Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252319/2/Sr/Mu/La

Linz, 26.02.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, x vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. November 2009, Zl. 0021925/2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.   Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009, i.V.m. §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009

zu II.: § 66 Abs. 1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 4. November 2009, Zl. 0021925/2009, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

I.         Tatbeschreibung:

 

Sie haben als Gewerbeinhaber und Betreiber der Firma x, x zu verantworten, dass Sie als Dienstgeber entgegen den gesetzlichen Bestimmungen des § 33 Abs. 1 ASVG Ihrer Verpflichtung, einen von Ihnen in der Krankenversicherung (Vollversicherung) pflichtversicherten, beschäftigten Dienstnehmer – vor Arbeitsantritt – beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden, insofern nicht nachgekommen sind, als Sie – wie sich anlässlich einer von Kontrollorganen des Finanzamtes durchgeführten Beschäftigungskontrolle und nachfolgender Ermittlungen herausgestellt hat – als Dienstgeber in der Zeit von 30.03.2009 bis 23.04.2009 die Dienstnehmerin Frau x, geboren x in der Betriebsstätte in x, „x-Tankstelle″ als Tankstellenbetreuerin mit Arbeiten in der Kassenzone und somit in persönlicher und auch wirtschaftlicher Abhängigkeit (vollversichert) beschäftigt haben, ohne diese Arbeitnehmerin – vor Arbeitsantritt – beim zuständigen Krankenversicherungsträger, nämlich der OÖGKK mit Sitz in Linz angemeldet zu haben. Am 24.04.2009 haben Sie Frau x als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerin bei der OÖGKK angemeldet.

 

II.      Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

 

§ 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

 

...

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde über den Bw eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 112 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 73 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die dem Bw angelastete Tat von einem Organ des Finanzamtes Linz, KIAB, bei einer Kontrolle am 5. Mai 2009 um 10:55 Uhr und nach Einsichtnahme in den vorgelegten Dienstplan festgestellt worden sei. In der der Anzeige beigelegten Niederschrift habe der Bw angegeben, dass die namentlich genannte Person seit März 2009 aushilfsweise tätig sei, er sich aber an das Arbeitsantrittsdatum nicht mehr erinnern könne, der Dienstplan verbindlich sei und diese zwischen zwei und vier Stunden pro Einsatztag bei ihm arbeite. Nachdem es sich bei der Beschäftigten um seine Lebensgefährtin handle, habe sie als Entgelt Gratisleistungen wie Autowaschen oder die Einladung zu Essen erhalten. Außerdem habe sie die abgelaufenen Produkte mit nach Hause nehmen dürfen. Zudem sei aus dem beigelegten Dienstplan vom 30. März 2009 bis 3. Mai 2009 hervorgegangen, dass diese Person wöchentlich durchschnittlich etwa 23 Stunden beschäftigt gewesen sei.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. Mai 2009 sei gegen den Bw das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. In seinem Schriftsatz vom 27. Mai 2009 habe der Bw vorgebracht, dass in diesem Zeitraum die namentlich genannte Beschäftigte seine Lebensgefährtin gewesen sei, welche ihn in Stressphasen unentgeltlich maximal für zwei bis vier Stunden in der Woche unterstützt habe, weil Ende März ein Mitarbeiter unerwartet bei ihm zu arbeiten aufgehört habe. Im Vordergrund sei nicht das Kassieren gestanden, sondern habe sie das Lager geschlichtet und Waren ausgepackt. Seine Lebensgefährtin sei in Frühpension gewesen, weshalb sie keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen habe können. Daher habe er sie ab 24. April 2009 geringfügig beschäftigt. Seit 1996 sei er selbständig tätig und er habe immer pünktlich und fristgerecht seine Mitarbeiter angemeldet. Ihm sei aber bewusst, dass dieser vorliegende Fall möglicherweise rechtlich nicht in Ordnung war.

 

Zu diesen von dem Bw ausgeführten Rechtfertigungsgründen habe sich der Anzeigenleger dahingehend geäußert, dass der Bw in seiner Stellungnahme die Beschäftigung dieser Person zugegeben habe.

 

Im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Bw in seiner weiteren Stellungnahme vorgebracht, dass es nicht richtig sei, dass er seine Lebensgefährtin in Form eines Arbeitsverhältnisses angestellt habe, sondern sie ihn lediglich in Stressphasen unentgeltlich für maximal zwei bis vier Stunden in der Woche unterstützt habe. Bereits bei der niederschriftlichen Einvernahme durch das Finanzamt am 5. Mai 2009 habe er angegeben, dass seine damalige Lebensgefährtin kein Geld von ihm erhalten habe. Bei den in Rede stehenden bestimmten Gegenleistungen handle es sich lediglich um Gegenleistungen für die Hilfstätigkeit im Rahmen der damaligen Lebensgemeinschaft. Zudem seien die Gegenleistungen von ihr völlig freiwillig erfolgt. Es habe keinerlei Vereinbarungen und keine sonstige wie auch rechtliche Verpflichtungen gegeben. Mangels jeglichen verbindlichen Charakters sei daher weder ein Arbeits- noch ein sonstiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen.

 

Für die erkennende Behörde sei daher der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisver­fahrens erwiesen.

 

Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 VStG wird hinsichtlich des Verschuldens ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt habe und die Rechtfertigungsgründe des Bw nicht ausgereicht hätten, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

 

In der Folge weist die belangte Behörde weiters darauf hin, dass eine Beistandspflicht gemäß § 90 ABGB lediglich zwischen Ehepartner festgelegt sei. Zwischen Lebensgefährten bestehe eine solche Verpflichtung nicht, weshalb im Falle einer Beschäftigung im Betrieb des Lebensgefährten eine Versicherungspflicht bestehe. Weiters bringt die belangte Behörde zur Entgeltlichkeit vor, dass nach § 1152 ABGB jeder Person eine adäquate Entlohnung zustehe, die eine Leistung für eine andere Person erbringe. Nach reiflichen Überlegungen seien daher die Angaben, dass seine Lebensgefährtin lediglich 2 bis 4 Stunden pro Woche ausgeholfen habe, aufgrund des vorliegenden Dienstplanes als Schutzbehauptungen zu werten gewesen.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung sei auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandmäßigkeit erwiesen.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die Entlohnung außerhalb des Kollektivvertrages als erschwerend, die bisherige Unbescholtenheit als strafmildernd zu werten gewesen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses dem Bw am 12. November 2009 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 24. November 2009 – und damit rechtzeitig – per E-Mail eingebrachte Berufung.

 

Darin werden zunächst als Berufungsgründe die inhaltliche Rechtswidrigkeit und die Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht. In der Folge wird weiters ausgeführt, dass es sich mangels jeglicher Verpflichtung und mangels Vorliegens einer persönlichen Abhängigkeit weder um ein Arbeitsverhältnis noch um ein freies Dienstverhältnis handle, wenn eine Lebensgefährtin, welche die namentlich genannte Person damals gewesen sei, in einem Unternehmen nur im Rahmen der Lebenspartnerschaft in geringfügigem Ausmaß aushelfe. Daher sei es auch unmaßgeblich, ob seine Lebensgefährtin eine Gegenleistung von ihm erhalten habe. Zudem habe er ohnehin im Rahmen seiner Einvernahme am 5. Mai 2009 angegeben, dass ihr kein Entgelt ausbezahlt, sondern sie lediglich zum Essen eingeladen worden sei oder sie gratis ihr Auto waschen oder die abgelaufene Ware mit nach Hause nehmen habe dürfen. Es fehle daher auch das Element der Entgeltlichkeit, welches jedoch eine Voraussetzung für ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis sei.

 

Zu der in der Niederschrift vom 5. Mai 2009 zum Dienstplan gemachten Äußerung führe er an, dass es sich dabei nur um eine allgemeine Aussage für Mitarbeiter gehandelt, die nicht für die Lebensgefährtin gegolten habe. Seine Lebensgefährtin sei zwar im Dienstplan eingetragen gewesen, jedoch sei dieser zu einer Zeit erstellt worden, als noch beabsichtigt worden sei, dass seine Lebensgefährtin im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei ihm im Betrieb tätig werde. Allerdings sei dieses Vorhaben nicht verwirklicht worden und habe er selbst in der Folge die im Dienstplan eingetragenen Stunden seiner Lebensgefährtin übernommen. Seine Lebensgefährtin habe lediglich zwei bis vier Stunden pro Woche Aushilfstätigkeiten geleistet.

 

Weiters bringt er vor, dass die KIAB drei Mal seinen Betrieb kontrolliert habe und dabei seine Lebensgefährtin kein einziges Mal angetroffen worden sei. Aus diesem Grund sei auch schlüssig nachvollziehbar, dass seine Lebenspartnerin tatsächlich nur aushilfsweise ganz geringfügig zu unterschiedlichen Zeiten – und nicht wie im Dienstplan eingetragen – für ihn tätig gewesen sei.

 

Im gegenständlichen Fall sei daher auch die Geringfügigkeitsgrenze – ausgehend von den an seine Mitarbeiter bezahlten Lohn bzw. dem Kollektivvertragslohn – bei weitem nicht erreicht, weil seine Lebensgefährtin im Durchschnitt nur drei Stunden pro Woche ausgeholfen habe, was für den angelasteten Tatzeitraum lediglich 12 Stunden ergebe. Aus diesem Grund sei von vornherein seine Lebenspartnerin von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung (Vollversicherung) ausgenommen gewesen.

 

Zur Strafhöhe wird ausgeführt, dass er das Schreiben mit der Aufforderung zur Bekanntgabe seiner Einkommensverhältnisse vom 19. Mai 2009 nicht erhalten habe, weshalb er sich dazu nicht äußern habe können. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde, nachdem sein Verschulden jedenfalls geringfügig gewesen sei und die Folgen unbedeutend seien, es sich lediglich um einen kurzen Tatzeitraum und um eine geringe Stundenanzahl gehandelt habe, gemäß § 111 Abs. 2 ASVG von der Möglichkeit der Herabsetzung auf die Mindeststrafe in Höhe von 365 Euro Gebrauch machen oder im Sinne des VStG überhaupt von der Strafe absehen können.

 

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

 

2.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Vorlageschreiben vom 25. November 2009 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes ihres elektronisch geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu Zl. 0021925/2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (in der Folge: VStG) von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.3. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 111 Abs. 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirks-verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs.1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

"Zuständiger Krankenversicherungsträger" iSd § 33 Abs. 1 ASVG ist für sämtliche im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangene Verwaltungsübertretun­gen die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz. Somit ist der Bürgermeister der Stadt Linz grundsätzlich die für die Erledigung sämtlicher aus Anlass einer im Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich begangenen Über­tretungen des § 33 Abs. 1 ASVG durchzuführenden Verwaltungsstrafverfahren örtlich zuständige Behörde iSd § 27 Abs. 1 VStG.

 

Nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäf­tigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merk­malen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z. 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z. 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z. 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind jedoch geringfügig beschäftigte Personen nach § 5 Abs. 2 ASVG in der Regel ausgenommen. Nach der letztgenannten Bestimmung galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis dann als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 27,47 Euro, insgesamt jedoch von höchstens 357,74 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und pro Kalendermonat kein höheres Entgelt als 357,74 Euro vereinbart war.

 

3.2. Aus der Zusammenschau der mit § 111 Abs. 1 ASVG beginnenden Verweisungskette ergibt sich somit, dass sich das Tatbild dieses (bloß kursorisch als "Nichtmeldung beim Sozialversicherungsträger" bezeichenbaren) Deliktes aus mehreren Einzelelementen zusammensetzt, die jeweils gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses – neben den nicht deliktsspezifischen und in diesem Sinne allgemeinen Erfordernissen (wie z.B. Zeit und Ort der Begehung) – kumulativ oder alternativ einer entsprechenden Konkretisierung bedürfen würden, nämlich, dass

 

          1. ein Dienstgeber, der für die Erfüllung der Meldepflicht keinen Bevoll-

              mächtigten bestellt hat (vgl. § 35 Abs. 1 und 3 ASVG),

          2. einen Dienstnehmer

          3. in einem Verhältnis persönlicher und

              wirtschaftlicher Abhängigkeit               vgl. § 4 Abs. 2 (und 4) ASVG

          4. gegen Entgelt (vgl. § 49 ASVG)

          5. beschäftigt hat,

          6. der in der Krankenversicherung pflichtversichert, nämlich entwe-

              der

              a) vollversichert (vgl. § 4 Abs. 1 ASVG) oder

              b) (insbesondere infolge des Nichterreichens der Geringfügigkeits-

                  grenze des § 5 Abs. 2 ASVG) zumindest teilversichert (vgl. § 7

                  Z 1 und § 8 Abs. 1 Z. 1 ASVG) und

              c) nicht gemäß § 5 ASVG ausgenommen ist und

          7. hierüber entweder eine Meldung oder eine Anzeigeentweder

              in einem oder in zwei Schritten (vgl. § 33 Abs. 1a ASVG) – entweder

              a) nicht erstattet oder

              b) falsch erstattet oder

              c) nicht rechtzeitig erstattet hat (vgl. § 33 Abs. 1 ASVG).

 

3.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Bw angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestands­merkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

Wenn nun § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis – und zwar auch nicht in Verbindung mit der zu dessen Auslegung allenfalls heranziehbaren Begründung - schon deshalb nicht gerecht, weil insgesamt insbesondere keinerlei Bezugnahme auf die oder eine nähere Konkretisierung der in § 4 Abs. 1 und 2 ASVG, § 33 Abs. 1 ASVG, § 33a Abs. 1 ASVG sowie in § 35 Abs. 1 und 3 ASVG positivierten essentiellen Tatbestandselemente enthalten ist.

Allerdings ist festzuhalten, dass zwar wesentliche Tatbestandselemente vom Wortlaut des im vorliegenden Fall gewählten Spruchtextes, der sich lediglich an §  33 Abs. 1 und § 111 ASVG orientiert, implizit umfasst sind; die obgenannten weiterführenden Gesetzesbestimmungen stellen teils eine Vertiefung der in § 33 Abs. 1 und § 111 ASVG angeführten Tatbestandselemente dar. Im Sinne einer konkreten Tatbeschreibung nach § 44a Z. 1 VStG kann die Anführung dieser – je nach dem zu beurteilenden Sachverhalt - deskriptiven Tatbestandselemente dann – und nur dann – in der im gegenständlichen Fall gewählten impliziteren Form erfolgen, wenn die oa. Tatbestandselemente hinreichend in der Begründung korrespondierend zum Spruch erschöpfend erläutert und gerechtfertigt werden.

Dies gilt aber wohl nicht für die u.a. in § 5 Abs. 2 ASVG normierten Ausnahmebestimmungen von der Versicherungspflicht. Denn dieses Tatbestandselement (vgl. Punkt 6 in der obigen Darstellung) ist aus dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 ASVG nur mittels eines Umkehrschlusses abzuleiten; es ist aber auf diesem Wege fraglos ein konstitutives Tatbestandselement und deshalb stets im Spruch anzuführen. Das gänzliche Fehlen eines derartigen Tatbestandselementes im Spruch kann nicht durch bloße analoge Feststellungen in der Begründung "geheilt" werden.

 

3.4. Im konkreten Fall wurde dem Bw als Gewerbeinhaber und Betreiber seiner Firma nur pauschal angelastet, dass er zu verantworten habe, dass er in der Zeit von 30. März 2009 bis 23. April 2009 die namentlich genannte Person als Tankstellenbetreuerin mit Arbeiten in der Kassenzone in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit (vollversichert) beschäftigt habe, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei.

 

Weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht jedoch hervor, inwieweit dem Bw eine Dienstgebereigenschaft zukam; ob bzw. inwieweit tatsächlich eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit als Tankstellenbetreuerin mit Arbeiten in der Kassenzone vorlag; ob die Meldung an den Sozialversicherungsträger überhaupt nicht oder bloß unvollständig oder bloß verspätet erfolgte; etc.

 

3.5. Insbesondere fehlt aber jedenfalls eine Konkretisierung dahin, ob bzw. dass die Höhe des Entgelts über der sog. "Geringfügigkeitsgrenze" des § 5 Abs. 2 ASVG lag. Diese Feststellung ist jedoch deshalb unverzichtbar, weil die Tätigkeit andernfalls nach dieser Bestimmung grundsätzlich von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgenommen wäre, es sei denn, es würde sich um eine der in den §§ 7 und 8 ASVG genannten Beschäftigungsverhältnisse handeln; doch selbst in diesem Fall wäre noch gesondert zu prüfen, ob die Tätigkeit konkret eine Teilpflichtversicherung in der Krankenversicherung begründet, weil nach § 33 Abs. 1 ASVG ja nur die Nichtmeldung zu diesem Versicherungszweig als strafbar erklärt ist.

3.6. Da die Anlastung einer Übertretung des § 111 Abs. 1 ASVG nur dann als rechtmäßig angesehen werden kann, wenn sämtliche der zuvor unter 3.2. angeführten Tatbestandsmerkmale im Spruch des Straferkenntnisses enthalten und dort in einer der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Form hinreichend konkretisiert sind (wobei hiezu gegebenenfalls insbesondere auch eine dezidierte Anführung, dass Ausnahmen, die ex lege zu einer Nichterfüllung des Tatbildes führen würden, in concreto nicht vorliegen, erforderlich ist), der Spruch des hier bekämpften Straferkenntnisses jedoch im Grunde lediglich den Gesetzestext (teilweise) wiedergibt, wurde somit dem Rechtsmittelwerber im Ergebnis ein Verhalten zur Last gelegt, dass jedenfalls in dieser Form (noch) keine strafbare Handlung bildet.

3.7. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die belangte Behörde nicht festgestellt hat, ob bzw. in welchem Ausmaß die Lebensgefährtin für den Bw als Tankstellenbetreuerin im Betrieb tätig war, weil bei der Kontrolle am 5. Mai 2009 die Lebensgefährtin nicht angetroffen worden ist. Die Tatanlastung erfolgte nur aufgrund des bei dieser Kontrolle ausgefolgten Dienstplanes (30. März bis 3. Mai 2009). Für die Verantwortung des Bw spricht, dass er bereits bei der niederschriftlichen Befragung im Zuge der Kontrolle am 5. Mai 2009 die Sonderstellung seiner Lebensgefährtin hervorgehoben hat. Er hat zwar zum Dienstplan allgemein angegeben, dass grundsätzlich die Stunden, die im Dienstplan angeordnet sind, gearbeitet werden, jedoch Änderungen und ein Diensttausch nicht vermerkt werden und dass seine Lebensgefährtin meistens zwei bis drei Stunden in der Woche nur aushilfsmäßig gearbeitet hat. In seinem Berufungsvorbringen vom 24. November 2009 äußerte der Bw übereinstimmend dazu, dass seine Lebensgefährtin nicht nach dem Dienstplan tätig geworden ist. Der gegenständliche Dienstplan sei zu einer Zeit erstellt worden, als noch das Eingehen eines Arbeitsverhältnisses mit der Lebensgefährtin beabsichtigt war. Dieses Vorhaben sei nicht verwirklicht worden und deshalb habe der Bw selbst die im Dienstplan eingetragenen Stunden seiner Lebensgefährtin übernommen.

Hinsichtlich der zuvor geschilderten Umstände kommt der Oö. Verwaltungssenat zum Ergebnis, dass der Bw sowohl die im Rahmen seiner Niederschrift als auch in seinem Berufungsvorbringen geäußerten Angaben glaubhaft und nachvollziehbar vorgebracht hat.

3.8. Bei diesem Ergebnis war der Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit Folge zu geben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

Im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist war hingegen eine Einstellung des Strafverfahrens nicht zu verfügen; ob und in welchem Umfang dieses allenfalls weiterzuführen ist, hat vielmehr die belangte Behörde zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrenergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

 

 

Rechtssatz:

VwSen-252319/2/Sr/Mu/La vom 22. Februar 2010:

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum