Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164817/3/Br/Th

Linz, 02.03.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau X, vertreten durch Dr. X, Rechtsabteilung des X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 21. Jänner 2010, Zl.: VerkR96-55632-2009, wegen einer Übertretung des KFG 1967 1960, zu Recht:

 

 

I.         Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – AVG iVm  § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51e Abs.1 Z1, Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009 – VStG.

Zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 4 Abs. 2 KFG u. § 134 Abs.1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von 60 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden verhängt, weil sie sich als Lenkerin, obwohl es ihr zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt habe, dass das von ihr verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass die für die Verkehrs- und betriebssichere Verwendung des angeführten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen hätte, obwohl Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssten, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Es sei  festgestellt worden, dass die Windschutzscheibe im Sichtbereich des Lenkers gesprungen war.

Tatort: Gemeinde Redlham, Landesstraße Freiland, B 1 bei km 235.141

Tatzeit: 24.09.2009, 15:00 Uhr.

Fahrzeug: Kennzeichen X, PKW, Mazda 121, rot.“

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

Gemäß §102 Abs. 1 KFG 1967 darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm [ihr] zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen; die Überprüfung der Wirksamkeit der Vorrichtungen zum Abgeben von akustischen Warnzeichen darf jedoch nur erfolgen, sofern nicht ein Verbot gemäß §43 Abs. 2 lit. a StVO 1960 besteht. Berufskraftfahrer haben bei Lastkraftwagen, Sattelzugfahrzeugen, Omnibussen oder Anhängern unverzüglich den Zulassungsbesitzer nachweisbar zu verständigen, wenn das Fahrzeug diesen Vorschriften nicht entspricht.

 

Gemäß § 4 Abs.2 KFG1967 müssen Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen noch übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Luftverunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßenbenützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind. Sie dürfen innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vorrichtungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutzvorrichtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beeinträchtigung der Verwendbarkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweckbestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000,- Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 zuwiderhandelt. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde von der Polizeiinspektion Lenzing während einer Verkehrskontrolle festgestellt und am 27.09.2009 zur Anzeige gebracht.

 

Gegen die daraufhin von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck an Sie ergangene Strafverfügung vom 02.10.2009 haben Sie, vertreten durch Dr. X, innerhalb offener Frist Einspruch erhoben.

Sie begründeten Ihren Einspruch wie folgt:

Es sei in keinem der von der Behörde relevierten Paragraphen von Sprüngen im Sichtbereich des Lenkers die Rede. Daher erweise sich der Vorwurf als völlig unrichtig. Es entspräche zwar den Tatsachen, dass die Windschutzscheibe des Fahrzeuges einen Sprung aufwies, allerdings hätte sich dieser soweit rechts (ca. 15 cm von der rechten A-Säule entfernt) befunden, dass nicht einmal ansatzweise vom Sichtbereich des Fahrers die Rede sein könne.

Weiters gaben Sie an, dass auch in dem für die Begutachtung gemäß § 57a KFG heranzuziehenden Mängelkatalog nur Sprünge im direkten Sichtbereich des Fahrers als schwerer Mangel zu werten sind und dass anlässlich der letzten Begutachtung gem. § 57a KFG beim ÖAMTC anstandslos die Prüfplakette ausgestellt wurde.

 

Daraufhin wurde die Abteilung Verkehrstechnik der Landesregierung um Stellungnahme zu Ihren Einspruchsangaben ersucht.

In der Stellungnahme vom 07.12.2009 wird seitens der Abteilung Verkehrstechnik, Linz, festgestellt, dass der Sichtbereich des Lenkers bezüglich der Windschutzscheibe in den Sichtbereich A Hauptsichtbereich (direkter Sichtbereich vor dem Lenkersitz) und den Sichtbereich B (Sichtbereich vor dem Beifahrersitz) unterteilt wird. Beide Sichtbereiche sind jedoch für den Fahrzeuglenker maßgeblich.

Im gegenständlichen Fall liegt die Beschädigung (Sprung) eindeutig außerhalb des Hauptsichtbereiches im Sichtbereich B.

Durch den Sprung in der Windschutzscheibe können Verzerrungen bzw. Spiegelungen und dadurch Sichtbeeinträchtigungen besonders bei Regen entstehen, sodass auch nach den Bestimmungen des aktuellen Mängelkataloges ab einer Länge des Sprunges von mehr als 150 mm im Sichtbereich B ein schwerer Mangel vorliegt.

Der Sprung am gegenständlichen Fahrzeug weist eine durchgehende Länge von wesentlich mehr als 150 mm auf, sodass es sich eindeutig um einen schweren Mangel handelt.

 

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 17.12.2009 (nachweislich übernommen am 04.01.2010) wurde Ihnen diese Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit zur Rechtfertigung eingeräumt.

 

In weiterer Folge haben Sie, vertreten durch Dr. X, mit Mail vom 14.01.2010 dazu Stellung genommen.

Sie würden demnach Ihre Einspruchsangaben vom 16.10.2009 vollinhaltlich aufrecht erhalten.

Weiters führen Sie an, dass sich für die Beurteilung eines schweren Mangels die Längenangaben des Sprunges nicht im Mängelkatalog sondern im dazu ergangenen Kommentar befänden und dieser lediglich die persönliche Meinung des Verfassers beinhalte.

Die Feststellung ob ein leichter oder schwerer Mangel vorliegt, würde nur durch den mit der Begutachtung betrauten Sachverständigen erfolgen.

 

Die Behörde hat hiezu erwogen:

Für die Behörde erscheint die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung durch die dienstliche Wahrnehmung des anzeigenden Polizeibeamten sowie durch die Stellungnahme des Amtssachverständigen  Ing. X, Abteilung Verkehr zweifelsfrei erwiesen.

Seite 3

Die Angaben in Ihrem Schreiben vom 14.01.2010 entkräften die Stellungnahme des Amtssachverständigen nicht.

 

Es war daher wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

 

Sie haben auch keine Angaben zu Ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen gemacht. Daher wurde ein monatliches Einkommen von 1.000,00 Euro, keine Sorgepflichten und kein Vermögen angenommen.

 

Strafmildernd konnte Ihre bisherige Unbescholtenheit gewertet werden. Straferschwerende Umstände lagen nicht vor.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.“

 

2. Dagegen richtet sie sich mit der von der Rechtsvertreterschaft fristgerecht erhobenen wie folgt ausgeführten Berufung:

 

Gegen umseits bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, der am 26.1.2010 zugestellt wurde, erhebe ich in offener Frist

 

Berufung

 

und begründe diese wie folgt:

Ich erkläre, den genannten Bescheid in vollem Umfang anzufechten, wobei als Be­rufungsgründe unrichtige Sachverhaltsfeststellung, unrichtige Beweiswürdigung, unrichtige rechtliche Beurteilung und Nichtigkeit infolge Verletzung von Verfah­rensvorschriften geltend gemacht werden.

Meine Verantwortung gründe ich in erster Linie auf meine - in der Stellungnahme v. 14.1.2010 - bereits gemachten Angaben und halte diese vollinhaltlich aufrecht. Die Behörde hat - trotz substantiellem Vorbringen meinerseits - die Aussagen des Sachverständigen übernommen und lapidar festgestellt, dass meine Angaben nicht ausreichen, die Meinung des Sachverständigen zu entkräften.

Dieser Haltung trete ich entschieden entgegen und bin der Ansicht, dass es zu­mindest die Pflicht der Behörde gewesen wäre, meine Angaben dem Sachver­ständigen zur Stellungnahme vorzulegen, zumal der Sachverständige in seinen Ausführungen auf den wesentlichen Umstand, dass sich die von ihm geäußerte Meinung lediglich im Kommentar zum Mängelkatalog befindet, nicht jedoch im Mängelkatalog selbst, mit keiner Silbe hingewiesen hat.

Die Behörde hat damit einen der elementaren Grundsätze des Verwaltungsstrafrechtes, nämlich nicht nur Umstände zu berücksichtigen, die den Beschuldigten belasten, sondern auch solche zu erforschen, die ihn entlasten können, missach­tet und somit den angefochtenen Bescheid auch mit Rechtswidrigkeit belastet, was als Verfahrensmangel ausdrücklich gerügt wird.

 

Zusammenfassend stelle ich daher den

 

Antrag,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat Oberösterreich möge - allenfalls nach Durch­führung  einer mündlichen Verhandlung - den angefochtenen Bescheid aufheben und das wider mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

x, am 9. Februar 2010                                                                                         X.“

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unter Berücksichtigung des Ergebnisses der durch die Rücksprache mit dem Amtssachverständigen eränzend durchgeführten Beweisaufnahme und dem diesbezüglich gewährten rechtlichen Gehör gegenüber der Behörde erster Instanz unterbleiben (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

4. Die Anzeige reduziert sich hier nur auf den fotografisch festgehalten am rechten Rand der Windschutzscheibe verlaufenden Riss. Es finden sich in der Anzeige keinerlei Hinweise wie und wann dieser entstanden ist. Angaben der Berufungswerberin als Lenkerin, welche doch über den Grund und die Umstände des Mangels befragt worden sein sollte, findet sich in der Anzeige nicht.

Soweit die Begutachtungsplakette auf dem Foto es erahnen lässt müsste die Begutachtung im August stattgefunden haben. Daraus folgt, dass der Mangel zu diesem Zeitpunkt wohl noch nicht vorgelegen sein dürfte.

Die ergänzende Befragung des Sachverständigen führte zum Ergebnis, dass es durchaus vertretbar war mit diesem Fahrzeug bei trockenen Fahrbahnverhältnissen im zeitlich vertretbaren Rahmen eines Reparaturtermins mit dem Fahrzeug noch zu fahren. Zu bemerken ist, dass der Riss klar außerhalb des Arbeitsbereiches des Scheibenwischers zu liegen scheint.

Auf die Berufungsausführungen, welche in Wahrheit auch nicht wirklich nachvollziehbar sind ist daher nicht mehr näher einzugehen.

Einerseits wird weder das Faktum als solches Bestritten und andererseits wird auch dessen rechtliche Relevanz nicht in Abrede gestellt. Auch die diesbezügliche Kompetenz des Sachverständigen in dessen Bewertung scheint bejaht zu werden.

Nichts ausgeführt wird jedoch zur Frage des Verschuldens und des Zeitpunktes des Schadenseintrittes, wobei diesbezüglich zutreffend auf die positive Begutachtung nach § 57a KFG hingewiesen wurde. Im Recht ist die Berufungswerberin auch mit dem Hinweis, dass es für die rechtliche Beurteilung nicht die Meinung des Amtssachverständigen zu widerlegen gilt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Eingangs lässt sich der Tatvorwurf aus der Sicht der betroffenen Verfahrenspartei nur schwer mit dem zu Last liegenden Fehlverhalten in Einklang bringen, wenn darin u.a. über die Gebote der Beschaffenheit eines Fahrzeuges, dessen Lärm und Geruchsemissionen und die Vermeidung von Beschmutzungen anderer Straßenbenützer die Rede ist.

Wenn dann im letzten Satz festgestellt wurde, dass die Windschutzscheibe im Sichtbereich des Lenkers gesprungen war, entsprach auch das nicht der Realität, weil der Sprung eindeutig am rechten Rand der Scheibe, also weit außerhalb des zentralen Sichtbereiches lag.

Es hat sich offenbar um einen erst kurz vorher entstandenen Schaden gehandelt, da dieser dem Anschein nach bei der kürzlich vorher stattgefundenen Begutachtung wohl noch nicht vorgelegen sein dürfte. In diesem Fall wäre wohl keine Plakette ausgestellt worden. Diesbezüglichen Feststellungen entbehrt die Anzeige ebenso wie eine Erkundung der Umstände über diesen Mangel bei der Lenkerin.

Da der Berufungswerberin jedenfalls ein Verschulden nicht nachgewiesen gelten kann, da dieser Schaden insbesondere bei trockenen Witterungsbedingungen jedenfalls keine Verkehrsgefährdung indiziert. So muss bei sachgerechter Beurteilung nicht zuletzt auch die Fahrt in die Werkstätte noch als zulässig erachtet werden.

 

6. Rechtlich ist folgendes festzustellen:

 

Nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 25.1.2005, 2004/02/0295) liegt ein Fall des § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG 1967 etwa dann, wenn durch den Zustand der Windschutzscheibe vom Material her das "sichere Lenken" – sei es weil Gegenstände verzerrt erscheinen oder weil aus anderen Gründen keine ausreichende Sicht gegeben ist – unter dem Blickwinkel des Schutzzweckes des KFG (das heißt der Sicherheit der Teilnehmer im Straßenverkehr) nicht gewährleistet ist, eine Strafbarkeit des Lenkers nach der Bestimmung des § 102 Abs.1 iVm der Vorschrift des § 10 Abs.1 KFG 1967 vor. Der Berufungswerberin wurde, was hier auf sich bewenden kann, im gesamten erstinstanzlichen Verfahren eine Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 iVm § 4 Abs.2 KFG 1967 zur Last gelegt.

Gemäß § 10 Abs 1 KFG müssen Windschutzscheiben und Klarsichtscheiben von Kraftfahrzeugen aus einem unveränderlichen, vollkommen durchsichtigen Stoff bestehen. Sie dürfen Gegenstände nicht verzerrt erscheinen lassen und müssen auch bei Bruch so weit Sicht lassen, dass das Fahrzeug bis zum Anhalten sicher gelenkt werden kann. Aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass durch den Sprung in der Windschutzscheibe eine Sichtbeeinträchtigung oder zu einer Gefährdung der Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges gekommen war. Bei trockenen Straßenverhältnissen ist dies laut ergänzender Stellungnahme des Sachverständigen sogar zu verneinen.

 

Faktum ist, dass es außerhalb des Bereiches der Wischerblätter im rechten Bereich zu einem durchgehenden Sprung der Windschutzscheibe gekommen war, die aber auch in diesem Fall keine Sichtbeeinträchtigung zur Folge hatte. Somit läge nicht einmal eine Übertretung nach § 10 Abs 1 KFG vor (vgl. Erk. UVS-Stmk v. 26.9.2002, 30.11-88/2001, sowie 26.3.1997, 30.9-111/96).

 

Sollte es dadurch tatsächlich zu einer Sichtbeeinträchtigung gekommen sein, was auf Grund der im Akt erliegenden Fotos nicht gesichert gelten kann, wären der Berufungswerberin zutreffendenfalls Vorhaltungen nach § 10 bzw. § 4 Abs 2 KFG innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist zu machen gewesen.

Wenn hier die Behörde erster Instanz dem Tatvorwurf den gesamten ersten Satz des § 4 Abs.2 KFG 1967 zu Grunde legte und demnach vermeinte sich über den Zustand vor Antritt der Fahrt nicht überzeugt zu haben, so wäre damit der Tatbestand jedenfalls nicht realitätskonform umschrieben worden. 

Es war zumindest im Zweifel, sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite betreffend mit einer Verfahrenseinstellung nach § 45 Abs.1 Z1 VStG vorzugehen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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