Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164754/2/Fra/Ka

Linz, 15.03.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 29.12.2009, GZ: S-7220/ST/09, betreffend Übertretung des § 20 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 20 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 40 Euro (EFS 28 Stunden) verhängt, weil er am  20.7.2009 um 20.45 Uhr in x Wohngebiet auf den "Knoglergründen" als Lenker des PKW mit dem pol.Kz: x die Fahrgeschwindigkeit nicht gegebenen Umständen angepasst hat, weil er einem nach rückwärts ausparkenden PKW heckseitig aufgefahren ist.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Über die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied  (§ 51c erster Satz VStG) erwogen:

 

Es ist unstrittig, dass der Bw als Lenker des in Rede stehende Kraftfahrzeuges zum angeführten Zeitpunkt an der angeführten Örtlichkeit gegen den von x gelenkten PKW gestoßen ist. Laut Abschlussbericht des SPK Steyr vom 17.10.2009, GZ: C1/7715/2009-Za, lenkte x  am 20.7.2009 gegen 20.45 Uhr ihren PKW, Renault Espace, x aus einer Parkfläche im Bereich der Therese-Kratky-Straße in 4400 Steyr im Rückwärtsgang heraus auf den angeführten Straßenzug. Sie bog rückwärts rechtshaltend ab und stand mit fast drei Viertel der Fahrzeuglänge schräg bzw. mittig auf der Fahrbahn, als zum selben Zeitpunkt der Bw laut seinen Angaben mit geringer Fahrgeschwindigkeit (5 km/h) mit dem PKW, Kz.: x auf der Therese-Kratky-Straße und in weiterer Folge mit der Frontseite seines Kraftfahrzeuges gegen die hintere Stoßstange des PKW von Frau x gestoßen ist.

 

In rechtlicher Hinsicht ist festzustellen, dass bei der Beurteilung, ob im Einzelfall die Einhaltung der durch Gesetz oder Verordnung vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit der Bestimmung des § 20 Abs.1 widerspricht, zu beachten ist, dass ein Minus bei einzelnen der nach dieser Gesetzesstelle für die Wahl der Geschwindigkeit maßgebenden Faktoren (zB regennasse Fahrbahn) gegebenenfalls durch ein Plus anderer Faktoren (zB Nichtvorliegen einer relevanten Sichtbehinderung, Straßenbreite, Straßenverlauf, Zustand der Fahrbahndecke udgl.) ausgeglichen werden kann. Feststellungen darüber, dass hinsichtlich einer (oder einzelner) der maßgeblichen Komponenten ungünstige Verhältnisse bestanden, genügen daher für einen Schuldspruch nicht. Es muss vielmehr auch geprüft werden, ob dieses Minus nicht durch ein Plus der anderen Komponenten ausgeglichen werden kann (vgl. VwGH 18.4.1994, 93/03/0301). Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass lediglich die Aussage des Bw vorliegt, er habe den in Rede stehenden PKW mit einer Fahrgeschwindigkeit von 5 km/h gelenkt. Frau x die Lenkerin des zweitbeteiligten Fahrzeuges konnte zur Geschwindigkeit des vom Bw gelenkten Fahrzeuges keine Angaben machen, da sie laut Zeugenaussage dessen Fahrzeug nicht wahrgenommen hat. Sie wurde erst dann auf das Fahrzeug des Bw aufmerksam, als es nach ihren Angaben einen leichten "Rumpler" gemacht hat, also erst nachdem der Bw an ihr Fahrzeug aufgefahren war. Auch die mitfahrende Person Frau x konnte keine Angaben darüber machen, wie schnell der Bw gefahren ist.

 

Im Übrigen ist festzustellen, um im konkreten Fall die Frage einer unzulässigen Geschwindigkeit im Sinne des § 20 Abs.1 erster Satz StVO 1960 richtig beurteilen zu können, die Geschwindigkeit in dem betreffenden Verwaltungsstrafverfahren ziffernmäßig festgestellt und im Spruch des Bescheides angeführt sein muss. Die einem Beschuldigten zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung gehört sohin notwendigerweise zu der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a Z1 VStG und ist im Spruch des Bescheides anzuführen (vgl. VwGH 27.2.1970, Slg. 7748A). Auch der Tatort ist im Sinne der Umschreibungserfordernis eines § 44a Z1 VStG zu wenig konkretisiert, da im angefochtenen Schuldspruch lediglich die Straße angeführt ist.

 

Es ist sohin festzustellen, dass die dem Bw zur Last gelegt Verwaltungsübertretung einerseits nicht als erwiesen festgestellt werden kann und andererseits in nicht ausreichend konkretisierter Form zur Last gelegt wurde. Da die Verfolgungsverjährungsfrist bereits abgelaufen ist, ist es dem Oö. Verwaltungssenat – auch unter der Prämisse, dass sich die wesentlichen Sachverhaltselemente noch ermitteln ließen – verwehrt, eine entsprechende Spruchkorrektur durchzuführen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

3. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

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