Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231030/4/BMa/Gr

Linz, 22.03.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X vom 9. Februar 2009 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen, vom 5. Februar 2009, Sich96/148-2008, wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 zu Recht erkannt:

 

      I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zum Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II.: § 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

 

1.1 Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Rechtsmittelwerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie halten sich als nigerianischer Staatsangehöriger und somit als Fremder im Sinne des § 2 Abs.4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich, und zwar an der Adresse X, X, auf, da Sie seit 12.8.2008 weder über einen gültigen Einreisetitel verfügen, noch auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Auf­enthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind und Sie nicht Inhaber eines von einem Vertragsstaat aus­gestellten Aufenthaltstitels sind, Ihnen kein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt, Sie weder eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, noch eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten innehaben und sich im konkret bezogenen Fall auch aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften keine Rechtmäßigkeit Ihres Aufenthaltes ergibt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

 

§ 120 Abs. 1 Zi. 2 iVm § 31 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, zu­letzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 4/2008. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von      Falls diese uneinbring-  Freiheitsstrafe     Gemäß

                            lich ist, Ersatzfreiheits-

                                        strafe von           von

                                                                                     § 120 Abs. 1 Zi. 2 FPG

200 Euro                        46 Stunden

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

 

20 Euro       als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe

(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Geldbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 220 Euro. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG)."

 

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Bw habe gegen die Bestimmungen des FPG verstoßen, weil er als nigerianischer Staatsangehöriger am 13. Jänner 2005 illegal nach Österreich eingereist sei und sein daraufhin gestellter Asylantrag, vom Asylgerichtshof abgewiesen worden sei. Diese Abweisung des Asylantrags sowie die Ausweisung des Bw sei mit 11. August 2008 in Rechtskraft erwachsen. Nach Beeinspruchung der am 2. Oktober 2008 ergangenen Strafverfügung habe der Bw um Einstellung des Strafverfahrens ersucht, weil das Asylverfahren auf Grund einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde noch nicht beendet sei. Der Bw sei am 09. Oktober 2008 und neuerlich am 29. Oktober 2008 von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen aufgefordert worden, das Bundesgebiet zu verlassen und zwecks Ausstellung eines Heimreisezertifikats bei der Botschaft der Republik Nigeria vorzusprechen. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshof vom 7. November 2008 sei die Behandlung der Beschwerde gegen die Abweisung des Asylantrags und der damit verbundenen Ausweisung abgelehnt worden. Damit halte sich der Bw seit 12. August 2008 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Er habe gegen die Strafbestimmung des Fremdengesetzes auch schuldhaft verstoßen. Abschließend wurden die Strafbemessungsgründe dargelegt.

 

1.3. Gegen das dem Bw am 6. Februar 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 10. Februar 2009 - und damit rechtzeitig - bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen eingebrachte Berufung vom 9. Februar 2009.

 

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, die Staatsbürgerschaft des Bw sei Sudan, diese ergebe sich aus den beiliegenden Dokumenten.

 

Der Bw habe den Beschluss vom Verfassungsgerichtshof vom 7. November 2008 nicht zugestellt bekommen, es handle sich seines Wissens nach um ein offenes Verfahren. Es gebe Reisewarnungen für den Sudan und Nigeria. Die Strafhöhe sei unangemessen, weil er keiner geregelten Arbeit nachgehen dürfe und auf persönliche Zuwendungen von Freunden angewiesen sei.

 

Angeschlossen wurde die Kopie des Führerscheins von X mit dem Vermerk, dass die Stadt "Juba" eine Stadt in Südsudan sei. Weiters wurde ein Mietvertrag in englischer Sprache mit Datum 06. November 2001 angeschlossen, wonach unter Punkt 3 dargestellt wurde, dass der Mieter aus Nyala/Sudan komme, jedoch in Nigeria seinen Wohnsitz habe und es wurde eine Mietbestätigung, ebenfalls in englischer Sprache, vom 6. November 2001 vorgelegt. Darüber hinaus wurde eine Information des Außenministeriums mit letzter Aktualisierung 2009 vorgelegt, wonach eine partielle Reisewarnung für den Sudan bestehe.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat im September 2009 versucht, den gesamten Fremdenakt beizuschaffen, es wurden aber nur einige, wesentliche Aktenstücke übermittelt. In einem dieser, nämlich in dem Schreiben des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen an das Amt der Oö. Landesregierung vom 11. Februar 2009 wird angeführt:" Wir haben Herrn X in der Folge neuerlich zur Ausreise und zur Vorsprache bei der Botschaft der Republik Nigeria zwecks Beantragung eines Heimreisezertifikats aufgefordert (von der hs. Behörde wurde bereits am 13. August 2008 ein HZ über das BMI angefordert); laut Auskunft BMI vom 9. Jänner 2009 blockiert die Botschaft derzeit die Ausstellung von HZ."

 

Der OÖ. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt und unter Berücksichtigung der von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich per Fax übermittelten Unterlagen festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage hinlänglich geklärt erscheint und zur Lösung des Falls im Wesentlichen Rechtsfragen zu beurteilen sind.

 

3. In der Sache hat der OÖ. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat legt seiner Entscheidung die unangefochten gebliebenen erstinstanzlichen Feststellungen, ergänzt durch die von ihm getätigten Erhebungen (siehe Punkt 2. dieses Erkenntnisses), zugrunde.

 

3.2. Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot und bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres Anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

3.3. Demnach muss der Berufungswerber es fahrlässig unterlassen haben, die Heimreise nach Nigeria anzutreten.

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, war es aber dem Berufungswerber gar nicht möglich, ein Heimreisezertifikat zu erlangen, hat doch die Botschaft laut Auskunft des BMI vom 9. Jänner 2009 die Ausstellung von Heimreisezertifikaten blockiert.

Die belangte Behörde hat nicht darlegt, wie der Bw unter diesen Umständen das für die Ausreise benötigte Heimreisezertifikat erlangen hätte können oder welche Schritte der Berufungswerber ansonsten unternehmen hätte müssen, um aus Österreich ausreisen zu können.

 

Nach dem dem Strafrecht immanenten Grundsatz "nulla poena sine culpa" war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis waren gemäß § 66 VStG dem Berufungswerber weder die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens noch jene des Berufungsverfahrens aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

Rechtssatz zu VwSen-231030/4/BMa/Gr vom 23. März 2010:

 

 

Dem Berufungswerber war es gar nicht möglich, ein Heimreisezertifikat zu erlangen, so hat die Botschaft die Ausstellung von Heimreisezertifikaten blockiert.

Die belangte Behörde hat nicht darlegt, wie der Bw unter diesen Umständen das für die Ausreise benötigte Heimreisezertifikat erlangen hätte können oder welche Schritte der Berufungswerber ansonsten unternehmen hätte müssen, um aus Österreich ausreisen zu können.


 

 

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