulässig wäre es dieses Projekt gemäß § 36 Abs.4 WOA mit einem Preis zu bedenken.

 

Das erstgereihte Projekt verstoße gravierend gegen die Wettbewerbsordnung, zumal es mit dem vorgegebenen Bauplatz, nämlich Parzelle X, KG X, nicht auskomme, sondern auch fremde Flächen in Anspruch nehme. So rage die linke Gebäudeecke des über dem Eingang befindlichen Wohnblocks aus dem vorgegebenen Baugrund heraus. Dieser Umstand wurde in dem eingereichten Modell dadurch zu kaschieren versucht, dass das Gebäude um zumindest 10m weiter nach hinten/rechts (in Richtung Nord-Nord-Ost) verschoben wurde. Eine Umsetzung des aus dem Modell ersichtlichen Konzepts sei jedoch deshalb nicht möglich, da das so zu errichtende Gebäude in das (nördlich) hinten/rechts von diesem befindliche Altbestands-Gebäude hineinragen würde. Damit werde aber den zwingenden Vorgaben des Wettbewerbs insofern widersprochen, als wegen der Überschneidung der Gebäude eine Fertigstellung des neuen Altenheims vor Abriss des bestehenden Heimes nicht möglich sei, sodass für die Bewohner eine andere (Zwischen)Wohnlösung während der Bauphase gefunden werden müsste. Insgesamt ergebe sich aus einer Zusammenschau von Grundrissen und Modell, dass das vorgeschlagene Projekt in einem ganz wesentlichen Punkt nicht den Vorgaben des Auftraggebers entspreche und deshalb auszuscheiden gewesen wäre.

 

Wie sich aus dem eingereichten Modell und den Grundrissen ergebe, sei vorgesehen, dass Anlieferungen an das zu errichtende Gebäude von vorne heran (also südlich) erfolgen sollen. Anders als im Modell (mit gegenüber der Planung verschobenem Baukörper) dargestellt, sei eine Anlieferung in der geplanten Form jedoch nicht möglich, da sich der dafür vorgesehene Raum südlich des Gebäudes als zu knapp bemessen erweise. Die erstgereihte Wettbewerbsteilnehmerin versuche diesen Umstand dadurch zu verbergen, dass in dem eingereichten Modell das Gebäude soweit nach hinten gerückt werde, dass die Anlieferungsfläche ausreichend breit dargestellt werden könne. Dieses Modell sei jedoch aus den oben dargestellten Gründen nicht umsetzbar. Das bedeute aber für die Anlieferungen zu dem geplanten Heim, dass sich der dafür vorgesehene Raum drastisch verringere. Anlieferungen, die mit größeren Autos (etwa auch kleineren Lkw) erfolgen, was jedenfalls erforderlich sein werde (Müll, Wäsche, Küchenanlieferung) wären deshalb darauf angewiesen, dass die anliefernden Fahrzeuge über das Nachbargrundstück fahren könnten bzw dürften. Die Realisierbarkeit der von der Erstgereihten eingereichten Planung sei somit von tatsächlichen bzw rechtlichen Voraussetzungen abhängig, die keinesfalls als erfüllt angenommen werden könnten. Auch in diesem Punkt erweise sich das Konzept als der Wettbewerbsordnung widersprechend und wäre deshalb auszuscheiden gewesen.

 

Außerdem weiche das erstgereihte Konzept in zahlreichen Punkten wesentlich vom vorgeschriebenen Raumerfordernisprogramm ab. Insbesondere seien die Nebenräume in konsequenter Missachtung der Vorgaben des Raumerfordernis­programms nahezu durchgängig zu klein geplant. So sei zum Einen das zu den sonstigen Räumen (Punkt 2.4. des Raumerfordernisprogramms) gerechnete Reinwäschelager anstelle  der vorgesehenen 48m² im Plan mit lediglich 36,6 , die Kopiernische für die Heimleitung im EG (Punkt 3.1.) anstelle der vorgesehenen 7 mit nur 4 dargestellt und bemessen  worden. Weiters seien für den Lagerraum zur Beherbergung von Trinkwasser- und Lebensmittelvorrat statt der geforderten 30 lediglich 26,8 , für das Möbellager statt der geforderten 40 gar nur 24 , für das Nachlasslager statt der geforderten 20 nur 14 , für das Sessellager statt der geforderten 15 bloß 10 , für den Lagerraum Pflegeartikel statt der geforderten 30 nur 26,8 veranschlagt worden. Ebenso seien die Putzräume anstelle der geforderten 20 mit 13,8 , der Veranstaltungsraum anstelle der vorgegebenen 100m² mit 90 , der Andachtsraum anstelle von 50 mit 43,8 , der Technikraum anstelle von 200 mit 177 sowie der Personalumkleideraum anstelle der vorgegebenen 70 mit 60 geplant worden. Die flächenmäßigen Abweichungen vom vorgegebenen Raumerfordernisprogramm seien nicht nur in Summe, sondern auch jede für sich so gravierend, dass die dem Raumerfordernisprogramm zugrunde liegende geforderte Funktionalität teils erheblich beeinträchtigt werde. Schließlich liege es auf der Hand, dass gegenüber den Vorgaben um bis zu 40% kleinere Lager- und Putzräume auch entsprechend geringeres Lagervolumen bieten könne.

 

Zudem widerspreche das erstgereihte Projekt in mehreren Fällen jenen Normen und Richtlinien, die von der Wettbewerbsordnung als beachtlich vorgegeben worden seien. So werde unter Punkt C.1 der Wettbewerbsordnung neben den Oö. Baugesetzen und Verordnungen auf einschlägige ÖNORMEN verwiesen, wobei die Beachtlichkeit der ÖNORM B 1601 "Spezielle Baulichkeiten für behinderte oder alte Menschen – Planungsgrundsätze" ausdrücklich hervor­gehoben wurde. Die Relevanz dieser Vorschrift werde durch einen neuerlichen Hinweis unter Punkt C.10 nochmals hergehoben. Gerade mit dieser ÖNORM erweise sich das erstgereihte Projekt jedoch als unvereinbar. Die ÖNORM B 1601 siehe vor, dass in Alten- und Pflegeheimen, in denen fahrbare Betten zum Einsatz kommen sollen, die Bewegungsfläche vor Türen einen Durchmesser von 250 cm aufweisen müsse. Im geplanten Alten- und Pflegeheim sollen solche Betten zum Einsatz kommen, weshalb die Planung generell auf schwerst und schwer hilfs-, betreuungs- und pflegebedürftige Personen auszulegen sei und auch das Raumerfordernisprogramm die Einplanung von 2 Liften "für Bettentransport bzw Personen geeignet" vorschreibe. Das erstgereihte Projekt sehe nun lediglich eine Gangbreite von 180 cm vor. Die bei Alten- und Pflegeheimen zur Erfüllung der Vorgaben der ÖNORM B 1601 üblichen Nischen vor den Bewohnerzimmern mit einem Radius von zumindest 250 cm fehlten aber im Projekt. Dies bedeute, dass nicht ausreichend Platz vorhanden wäre, um fahrbare Betten in die Zimmer hinein- bzw wieder herauszuschieben, da die Gangbreite für eine Drehung des Bettes nicht ausreichen würde. Das Konzept der Erstgereihten widerspreche somit auch in diesem Punkt der Wettbewerbsordnung und wäre somit auszuscheiden gewesen. Im Übrigen wäre das erstgereihte Projekt aufgrund der Nichteinhaltung der einschlägigen baurechtlichen Vorschriften auch gar nicht bewilligungsfähig.

 

Das erstgereihte Projekt erweise sich zudem in einem weiteren Punkt wegen Verstoßes gegen einschlägige Normen und Richtlinien als nicht umsetzbar und wäre deshalb auszuscheiden gewesen. Zwar werde im Juryprotokoll als vorteilhaft erwähnt, dass das Projekt mit nur einem Stiegenhaus auskomme; bei genauer Betrachtung sei das aber nicht korrekt: Die technischen Richtlinien Vorbeugender Brandschutz (TRVB) sähen in ihrem Punkt 6.1.2. vor, dass Fluchtwege maximal 40m betragen dürften. Aus den vorgelegten Plänen ergebe sich, dass in den Wohnbereichen die Wege aus den hintersten Zimmern bis zu der einzig vorgesehenen Stiege über den maximal zulässigen 40m lägen. Damit widerspreche das Projekt eindeutig den einschlägigen Brandschutzrichtlinien. Zwar ergebe sich aus der Projektbeschreibung, dass die in dem Plan eingezeichneten Terrassen im Brandfall als Bergebalkone (Loggien) fungieren sollen. Diese Vorkehrungen würden sich jedoch als besonders ungeeignet erweisen, zumal die dort wohnenden Personen überwiegend in ihrer Mobilität stark eingeschränkt seien. Dies habe zur Konsequenz, dass einem hohen Anteil der Bewohner eine eigenständige Flucht ohne aktive Unterstützung durch das Personal in einem Brandfall nicht möglich sei. Diesbezüglich trage TRVB 132 damit dem Umstand Rechnung, dass im Fall von Personen, die in ihrer Mobilität stark eingeschränkt sind, Schiebe- oder Streckleitern als Rettungsgeräte völlig ungeeignet sind, wodurch nur Hochrettungsgeräte (Drehleitern, Gelenkbühnen udgl) zum Einsatz kommen können. Der Einsatz solcher Geräte bedürfe jedoch neben der Anfahrt auch Zeit für das Aufstellen und schließlich die Rettung der betroffenen Personen über den Korb, der jeweils nur eine begrenzte Anzahl von Personen aufnehmen könne und erst dann wieder einsatzbereit sei, wenn diese Personen am Boden aussteigen konnten. Aus diesem Grund würden die TRVB eine solche Bergung ausdrücklich als Mittel der letzten Wahl bezeichnen. Eine Verwendung der südlichen Terrasse als Bergebalkon scheide überdies schon allein deshalb aus, weil  eine Zufahrt mit entsprechenden Fahrzeugen (nämlich Lkw der Feuerwehr) gar nicht möglich sei, weil die Anlieferungswege auf dem Grundstück, nach dem Projekt der Erstgereihten eine Zufahrt an die Südfront des Gebäudes mit Lkw gar nicht zulassen. Daraus ergebe sich, dass das Konzept, das überwiegend auf eine Rettung im Brandfall über solche Bergeloggien abstelle, nach den einschlägigen Richtlinien TRVB N 132 völlig ungeeignet sei.

 

Zuletzt sei noch hervorzuheben, dass gerade jener Punkt, den die Jury in ihrer Wertung als besonders positiv hervorhebe, nämlich der im Schnitt dargestellte Vorschlag für die Belichtung der Stiege, nach dem Planstand der Wettbewerbsarbeit der Erstgereihten gar nicht ausführbar sei. Aus guten Gründen halte die Jury in ihrem Protokoll fest, dass diese Belichtung im Grundriss nicht zu finden sei. An jener Stelle, die im Schnitt als Luftraum ausgewiesen sei, sei im Grundriss nämlich in jedem Bewohnergeschoß ein Putzraum vorgesehen, der die von der Jury gutgeheißene Belichtung unmöglich mache bzw in der vorgelegten Konzeption ad absurdum führe, weil er an genau jener Stelle sei, die für den Belichtungsvorschlag über die Geschoße offen bleiben müsse. Hier zeige sich daher abermals, dass die im Wettbewerb vorgelegten Pläne irreführend seien und durch ihre Widersprüchlichkeit Mängel in der Konzeption zu verschleiern versuchen würden. Der hier aufgezeigte Widerspruch zwischen den einzelnen Plänen der Wettbewerbsarbeit der Erstgereihten wirke aber gerade deshalb besonders schwer, weil er ergebnisrelevant sei. Immerhin habe die Jury den Belichtungsvorschlag für die Stiege besonders als positiv hervorgehoben. Gerade dieser Vorschlag erweise sich aber bei einem genauen Studium des Vorschlages als überhaupt nicht realisierbar und hätte daher keinesfalls positiv in die Bewertung einfließen dürfen. Dasselbe gelte auch für die von der Jury besonders positiv herausgestrichene Idee, nur eine Stiege vorzusehen. Auch dieser Vorschlag könne gar nicht ausgeführt werden, wenn man die einschlägigen Brandschutzbestimmungen ernst nehme.

 

Der Planungsfehler wirke sich aber noch viel gravierender aus, wenn man den Putzraum im ersten OG in den Schnitt eintrage, so zeige sich, dass der Aufgang vom EG in das erste OG gar nicht mehr möglich sei, weil die Durchgangshöhe der einzigen (Flucht)Stiege am Zwischenpodest (und damit unter dem Putzraum des ersten OG) nur mehr 1m betrage.

 

Aus all diesen Gründen ergebe sich, dass das Projekt der Erstgereihten sowohl der Wettbewerbsordnung widerspreche als auch mangels Berücksichtigung gesetzlicher oder Normungsvorgaben  nicht bewilligungsfähig wäre und seine Realisierung weiters auch daran scheitern müsste, weil dazu auch fremde Flächen, nämlich Flächen des nicht zum Bauplatz gehörenden westlichen Nachbargrundstückes bebaut und Flächen des südlichen Nachbargrundstückes für die Anlieferung befahren werden müssten. Das Projekt der Erstgereihten wäre nach den bestandsfest gewordenen Wettbewerbsunterlagen deshalb zwingend auszuscheiden gewesen; hätte keinesfalls jedoch mit einem Preis, schon gar nicht mit dem 1. Preis, bedacht werden dürfen.

 

Zum drohenden Schaden wurde vorgebracht, dass der Antragstellerin ein unwiederbringlicher Schaden durch den Entgang des dem Erstplatzierten gebührenden Preisgeldes sowie des letztlich ihr gebührenden Auftrags drohe. Nachdem für die Planung des konkreten Bauvorhabens von einer Gesamthonorarsumme von zumindest 350.000 Euro auszugehen sei, drohe ein Gewinn in der Höhe von branchenüblichen zumindest 20% der Auftragssumme, somit ein solcher von zumindest 70.000 Euro zu entgehen. Darüber hinaus habe die Antragstellerin für die Teilnahme am Wettbewerb bereits einen erheblichen Aufwand in der Höhe von deutlich mehr als 20.000 Euro getätigt, der durch die rechtswidrige Zuweisung des Preisgeldes an die Erstgereihte sowie die darauf resultierende Nicht-Zulassung zum Verhandlungsverfahren frustriert zu werden drohe. Zudem handle es sich um ein bedeutendes Referenzprojekt.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihren Rechten auf

-        Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren,

-        Teilnahme an einem vergaberechtskonform abgehaltenen Wettbewerb;

-        vergaberechtskonforme Beurteilung und Reihung der       Wettbewerbsarbeiten;

-        vergaberechtskonforme Entscheidung über die Zuweisung des Preisgeldes;

-        vergaberechtskonforme Entscheidung über den Wettbewerbsgewinner;

-        vergaberechtskonforme Entscheidung des Auftraggebers zur Zulassung zur                             Teilnahme am Verhandlungsverfahren;        

-        Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens;

-        Gleichbehandlung und Nicht-Diskriminierung

verletzt.

 

Bei der Marktgemeinde X handle es sich um einen öffentlichen Auftraggeber iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG, dessen Auftraggeberent­scheidungen in den Vollzugsbereich des Landes Oberösterreich fallen.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin zunächst auf die Ausführungen zum Hauptantrag und führt weiters aus, dass die Aussetzung des gegenständlichen Vergabeverfahrens das gelindeste Mittel sei, da die rechtswidrige Zuerkennung der Preise kurzfristig zum Abschluss  des Wettbewerbsverfahrens und die Zulassung des nach der Entscheidung des Preisgerichts Erstgereihten zum Verhandlungsverfahren gemäß § 30 Abs.2 Z6 BVergG 2006 unmittelbar bzw sehr kurzfristig zum Abschluss des Vergabeverfahrens und zum Vertragsabschluss führen könne. Gemäß § 131 Z3 BVergG 2006 bestehe die Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlags­entscheidung nicht in jenen Fällen, in denen ein Verhandlungsverfahren im Anschluss an einen Wettbewerb mit dem Gewinner des Wettbewerbes durchgeführt werde. Der Antragstellerin könne somit durch das rechtswidrige Vorgehen des Auftraggebers die Möglichkeit der Bekämpfung der Zuschlags­entscheidung genommen werden, und dies auf Grundlage der rechtswidrigen Entscheidung, die von der Antragstellerin fristgerecht eingebrachte Wettbewerbsarbeit hinter die Wettbewerbsarbeit der F2-Architekten X GmbH und X Architekten, zu reihen. Nur durch eine Aussetzung des Vergabeverfahrens sei eine Überprüfung der rechtswidrigen Auftraggeber­entscheidungen vor Zuschlagserteilung möglich. Würde aber der Auftraggeber den Zuschlag (an den rechtswidrig an die erste Stelle Gereihten) erteilen, so würde der Antragstellerin endgültig die Möglichkeit genommen werden, den Zuschlag im Rahmen des gegenständlichen Vergabeverfahrens erhalten zu können. Daher sei die Aussetzung des gesamten Vergabeverfahrens das gelindeste zur Verfügung stehende Mittel.

 

Sollte der UVS diesem Vorbringen nicht folgen, wäre die Untersagung der Fortsetzung des Verhandlungsverfahrens das nächst gelindeste Mittel, denn so wäre gewährleistet, dass es zu keiner Zuschlagserteilung vor Überprüfung der angefochtenen Entscheidungen komme.

 

Sollte der UVS der oben angezogenen Argumentation nicht folgen, dann wäre die in eventu begehrte Aussetzung des Laufs der Frist zur Legung eines Angebots im Verhandlungsverfahren das nächst gelindeste zur Verfügung stehende Mittel, da es eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidungen vor einer drohenden Zuschlagserteilung ermögliche und der Antragstellerin somit die Chance auf Erteilung des Zuschlags wahre.

 

Sollte der UVS auch dieser Argumentation nicht folgen, dann würde die in eventu begehrte Untersagung der Erteilung des Zuschlages im gegenständlichen Vergabeverfahren das gelindeste zur Verfügung stehende Mittel sein.

 

Der Erlassung einer einstweiligen Verfügung stünden keine schwerer wiegenden, möglicherweise geschädigten Interessen anderer Bieter bzw Wettbewerbsteil­nehmer oder des Auftraggebers sowie kein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens entgegen. Im Gegenteil: dem öffentlichen Interesse an der ordnungsgemäßen Abhaltung des vorliegenden Vergabeverfahrens komme aufgrund der Geschehnisse rund um dieses Vergabeverfahren, insbesondere die  Vorgangsweise des Auftraggebers bei der rechtswidrigen Bewertung des Projektes der F2-Architekten X GmbH und X Architekten, besondere Bedeutung zu. Nach ständiger Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden habe der Auftraggeber im Übrigen die Möglichkeit einer durch ein Nachprüfungsverfahren für max. zwei Monate bewirkten Verzögerung der Auftragsdurchführung bei der Terminplanung zu berücksichtigen. Eine Gefahr für Leib und Leben liegt keinesfalls vor.

 

Die Interessen der Antragstellerin an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung würden im konkreten Fall jedenfalls deshalb überwiegen, da aufgrund der Bestimmung des § 131 Z3 BVergG 2006 sonst die Erteilung des Zuschlags ohne Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und somit ohne Möglichkeit der Antragstellerin, diese Entscheidungen durch Vergabekontrollbehörden überprüfen zu lassen, bestehen würde. Das Interesse der Antragstellerin auf Überprüfung des rechtswidrigen Vorgehens des Auftraggebers überwiege daher jedenfalls eine ohnedies nicht ersichtliche besondere Interessenlage seitens des öffentlichen Auftraggebers.

 

2. Sowohl die X Gemeinnützige Landeswohnungsgenossenschaft als auch die Marktgemeinde X wurden, insbesondere zur Klärung der Auftraggebereigenschaft, vom Oö. Verwaltungssenat am Nachprüfungs­verfahren beteiligt.

 

Von der X, vertreten durch Rechtsanwälte Prof. X, erging mit Schreiben vom 11.3.2010 eine Stellungnahme dahingehend, dass die Zurückweisung in eventu die Abweisung des Nachprüfungsantrages beantragt werde. Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass der Wettbewerbsordnung entnommen werden könne, dass nicht die Antragsgegnerin Auftraggeberin der vergabegegenständlichen Architekten­leistungen und auch nicht Ausloberin des gegenständlichen Architektenwett­bewerbes sei. Es werde eingangs unter Punkt A.1 lediglich klargestellt, dass die Marktgemeinde X den Bedarf an der Erneuerung ihres Alten- und Pflegeheimes habe. Entscheidend sei jedoch folgende Festlegung: "Sie bedient sich der X zur Errichtung des Alten- und Pflegeheims, welche in weiterer Folge die Funktion des Bauherrn übertragen erhält". Darüber hinaus werde in Punkt A.2 klargelegt, dass das Projekt von der X abgewickelt werde. Dazu komme, dass auch in der Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union als öffentlicher Auftraggeber die X genannt sei.

 

Die Antragstellerin verweise zutreffend auf den zivilrechtlich geprägten Auftraggeberbegriff (§ 2 Z8 BVergG 2006). Nunmehr sei aus den vorliegenden Unterlagen jedoch eindeutig erkennbar, dass Auslober, Vertragspartner und Bauherr nicht die Antragsgegnerin, sondern die X sei.

 

Die Antragstellerin habe in ihrem Nachprüfungsantrag einen konkreten Antragsgegner genannt, welcher jedoch eindeutig nicht der zivilrechtliche Auftraggeber sein könne, weshalb der vorliegende Nachprüfungsantrag den Mindesterfordernissen des § 5 Oö. VergRSG 2006 nicht entspreche. Es handle sich zudem um einen nicht verbesserungsfähigen Mangel, weshalb auch eine nachträgliche Änderung des Antraggegners nicht mehr in Frage komme (VwGH 17.12.2002, 2000/04/0019 = ZVB 2003, 128).

 

Über telefonisches Ersuchen wurde von der Marktgemeinde X ein Auszug des Protokolls über die 29. öffentliche Sitzung des Gemeinderates vom 24.4.2008 vorgelegt, in welcher einstimmig beschlossen wurde, dass mit der LAWOG Gemeinnützige Landeswohnungsgenossenschaft für Oberösterreich eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung, X, X, ein Baurechtsvertrag abgeschlossen wird, der die Vertragspartnerin zur Errichtung eines Alten- und Pflegeheimes auf dem Standort des derzeitigen Alten- und Pflegeheimes, Grundstück Nr. X, EZ X, KG X, ermächtigt und verpflichtet. Das bezeichnete Alten- und Pflegeheim wird von der Marktgemeinde X im Wege eines Generalmietvertrages auf die Dauer der aushaftenden Finanzierungen gemietet. Das Alten- und Pflegeheim kann jederzeit auch nach vorzeitiger Rückzahlung der aushaftenden Fremdmittel ins Eigentum der Marktgemeinde X übernommen werden. Nach Festlegung der entsprechenden Finanzierung bzw Mittelzusagen durch das Land ist ein entsprechender Baurechtsvertrag und Generalmietvertrag dem Gemeinderat zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen. Die Ausschreibung des Architektenwettbewerbes erfolgt durch die X. 

Weiters wurde ein Schreiben vom 7.5.2008 vorgelegt, in welcher der X der Beschluss des Gemeinderates vom 24.4.2008 mitgeteilt wurde. Gleichzeitig wurde die X ersucht, hinsichtlich der Vorbereitung der weiteren Maßnahmen und Verträge mit der Marktgemeinde X Kontakt aufzunehmen.

Überdies wurde ein Auszug des Protokolls über die 35. öffentliche Sitzung des Gemeinderates vom 23.4.2009 vorgelegt, in welcher das von der X vorgelegte Raum- und Strukturprogramm für den Architektenwettbewerb betreffend die Errichtung eines Alten- und Pflegeheimes, einer Kindergartengruppe, Krabbelstube und Mutterberatung genehmigt wurde. Weiters wurde das Raum- und Strukturprogramm Alten- und Pflegeheim X sowie ein Finanzierungsplan vorgelegt.

Ebenso wurde ein Anschreiben vom 5.8.2009, vorgelegt, in welchem die Direktion Inneres und Kommunales um dringende Genehmigung des Starts des Architektenwettbewerbes ersucht wurde, zumal sich das Alten- und Pflegeheim in einem sehr schlechten Zustand befinde. Darüber hinaus wurde noch mitgeteilt, dass die X mit der Architektenfindung sowie mit der Errichtung des X und der Nutzung im Wege eines Generalmietvertrages beauftragt wurde. Das Heimkonzept und das Konzept für den Architektenwettbewerb sein in der Gemeinderatssitzung am 23.4.2009 beschlossen worden.

In Wahrung des Parteiengehörs erging von der Antragstellerin eine Stellungnahme dahingehend, dass der Einwand der mangelnden Passivlegitimation wegen unzutreffender Bezeichnung der Auftraggeberin unzutreffend sei. Bei der Beurteilung der Frage, wer in einem Vergabeverfahren als öffentlicher Auftraggeber anzusehen sei, sei ein funktionales Verständnis maßgeblich. Ausgeführt wurde weiters, dass die allgemeinen, für die Auslegung rechtsgeschäftlicher Erklärungen maßgeblichen zivilrechtlichen Regelungen der § 914 ff ABGB auch im Vergaberecht heranzuziehen seien. Ausschreibungs­unterlagen seien demnach nach ihrem objektiven Erklärungswert zu interpretieren. Eine am objektiven Erklärungswert der Wettbewerbsordnung (konkret: Punkte A.1. und A.2) orientierte Interpretation zeige deutlich, dass realiter die Marktgemeinde X als Auftraggeberin im konkreten Vergabeverfahren anzusehen sei. Auftraggeber iSd Vergaberechts sei nämlich jede natürliche oder juristische Person, die einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen erteile oder zu erteilen beabsichtige. Die Auftraggebereigenschaft der Marktgemeinde X ergebe sich daher schon aus der einleitenden Bestimmung (Punkt A.1), "Die Marktgemeinde X beabsichtigt die Erneuerung ihres Alten- und Pflegeheims. Sie bedient sich der X zur Errichtung des Alten- und Pflegeheims, welche in weiterer Folge die Funktion des Bauherrn übertragen erhält". Die Wortfolge, wonach sich die Marktgemeinde Timelkam der X lediglich zur Errichtung bediene, weise eindeutig auf die Auftraggeberstellung der Marktgemeinde hin. Dass die Marktgemeinde in weiterer Folge, somit zu einem nicht näher bestimmten zukünftigen Zeitpunkt, die Bauherrnrolle allenfalls an die X übertrage, vermöge an der zum Zeitpunkt der Ausschreibung  vorzunehmenden Qualifikation der Marktgemeinde als Auftraggeberin nichts zu ändern. Demzufolge werde die X in Punkt A.2 auch bloß als "Abwickler" des Vorhabens bezeichnet, woraus sich ebenso deutlich die unselbständige, mithin vertretende Funktion der X erweise. Denn unter dem Begriff "Abwickler" werde üblicherweise der Vorprüfer eines Wettbewerbs verstanden und nicht der Auslober bzw Auftraggeber. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung sei daher die X allenfalls als ausschreibende Stelle anzusehen. Trete aber die ausschreibende Stelle in Vertretung eines anderen Rechtsträgers auf, sei der dahinter stehende Rechtsträger selbst als Auftraggeber anzusehen. Selbst wenn in der EU-weiten Bekanntmachung die X als öffentlicher Auftraggeber angeführt sei, gehe die Wettbewerbsordnung als zeitlich nachfolgendes Dokument der EU-weiten Bekanntmachung vor. Des Weiteren werde darauf hingewiesen, dass eine allenfalls undeutliche Äußerung (hier: Bezeichnung der Gemeinde als "Bauherr" sowie die X als "Abwickler" in der Wettbewerbsordnung) in den Ausschreibungsunterlagen nach den allgemeinen, auch im Vergaberecht maßgeblichen Interpretationsmaximen der §§ 914 ff ABGB zu Lasten desjenigen gehe, der sich ihrer bedient habe.

 

Die X habe ihrer Stellungnahme einen Gemeinderatsbeschluss vom 7.5.2008 beigelegt. Demnach sei von der Marktgemeinde X mit der X ein Baurechtsvertrag abgeschlossen worden. Aus dem aktuellen Grundbuchsauszug gehe hervor, dass das Baurecht der X bis heute noch nicht im Grundbuch eingetragen sei. Gemäß § 5 BauRG entstehe das Baurecht als dingliches Recht erst durch bücherliche Eintragung. Die X sei daher nicht Baurechtsnehmerin geworden. Auch dieser Umstand spreche dafür, dass die X nicht die Funktion des Bauherrn habe.

 

Da das Alten- und Pflegeheim im Interesse und nach den Vorgaben der Marktgemeinde X errichtet werde und letztlich über die gewählte Finanzierungskonstruktion auch von dieser finanziert werde, sei die Marktgemeinde X auch bei einer funktionalen Betrachtung als Bauherrin anzusehen. Diese funktionale Sichtweise werde auch dadurch untermauert, dass der Marktgemeinde im konkreten Vergabeverfahren umfassende Einflussnahmemöglichkeiten eingeräumt seien. Insbesondere solle das Alten- und Pflegeheim nach den Vorstellungen der Gemeinde errichtet werden. Dies ergebe sich daraus, dass in der Jury, die zur Auswahl der besten Projekte eingesetzt wurde, ausschließlich Vertreter der Gemeinde sowie Architekten eingesetzt worden seien. Vertreter der X hätten sich nicht in der Jury befunden, einem Vertreter der X sei lediglich die Rolle des Vorprüfenden zugestanden worden. Von der X seien im Verfahren somit bloß formale Aufgaben wahrgenommen worden, die über eine lediglich "abwickelnde" Dimension nicht hinausgingen. Die X habe sich zudem dazu verpflichtet, das fertiggestellte Alten- und Pflegeheim an die Marktgemeinde X zu vermieten. Auch hinsichtlich der Verwendung des errichteten Gebäudes komme der X somit keinerlei Handlungsspielraum zu, ihr verbleibe lediglich die Rolle der Durchführung eines Projekts nach den Vorstellungen und für die Marktgemeinde X.

 

Auch die gewählte Form der Finanzierung des Projekts lasse keinen Zweifel daran bestehen, dass die X als bloß ausführende Hand der Marktgemeinde auftreten solle. Zunächst werde die Errichtung des Pflegeheims über Mietzahlungen der Marktgemeinde finanziert, es sei jedoch darüber hinaus in das freie Ermessen der Marktgemeinde gestellt, das Alten- und Pflegeheim jederzeit in ihr Eigentum zu übernehmen. Dass für diese Finanzierungskonstruktion in der Vereinbarung der Titel "Baurecht" gewählt wurde, vermöge an dieser Sichtweise nichts zu ändern, denn bei einer materiellen Betrachtung werde deutlich, dass die gewählte Vorgehensweise als reine Bauabwicklungs- und Finanzierungs­konstruktion zu qualifizieren sei.

 

Die umfassenden Einflussmöglichkeiten der Marktgemeinde X würden somit keinen Zweifel an ihrer Eigenschaft als funktionale Bauherrin und somit Auftraggeberin lassen.

 

Wie der EuGH jüngst klar gestellt habe, sei daher eine Errichtung durch einen Dritten nach den Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers und eine anschließende "Zurückmietung" durch diesen als öffentlicher Bauauftrag – und zwar jenes Auftraggebers, nach dessen Vorgaben das Bauwerk errichtet werde und der es dann (im gegenständlichen Fall: formal als "Mieter") nutzt – zu qualifizieren.

Aus vergaberechtlicher Sicht liege kein Mietvertrag vor, wenn bei der Errichtung eines Bauwerks den Erfordernissen des öffentlichen Auftraggebers in besonderem Maß Rechnung getragen werde und insofern für die öffentliche Hand "maßgeschneidert" werde. Diesfalls werde der Auftrag als Bauauftrag jenes Auftraggebers qualifiziert, für den das Bauwerk maßgeschneidert und auch dann überlassen werde. Dies bedeute, dass ein Bauauftrag der Marktgemeinde X vorliege. Die gleiche Sichtweise liege auch der Judikatur des OGH zu Grunde, der bei der Übertragung eines auf die Zwecke der öffentlichen Hand zugeschnittenen Bauvorhabens auf einen Dritten davon ausgehe, dass nicht letzterer sondern die öffentliche Hand als wahrer Auftraggeber anzusehen sei (vgl. OGH 28.3.2000, 1 Ob 201/99m).

 

An das Kriterium der Einflussnahme auf die Leistungsbeschreibung knüpfe auch der EuGH in der Rechtssache "Messe Köln" (EuGH 29.10.2009, Rs C-536/07) an. In dieser Entscheidung habe der EuGH die Errichtung von vier Messehallen nach den Vorgaben des öffentlichen Auftraggebers (Stadt Köln) zu beurteilen gehabt, wobei der öffentliche Auftraggeber unter anderem aus Finanzierungsgründen mit der privaten Errichtungsgesellschaft einen 30-jährigen Mietvertrag abgeschlossen hatte. Der EuGH habe das Vertragswerk insgesamt – entgegen der von den Parteien ausdrücklich als Mietvertrag vorgenommenen Bezeichnung – inhaltlich als ausschreibungspflichtigen Bauauftrag beurteilt und habe sich dabei vor allem auf die inhaltlichen Vorgaben des Auftraggebers an den privaten Errichter gestützt. Demnach lagen sehr detailliert formulierte Spezifikationen im Mietvertrag vor, die "in Form einer genauen Beschreibung der zu errichtenden Gebäude, ihrer Beschaffenheit und ihrer Ausstattung weit über die üblichen Vorgaben eines Mieters für eine neue Immobilie einer gewissen Größe hinausgehen". Der EuGH sei zum Ergebnis gekommen, dass einziger Vertragspartner die Stadt Köln sei.

 

Auch wenn die X den gegenständlichen Wettbewerb durchgeführt habe, so ergebe sich daraus nicht, dass sich die X auch als Bauherrin eines solchen Bauvorhabens ansehe. Immerhin werbe die X auf ihrer Homepage selbst mit ihren "Vorteilen" und verspreche dort eine "garantierte professionelle Abwicklung für den Bauherren". Somit sei die X auch ihrem Selbstverständnis nach bloß in abwickelnder Funktion für Gemeinden bei der Durchführung von Auftragsvergaben tätig, während nach der eigenen Diktion der X die Gemeinde Bauherr bleibe.

 

Zudem würde sich die Behauptung der X, wonach es sich bei einer unrichtigen Bezeichnung des Auftraggebers um einen nicht verbesserungs­fähigen Mangel handle, als unrichtig erweisen. Das zitierte VwGH-Erkenntnis enthalte keine derartige Festlegung. Auch vor dem Hintergrund einer rechtschutz­freundlichen Auslegung des § 5 Oö. VergRSG 2006 müsse davon ausgegangen werden, dass jedenfalls in Fällen wie dem hier vorliegenden ein nachträglicher Austausch von Auftraggeber und vergebender Stelle möglich sein müsse. Schließlich wäre die Zuständigkeit des UVS OÖ in beiden Konstellationen gegeben, ein allfälliger Wechsel der zuständigen Behörde könne dem somit nicht entgegenstehen.

Daneben würden auch den "Antragsgegnern" durch einen Austausch ihrer Positionen im Verfahren keinerlei Nachteile erwachsen. Sowohl die im Nachprüfungsantrag als Auftraggeber bezeichnete Einrichtung als auch die vergebende Stelle würden unmittelbar von der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens in Kenntnis gesetzt und es werde ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme im Verfahren eingeräumt.

Vor diesem Hintergrund lasse eine rechtsschutzfreundliche Auslegung des § 5 Oö. VergRSG 2006 nur das Ergebnis zu, dass im gegenständlichen Fall ein nachträglicher Austausch von Auftraggeber und vergebender Stelle bzw eine nachträgliche Richtigstellung der Auftraggeberbezeichnung zulässig sein müsse. Eine andere Auslegung sei auch im Hinblick auf das gemeinschaftsrechtliche Gebot eines effizienten Rechtsschutzes nicht möglich. Somit wäre auch für den Fall, dass der UVS zu dem Ergebnis gelange, dass die X als Auftraggeberin anzusehen sei, der Nachprüfungsantrag nicht zurückzuweisen, sondern vielmehr ein Verbesserungsauftrag zu erteilen.

 

Sollte der UVS – entgegen den vorgebrachten Argumenten – dennoch zu dem Ergebnis gelangen, dass die X als öffentliche Auftraggeberin anzusehen sei, so werde in eventu die Bezeichnung des Auftraggebers dahingehend im konkreten Nachprüfungsantrag richtiggestellt, dass die X, als öffentlicher Auftraggeber bezeichnet werde.                        

 


3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Dienstleistungsauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 5 Abs.1 Z2 Oö. VergRSG 2006 hat ein Antrag gemäß § 3 Abs.1 (Nachprüfungsantrag) jedenfalls die genaue Bezeichnung des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin zu enthalten.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 8 Abs.2 Z1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabe­verfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin zu enthalten.

 

Im Provisorialverfahren konnte in der Kürze der für die Entscheidung zur Verfügung stehenden Zeit die Frage des Auftraggebers nicht abschließend geklärt werden. Es ist zumindest möglich, dass der Gemeinde X die Auftraggebereigenschaft im Sinne des Vergaberechtes zukommt. Zur endgültigen Klärung dieser Frage bedarf es noch genauerer Ermittlungen.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.2 leg.cit. können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin bis zur Entscheidung über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.2.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.3. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessens­abwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontroll­instanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Entsprechend dem vom Gesetz geforderten gelindesten Mittel war nur die Erteilung des Zuschlages zu untersagen, da nur in diesem Fall der Antragstellerin ein mit mehr rückgängig zu machender Nachteil im konkreten Vergabeverfahren droht.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorial­verfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

  

 


Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum