Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560119/2/BMa/Gr

Linz, 22.03.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der X, X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 30. September 2009, SO-334-2009, wegen Kostenersatz aus Anlass der stationären Behandlung von Frau X vom 21. bis 22. Juni 2009 im Landeskrankenhaus X zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und wie folgt entschieden:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als zuständige Sozialhilfeträgerin hat der X als Rechtsträgerin des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses X die für dringend geleistete Hilfe bei Krankheit im Rahmen der stationären Behandlung der Frau X im Zeitraum von 21. bis 22. Juni 2009 angefallenen Kosten in Höhe von 600,48 Euro binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs. 4;  59 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 –AVG iVm §§ 61 und 66 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – SHG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. 1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 30. September 2009, SO-334-2009, wurde der Antrag der X (in der Folge kurz: gespag oder Bwin) auf Kostenersatz für Krankenhilfe für Frau X für die Zeit von 21. bis 22. Juni 2009, im Grund des §§ 6 - 10, 18, 61 und 66 Oö. Sozialhilfegesetz 1998, LGBl. Nr. 82/1998, abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Patientin zum Zeitpunkt des Leistungsanfalles im Haushalt ihrer Eltern in X gelebt habe.

Gemäß § 8 Abs. 1 Oö. SHG 1998 setze die Leistung sozialer Hilfe die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener und ihr zumutbarer Weise zur Abwendung, Bewältigung oder Überwindung der sozialen Notlage beizutragen, und es könne Sozialhilfe nur Personen geleistet werden, die bereit sind, sich um die Abwendung, Bewältigung oder Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen.

Auch nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshof (VwGH) vom 4. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0119, komme ein Kostenersatz nur dann und nur soweit in Betracht, als der Hilfeempfänger Anspruch auf Gewährung von sozialer Hilfe gehabt hätte.

Weder vor noch nach der Behandlung vom 21. bis 22. Juni 2009 sei X arbeitssuchend gemeldet gewesen. Dies bestätige, dass sie die Bereitschaft in angemessener, möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Bewältigung oder Überwindung ihrer sozialen Notlage beizutragen, vermissen habe lassen. Konkrete Feststellungen, ob X arbeitsfähig gewesen sei, seien nicht zu prüfen gewesen, weder vor noch nach der Behandlung sei ein Sozialhilfeantrag eingebracht worden.

Damit seien auch die Tatbestandselemente des § 6 SHG nicht erfüllt und der gegenständliche Antrag sei abzuweisen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Krankenhaus X am 1. Dezember 2009 zugestellt wurde, richtet sich das vorliegende, am 14. Oktober 2009 bei der belangten Behörde per Post eingelangte (im Akt ist kein Postkuvert vorhanden) - und damit jedenfalls rechtzeitige – Berufung vom 13. Oktober 2009.

 

Darin wird die Übernahme der Kosten für geleistete Hilfe bei Krankheit im Rahmen des stationären Aufenthaltes von Frau X beantragt. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, der VwGH habe in seinem Erkenntnis vom 9. September 2009, Zl. 2006/10/0026-5, dargelegt, dass die Rechtsverfolgungspflicht einen Anspruch auf soziale Hilfe nicht ändere, wenn die Rechtsverfolgung keine rechtzeitige Deckung des jeweiligen Bedarfs zu gewährleisten vermöge. Die bedürftige Person, bei der sich Behandlungsbedürftigkeit herausstelle, müsse sich auch nicht zuvor um andere Arten der Sozialhilfe bemüht haben.

Der Patientin sei der offene Pflegegebührenrückstandsausweis zugestellt worden und sie sei zweimal gemahnt worden.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

Da sich bereits aus den Akten der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde und die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem auch nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegensteht, war die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung nicht erforderlich.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats ergibt sich aus § 66 Abs. 3 Oö. SHG 1998. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist gemäß § 67a Abs.1 AVG zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen.

 

3.  Der OÖ. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Frau X wurde vom 21. bis 22. Juni 2009 im Landeskrankenhaus X stationär aufgenommen. Die Diagnose lautete auf akute tubulointerstitielle Nephritis.

Die Patientin hat sich zur Zeit der Behandlung im Landeskrankenhaus X in einer besonderen sozialen Notlage, weil sie wegen Krankheit behandlungsbedürftig war, befunden.

 

3.2. Die Feststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und werden von keiner Partei bestritten.

 

3.3. Die einschlägigen Rechtsvorschriften des Oö. SHG 1998 in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl. Nr. 41/2008, lauten auszugsweise:

 

"1. Hauptstück

Allgemeine Bestimmungen

 

§ 2

Grundsätze für die Leistung sozialer Hilfe

(1) Bei der Leistung sozialer Hilfe ist auf die besonderen Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen. Dazu gehören insbesondere Eigenart und Ursache der drohenden, bestehenden oder noch nicht dauerhaft überwundenen sozialen Notlage, weiters der körperliche, geistige und psychische Zustand der hilfebedürftigen Person sowie die deren Fähigkeiten, Beeinträchtigungen und das Ausmaß ihrer sozialen Integration.

 

§3

 

Einsetzen und Dauer sozialer Hilfe

(1) Soziale Hilfe hat rechtzeitig einzusetzen. Die Leistung sozialer Hilfe setzt einen Antrag voraus. Sie ist auch ohne Antrag anzubieten, wenn Umstände bekannt werden, die eine Hilfeleistung erforderlich machen.

 

2. Hauptstück

Voraussetzungen für die Leistung sozialer Hilfe

§ 6

Persönliche Voraussetzungen

(1) Soziale Hilfe kann, sofern dieses Landesgesetz nichts anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

 .......

3. bereit sind, sich um die Abwendung, Bewältigung oder Überwindung sozialer Notlage zu bemühen (§ 8).

 

§ 7

Soziale Notlage

(1) Eine soziale Notlage liegt vor bei Personen,

.......

2. die sich in einer besonderen sozialen Lage befinden und sozialer Hilfe bedürfen.

 

(3) In einer besonderen sozialen Lage im Sinn des Abs. 1 Z. 2 können sich insbesondere Personen befinden, die

.......

2. wegen Krankheit behandlungsbedürftig sind;

.......

§ 8

Bemühungspflicht

(1) Die Leistung sozialer Hilfe setzt die Bereitschaft der hilfsbedürftigen Person voraus, in angemessener und ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Bewältigung oder Überwindung der sozialen Notlage beizutragen.

(2) Als Beitrag der hilfebedürftigen Person im Sinn des Abs. 1 gelten insbesondere:

1. der Einsatz der eigenen Mittel nach Maßgabe des § 9;

2. der Einsatz der Arbeitskraft nach Maßgabe des § 10;

3. die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte, bei deren Erfüllung die Leistung sozialer Hilfe nicht oder nicht in diesem Ausmaß erforderlich wäre;

4. die Nutzung ihr vom zuständigen Träger sozialer Hilfe angebotenen Möglichkeiten bedarfs- und fachgerechter persönlicher Hilfe.

(3) Um die Verfolgung von Ansprüchen im Sinn des Abs. 2 Z. 3 muss sich die hilfebedürftige Person nicht bemühen, wenn eine solche offenbar aussichtslos oder unzumutbar ist.

 

4. Hauptstück

Besondere Bestimmungen über soziale Hilfe in einzelnen sozialen Notlagen

 

§ 18

Hilfe bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung

(1) Die Hilfe bei Krankheit sowie bei Schwangerschaft und Entbindung umfasst die Übernahme der Kosten für alle erforderlichen Leistungen, wie sie Versicherte der Oö. Gebietskrankenkasse nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz für Früherkennung von Krankheiten, Krankenbehandlung, Anstaltspflege, Zahnbehandlung und Zahnersatz, Hilfe bei körperlichen Gebrechen sowie bei Mutterschaft beanspruchen können, soweit es sich nicht um Geldleistungen handelt.

(2) Die Hilfe nach Abs. 1 kann auch durch Übernahme der Beiträge für eine freiwillige Selbstversicherung der hilfebedürftigen Person in der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet werden. Dies gilt insbesondere bei Hilfebedürftigen, denen der Einsatz der Arbeitskraft nicht zumutbar ist.

 

(4) Auf Hilfe nach Abs. 1 und Abs. 3 Z. 3 besteht ein Rechtsanspruch. Dieser Anspruch erfasst erforderlichenfalls auch die Übernahme von Selbstbehalten, Kostenanteilen oder Zuzahlungen, die im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen sind. Die bundes- oder landesgesetzlich geregelten Eigenleistungen bei Aufenthalt oder Behandlung in Krankenanstalten zählen nicht zu den Kosten nach Abs. 1. Bei Hilfebedürftigen, die keinen Krankenversicherungsschutz genießen, ist mit der Zuerkennung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt auch über den Anspruch auf Hilfe nach Abs. 1 dem Grunde nach abzusprechen.

 

 

9. Hauptstück

Beziehungen der Träger sozialer Hilfe zu Dritten

 

§ 61

Kostenersatzansprüche Dritter

(1) Musste Hilfe zum Lebensunterhalt, zur Pflege oder bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung so dringend geleistet werden, dass die Behörde nicht rechtzeitig benachrichtigt werden konnte, sind der Person oder Einrichtung, die diese Hilfe geleistet hat, auf ihren Antrag die Kosten zu ersetzen.

(2) Ein Anspruch nach Abs. 1 besteht jedoch nur, wenn

1. der Antrag auf Kostenersatz innerhalb von vier Monaten ab Beginn der Hilfeleistung bei der Behörde, die gemäß § 66 Abs. 7 über den Kostenersatzanspruch zu entscheiden hat, eingebracht wurde;

2. die Person oder Einrichtung, die Hilfe nach Abs. 1 geleistet hat, Ersatz der aufgewendeten Kosten nach keiner anderen gesetzlichen Grundlage trotz angemessener Rechtsverfolgung erhält.

 

(3) Kosten einer Hilfe nach Abs. 1 sind nur bis zu jenem Betrag zu ersetzen, der aufgelaufen wäre, wenn soziale Hilfe zum Lebensunterhalt, zur Pflege oder bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung geleistet worden wäre.

 

3.4. Gemäß § 61 SHG sind demnach Kosten nur zu ersetzen, wenn die Voraussetzungen des Abs.2 leg.cit. kumulativ vorliegen. Dies ist aufgrund der Aktenlage zu bejahen.

So hat die gespag bislang als Rechtsträgerin des Landeskrankenhauses X weder von der X nach von der Patientin den Ersatz der aufgewendeten Kosten (Pflegegebühr) erhalten und sie hat innerhalb von 2 Monaten bei der gemäß § 66 Abs.7 .SHG 1998 zuständigen Bezirkshauptmannschaft Gmunden Kostenersatz beantragt.

 

Unbestritten ist, dass die stationäre Aufnahme der Patientin "dringlich" iSd § 61 Abs.1 Oö. SHG 1998 war.

 

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass sich Frau X im Zeitpunkt der Aufnahme in die Krankenanstalt in einer sozialen Notlage, und zwar gemäß § 7 Abs.1 Z.2 iVm Abs.3 Z.2. Oö. SHG 1998 in einer besonderen sozialen Lage befand, weil sie wegen Krankheit behandlungsbedürftig war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat – wie die Berufungswerberin zutreffend hingewiesen hat – in seinem Erkenntnis vom 9. September 2009, 2006/10/0026, erkannt, dass eine Person bei der sich Behandlungsbedürftigkeit wegen Krankheit herausstellt, sich nicht bereits zuvor um andere Arten der Sozialhilfe bemüht haben musste, um einen Anspruch auf Krankenhilfe zu erlangen.

 

Gemäß § 18 Abs.1 Oö. SHG 1998 umfasst die Hilfe bei Krankheit die Übernahme der Kosten für alle erforderlichen Leistungen, wie sie Versicherte der X nach dem allgemeinen Sozialversicherungsgesetz unter anderem für Krankenbehandlungen beanspruchen können.

 

Dass Frau S solche Leistungen in Anspruch genommen hat, wurde der Aktenlage nach von keiner Partei angezweifelt. Ein gegenteiliges Vorbringen wurde insbesondere von den Berufungsgegnern nicht erstattet. Der Tatbestand des § 18 Abs.1 Oö. SHG 1998 ist daher als erfüllt anzusehen und die Berufung daher zu Recht erfolgt.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

Rechtssatz zu VwSen-560119/2/BMa/Gr vom 22. März 2010:

 

 

§18 SHG iVm § 61 SHG: Entscheidung wie VwGH vom 9. September 2009, 2006/10/0026


 

 

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