Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100457/7/Fra/Ka

Linz, 11.05.1992

VwSen - 100457/7/Fra/Ka Linz, am 11. Mai 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des T K, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 14. Jänner 1992, VerkR-96/1209/1991, betreffend Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1 Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 14. Jänner 1992, Zl. VerkR-96/1209/1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 8 Tage) verhängt, weil er am 10. März 1991 um 23.30 Uhr den PKW in S auf der St. M Bezirksstraße Richtung W gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung des Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 800 S, d.s. 10 % der Strafe, sowie zum Ersatz der Barauslagen in Höhe von 10 S für die Benützung des Alkomaten verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Laut zeugenschaftlichen Angaben der Gendarmeriebeamten R (GP N), M(GP N) sowie J (BGK L) wurde der Beschuldigte anläßlich einer Kontrollfahrt bei der Kreuzung St. M Bezirksstraße W-Bezirksstraße bemerkt. Der Beschuldigte war mit seinem Fahrzeug von der Straße abgekommen und im PKW eingeschlafen. Der Beschuldigte wurde geweckt. Er verantwortete sich dahingehend, daß er von der Straße abgekommen sei und darauf wartete, bei Tagesbeginn jemanden zu holen, damit sein Fahrzeug abgeschleppt werden könne. Im gegenständlichen PKW wurden keine alkoholischen Getränke bzw. Flaschen gesehen. Da der Beschuldigte Alkoholsymptome aufgewiesen hat, wurde er zum Alkotest aufgefordert, welcher im Anschluß daran beim Gendarmerieposten T durchgeführt wurde. Der Alkotest ergab um 4.55 Uhr des 11.3.1991 einen Alkoholgehalt der Atemluft in Höhe von 0,47 mg/l. Der Beschuldigte gab an, daß er erst nach dem Unfall zum Gasthaus L gegangen sei und dort ein Seidel Bier und fünf Rüscherl getrunken habe. Anschließend sei er wieder zum verunfallten PKW zurückgegangen und sei in diesem eingeschlafen. Erhebungen der Gendarmerie ergaben, daß sich beim Gasthaus Luger ein Rüscherl aus 2 cl Cognac und 3 cl Coca-Cola zusammensetzt. Der medizinische Amtssachverständige Dr. G, welcher im erstbehördlichen Verfahren ein Gutachten erstattete, ist darin zum Schluß gekommen, daß unter Berücksichtigung des behaupteten Nachtrunkes rechnerisch ein Blutalkoholgehalt von 0,72 Promille vorgelegen wäre. Eine Alkoholbeeinträchtigung sei aufgrund vorliegender Unterlagen rechnerisch nicht nachweisbar.

Das im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat erstellte Gutachten der Amtssachverständigen Frau Dr. K zu der Frage, ob beim Beschuldigten auch bei einem Blutalkoholgehalt von unter 0,8 Promille Fahruntüchtigkeit vorgelegen ist, lautet wie folgt: "Im gegenständlichen Fall liegen sowohl über den Unfallszeitpunkt als auch über die Trinkmengen keine präzisen Angaben vor. Die "ungefähre" Tatzeit wird vom Betroffenen mit 23.30 Uhr des 10. März 1991 angeführt, die "ungefähre" Nachtrunkmenge (zwischen 23.30 Uhr und 24.00 Uhr) gibt der Betroffene mit einem Seidel Bier und fünf Rüscherl (= 2 cl Cognac und 3 cl Cola) an. Die Alkomatuntersuchung ergab um 4.55 Uhr des 11. März 1991 0,47 mg/l. Objektive Erhebungen zum Unfallsgeschehen und zum Alkoholkonsum sind nicht vorhanden. Aufgrund der vom Betroffenen angegebenen beträchtlichen Nachtrunkmenge läßt sich rechnerisch keine Alkoholbeeinträchtigung, also kein Blutalkoholgehalt von mindestens 0,8 Promille, nachweisen. Bezüglich der schlüssigen und nachvollziehbaren ausgeführten Berechnung darf auf das aktenkundige in erster Instanz erstellte medizinische Gutachten vom 21. Oktober 1991, San-10-1991, Dr. G, hingewiesen werden, worin sich hs. Amtssachverständige vollinhaltlich anschließt.

Weiters liegen keine objektiven Kriterien, insbesondere keine klinische Untersuchung, vor, welche auf eine Alkoholbeeinträchtigung hinweisen würden. Es gibt auch keine Zeugenaussagen zum Unfallsgeschehen (nur Sachschaden am eigenen PKW durch Abkommen von der Fahrbahn). Somit kann eine Fahruntüchtigkeit trotz einem Blutalkoholgehalt unter 0,8 Promille nicht nachgewiesen werden." Im Sinne des oben zitierten Gutachtens bleibt festzuhalten, daß die genaue Unfallszeit sowie die genaue Nachtrunkmenge durch keine objektiven Ermittlungsergebnisse gedeckt sind, weshalb die vom Rechtsmittelwerber aufgezeigten "ungefähr" - Werte zu Recht dem erstatteten Gutachten zugrundegelegt wurden.

Die Erstbehörde hat in ihrem Straferkenntnis ausgeführt, daß aus dem eingeholten medizinischen Gutachten einwandfrei zu entnehmen sei, daß das Erreichen eines Atemluftalkoholgehaltes in der gemessenen Höhe mit besagter Trinkmenge und den daraufhin länger dauernden Abbau nicht möglich sei. Dieser Argumentation könnte nur dann beigetreten werden, wenn die zugrundegelegten Prämissen eindeutig als erwiesen anzusehen wären. Dies ist im gegenständlichen Fall jedoch nicht gegeben. Wie bereits die medizinische Amtssachverständige in ihrem Gutachten erwähnt hat, liegen keine Zeugenaussagen zum Unfallsgeschehen vor. Es ist im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, daß sich der Beschuldigte von vornherein und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Nachtrunk verantwortet hat. Die Erstbehörde hat in der Begründung ihres Erkenntnisses weiters ausgeführt: "Dem Gutachten und den Erfahrungen des täglichen Lebens folgend ist ein derartiger Alkoholkonsum unwahrscheinlich und unglaubwürdig. Abgesehen davon, daß bei einem derartigen Sturztrunk sicherlich auch der Wirt Erinnerungen daran gehabt hätte, wobei sicherlich auch die Frage des "warum" erörtert worden wäre, entspricht der Alkoholkonsum von einem Seidel Bier und fünf Rüscherl in einer halben Stunde höchstens einem Personenkreis, dem sie aufgrund bisheriger Erhebungen nicht angehören und auch sicherlich nicht angehören wollen, nämlich dem des typischen Alkoholkranken. Nur bei dem, und auch hier nur im Endstadium ist eine solche Trinkart vorstellbar." Zweifellos kann diese - eher moralische - Begründung keinen zwingenden Beweis für eine Alkoholisierung des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt darstellen bzw. ersetzen. Wenn sich die Wirtin des Gasthauses L nicht mehr daran erinnern konnte, ob in der Nacht vom 10. bis 11. März 1991 ein Mann nach einem Unfall in das Lokal gekommen wäre, dort etwas konsumiert hätte und danach wieder gegangen sei, so kann diese Aussage nicht als für den Beschuldigten belastender Umstand, d.h. dahingehend gewertet werden, daß er die von vornherein behauptete Nachtrunkmenge nicht konsumiert hat; es ist mangels gegenteiliger Beweismittel von seinen Angaben auszugehen. Eine andere Bewertung käme einer - unzulässigen - Beweislastumkehr gleich.

Zusammenfassend ist daher ausgehend von den verifizierbaren Anhaltspunkten festzustellen, daß der im erstinstanzlichen Verfahren beigezogene medizinische Amtssachverständige zum Ergebnis gekommen ist, daß eine Alkoholbeeinträchtigung zum Tatzeitpunkt rechnerisch nicht nachweisbar ist und die im zweitinstanzlichen Verfahren herbeigezogene medizinische Amtssachverständige zum Ergebnis gekommen ist, daß eine Fahruntüchtigkeit ebenfalls nicht nachgewiesen werden kann. Es war daher im Zweifel zugunsten des Beschuldigten zu entscheiden.

I.4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG entfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum