Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231090/2/BP/Ga

Linz, 18.03.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bundespolizeidirektors von Wels vom 4. Jänner 2010, Zl.: 2-S-10.086/09/S, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis   aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des          Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen    Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö.       Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 44a und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II.: § 65 VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bundespolizeidirektors von Wels vom 10. Jänner 2010, Zl.: 2-S-10.086/09/S, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 82 Abs. 1 SPG eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er am 8. Mai 2009 von 10:01 Uhr bis 10:10 Uhr in X, zuerst die anwesenden Feuerwehrmänner sinngemäß in beleidigendem Ton angeschrien "Habt ihr nichts besseres zu tun, als eine Ente jagen? Das ist eine Frechheit!" und in weiterer Folge auch die anwesenden Polizeibeamten lautstark sinngemäß angeschrien "Jetzt seid auch ihr noch da! Habt ihr nichts besseres zu tun? Das ist eine Frechheit! Euer sinnloses Verhalten werde ich fotografieren!" und sich so trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnahm, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert habe.

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 18. Jänner 2010 erhob der Bw durch seine rechtsfreundlichen Vertreter Berufung gegen den oa. Bescheid.

 

Darin wird u.a. ausgeführt, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides den rechtlichen Erfordernissen nicht entspreche und daher rechtswidrig sei. Im Übrigen wird auch die Tatbegehung durch den Bw an sich in Abrede gestellt.

 

Abschließend stellt der Bw den Antrag:

1. eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen

2. den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass das anhängige Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde

In eventu aufzuheben und der ersten Instanz die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen

In dritter Linie von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abzusehen.  

 

2.1. Die belangte Behörde übermittelte die "Berufung" samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 9. März 2010.  

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem sich bereits daraus ergibt, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, entfiel die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2.

 

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes-SPG, BGBl. Nr. 566/1991 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 114/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert. An Stelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

 

3.2. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

         1. die als erwiesen angenommene Tat;

         2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

         3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

         4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

         5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

 

3.3. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

3.4. Wenn nun § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des
Verwaltungsstrafverfahrens festlegen, dass der Spruch eines Straferkenntnisses den genauen Tatvorwurf sowie die Verwaltungsvorschrift(en) zu bezeichnen hat, die durch die Tat verletzt wurde(n), so wird der Spruch des hier angefochtenen Bescheides diesem Erfordernis nicht gerecht.

 

Zwar wird das aggressive Verhalten in Form zweier Unmutsäußerungen gegen Feuerwehrmänner einerseits und Polizeibeamte andererseits grundsätzlich dargelegt, jedoch fehlt jeglicher Hinweis darauf, inwieweit deren Amtshandlungen durch die Aussprüche behindert wurden. Es bedarf zur Erfüllung der Sprucherfordernisse des § 44a VStG wohl nicht einer genauen Definition der jeweiligen behinderten Ausübung der gesetzlichen Aufgaben; allerdings ist hier im konkreten Fall keinerlei differenzierende Zuordnung möglich, weshalb die Verwaltungsübertretung in Bezug auf das Tatbestandselement der Behinderung der Ausübung der gesetzlichen Aufgaben nicht unverwechselbar zuzumessen ist.

 

Weiters geht aus dem Spruch nicht hervor, von wem der Bw abgemahnt wurde. An sich bedarf der Umstand der Abmahnung im Regelfall keinerlei weiterführenden Erläuterungen im Spruch; im hier zu beurteilenden Fall, in dem ein in zwei Richtungen erfolgtes aggressives Verhalten angesprochen wird, wäre jedoch die Anführung des Abmahnenden zur Gewährleistung der Unverwechselbarkeit notwendig gewesen, wie auch der Umstand, ob und wem gegenüber der Bw seine – im Spruch nur punktuell geschilderten – Äußerungen wiederholte.

 

Es ist also festzustellen, dass die Formulierung des Spruchs im in Rede stehenden Fall nicht in einer den Erfordernissen des § 44a VStG genügenden Konkretisierung gewählt wurde. Es war dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt im Berufungsverfahren diese Mängel des Tatvorwurfes zu sanieren.

 

3.5. Es war daher der Berufung stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

 

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