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VwSen-100440/2/Bi/Hm

Linz, 11.03.1992

VwSen - 100440/2/Bi/Hm Linz, am 11. März 1992 DVR.0690392 B J, P; Übertretung der StVO 1960 und des KFG 1967 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des J B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. Jänner 1992, VerkR96/2337/1991/Gz, zu Recht:

I. Der Berufung gegen das Ausmaß der im Punkt 1. des Straferkenntnisses verhängten Strafe wird keine Folge gegeben. Die verhängte Strafe wird bestätigt.

Der Berufung hinsichtlich Punkt 2 des Straferkenntnisses wird Folge gegeben, das Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat im Punkt 1. zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 200 S (20 % der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Hinsichtlich Punkt 2. des Straferkenntnisses entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge. Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG. Zu II.: §§ 64 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 20. Jänner 1992, VerkR96/2337/1991/Gz, über Herrn J B, wegen der Verwaltungsübertretung nach 1.) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 und 2.) a) § 102 Abs.5 lit.a und b) § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 gemäß 1.) § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 2.) a) und b) je § 134 Abs.1 KFG 1967, Geldstrafen von 1.) 1.000 S und 2.) a) 150 S und b) 150 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 48 Stunden 2.) a) 12 Stunden und b) 12 Stunden verhängt, weil er am 26. April 1991 gegen 23.45 Uhr den PKW auf der K in J aus Richtung A kommend gelenkt und 1.) er nach dem auf Höhe des Hauses A verursachten Verkehrsunfall mit Sachschaden, an dem er ursächlich beteiligt war, unterlassen hat, sofort anzuhalten. 2.) Weiters führte er bei dieser Fahrt a) keinen Führerschein und b) keinen Zulassungsschein mit und konnte diese Dokumente somit auf Verlangen dem Organ der Straßenaufsicht zur Überprüfung nicht aushändigen. Außerdem wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von 130 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig hinsichtlich Punkt 1. Berufung gegen das Strafausmaß und gegen Punkt 2. volle Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da sich im Punkt 1. die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet (§ 51e Abs.2 VStG) und im Punkt 2., bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochteten Bescheid diesbezüglich aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Berufungswerber führt im Rechtsmittel aus, im Punkt 1. seien die Voraussetzungen der außerordentlichen Strafmilderung erfüllt, zumal er verwaltungsstrafrechtlich, strafgerichtlich und finanzstrafrechtlich unbescholten sei. Er habe in den letzten drei Jahrzehnten trotz aktiver Teilnahme am Straßenverkehr nicht die geringste Übertretung begangen. Der Erstbehörde seien seine Einkommensverhältnisse nicht bekannt, noch habe sie diese geschätzt. Er sei Landwirt und ihm bleibe nur das Nötigste zum Leben, da er für die Gattin und zwei Kinder sorgepflichtig sei. Die Geldstrafe von 1.000 S sei diesen Verhältnissen nicht angemessen. Er sei überdies nur deshalb weitergefahren, weil er der Meinung gewesen sei, das dumpfe Geräusch habe vom Überfahren eines auf der Straße liegenden Astes hergerührt. Er sei mit äußerst geringer Geschwindigkeit weitergefahren, habe nicht damit gerechnet, daß sich die Außenspiegel der PKW berührt hätten, wäre aber natürlich stehengeblieben, wenn der Lenker des gegnerischen Fahrzeuges gehupt hätte. Er habe nicht davonfahren wollen, was sich daraus zeige, daß er sehr langsam gefahren sei und es ohne weiteres möglich war, ihm nachzufahren und ihn einzuholen. Er sei dann auch sofort stehengeblieben. Er habe diese Übertretung lediglich aus Unbesonnenheit begangen, aber sofort seine Versicherung angewiesen, den Schaden zu bezahlen, sodaß er sich ernstlich bemüht habe, diesen gutzumachen. Wäre er davongefahren, wäre er wahrscheinlich unentdeckt geblieben, sei aber dann sofort stehengeblieben, was ebenfalls mildernd zu berücksichtigen sei. Er habe ein reumütiges Geständnis abgelegt und sich auch seither wohlverhalten. Mildernd sei auch der Eigenschaden heranzuziehen, da auch der Außenspiegel seines PKW beschädigt wurde, was er selbst bezahlen mußte. Aus diesem Grund vertrete er die Auffassung, daß eine Geldstrafe von 300 S ausreichend sei. In Punkt 2. führt der Berufungswerber aus, es sei damals kein Gendarmeriebeamter eingeschritten und er habe dem Unfallsgegner Name und Adresse mitgeteilt. Er sei der Meinung gewesen, diese Auskünfte reichten für den Identitätsnachweis aus, deshalb habe er den Führerschein nicht hergezeigt, obwohl er ihn mitgeführt habe. Da er den PKW seines Sohnes gelenkt und nicht gewußt habe, daß dieser den Zulassungsschein im Seitenfach der Fahrertür aufbewahre, habe er diesen nicht vorweisen können.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Hinsichtlich Punkt 1. des Straferkenntnisses war zu prüfen, inwieweit die Bestimmungen des § 19 VStG bei der Strafbemessung eingehalten wurden. Gemäß Abs.1 dieser Bestimmung ist Grundlage für die Strafbemessung das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind gemäß Abs.2 im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden, sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 reicht von 500 S bis 30.000 S. Zunächst ist festzuhalten, daß es sich beim Nichtanhalten des Fahrzeuglenkers nach Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden wohl um eine der rücksichtslosesten Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung überhaupt handelt, die vom Gesetzgeber durch die Festsetzung einer Mindeststrafe und eines relativ breiten Strafrahmens gewertet wurde. Zweck der Bestimmung ist es, Unfallenkern an Ort und Stelle die Möglichkeit zu geben, sich Kenntnis über das Zustandekommen des Unfalls, den dabei eingetretenen Schaden sowie die Person des Unfallgegners zu verschaffen und allenfalls weitere zur Vermeidung von Folgeschäden erforderliche Veranlassungen zu treffen. Im gegenständlichen Fall haben sich die Außenspiegel der beiden PKW gestreift, wobei aus der Anzeige hervorgeht, daß am PKW der Zeugin Schimonsky der linke Außenspiegel zerbrochen war, während im Gegensatz zur Behauptung des Berufungswerbers an dessen PKW keinerlei Schaden entstanden ist.

Zu seiner Verantwortung, er sei der Meinung gewesen, einen Ast überfahren zu haben, ist auszuführen, daß ein Kollisionsgeräusch zweier Außenspiegel mit dem beim Abbrechen eines Astes entstehenden Geräusch hinsichtlich der Intensität wohl nicht vergleichbar ist und sich außerdem der linke Außenspiegel in unmittelbarem Lenkersichtbereich (noch dazu beim Passieren des Gegenverkehrs) befindet, sodaß seine Verantwortung unglaubwürdig ist. Sein offensichtlich wohl geradezu als Einladung zum Nachfahren, Überholen und Anhalten gedachtes langsames Weiterfahren kann daher schon deshalb nicht als Unbesonnenheit ausgelegt werden, als von einem PKW Lenker und Inhaber einer Lenkerberechtigung erwartet werden muß, in dieser Situation genug Nervenstärke aufzubringen, anzuhalten und Ursache und Folgen dieses Geräusches festzustellen. Die Schadensmeldung an die Versicherung ist eher als Selbstverständlichkeit zu betrachten als als Milderungsgrund. Aus dem Verfahrensakt ergibt sich auch kein Hinweis darauf, daß der PKW des Berufungswerbers kein Kennzeichen aufgewiesen hätte, sodaß sich die Frage, ob er bei der Weiterfahrt unentdeckt geblieben wäre, ebenso erübrigt wie die Wertung des "reumütigen Geständnisses" als mildernd.

Zusammenfassend ist daher auszuführen, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe zum einen äußerst mild bemessen wurde - wobei die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als mildernd gewertet wurde - und eine Herabsetzung auch im Hinblick auf die von ihm dargestellte Vermögenssituation nicht gerechtfertigt wäre. Da sich der Berufungswerber auch im Rechtsmittel nicht konkret zu seiner Einkommenssituation geäußert hat, ist anzunehmen, daß ihm auch als Landwirt die Bezahlung der Geldstrafe von 1.000 S in Raten möglich ist. Die Verhängung der Strafe ist notwendig um den Berufungswerber in Hinkunft zur genauersten Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen nach einem Verkersunfall anzuhalten.

5. Gemäß § 44a Z.1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten, wobei diese insbesondere im Hinblick auf die Tatzeit so konkrektisiert sein muß, daß eine nochmalige Bestrafung wegen derselben Übertretung auszuschließen ist.

Gemäß § 102 Abs.5 lit.a und b KFG 1967 hat der Lenker Führerschein und Zulassungsschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Zwischen dem Lenken des Fahrzeuges und dem Verlangen der Papiere muß jedoch ein gewisser zeitlicher und räumlicher Zusammenhang bestehen.

Aus dem Spruch des Straferkenntnisses ergibt sich lediglich der Zeitpunkt des Verkehrsunfalles, nicht aber, wann die genannten Dokumente vom Berufungswerber als Fahrzeuglenker vom, beim Vorfall nicht anwesenden Straßenaufsichtsorgan verlangt wurden, wobei sich diesbezüglich auch in der Anzeige keine Hinweise finden.

Aus diesem Grund war spruchgemäß vorzugehen.

zu II. Der Verfahrenskostenausspruch gründet sich auf die angeführte Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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