Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222350/20/Kl/Rd/Pe

Linz, 28.01.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17.11.2009, Ge96-2444-2009, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.1.2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 17.11.2009, Ge96-2444-2009, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 zweiter Fall iVm § 81 Abs.1 und § 74 Abs.2 GewO und dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24.6.2008, Ge20-43-94-01-2008, verhängt, weil sie als gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführerin der x mit Sitz in x, diese ist Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für "Gastgewerbe (§ 111 Abs.1 Z2 GewO 1994) in der Betriebsart Cafe" am Standort x (Lokal x) nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften der Gewerbeordnung 1994 eingehalten wurden, da Folgendes festgestellt wurde:

Das Lokal war am 14.2.2009 bis zumindest 05.45 Uhr geöffnet und haben sich noch ca. 4 Gäste im Lokal aufgehalten, obwohl die Betriebszeit für diesen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Cafe mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24.6.2008, Ge20-43-94-01-2008, mit täglich von 06.00 Uhr bis 04.00 Uhr festgesetzt wurde.

Sie hat damit die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24.6.2008, Ge20-43-94-01-2008, mit einer Betriebszeit von täglich von 06.00 Uhr bis 04.00 Uhr und mit Untermalungsmusik genehmigte Betriebsanlage nach einer Änderung, die geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen, betrieben, ohne die für diese Änderung erforderliche Genehmigung erlangt zu haben.    

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass der Vorwurf, wonach das Lokal am 14.2.2009 von 04.00 Uhr bis zumindest 05.45 Uhr geöffnet gewesen sei, nicht stimme und es hiezu auch keine vollständige behördliche Wahrnehmung gebe. Das Lokal sei regelkonform geschlossen gewesen. Weder der von der belangten Behörde vernommene Zeuge x noch dessen Freunde seien in der Tatnacht im Lokal gewesen. Im Übrigen sei der Kellner x – entgegen den Angaben des Zeugen x - zum Tatzeitpunkt nicht in x, sondern in Vöcklabruck gewesen. 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13.1.2010, zu welcher die Verfahrensparteien und x (Vertreter der Berufungswerberin ausschließlich bei der mündlichen Verhandlung) sowie die Zeugen x, x, x und x geladen wurden. Die Berufungswerberin sowie der Vertreter der belangten Behörde und der Zeuge x haben sich entschuldigt. Der ebenfalls geladene Zeuge x ist trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Die Zeugen x und x wurden zeugenschaftlich einvernommen.   

 

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat nachstehenden Sachverhalt erhoben:

 

Vorweg ist festzuhalten, dass am 14.2.2009 um 7.10 Uhr von einem Gemeindebediensteten der Marktgemeinde Timelkam der Polizeiinspektion Timelkam gemeldet wurde, dass bei der Kreuzung Linzerstraße mit der Wiener Landesstraße B1, durch einen Pkw-Lenker eine Ampelanlage beschädigt worden sei. Diese Beschädigung wurde auch vom Schneepflugfahrer des Maschinenrings gemeldet. Der Lenker eines Schneeräumfahrzeuges der Gemeinde Timelkam  meldete um 8.20 Uhr, dass in Eiding ein blauer VW-Golf ohne Kennzeichen im Straßengraben im Schnee feststecke und von diesem auch eine Schneestange beschädigt wurde.

 

Im Zuge der Sachverhaltsfeststellung betreffend den oben angeführten Verkehrsunfall am 14.2.2009, an welchem x als Lenker beteiligt war, gab x gegenüber dem Polizeibeamten x, PI Timelkam, unter anderem an, dass er nach dem letzten Unfall mit seinen Freunden mit dem Taxi nach x ins Lokal x, gefahren sei. Zur Zeit der Unfälle haben sich x, x und x im Fahrzeug befunden. Weiters gab er an, er habe dort von 5.00 Uhr bis 5.45 Uhr ca fünf Cola-Whiskey getrunken.

 

Am 26.6.2009 bestätigte x im Zuge einer Vernehmung vor der Bezirkhauptmannschaft Vöcklabruck die bei der Polizei Timelkam am 14.2.2009 getätigten Aussagen.    

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung gab x zeugenschaftlich an, dass er sich an den Tattag (14.2.2009) noch erinnern könne. Er und seine Freunde (x, x und x) seien mit dem Taxi nach x gefahren, um zu sehen, welches Lokal noch geöffnet habe. Das Lokal x habe er nicht betreten, da es bereits geschlossen gehabt habe. Er und seine Freunde seien vor dem Lokal gestanden und hätten das selbst mitgebrachte Getränk (Cola-Whiskey) konsumiert. Dieses Getränk habe er bereits in seinem Auto mitgehabt. Er könne sich - über Vorhalt der Aussage vor der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.6.2009 - nicht mehr erinnern, dass er gesagt habe, im Lokal noch etwas getrunken zu haben. Er und seine Freunde seien zum Lokal gefahren, welches aber nicht mehr geöffnet war. Sie hätten sich aufgrund des Schneefalles lediglich beim Lokal untergestellt und das mitgebrachte Getränk konsumiert. Anschließend seien sie nach Hause gefahren. Trotz Vorhaltes des Polizeiberichtes bzw der Anzeige verbleibe er bei seiner nunmehrigen Aussage, wonach das besagte Lokal geschlossen gewesen sei und er das Getränk Cola-Whiskey, welches sich in einer 1,5 l PET-Flasche befunden habe, selbst mitgebracht habe. Er sei bereits vorher mit seinen Freunden unterwegs gewesen und waren sohin diese auch bei dem vorher passierten Verkehrsunfall auf dem Ortschaftsweg Eiding dabei. Sie seien anschließend alle gemeinsam mit dem Taxi nach x gefahren. Das mitgebrachte Getränk wurde vor dem Lokal x konsumiert, wobei ein jeder davon getrunken habe.

 

Der ebenfalls einvernommene x gab zeugenschaftlich an, dass er schon öfter im Lokal x gewesen sei. Er sei am 14.2.2009 um 5.00 Uhr gemeinsam mit x unterwegs gewesen. Er sei schon vorher mit ihm im Auto mitgefahren. Später seien er,  x, x und x mit dem Taxi nach x gefahren. Sie hätten sich beim geschlossenen Lokal unter das Vordach gestellt und das selbst mitgebrachte Getränk, welches sich zuvor im Auto von x befunden habe, konsumiert. Die Getränkeflasche sei von x ins Taxi mitgenommen worden. Sie wollten ins Lokal x fahren und schauen, ob es noch offen hat. Da dies nicht der Fall gewesen sei, sei das mitgebrachte Getränk konsumiert worden und seien anschließend alle nach Hause gefahren. Vor dem Lokal x war die Reklametafel noch beleuchtet, im Lokal drinnen war nichts mehr.

 

Der Vertreter der Berufungswerberin erklärte in der mündlichen Verhandlung, dass weder die Berufungswerberin noch er am Tattag im Lokal anwesend waren. Weiters wurde angegeben, dass es öfter vorkomme, dass sich Personen mit selbst mitgebrachten Getränken vor dem Lokal aufhalten bzw diese sogar mit ins Lokal nehmen. Vor dem Lokal sei ein Gastgarten und komme es auch vor, dass sich in diesem Bereich Leute aufhalten.  Der Vertreter führte weiters aus, dass er im Vorfeld Kontakt mit Herrn x und Herrn x gehabt habe und sie aufgrund dieses Vorfalles darauf angesprochen habe. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, dass sie vor dem Lokal etwas getrunken hätten.

 

4.2. Es konnte daher im Lokal x ein Betrieb nicht nachgewiesen werden. Eigene Feststellungen der Meldungleger hiezu gibt es nicht. Wenngleich auch die nunmehrigen Angaben der Zeugen von den Angaben im Verfahren erster Instanz abweichen und eine Einflussnahme seitens des Lokalbetreibers nicht auszuschließen ist, so kann doch nicht mit einer für eine strafrechtliche Verurteilung erforderlichen Sicherheit ein Betrieb nachgewiesen werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

 

Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.      das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den          Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994     in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen         Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die          Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche         Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs.1 Z4   lit.g angeführten Nutzungsrechte,

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in        anderer Weise zu belästigen,

3.      die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb        von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb        anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder       Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.      die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf    Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.      eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer         herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund     wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.   

 

5.2.  Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens kann nicht widerlegt werden, dass am 14.2.2009 das Lokal "x" in x, wie mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24.6.2008, Ge20-43-94-01-2008, festgelegt, um 4.00 Uhr, geschlossen gehalten wurde. Dies geht aus den anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung getätigten Zeugenaussagen von x sowie x hervor. Die getätigten Aussagen von x sowie von x erschienen dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht gänzlich glaubwürdig und schlüssig. Bekanntlich kommen im Regelfall Angaben, die unmittelbar nach einem Vorgang gemacht werden, der Wahrheit näher als solche, die später getätigt werden, möglicherweise auch Gefälligkeitsaussagen sein können. Unbeschadet dessen waren diese aber aufgrund des Unmittelbarkeitsprinzips gemäß § 51i VStG bei der nunmehrigen Entscheidung entsprechend zu berücksichtigen. Überdies waren sie mangels eigener dienstlicher Wahrnehmung von x, PI Timelkam, - dieser war selbst zu keinem Zeitpunkt beim oder im Lokal zugegen gewesen und stand daher als objektiver Zeuge diesbezüglich nicht zur Verfügung - auch nicht zu widerlegen.

 

Ob nunmehr tatsächlich am 14.2.2009 um 4.00 Uhr – wie im Betriebsanlagengenehmigungs­bescheid festgelegt - das Lokal x bereits geschlossen wurde, oder doch zumindest bis 5.00 Uhr geöffnet war, konnte somit nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden, weshalb der Berufung im Zweifel Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG zur Einstellung zu bringen war.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: mangelnder Zeugenbeweis

 

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