Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550519/6/Kl/Rd/Pe VwSen-550520/6/Kl/Rd/Pe

Linz, 21.04.2010

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier, Berichterin: Dr. Ilse Klempt, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der x, vertreten durch Rechtsanwältin x, vom 16. April 2010 auf Nichtigerklärung der Teilnahmeunterlage für die öffentliche Erkundung des Bewerberkreises und über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich betreffend das Vorhaben "Kauf, Installation und Wartung eines VolP-Systems einschließlich VolP-Endgeräten", zu Recht erkannt:

 

 

Die Anträge werden als verspätet zurückgewiesen.

Der Antrag auf Gebührenersatz wird abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3, 4, 5 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 und § 2 Z16 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. Nr. I Nr. 17/2006 idF I Nr. 15/2010 iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 16. April 2010, beim Oö. Verwaltungssenat nach Ende der Amtsstunden eingebracht, daher eingelangt am 19. April 2010, hat die x GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Teilnahmeunterlage sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass am 17.3.2010 die Bekanntmachung der Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft versandt worden sei. Die Teilnahmefrist ende am 26.4.2010, 12.00 Uhr.

Das Bewertungssystem zur Auswahl der Bewerber enthalte ua das Bewertungskriterium "Integration bestimmter Software-Produkte", in dessen Rahmen der Auftraggeber die Bewerber auffordere, Erfahrung mit konkreten, namentlich genannten Softwarelösungen x.win.x für Gebührenerfassung und -auswertung und x als Vermittlungsplatzlösung nachzuweisen. Aufgrund der Vertriebsstruktur der Hersteller dieser Softwarelösungen sei ein solcher Nachweis nur wenigen Unternehmen möglich, sodass sich der erfolgreiche Bewerberkreis erheblich reduziere und der freie Wettbewerb ohne entsprechende Notwendigkeit stark eingeschränkt werde.

 

Mit Schreiben vom 6.4.2010 seien dem Auftraggeber die Bedenken gegen die  Zulässigkeit des Bewertungskriteriums "Integration bestimmter Software-Produkte" mitgeteilt und eine Anpassung des Bewertungsschemas an zwingende vergaberechtliche Erfordernisse angeregt worden. Am 13.4.2010 teilte der Auftraggeber mit, dass, um bei diesem Auswahlkriterium Punkte zu erhalten, lediglich bei den jeweiligen Referenzen die genannten Softwarelösungen mit der gelieferten TK-Anlage zum Einsatz gekommen sein müssen. Es sei nicht erforderlich, dass diese Programme vom Bewerber im Rahmen des Referenzprojektes auch geliefert bzw installiert worden seien. So können sie etwa – wie im ausschreibungsgegenständlichen Fall – bereits im Einsatz gewesen sein bzw von einem "Dritten" stammen.

Die angeregte Anpassung des Bewertungssystems an die gesetzlichen Anforderungen habe der Auftraggeber nicht vorgenommen.

 

Die Antragstellerin beabsichtige einen Teilnahmeantrag im gegenständlichen Vergabeverfahren zu stellen. Aufgrund der rechtswidrigen Gestaltung der Teilnahmeunterlagen sei ihr die Legung eines Teilnahmeantrags zu den Bedingungen dieser Teilnahmeunterlagen nicht zumutbar, da ihre Bewerbung unter den derzeitigen Auswahlkriterien angesichts der Anzahl der Mitbewerber alleine wegen der Gestaltung des Auswahlkriteriums "Integration bestimmter Software-Produkte" wenig aussichtsreich sei. Dies, obwohl sie in der Lage sei, die ausschreibungsgegenständlichen Telefonanlagen anzubieten und die Integration der in der Teilnahmeunterlage genannten Softwareprodukte vorzunehmen. Bei Anpassung der Teilnahmeunterlagen rechne sich die Antragstellerin hervorragende Chancen aus, als erfolgreicher Bieter zur Angebotslegung eingeladen zu werden und den verfahrensgegenständlichen Auftrag zu erhalten.

 

Hinsichtlich des Schadens bringt die Antragstellerin vor, dass durch die rechtswidrige Vorgehensweise des Auftraggebers ein unmittelbarer Schaden für sie entstehe. Dieser setze sich aus dem entgangenen Gewinn, den frustrierten Kosten für das Studium der Teilnahmeunterlagen und aus den Aufwendungen für die Einschaltung einer Vergaberechtsexpertin zusammen. Weiters drohe auch der Verlust eines interessanten Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf

-        Durchführung eines rechtskonformen und diskriminierungsfreien         Vergabeverfahrens

-        (chancenreiche) Teilnahme am Vergabeverfahren

-        Festlegung vergaberechtskonformer, insbesondere nicht diskriminierender   Auswahlkriterien und rechtskonforme Prüfung ihres Teilnahmeantrages

verletzt.     

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit benennt die Antragstellerin die unzulässige Einschränkung des Bewerberkreises durch ein rechtswidriges Auswahlkriterium, die unzulässige Vermischung von Eignungs-(Auswahl-) und Zuschlagskriterien sowie die unzulässige Diskriminierung von Bewerbern durch eine willkürliche Festlegung der Gewichtung.

 

Begründend wurde hiezu näher ausgeführt, dass der Auftraggeber derzeit x und x zur Gebührenerfassung und -auswertung bzw als Vermittlungsplatzlösung einsetze und laut Pkt III.1.c. der Teilnahmeunterlage auch künftighin verwendet werden soll und daher mit den neu zu beschaffenden IP Telekommunikationslösungen integriert werde sollen. In der Teilnahmeunter­lage habe der Auftraggeber festgelegt, dass ein Bewerber eine bessere Bewertung erhalte, wenn er Referenzprojekte vorweisen könne, in denen er x oder die x Vermittlungsplatzlösung (oder beide) zusammen mit Telekommunikationsanlagen aus seinem Telekommunikations­porto­folio zum Einsatz gebracht habe (Punkt III.1.c sowie III.4 der Teilnahmeunterlage).

 

Die Software-Produkte x und x dürfen in Österreich nur von wenigen Unternehmen vertrieben werden, insbesondere sei der Vertrieb von x lediglich zwei Vertriebspartnern vorbehalten. Nur diese Vertriebspartner verwenden bei der Implementierung ihrer Telekommuni­kationslösungen vorrangig diese Software-Produkte. Andere Unternehmen greifen auf andere – zumindest gleichwertige – Softwarelösungen zurück.

 

Dies zum einen deshalb, weil es gerade für große Unternehmen preiswerter sei, eigene Softwarelösungen zu entwickeln, als teure Fremdsoftware von Vertriebspartnern zu beziehen, die noch dazu in mehreren Geschäftsfeldern in unmittelbarer Konkurrenz zu diesen Unternehmen stehen. Tatsächlich sei es so, dass alle namhaften Hersteller von Telekommunikationslösungen in erster Linie Eigenprodukte für die genannten Applikationen (Gebührenerfassung und Vermittlungsplatzlösung) einsetzen. So sei auch  ein Eigenprodukt des Telefonanlagenherstellers x, das von den Vertriebspartner x und Digicom in x vertrieben werde.

 

Die Antragstellerin biete daher auch aus wirtschaftlichen Überlegungen zumeist ihre Eigenprodukte an oder integriere die beim Kunden bereits vorhandenen Lösungen. Damit erbringe sie letztendlich die gleiche Leistung und erwerbe sich dieselbe Erfahrung, wie jene Anlagenhersteller, die in ihre Telefonanlagen ebenfalls Eigenprodukte integrieren.

 

Der Auftraggeber akzeptiere nun aber ausschließlich Applikationen, die Eigenproduktionen bestimmter Anlagenhersteller sind. Diese beiden Anlagenhersteller verfügen naturgemäß über eine Vielzahl an Referenzen, mit denen sie die Integration ihrer Eigenprodukte in ihre Telefonanlagen nachweisen können. Alle anderen Hersteller (so auch die Antragstellerin) verfügen zwar über technisch absolut gleichwertige Erfahrungen, der Auftraggeber werte diese allerdings nicht. Referenzen über die Eigenprodukte ihrer unmittelbaren Mitbewerber haben diese Hersteller aber bloß in weit geringerem Ausmaß. Diese Hersteller (so auch die Antragstellerin) können aus diesen Gründen niemals so viele Referenzanlagen mit den beiden namentlich festgelegten Applikationen angeben, wie ihre Mitbewerber x, x und x. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Antragstellerin nicht in der Lage wäre, die vom Auftraggeber gewünschte Integration durchzuführen.

 

Aus diesen Gründen sei es der Antragstellerin trotz vorliegender umfassender Kenntnisse im Umgang mit diesen Schnittstellen und der Integration der genannten oder gleichwertigen Softwarelösungen lediglich nicht möglich, drei Referenzprojekte zu benennen, in denen sie die beiden im Auswahlkriterium namentlich genannten Applikationen oder aber x integriert habe. Damit verliere sie bei der Bewertung automatisch bis zu 20 % der Punkte und werde so vom Auftraggeber gegenüber den Mitbewerbern, die die genannten Produkte herstellen und über die georderten Referenzen verfügen, ohne sachlichen Grund benachteiligt und von der weiteren Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen. Die Antragstellerin sei selbstverständlich in der Lage, die geforderten Eignungs- und Auswahlkriterien für die Integration von Vermittlungsplatz- und Gebührenauswertungslösungen an Hand von erbrachten Referenzen mit von ihr vermarkteten und gleichwertigen Produkten nachzuweisen.

Die Integration der Gebührenerfassungs- und -auswertungssoftware bzw Vermittlungsplatzlösung erfolge über Standardschnittstellen. Konkret handle es sich sowohl bei den Schnittstellen von x oder x als auch bei den zur Herstellung der Verbindung mit den beiden Applikationen in den Telefonanlagen der Antragstellerin vorgesehenen Schnittstellen um Standardschnittstellen, die eine Kommunikation zwischen den beiden Produkten problemlos ermöglichen. Diese Standardschnittstellen seien weit verbreitet und werden in unterschiedlichster Hard- und Software eingesetzt. Wie "gewöhnlich" diese Standardschnittstellen sind, zeige auch der Umstand, dass selbst das weit verbreitete Microsoft-Outlook diese Schnittstellen verwende. Es erfordere daher kein besonderes Know-How, insbesondere kein produktspezifisches. Die Antragstellerin sei selbstverständlich in der Lage diese Schnittstellen zu öffnen und damit diese beiden Applikationen zu integrieren.

 

Ob bzw wie oft ein Unternehmen auf die im Auswahlkriterium "Integration bestimmter Software-Produkte" genannten Softwarelösungen zugegriffen hat, ergebe sich also vorrangig aus wirtschaftlichen Überlegungen, lasse jedoch keinerlei Rückschlüsse auf die Qualität der Leistung oder die Erfahrung des betroffenen Unternehmers bei der Umsetzung von Telekommunikationslösungen bzw der Integration dieser oder vergleichbarer Software-Produkte zu. Dies umso mehr, als es technisch unumstritten sei, dass die genannten Software-Produkte x und x ohne besondere technische Herausforderungen problemlos und konfliktfrei in die meisten Telekommunikationslösungen der namhaften Hersteller integriert werden können, insbesondere auch in jene der Antragstellerin.

 

Zusammenfassend könne festgehalten werden, dass das Auswahlkriterium "Integration bestimmter Software-Produkte" anhand von Referenzprojekten, die ausschließlich auch die genannten Applikationen zum Inhalt haben, zur Auswahl der bestgeeigneten Bewerber ungeeignet sei,

- weil für die Integration der vom Auftraggeber genannten Software-Produkte keine besonderen produktspezifischen Kenntnisse erforderlich seien. Ob der Bewerber über solche Standardschnittstellen die genannten Software-Produkte oder aber andere Software in Telekommunikationslösungen integriert habe, sei für seine Eignung hinsichtlich der Integration dieser Software-Produkte irrelevant. Relevant seien alleine seine Kenntnisse und Erfahrungen mit der Integration von Softwarelösungen über Standardschnittstellen. Zum Nachweis dieser Kenntnisse seien Referenzprojekte, die sich ausdrücklich auf die genannten Softwareprodukte beziehen, nicht erforderlich. Der größere Wettbewerb wäre zum ausschließlichen Vorteil des Auftraggebers;

- weil es zu zweck- und sinnwidrigen Ergebnissen in der Bewerberauswahl führen würde. So verfüge ein potentieller Bewerber eventuell über breite Erfahrung in der Integration vergleichbarer Software über Standardschnittstellen, weil er regelmäßig eigene Software in seine Telekommunikationslösungen integriert. Referenzen hinsichtlich der namentlich genannten Software-Produkte könne ein solcher Bewerber jedoch nicht nachweisen, sodass er einem Unternehmer, der zB überhaupt das erste Mal Software über Standardschnittstellen integriert habe, unterlegen sei, sofern dieser Unternehmer bloß das "richtige" Software-Produkt – nämlich die in der Teilnahmeunterlage geforderten Applikationen – integriert habe (dies umso mehr, als die Gewichtung dieses untaugliche Auswahlkriterium besonders "wertvoll" macht;).

 

Weiters sei darauf hinzuweisen, dass das Auswahlkriterium auch insofern diskriminierend – da sachlich nicht gerechtfertigt – sei, als auf Seite 24 der Teilnahmeunterlage festgelegt werde, dass bei gleicher Gesamtbewertung zweier oder mehrerer Bewerber jener Bewerber den Vorzug erhalte, der im Auswahlkriterium "integrierte Software-Produkte" die höhere Gewichtung erreicht habe.

 

Dieses Auswahlkriterium bewirke also ausschließlich eine Bevorzugungen der beiden Vertriebspartner für x (x GmbH und x AG, die derzeitige Vertragspartnerin des Auftraggebers). Durch die Bindung der Punktevergabe im Rahmen des Auswahlkriteriums an zwei namentlich genannte Softwarelösungen erfolge eine unzulässige Bevorzugung des derzeitigen Vertragspartners des Auftraggebers. Sie diskriminiere in unsachlicher und ungerechtfertigter Weise all jene Unternehmen, die nicht Vertriebspartner der genannten Softwarelösung sind.

 

Auch das BVergG 2006 anerkenne, dass es einem an der Auftragsvergabe interessierten Unternehmer möglich sein muss, seine Leistungsfähigkeit durch andere als vom Auftraggeber verlangte Nachweise darzulegen. Das alleinige Abstellen auf die derzeit vorgesehenen Referenzen mit den genannten Anforderungen sei daher unzulässig.

 

Eignungs- und Auswahlkriterien haben strikt unternehmensbezogen zu sein. Mit der gegenständlichen Ausgestaltung der Auswahlkriterien werden sehr stark angebotsbezogene Aspekte miteinbezogen.

 

Die Anfrage der Antragstellerin habe der Auftraggeber dahingehend beantwortet, dass es hinsichtlich der Referenzprojekte zum Nachweis der "Integration bestimmter Software-Produkte" nicht erforderlich sei, die Softwarelösungen im Rahmen des Referenzprojekts auch geliefert bzw installiert wurden. So könnten sie etwa – wie im ausschreibungsgegenständlichen Fall – bereits im Einsatz gewesen sein bzw von einem "Dritten" stammen.

Der Auftraggeber stelle mit dieser Anfragebeantwortung klar, dass es bei der Bewertung der Referenzprojekte unwesentlich sei, ob der Bewerber die Softwareprodukte geliefert habe. Es sei sogar unwesentlich, ob er sie installiert habe. Unwesentlich sei auch, welche Leistung früher installiert worden sei.

 

Bewertet werde offenbar alleine, dass die referenzgegenständliche Telekommunikationsanlage irgendwann (mit oder ohne Zutun des Bewerbers) mit den Software-Produkten x und x betrieben worden sei. Der Auftraggeber bewerte damit aber nicht mehr die unternehmensbezogene Leistungsfähigkeit des Bewerbers, sondern ausschließlich eine Eigenschaft der nachgefragten Leistung (nämlich deren Kompatibilität mit den Software-Produkten x und x ).

 

Mit dem Auswahlkriterium "Integration bestimmter Software-Produkte" bewerte der Auftraggeber eine Eigenschaft der konkret zu vergebenden Leistung, nämlich deren Kompatibilität mit bestimmten Software-Produkten. Dies sei jedoch ein unzulässiges Eignungs- bzw Auswahlkriterium und allenfalls einer Bewertung im Rahmen eines Zuschlagskriteriums zugänglich. Das gegenständliche Vergabeverfahren befinde sich jedoch erst in seiner ersten Stufe, in der anhand von Eignungs- und Auswahlkriterien die Eignung der Bewerber beurteilt werde und die geeigneten Bewerber zur Teilnahme am weiteren Vergabeverfahren ausgewählt werden. Die erfolgende Auswahl der Bewerber mithilfe eines Zuschlagskriteriums sei rechtswidrig, die Teilnahmeunterlagen des Auftraggebers samt dem darin enthaltenen Bewertungssystem seien daher für nichtig zu erklären.

 

Der Auftraggeber lasse das Auswahlkriterium "Integration bestimmter Software-Produkte" mit einer Gewichtung von 20 % in die Gesamtpunktezahl einfließen. Dieses Auswahlkriterium solle die Erfahrung des Bewerbers mit den namentlich genannten Softwarelösungen bewerten.

 

Das Auftragsvolumen hinsichtlich jener Leistungsteile, bei denen diese Erfahrung möglicherweise vorteilhaft sein könne, betrage lediglich ca. 3 % vom Gesamtauftragsvolumen. Diese Leistungsteile nehmen weder hinsichtlich ihrer Anforderungen und Funktion eine zentrale Rolle bei der Leistungserbringung ein noch sei ihre fehlerfreie Erbringung für den Projekterfolg überdurchschnittlich bedeutsam.

 

Die derzeitige Gewichtung der Auswahlkriterien bevorzuge jene Bewerber, die Referenzprojekte über Telekommunikationsanlagen nachweisen können, in die die Softwarelösungen x und x integriert sind. Obwohl die Integration dieser Softwarelösungen ca 3 % des Gesamtauftrages ausmacht, misst ihr der Auftraggeber mit einer Gewichtung von 20 % bei der Ermittlung der Gesamtpunkteanzahl zentrale Bedeutung zu. Eine sachliche Begründung für dieses Vorgehen fehle wiederum.

 

Auch dadurch sei das Bewertungssystem des Auftraggebers diskriminierend und rechtswidrig. Dies unabhängig davon, ob man das Auswahlkriterium "Integration bestimmter Software-Produkte" mittels Nachweises von Referenzen rechtlich richtig als diskriminierend ansehe. Dies gelte umso mehr, als von dieser unsachlichen Gewichtung alleine jene Bewerber profitieren, die exklusive Vertriebspartner der genannten Softwareprodukte sind, während wegen dieser Gewichtung alle anderen Unternehmer schon alleine aufgrund der aufgezeigten wirtschaftlichen Zusammenhänge bei der Entscheidung für bzw gegen ein bestimmtes Software-Produkt im Auswahlverfahren nahezu chancenlos sind.

 

Die vom Auftraggeber vorgenommene Gewichtung der Auswahlkriterien sei somit rechtswidrig, das Auswahlsystem, insbesondere die Auswahlkriterien und deren Gewichtung seien an die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen und weiters ausgeführt, dass bei Fortführung des Vergabeverfahrens für die Antragstellerin keine Möglichkeit bestehe, den gegenständlichen Auftrag zu den Bestimmungen des BVergG 2006 und den hiezu ergangenen Verordnungen zu erhalten. Die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sei daher unbedingt notwendig. Eine bloße Feststellung einer rechtswidrigen Zuschlagserteilung und allenfalls zustehende Schadenersatzforderungen vermögen die Chance, den Auftrag zu erhalten, nicht aufzuwiegen, zumal eine Schadenersatzklage den vollen Beweis tatsächlich Bestbieter zu sein voraussetze. Demgegenüber stehen weder öffentliche Interessen noch Interessen des Auftraggebers entgegen.      

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat das Land Oberösterreich als Auftraggeber am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Mit Stellungnahme vom 20.4.2010 wurde mitgeteilt, dass zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung keine explizite Stellungnahme abgegeben werde. Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass in § 4 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 expressis verbis nur von "Anträge(n) auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen" die Rede sei, die Anfechtung von Teilnahmeunterlagen aber nicht ausdrücklich angeführt werde. Der Begriff "Ausschreibung" gemäß § 2 Z10 BVergG 2006 sei zwar ein weiter, doch liege eine solche nur dann vor, wenn eine "Erklärung des Auftraggebers (vorliegt), in der er festlegt, welche Leistungen er zu welchen Bestimmungen erhalten möchte". Dies sei jedoch im Fall der "Bewerbersuche" nicht zutreffend und ergebe sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Definition (sh die Erläuterungen zu § 321 BVergG 2006 idF der BVergG-Novelle 2007, der damals weitgehend mit der landesgesetzlichen Regelung übereinstimmte bzw vergleichbar war).

Dies habe zur Konsequenz, dass im Falle der Anfechtung von Teilnahmeunterlagen nicht die Frist des § 4 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 zum Tragen käme, sondern eher die des § 4 Abs.1 leg.cit. – im vorliegenden Fall (Oberschwellenbereich) also 14 Tage – und die vorliegenden Anträge somit wegen nicht fristgerechter Einbringung zurückzuweisen seien.     

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.dd. BVergG 2006 ist die Ausschreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages) eine gesondert anfechtbare Entscheidung.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. ihr nach § 5 Abs.1 Z5 geltend gemachten Recht verletzt und

diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

3.2. Der eingebrachte Antrag auf Nachprüfung und Erlassung einer einstweiligen Verfügung richtet sich gegen die Teilnahmeunterlagen bzw. Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages und damit gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung. Aufgrund des geschätzten Auftragswertes sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden (§ 12 Abs.1 Z2 BVergG 2006).

 

Der Antrag ist aber nicht rechtzeitig eingebracht.

 

Gemäß § 4 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung binnen 14 Tagen ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller bzw. die Antragstellerin von der gesondert anfechtbaren Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder erlangen hätte können, einzubringen.

 

Mit Bekanntmachung der Ausschreibung bzw. Aufforderung zur Teilnahme im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, versendet am 17.3.2010, konnte sohin die Antragstellerin Kenntnis von den Teilnahmeunterlagen erlangen und begann daher die 14-tägige Antragsfrist zu laufen. Sie endete daher jedenfalls vor Antragstellung am 16.4.2010.

 

Die Bestimmung des § 4 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 kommt hingegen nicht zur Anwendung.

 

Gemäß § 4 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 sind Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen bis spätestens sieben Tage vor Ablauf der Angebotsfrist bzw. der Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten einzubringen, wobei der Tag des Endes der genannten Fristen in diese sieben Tage nicht eingerechnet wird. Da diese Bestimmung ausdrücklich nur von Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen bzw. Angebotsfrist bzw. Frist zur Vorlage der Wettbewerbsarbeiten spricht, sind die Teilnahmeunterlagen bzw. Anträge auf Nachprüfung von Teilnahmeunterlagen von dieser Bestimmung nicht erfasst. Dies ist auch aus der Entstehungsgeschichte des § 321 Abs.2 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, zu entnehmen. Während diese Stammfassung – wortgleich mit dem Oö. VergRSG 2006 – die Teilnahmeunterlagen noch nicht beinhaltet, ist in den folgenden Novellen, nämlich BGBl. I Nr. 86/2007 sowie BGBl. I Nr. 15/2010, eine Ergänzung dahingehend erfolgt, dass § 321 Abs.2 bzw. Abs.4 nunmehr auch die Nachprüfung der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages vorsieht.

 

Es waren daher spruchgemäß die Antrage zurückzuweisen (§ 5 Abs.2 Z2 Oö. VergRSG 2006).

 

Ein Kostenersatz war nicht zuzusprechen, weil die Antragstellerin im Verfahren nicht obsiegt hat.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 26,40 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum