Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252229/17/Kü/Ba

Linz, 22.03.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x vom 6. August 2009, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Juli 2009, GZ. 0105314/2007, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2010, zu Recht erkannt:

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.  Nr. 51/1991 idgF           iVm §§ 24, 27 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.:  §§ 65 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Juli 2009, GZ. 0105314/2007, wurde über den Berufungsweber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 26 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 2 lit.c Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) eine Geldstrafe von 2.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 105 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugte Person der Firma x und x GmbH, x, zu verantworten hat, dass von dieser Firma bzw. der Zweigniederlassung in x nicht dafür Sorge getragen wurde, dass am 25.6.2007 um 12.40 Uhr auf der Baustelle in x eine Person anwesend war, die der Abgabenbehörde die zur Durchführung des AuslBG erforderlichen Auskünfte erteilen und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen gewähren konnte. Es war kein Baustellenverantwortlicher anwesend.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw  eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der an den Bw gerichtete Vorwurf unrichtig sei. Die Behörde habe sehr wohl die im Gesetz verlangte Auskunft und die notwendigen Bauunterlagen hinsichtlich dieser Baustelle im Sinne des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erhalten. Dies gehe schon allein aus dem Behördenakt hervor. Zumindest sei dem bei der Behörde vorhandenen Akt nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Im Anhang an den Strafantrag des Finanzamtes x vom 28.6.2007 sei eine Liste der auf der Baustelle Beschäftigten, die Dienstnehmer der x und x GmbH gewesen seien, angeschlossen. Die Behörde habe daher, wie im Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgesehen, die notwendigen Bauunterlagen ohne Verzögerung erhalten. Welche relevanten Informationen oder Unterlagen konkret die Behörde nicht erhalten hätte, ergebe sich nicht aus dem Akt. Die Durchführung der Amtshandlung sei nicht beeinträchtigt worden.

 

Die Kontrolle sei zur Mittagszeit durchgeführt worden. Naturgemäß sei in der Mittagszeit niemand auf der Baustelle anwesend. Es sei zu diesem Zeitpunkt auf der Baustelle auch nicht gearbeitet worden.

 

Der Bw habe auch in seiner Stellungnahme vom 11.9.2007 bekanntgegeben, dass auf der Baustelle ständig ein Polier der Firma x und x GmbH anwesend gewesen sei und er persönlich die Baustelle zwei Mal täglich kontrolliert habe. Außerdem sei an der Baustelle gut sichtbar das Firmenschild der Firma x und Bau GmbH und seien auf diesem Firmenschild die Telefonnummern des Poliers und des Bw deutlich sichtbar angebracht gewesen.

 

Der im Zuge der Kontrolle einvernommene Dienstnehmer x sei offensichtlich nicht ausreichend informiert gewesen, dass er als Zeuge fungiere und zweckdienliche zeugenschaftliche Mitteilungen hätte erteilen können. Eine Vernehmung des Poliers x als Zeugen oder des Bw selbst im Zuge des Ermittlungsverfahrens, hätte der Behörde Klarheit über den Sachverhalt erbracht. Wie sich konkret die gegenständliche Kontrolle der Baustelle abgespielt habe, sei dem Akt nicht zu entnehmen. Ebenso sei dem Akt nicht zu entnehmen, welche Maßnahmen das kontrollierende Organ gesetzt habe, um die gewünschten Auskünfte nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu erhalten.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Schreiben vom 7.9.2009 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer (bestehend aus drei Mitgliedern) berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2010, an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der Finanzverwaltung teilgenommen haben und Herr x, Herr x und Herr x als Zeugen einvernommen wurden.  

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw war im Jahr 2007 handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x und x GmbH mit dem Sitz in x. Eine Zweigniederlassung dieser Firma bestand am Sitz x. Der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer führte die Geschäfte vorwiegend von der Zweigniederlassung in x, übte aber auch seine Kontrolltätigkeiten in x aus. Ein- bis zweimal in der Woche ist der Bw dabei in x gewesen. Der Bw hat den Geschäftsbereich der x und x GmbH in Oberösterreich betreut und war auch für das Personal zuständig. Der gewerberechtliche Geschäftsführer hat am Sitz in x die Geschäfte in x betreut. Buchhaltung und Lohnverrechnung waren ausgegliedert und wurden von einem Steuerberater in Wels durchgeführt.

 

Bei der konkreten Baustelle x handelte es sich um zwei Gebäude, die von der x und x GmbH von der x erworben wurden. Die x und x GmbH beabsichtigte, diese Gebäude samt den darin befindlichen Wohnungen zu sanieren und diese sodann zu verkaufen.

 

Für die Baustelle der x und x GmbH in der x in x war der Bw selbst zuständig, außerdem waren dort ein Polier und ein Vorarbeiter der Firma im Einsatz. Aufgrund der Größe des Bauvorhabens waren auch eine Reihe von Subunternehmern tätig.

 

Der Bw selbst hat zweimal am Tag die Baustelle kontrolliert. Im Falle seiner Abwesenheit war ein Polier oder ein Vorarbeiter auf der Baustelle anwesend. Spezielle Absprachen zwischen dem Bw bzw. dem Polier oder Vorarbeiter über die Vorgangsweise bei behördlichen Kontrollen hat es nicht gegeben. Die Arbeiter der x und x GmbH wurden vom Bw angewiesen, einen Ausweis auf der Baustelle mitzuführen, um Identitätsfeststellungen zu ermöglichen.

 

Am 23.6.2007, einem Samstag, wurde um die Mittagszeit die gegenständliche Baustelle von Organen des Finanzamtes x kontrolliert. Auf der Baustelle wurden von den Kontrollorganen sechs Personen angetroffen, deren Identität festgestellt werden konnte. Die angetroffenen Personen haben sich mit Ausweisen ausgewiesen. Die Daten wurden vom Kontrollorgan in einem Kontrollblatt festgehalten.

 

Die angetroffenen Arbeiter konnten keine Angaben darüber machen, wo sich der Polier aufhält. Weiters konnten die anwesenden Arbeiter den Kontrollorganen keine Auskünfte über weitere Aufzeichnungen, wie Stundenaufzeichnung oder Bautagebuch geben.

 

Zum Kontrollzeitpunkt war der Polier der Baustelle damit beschäftigt, notwendige Materialien vom Lagerplatz der Firma zu holen und daher nicht auf der Baustelle anwesend.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie den Angaben des Bw, die dazu nicht im Widerspruch stehen. Insofern ist dieser Sachverhalt unbestritten geblieben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 26 Abs.1 AuslBG sind die Arbeitgeber verpflichtet, den Landes­geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und den regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung und den Abgabenbehörden auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekanntzugeben. Die Arbeitgeber und die Ausländer sind auf Verlangen verpflichtet, den vorerwähnten Behörden und den Trägern der Krankenversicherung und den Abgabenbehörden die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte zu erteilen und in die erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren. Die Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, dass bei ihrer Abwesenheit von der Betriebsstätte oder Arbeitsstelle eine dort anwesende Person den genannten Behörden und Rechtsträgern die erforderlichen Auskünfte erteilt und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen gewährt.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist - auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Ist danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ist es ungewiss, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, so ist die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen hat.

 

Gemäß § 28 VStG ist die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs.1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet. 

 

Auch im Falle von Übertretungen gegen § 28 AuslBG ist im Zweifel der Sitz des Unternehmens des Arbeitgebers der Tatort, denn dort wird in der Regel die gegebenenfalls nach diesem Gesetz verpönte Beschäftigung eingegangen und von dort aus wäre die allenfalls fehlende Beschäftigungsbewilligung zu beantragen gewesen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. September 1994, Zl. 94/09/0140). Wird die tatsächliche Leitung eines Unternehmens jedoch an einem anderen Ort als an dem im Firmenbuch eingetragenen Sitz des Unternehmens ausgeübt, so hat dies zur Folge, dass als Ort der Beschäftigung dieser tatsächliche Sitz der Unternehmensleitung und auch dieser Ort als jener Ort, von welchem aus die allenfalls erforderlichen Beschäftigungsbewilligungen hätten beantragt werden müssen, anzunehmen ist (vgl. VwGH vom 15.9.2009, Zl. 2008/09/0102 maN.).

 

Im konkreten Fall liegt dem Strafantrag des Finanzamtes x vom 28. Juni 2007 ein Firmenbuchauszug der x und x GmbH bei, aus dem klar ersichtlich ist, dass sich der Sitz dieser GmbH in x befindet, sowie eine Zweigniederlassung in x situiert ist. Keiner dieser beiden Standorte der Firma befindet sich im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Erstinstanz.

 

Auch im gegenständlichen Fall ist als Tatort der Sitz des Unternehmens anzusehen, denn von dort aus hätte der Bw jene Vorkehrungen zu treffen gehabt, die die Einhaltung der Bestimmung des § 26 Abs.1 AuslBG gewährleisten würden. Nur vom Sitz der Unternehmensleitung und nicht vom Ort einer auswärtigen Arbeitsstelle, wie einer Baustelle, sind vom verantwortlichen Arbeitgeber daher Vorkehrungen zu treffen und jene Personen zu bestimmen, die im Fall der Kontrolle den einschreitenden Behördenorganen entsprechende Auskünfte zu erteilen haben. Die Erstinstanz hat aufgrund der an sie gerichteten Strafanzeige des Finanzamtes x die erste Verfolgungshandlung gesetzt. Bereits aus dem Strafantrag und dem einliegenden Firmenbuchauszug hätten der Erstinstanz im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Tatort bezüglich Übertretungen gemäß § 28 AuslBG Zweifel an der örtlichen Zuständigkeit kommen müssen. Da sich der Sitz der Unternehmensleitung und somit der Tatort nicht im örtlichen Zuständigkeitsbereich der Erstinstanz befindet, ist diese als örtlich unzuständige Behörde eingeschritten und war daher das gegenständliche Straferkenntnis im Zuge des Berufungsverfahrens zu beheben.

 

6. Aufgrund der Aufhebung des Straferkenntnisses entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

 

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