Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401047/5/SR/Sta

Linz, 26.02.2010

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des x, geboren am x, Staatsangehöriger von x, derzeit Polizeianhaltezentrum Wels (PAZ), vertreten durch Rechtsanwalt x, x, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck seit dem 2. Februar 2010 im PAZ Wels zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; unter einem wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in der Höhe von insgesamt 426,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage und der Gegenschrift in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

 

1.1. Der undokumentierte Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist laut eigenen Angaben am 25. August 1986 geboren, Staatsangehöriger von x und am 3. Dezember 2009 über einen unbekannten Grenzübergang in einem Lkw versteckt illegal in Österreich eingereist. Vor der illegalen Einreise in Österreich hat sich der Bf über ein Jahr in Griechenland aufgehalten.

 

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Februar 2010, AZ 09 15.077, wurde der Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag) gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 (im Folgenden: AsylG) als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass Griechenland für die Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Gleichzeitig wurde der Bf gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und die Zulässigkeit der Zurückschiebung, Zurückweisung oder Abschiebung für zulässig erklärt.

 

Innerhalb offener Frist hat der Bf dagegen Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben. Die Beschwerde langte am 15. Februar 2010 beim Asylgerichtshof ein. Der Beschwerde wurde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Erkenntnis vom 24. Februar 2010, GZ S19 411.493-1/2010-3E, hat der Asylgerichtshof die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

1.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 2. Februar 2010, GZ. Sich40-3925-2010, wurde über den Bf zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2a Z 1. iVm § 80 Abs. 5 FPG iVm § 57 AVG 1991 verhängt.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Darstellung des relevanten Sachverhaltes zeigte die belangte Behörde die widersprüchlichen Angaben zur Reiseroute auf. Weiters stellte sie fest, dass die Identität des Bf nicht gesichert und er völlig mittellos sei.

 

Abstellend auf den Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Februar 2010, AZ 09 15.077, mit dem der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen, die Zuständigkeit Griechenlands festgestellt und die Ausweisung nach Griechenland verfügt worden war, erachtete die belangte Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG als gegeben an.

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG die Behörde im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG habe. "Es bleibe jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig" sei "und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegen" stünden.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit der Schubhaft werde festgehalten, dass in Fällen, in denen der Asylantrag gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen und eine durchsetzbare Ausweisung erlassen worden sei, der Sicherungsbedarf bereits durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 geänderten Rechtsbestimmungen indiziert sei.

 

Aus der Einstellung des Bf zu Griechenland, den zahlreichen illegalen Grenzübertritten und den völlig falschen Angaben zum Verlauf der Reiseroute lasse sich ableiten, dass der Bf jeglichen Versuch unternehmen werde, um eine drohende Abschiebung nach Griechenland zu vereiteln. Einem derartigen "Asylantragstourismus" sei mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten. Bei der Bewertung der Wahl der Mittel zur Erreichung seiner Ziele sei von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich der Bf, auf freiem Fuß belassen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dem Zugriff der Behörden entziehen werde, um eine Außerlandesbringung mit Erfolg zu vereiteln.

 

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG sei von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen. Derartige Umstände lägen im vorliegenden Fall aber nicht vor. Nach genauer Abwägung im Rahmen der Einzelfallprüfung komme die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Anordnung der Schubhaft verhältnismäßig sei.

 

Der Schubhaftbescheid wurde dem Bf am 2. Februar 2010 ausgefolgt und die Übernahme von ihm bestätigt. Im Anschluss daran wurde der Bf ins Polizeianhaltezentrum Wels eingeliefert.

 

2. Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2010, gerichtet an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, eingelangt am 22. Februar 2010 erhob der Bf einerseits "Schubhaftbeschwerde" und regte andererseits die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof an.

 

Neben dem Kostenzuspruch stellte der Bf den Antrag, dass der Oö. Verwaltungssenat feststellen möge, dass die gegen ihn mit Bescheid der belangten Behörde "ausgesprochene Inschubhaftnahme und die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem 02.02.2010 rechtswidrig" seien.

 

Nach Wiedergabe der persönlichen Daten brachte der Rechtsvertreter vor, dass der Bf zunächst im Erstaufnahmezentrum Ost untergebracht und in der Folge in das Erstaufnahmezentrum West überstellt worden sei. Dort sei der Bf gemeldet und auch tatsächlich wohnhaft gewesen. Der Bf habe sich niemals dem Zugriff der Behörden entzogen.

 

Zur Rechtsansicht der belangten Behörde führte der Rechtsvertreter aus, dass die Schubhaft nach der genannten Gesetzesstelle nicht verhängt werden hätte dürfen. Die Schubhaft dürfe nur verhängt werden, wenn diese zur Sicherung des Verfahrens notwendig sei. Auch wenn die belangte Behörde vermeine, dass der Sicherungsbedarf durch die Gesetzesbestimmung bereits indiziert sei, entspreche diese Auslegung nicht der Gesetzeslage und auch nicht den Kriterien einer verfassungskonformen Interpretation der maßgeblichen Schubhaftbestimmungen im Lichte der Rechtssprechung des VfGH und des EGMR zum Menschenrecht auf persönliche Freiheit. Ein Sicherungsbedarf könne nicht bereits aus dem Gesetzestext abgeleitet werden. Dieser müsse vielmehr im konkreten Einzelfall geprüft, und im Bescheid auch nachvollziehbar festgestellt und begründet werden. Diesen Anforderungen entspreche der Bescheid der belangten Behörde nicht. Tatsächlich liege im gegenständlichen Fall die Notwendigkeit der Inschubhaftnahme nicht vor. Seit seiner Asylantragsstellung habe sich der Bf nie dem Zugriff der Behörden entzogen, sei im Zeitpunkt der Inschubhaftnahme in der EAST-West aufhältig und polizeilich gemeldet gewesen. Auch habe er allen Behördenterminen entsprochen. Anhaltspunkte dafür, dass er sich dem Zugriff der Behörde entziehen werde, würden nicht vorliegen. § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG sei in verfassungskonformer Weise so zu interpretieren, dass die in der bisherigen Rechtssprechung der Höchstgerichte zur Prüfung der Schubhaft entwickelten Kriterien auch im gegenständlichen Falle Anwendung finden müssen. Jede andere Auslegung würde der genannten Gesetzesbestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt beimessen. Es sei daher auch im Falle dieser Schubhafttatbestände die Möglichkeit der Sinnhaftigkeit gelinderer Mittel zu prüfen und im konkreten Fall auch anzuwenden.

 

Da ernsthafte Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des   § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG bestünden, werde die Anregung an den Oö. Verwaltungssenat gestellt, er möge das gegenständliche Schubhaftbeschwerdeverfahren unterbrechen und zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG ein Gesetzprüfungsverfahren einleiten und einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof einbringen. Begründend führte der Rechtsvertreter dazu aus, dass nicht nachvollziehbar sei, mit welcher sachlichen Rechtfertigung der einfache Gesetzgeber Schubhaftsondertatbestände anordne, die das ansonsten der Behörde eingeräumte Freiermessen ausschließen und die Fremdenbehörde so zur Inschubhaftnahme verpflichte, obwohl ansonsten keine Schubhaft verhängt würde, weil kein Sicherungsbedarf bestehe bzw. gelindere Mittel ausreichen würden, um dem Sicherungszweck zu entsprechen. Es sei offensichtlich der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt und es werde unverhältnismäßig in das Recht auf persönliche Freiheit eingegriffen.

 

3. Mit Schreiben vom 22. Februar 2010 übermittelte die belangte Behörde per
E-mail den Fremdenakt und erstattete eine Gegenschrift.

 

Einleitend wies die belangte Behörde auf den vorliegenden Schubhaftbescheid vom 2. Februar 2010, den umfassend dokumentierten Sachverhalt und das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 1. Februar 2010, VwSen-401042/2, hin.

 

Im angesprochenen Erkenntnis habe der Oö. Verwaltungssenat festgehalten, "dass das Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Vorliegen des Sicherungsbedarfes gewertet werden muss, eine derartige Prüfung aber nicht ersetzt".

 

Entgegen den Beschwerdeausführungen sei eine ausreichende und umfassende Einzelfallprüfung vorgenommen worden und der Bescheid entspreche den Anforderungen des VfGH.

 

Der Umstand, dass der Bf im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung im Asylverfahren wissentlich falsche Angaben zu seinen Einreisemodalitäten getätigt hat, lasse den Schluss zu, dass der Bf einer drohenden Ausweisung nach Griechenland zu entgehen suchen werde. Allein daraus ergebe sich bereits die Notwendigkeit der Sicherung der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung mittels Schubhaft.

 

Des Weiteren könne der Umstand, dass sich der Bf bis zum Zeitpunkt der Anordnung der Schubhaft nicht dem Zugriff der belangten Behörde entzogen habe, nicht dazu führen, dass von der Anordnung der Schubhaft Abstand genommen werde und anstelle dessen gelindere Mittel angeordnet werden müssten. Eine derartige Auslegung würde die "neuen" Schubhafttatbestände des § 76 Abs. 2a ad absurdum führen. Bei Erfüllung eines Tatbestandes gemäß § 76 Abs. 2a FPG habe die Behörde – im Gegensatz zu Abs. 2 – grundsätzlich kein Ermessen über die Verfügung der Schubhaft oder das Vorgehen mit der Anordnung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG. Dies sei nur dann möglich, wenn der Schubhaft "besondere Umstände in der Person des Asylwerbers konkret entgegenstehen" würden. Laut Regierungsvorlage zum Fremdenrechts-änderungsgesetz 2009 umfasse der Begriff der besonderen Umstände, die in der Person des Asylwerbers liegen, insbesondere Alter und Gesundheitszustand. So wären beispielsweise bei minderjährigen Asylwerbern, Asylwerber hohen Alters oder in Fällen, in denen der Gesundheitszustand eines Asylwerbers gegen eine Schubhaft spricht, vorrangig gelindere Mittel anstelle der Schubhaft anzuordnen.

 

Da im vorliegenden Fall auch keine anderen Umstände (z.B.: familiäre Situation) zur Abstandnahme von der Schubhaft führen würden, sei die Verhängung der Schubhaft verhältnismäßig und notwendig.

 

Anschließend beantragte die belangte Behörde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

3.1. Mit E-Mail vom 24. Februar 2010 teilte die belangte Behörde mit, dass der Asylgerichtshof die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 1. Februar 2010 als unbegründet abgewiesen habe und die Überstellung am Luftweg nach Griechenland für den 3. März 2010 anberaumt worden sei.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage der Sachverhalt hinlänglich geklärt ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 83 Abs. 4 FPG).

 

4.1.2. Dem Bf wurde am 2. Februar 2010 der Schubhaftbescheid der belangten Behörde ausgefolgt, anschließend wurde er in das PAZ Wels verbracht und wird seither er in Schubhaft angehalten.  

 

Seine Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG 2005 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß    § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht   zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz AsylG nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegen stehen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

4.3.1. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2 FPG, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg. cit., der mit der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 eingefügt wurde, auf den ersten Blick eine zwingende Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass "erweiterte Schubhafttatbestände geschaffen" wurden und in den normierten 5 Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird". Dies erkläre sich aus den spezifischen Voraussetzungen der Z. 1 bis 5, welche Fälle umfasse, in denen nicht nur ein Ausweisungsverfahren eingeleitet oder eine Ausweisung bereits erlassen wurde, sondern auch beispielsweise eine zeitnahe Außerlandesbringung evident ist.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen. Darüber hinaus muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Ein Vergleich mit den Materialien zeigt zudem, dass durch diese Norm das Institut des gelinderen Mittels nach § 77 FPG unberührt bleibt und somit in die Prüfung mit einzubeziehen ist.

 

Der Ansicht (der belangten Behörde), dass von einer zwingenden Schubhaftverhängung auszugehen sei, ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet, aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Daraus folgt, dass das Vorliegen einer Alternative des § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Bestehen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine Prüfung aber nicht ersetzt. Ginge man nämlich davon aus, dass bei Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG zwingend die Schubhaft zu verhängen wäre, würde man dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen. Entsprechend der Rechtssprechung der Höchstgerichte, wonach die Schubhaft stets nur die ultima ratio sein darf, hat der Gesetzgeber, wie die Ausgestaltung der erweiterten Schubhafttatbestände und die Materialien dazu zeigen, trotz der Anordnung "hat zu verhängen" keine zwingende Schubhaftverhängung vorgesehen.

 

Mit der Schaffung des erweiterten Schubhafttatbestandes (§ 76 Abs. 2a Z. 1 FPG) hat der Gesetzgeber aber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass nach der Erlassung einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG, verbunden mit einer durchsetzbaren Ausweisung, eine zeitnahe Außerlandesbringung evident und daher von einem grundsätzlichen Sicherungsbedürfnis auszugehen ist.

 

Die Fremdenpolizeibehörde hat bei ihrer einzelfallbezogenen Prüfung vorerst von dem grundsätzlich vorliegendem Sicherungsbedürfnis auszugehen und darüber hinaus zu klären, ob die Schubhaft notwendig ist oder ob besondere Umstände in der Person des Asylwerbers vorliegen, die dieser entgegen stehen.

 

Das dem Schubhafttatbestand immanente grundsätzliche Sicherungsbedürfnis wird im Hinblick auf die vorliegende durchsetzbare Ausweisung und die unmittelbar bevorstehende Außerlandesbringung dann zur Notwendigkeit der Schubhaft führen, wenn das bisherige Verhalten und/oder die Mitwirkung in den behördlichen Verfahren ein Untertauchen in die Illegalität befürchten lassen.

 

4.3.2. Der Bf hat sich in der Beschwerde auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bezogen, wonach bei Eingriffen in das Recht auf persönliche Freiheit stets das unmittelbar anwendbare Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten sei und die zuständige Fremdenpolizeibehörde in jedem Fall eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen habe. Darüber hinaus hat er angesprochen, dass der Verwaltungsgerichtshof daraus gefolgert habe, dass die die Schubhaft anordnende Behörde nachvollziehbar darzulegen hat, inwiefern die Anordnung der Schubhaft erforderlich ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. In diesem Sinn seien auch Überlegungen anzustellen, ob dem Sicherungszweck bereits durch die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG entsprochen werden kann. Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass dies im Ergebnis bedeute, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 FPG gestützt werden soll, stets nur die ultima ratio sein dürfe.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs. 2 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

4.3.3. Unbestritten steht fest, dass der Asylantrag des Bf gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und damit verbunden eine durchsetzbare Ausweisung nach Griechenland erlassen worden ist. Infolge der Abweisung der Beschwerde ist die Ausweisungsentscheidung mittlerweile in Rechtskraft erwachsen.

 

Bei der Erstbefragung nach dem AsylG hat der Bf die Reiseroute verschleiert und trotz ausdrücklicher Belehrung, dass unwahre Aussagen nachteilige Folgen für ihn haben können, den mehr als ein Jahr andauernden Aufenthalt in Griechenland verschwiegen. Erst nach Vorhalt des EURODAC-Treffers und des somit erwiesenen Aufenthaltes in Griechenland gab der Bf zu, sich in Griechenland aufgehalten zu haben. Seine weiteren Aussagen zur Reisebewegung nach Österreich zeigen, dass er nach wie vor nicht gewillt war, genauere Angaben zu machen. Seine Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung beschränkte sich darauf, lediglich die der Behörde bekannten Fakten zu bestätigen. Die Bekanntgabe von (der Behörde nicht bekannten) Sachverhaltselementen, die der weiteren Klärung des Sachverhaltes dienen hätten können, hat der Bf tunlichst vermieden. Die falschen Angaben und die Verschweigung des lang andauernden Aufenthaltes in Griechenland begründete er damit, dass er "Angst vor einer Abschiebung" gehabt habe.

 

Nicht nur alleine das Verhalten des Bf in Österreich (Nichtmitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung, falsche Angaben im Asylverfahren; mangelnde Bereitschaft freiwillig nach Griechenland zurückzukehren) zeigt auf, dass er keinesfalls gewillt ist, sich der Abschiebung nach Griechenland zu stellen, um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen. Auch der Umgang mit den Entscheidungen der griechischen Behörden weist in diese Richtung. Anstelle der behördlichen Entscheidung Folge zu leisten und legal aus Griechenland auszureisen, hat es der Bf vorgezogen, unterzutauchen und illegal auszureisen. Dass der Bf an der Führung eines Asylverfahrens zum Zwecke der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nicht interessiert ist, hat schon der lange Aufenthalt in Griechenland gezeigt, den der Bf nachweislich nicht zur Asylantragsstellung genutzt hat. Mit der Asylantragstellung in Österreich und der Verschweigung des Aufenthaltes in Griechenland wollte der Bf augenscheinlich den Aufenthalt in Österreich legalisieren, eine Abschiebung hintanhalten und das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime unterlaufen. Bei Würdigung der gesamten Umstände und im Zusammenhang mit dem indizierten Sicherungsbedarf ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung nach Griechenland notwendig ist. Das vom Rechtsvertreter dargestellte Wohlverhalten des Bf ist nicht geeignet, die Notwendigkeit der Schubhaft in Frage zu stellen. Im Hinblick darauf, dass der Bf bis zur Erlassung des Zurückweisungsbescheides und der damit verbunden durchsetzbaren Ausweisung keinerlei behördliche Zwangsmaßnahmen zu befürchten hatte, kann sein "Wohlverhalten", das dem Grunde nach von ihm erwartet wird und wozu er zum Teil verpflichtet ist (z.B.: den Ladungen ist Folge zu leisten), nicht so gewertet werden, dass das Sicherungsbedürfnis zu dem Zeitpunkt nicht gegeben sein soll, ab dem der Bf erstmals und zeitnah mit der Außerlandesbringung gegen seinen Willen zu rechnen hat.

 

Da weder aus der Aktenlage noch aus der Beschwerdeschrift besondere Umstände ableitbar sind, die in der Person des Bf liegen, war die belangte Behörde nicht gehalten, von der Schubhaftverhängung abzusehen.

 

Aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass der mit der Sicherungsmaßnahme verfolgte Zweck nicht auch durch die Anordnung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft ist im konkreten Fall auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich. Die belangte Behörde hat das bisherige Verfahren zielstrebig und unter Bedachtnahme darauf geführt, dass die knapp über drei Wochen andauernde Schubhaft so kurz wie möglich gehalten wird.

 

Der gegenläufigen Einwendung des Bf war nicht zu folgen. Zum Entscheidungszeitpunkt liegt eine rechtskräftige Ausweisungsentscheidung vor. Aufgrund der Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Bf am 3. März 2010 am Luftweg nach Griechenland überstellt wird.

 

4.4. Im Ergebnis erweisen sich sowohl der Schubhaftbescheid als auch die Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig festzustellen war, dass die für die Anhaltung des Bf in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkhauptmann von Vöcklabruck) nach § 79a Abs. 1 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. II 456/200, antragsgemäß ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (57,40 Euro für den Vorlageaufwand und 368,80 Euro für den Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 20,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

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