Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100450/4/Sch/Hm

Linz, 20.03.1992

VwSen - 100450/4/Sch/Hm Linz, am 20. März 1992 DVR.0690392 W S, C; Übertretung der StVO 1960 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Gustav Schön über die Berufung des W S von 21. Februar 1992 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 6. Februar 1992, VerkR96/6303/1991/Mi/Pr, zu Recht:

I. Der Berufung wird stattgegeben. Die verhängte Geldstrafe wird auf 700 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren I. Instanz ermäßigt sich auf 70 S, die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit Strafverfügung vom 28. November 1991, VerkR96/6303/1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 13. August 1991, um 14.30 Uhr, auf einer Freilandstraße, nämlich auf der B 138 bei Straßenkilometer 56,4 in S, mit dem PKW die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 27 km/h überschritten hat.

2. Gegen die Strafverfügung hat der Beschuldigte rechtzeitig Einspruch gegen die Strafhöhe eingebracht.

3. Dem Einspruch wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 6. Februar 1992, VerkR96/6303/1991/Mi/Pr, gemäß § 49 Abs.2 VStG keine Folge gegeben und die mit der Strafverfügung verhängte Strafe bestätigt.

Weiters wurde dem Beschuldigten gemäß § 64 VStG als Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren ein Betrag von 100 S vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung eingebracht. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Mitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Eingangs ist zu bemerken, daß es sich bei der Begründung des angefochtenen Bescheides um eine rein formularmäßige Erledigung handelt, die mit kaum einem Wort auf den konkreten Sachverhalt eingeht.

Im einzelnen ist aus der Sicht des unabhängigen Verwaltungssenates folgendes zu bemerken:

Übertretungen des § 20 Abs.2 StVO 1960 stellen, insbesonders, wenn sie ein Ausmaß wie im konkreten Fall erreichen, eine zumindest abstrakte Gefährdung der Verkehrssicherheit dar. Derartige Delikte führen immer wieder zu gravierenden Verkehrsunfällen bzw. sind die Unfallfolgen allenfalls beträchtlicher als bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeiten. Im übrigen muß auch davon ausgegangen werden, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen wie im konkreten Fall nicht "versehentlich" unterlaufen, vielmehr werden diese bewußt, also vorsätzlich, in Kauf genommen.

Der angefochtene Bescheid geht weder auf allfällige Erschwerungs- oder Milderungsgründe noch auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers ein. Diesbezüglich ist folgendes auszuführen:

Nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 19 Abs.2 VStG ausdrücklich in einer Bescheidbegründung anzuführen, ob und gegebenenfalls welche Erschwerungs- und Milderungsgründe vorlagen. Im konkreten Fall hat die Erstbehörde nachträglich angegeben, daß bei ihr keine den Berufungswerber betreffenden Verwaltungsstrafvormerkungen vorliegen. Wenn einer Erstbehörde aus ökonomischen Gründen weitere Erhebungen im Hinblick auf allfällige Verwaltungsstrafvormerkungen bei anderen Behörden nicht tunlich erscheinen und bei ihr keine Vormerkungen vorliegen, so hat sie diesen Milderungsgrund als gegeben anzunehmen. Die Herabsetzung der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe hatte daher aus diesem Grund zu erfolgen. Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

Obwohl der nunmehrige Berufungswerber seinen Einspruch vom 6. Dezember 1991 im wesentlichen mit seinen Einkommensund Vermögensverhältnissen begründet, geht der angefochtene Bescheid auf diese Frage überhaupt nicht ein. Somit muß auch diesbezüglich die Begründung wie folgt nachgeholt werden:

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Geht man davon aus und gegenteilige Erhebungen wurden von der Erstbehörde nicht getätigt - ,daß der Berufungswerber tatsächlich über kein Einkommen und kein Vermögen verfügt, muß ihm die Bezahlung einer Geldstrafe, zumindest wenn diese ein gewisses Ausmaß nicht übersteigt, trotzdem zugemutet werden, da nach der allgemeinen Lebenserfahrung jedermann Mittel für seinen Lebensunterhalt zur Verfügung hat. Sollte dies im konkreten Fall aber dennoch nicht zutreffen, so steht der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe an.

zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n