Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550512/4/Kl/Pe

Linz, 26.03.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine V. Kammer (Vorsitzende Mag. Michaela Bismaier, Berichterin Dr. Ilse Klempt, Beisitzer Mag. Thomas Kühberber) über den Antrag der x Gesellschaft m.b.H, vertreten durch Rechtsanwälte x, vom 23.3.2010 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Oö. Gesundheits- und Spitals-AG betreffend das Vorhaben „Implementierungskonzepte (m. Planung, Lieferung, Installation und Anwendertraining) von 5 CT und 1 MR und 2 DL-Anlagen“, zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Oö. Gesundheits- und Spitals-AG die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 23. Mai 2010, untersagt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 23.3.2010 hat die x Gesellschaft m.b.H (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Fortführung des Vergabeverfahrens, in eventu die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 2.400 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich gegenständlich um ein Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich, bestehend aus insgesamt acht Losen, handle.

Zu den Losen 1 bis 5 habe die Antragstellerin am 2.6.2009 ein Erstangebot und, nach Durchführung der 1. Verhandlungsrunde am 17.6.2009, am 9.7.2009 ein Letztangebot abgegeben. Am 10.7.2009 habe die 2. Verhandlungsrunde stattgefunden. Die 3. Verhandlungsrunde habe am 9.12.2009 stattgefunden, an welcher die Antragstellerin teilgenommen habe. Die Auftraggeberin habe mit 4.1.2010 die Antragstellerin zur Abgabe eines neuerlichen Letztangebotes aufgefordert. Dieser Aufforderung ist sie fristgerecht nachgekommen.

Mit Schreiben vom 10.3.2010 sei das Schreiben über die Zuschlagsentscheidung zu den einzelnen Losen ergangen, wobei dieses keine Begründung der Zuschlagsentscheidung enthalten habe. Am 12.3.2010 seien von der Auftraggeberin die Preis- und Bewertungsblätter zu jenen Losen, zu welchen die Antragstellerin Angebote abgegeben hatte, übermittelt worden. Diese Blätter hätten ebenfalls keine näheren Begründungen zu den Zuschlagskriterien enthalten. Weiters würden die Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfänger nicht den Bestimmungen der Ausschreibungsunterlage entsprechen, weshalb diese auszuscheiden gewesen wären.

Zum drohenden Schaden führe die Antragstellerin aus, dass ein Interesse am Vertragsabschluss vorliege und drohe ein großer finanzieller und sonstiger Schaden, welcher im Verlust einer Chance auf Zuschlagserteilung und Beteiligung an einem fairen und lauteren Wettbewerb bestehe. Weiters drohe der Verlust des Deckungsbeitrages und die Frustration der bisher angelaufenen Kosten für das Studium der Ausschreibungsunterlagen sowie für die Beratung durch den Rechtsvertreter. Auch drohe der Verlust eines wichtigen Referenzprojektes.

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Vergabeverfahrens verletzt. Als Gründe für die Rechtswidrigkeit wurde auf die fehlende Begründung der Zuschlagsentscheidung verwiesen. Der Antragstellerin seien weder die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes noch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes mitgeteilt worden. Darüber hinaus sei der Termin für das Ende der Stillhaltefrist gemäß § 132 BVergG unrichtig angegeben worden.

Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin x GmbH sei auszuscheiden gewesen, da die Mindestanforderungen, nämlich „Gerät der obersten Leistungsklasse“, „Gehirnperfusion“, „iteratives Rekonstruktionsverfahren zur Dosisminimierung“ und „Zwei- oder Mehrenergien Applikationen (dual energy)“ der Ausschreibungsbestimmungen nicht erfüllt seien. Weiters sei der Angebotspreis nicht plausibel und sei ein unzulässiger Nachlass auf den Angebotspreis gewährt worden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin x GmbH sei zur Abgabe eines Letztangebotes nicht legitimiert gewesen und würden sonstige Ausschließungsgründe vorliegen. Auch seien die Mindestanforderungen von allen übrigen Bietern ebenfalls nicht erfüllt worden, weshalb bei korrekter Angebotsbewertung das Angebot der Antragstellerin zu den Losen 1, 2 und 5 den Zuschlag hätte erhalten müssen. Die Bewertung des Angebotes der Antragstellerin sei in den Pos. 1.a.i Herz CTA Betablocker, Pos. 1.a.iii. Anteil nicht befundbar, Pos. 1.a.iv. Hirnperfusion sowie in der Bewertung des Workstationtests unrichtig.

Hinsichtlich der präsumtiven Zuschlagsempfängerin x AG führte die Antragstellerin aus, dass diese die Mindestanforderung „Gerät mit 64 Zeilen oder besser“ nicht erfülle, der Angebotspreis überhöht und nicht plausibel sei, und dass keine Legitimation zur Abgabe eines Letztangebotes vorgelegen habe. Das Angebot der x AG sei auszuscheiden gewesen und hätte das Angebot der Antragstellerin zum Los 3 den Zuschlag erhalten müssen. Die Bewertung des Angebotes der Antragstellerin zum Los 3 sei in Pos. 1.b.i Abdeckung Isozentrum/Rotationszeit, Pos. 1.b.iii. Herz CTA Betablocker sowie in der Bewertung des Workstationtests und der Bewertung „Herz“ unrichtig.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. Gesundheits- und Spitals-AG (kurz: gespag) als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die Oö. Gesundheits- und Spitals-AG ist öffentliche Auftraggeberin iSd § 3 Abs.1 Z2 BVergG 2006 und liegt im Vollziehungsbereich des Landes iSd Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG, sodass das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006 unterliegt.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Lieferauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. Die Auftraggeberin trifft im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 


 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

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