Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164856/4/Bi/Th

Linz, 19.03.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vom 28. Jänner 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 28. Jänner 2010, VerkR96-56621-2009-PL, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 100 Euro (60 Stunden EFS) verhängt, weil sie am 31. Juli 2009, 7.14 Uhr, mit dem Pkw X in der Gemeinde Seewalchen, Autobahn A1, Baustelle bei km 234.144 in Fahrtrichtung Wien, in einem Bereich, der außerhalb eines Ortsgebietes liege, die durch Straßenver­kehrs­zeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 45 km/h überschritten habe, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu ihren Gunsten abge­zogen worden sei.

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäfts­ver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, zur Mitteilung der Erstinstanz, dass für diese die ihr angelastete Verwaltungsübertretung als eindeutig erwiesen erscheine, merke sie an, dass sie am 31. Juli 2009 um 7.14 Uhr nicht am Steuer ihres Pkw gesessen sei, weswegen sie auch zu ihren finanziellen Verhältnissen keine Angaben gemacht habe.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der auf die Bw zugelassene Pkw X am 31.7.2009 um 7.14 Uhr im Bereich einer baustellenbedingten Geschwindigkeits­be­schränkung auf 60 km/h auf der Westautobahn A1 bei km 234.144 in Seewalchen mit einer Geschwindigkeit von 111 km/h mittels stationärem Radar MUVR 6FA Nr.1975, gemessen wurde. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen von 5% vom gemessenen Wert, ds aufgerundet 6 km/h, wurde eine gefahrene Geschwindigkeit von 105 km/h der Anzeige und dem Tatvorwurf zugrunde gelegt.

Die an sie gerichtete Strafverfügung vom 7.10.2009 hat die Bw fristgerecht beeinsprucht, wobei sie ausführte, sie habe für 6.50 Uhr dieses Tages bei km 291.850 bereits eine Anonymverfügung an die BPD Salzburg bezahlt. Bei der ggst Übertretung handle es sich ebenfalls um eine solche nach § 52 lit.a Z10 lit.a StVO, lediglich die Kilometrierung und die Uhrzeit seien anders. Sie glaube, die Über­tretung sei im Zuge derselben Fahrt begangen worden und dafür könne sie nicht zweimal bestraft werden.

Seitens der Erstinstanz wurde das Radarfoto an die Bw übermittelt – das Kenn­zeichen wurde ent­sprechend beleuchtet heraus vergrößert und ist eindeutig als X lesbar, die Aufnahme von hinten bei Dunkel­heit lässt den Lenker naturgemäß nicht erkennen. Der Bw wurde mitgeteilt, es handle sich um zwei verschiedene Übertretungen, die nicht miteinander im Zusammenhang stünden.  Die Bw berief sich darauf, es handle sich um die­selbe  Gesetzesbestimmung und für 6.50 Uhr habe sie die Strafe schon bezahlt. Damit sei die Übertretung im Zuge einer einzigen Fahrt passiert und das hätte eine unzulässige Doppelbe­strafung zur Folge. Sie stelle nicht in Frage, dass die Übertretung begangen worden sei, vor allem auch wegen des Radarfotos, und ersuche um nochmalige Überprüfung. Die Frage nach ihren finanziellen Verhältnissen beantwortete die Bw inhaltlich nicht.

Laut Auskunft der BH Dornbirn hat die Bw Vormerkungen aus den Jahren 2007 und 2008 wegen § 103 Abs.2 KFG.

 

Daraufhin erging – mit wesentlich herabgesetzter Strafe, weil die Bw keine einschlägigen Vormerkungen aufweise – das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist die Rechtsauffassung der Bw, wenn sie eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Zuge einer Fahrt auf der Westautobahn durch Bezahlung der Strafe in Form einer Anonymverfügung an eine Behörde zugestanden habe, seien alle weiteren im Zuge derselben Fahrt begangenen Geschwindig­keits­über­schreitungen damit abgegolten und jede weitere Strafe wäre als unzulässige Doppelbestrafung anzusehen, interessant, aber rechtlich nicht zutreffend. Die Strecke vom Zuständigkeitsbereich der BPD Salzburg bis nach Seewalchen beträgt immerhin ca 60 km. Selbst wenn man von einem Gesamtvorsatz der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit im Sinne des § 22 VStG ausginge, wären verschiedene Übertretungen insoweit gegeben, als, wenn die Bw von der BPD Salzburg wegen § 52 lit.a Z10 lit.a StVO – möglicherweise wegen Missachtung der 100 km/h-Beschränkung wegen der Autobahnauf- und –ausfahrten auf Höhe der Stadt Salzburg – bestraft worden wäre,  bis zur Baustellenbeschränkung Seewalchen eine lange Strecke mit einer auf Autobahnen generell geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung auf 130 km/h besteht und daher bei einer neuerlichen Geschwindigkeitsbeschränkung von einem neuen Tatentschluss auszugehen ist. In der StVO ist ein "Mengenrabatt", wie er der Bw offen­sichtlich vorschwebt, nicht vorgesehen. Was allerdings aus ihren schriftlichen Äußerungen hervorgeht, ist, dass sie selbst die Übertretungen als im Zuge einer einzigen Fahrt begangen ansieht, was den Schluss zulässt, dass kein Fahrerwechsel stattgefunden hat.

 

Richtig ist, dass die Bw nur die Tatsache der Begehung einer Übertretung und die Bezahlung der – an den Zulassungsbesitzer gerichteten – Anonymver­fügung bestätigt hat, was aber nicht auf den Lenker schließen lässt. Eine Lenkerer­hebung im Sinne des § 103 Abs.2 KFG ist nicht erfolgt, sondern wurde mangels bis­heriger ausdrücklicher Bestrei­tung die Lenkereigenschaft der Bw von der Erst­instanz angenommen. Tatsächlich ist der objektive Tatbestand von der Behörde zu beweisen; dazu gehört auch die Person des Lenkers als Adressat des Tatvorwurfs. Die Bw hat nun erstmals ausdrücklich die Lenkereigenschaft dezidiert bestritten. Anhand des Radarfotos kann ein Lenker nicht festgestellt werden, weshalb die Lenkereigenschaft der Bw tatsächlich nicht als erwiesen anzusehen ist. Deshalb wurde an die Bw mit Schreiben des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 16.3.2010 erstmals die Frage gestellt, wer der Lenker ihre Pkw zur im Straferkenntnis genannten Zeit war, worauf sie ihren Gatten bekannt gegeben hat.

In rechtlicher Hinsicht war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG wegen Nicht­erweisbarkeit der Lenkereigenschaft der Bw zu ihren Gunsten spruchgemäß zu entscheiden. Verfahrenskostenbeiträge fallen dabei naturgemäß nicht an.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Lenkereigenschaft nicht erwiesen -> Einstellung

 

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