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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100459/5/Bi/Hm

Linz, 24.04.1992

VwSen - 100459/5/Bi/Hm Linz, am 24. April 1992 DVR.0690392 J G, S; Übertretungen gemäß StVO 1960 und des KFG 1967 - Berufung

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine I. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Hans Guschlbauer sowie Mag. Michael Gallnbrunner als Stimmführer und Mag. Karin Bissenberger als Berichter über die Berufung des J G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. U H, gegen die mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Februar 1992, St.-10.199/91-In, verhängten Strafen zu Recht:

I. Der Berufung wird hinsichtlich Punkt 2.) insofern Folge gegeben, als die verhängte Geld- und Freiheitsstrafe auf eine Geldstrafe von 45.000 S herabgesetzt wird. Die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt bei 30 Tagen.

Im Punkt 1.) wird der Berufung keine Folge gegeben, und die mit dem bekämpften Straferkenntnis verhängte Strafe vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat im Punkt 2.) einen Beitrag zu den Verfahrenskosten I. Instanz von 4.500 S (10 % der verhängten Strafe) zu leisten; die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Im Punkt 1.) wird der Rechtsmittelwerber zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren in Höhe von 6.560 S (20 % der verhängten Strafe, wobei ein Tag Freiheitsstrafe = 200 S angerechnet wird) verpflichtet.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 19, 24 und 51 VStG. Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgünde:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 4. Februar 1992, St.-10.199/91-In, über Herrn J G, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.) § 64 Abs.1 KFG 1967 und 2.) § 5 Abs. 1 StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 30.000 S, 2.) 30.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 6 Wochen und 2.) 30 Tagen und Freiheitsstrafen von 1.) 14 Tagen und 2.) 14 Tagen verhängt, weil er am 26. September 1991 um 23.25 Uhr in L auf der D an der Kreuzung mit der S den PKW, Kennzeichen 1.) ohne die erforderliche Lenkerberechtigung und 2.) in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Außerdem wurde ihm ein Gesamtverfahrenskostenersatz von 6.140 S und der Barauslagenersatz für das Alkomatröhrchen von 10 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung gegen das Strafausmaß erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da 10.000 S übersteigende Geldstrafen sowie primäre Freiheitsstrafen verhängt wurden, durch eine Kammer zu entscheiden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da sich die Berufung im wesentlichen nur gegen die Höhe der Strafe richtet (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, im Punkt 2.) sei zwar eine Geld- und Arreststrafe nebeneinander verhängt worden, jedoch sei die gesetzliche Grundlage dafür im Spruch nicht enthalten, sodaß das Straferkenntnis in diesem Punkt rechtswidrig sei. Er bemängelt weiters, die Verhängung der höchstmöglichen Geldstrafe und zusätzlich einer primären Arreststrafe sei nicht schuldangemessen, zumal er auch grundsätzlich, ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein, fähig und in der Lage sei ein Kraftfahrzeug zu lenken, ohne daß sich daraus Nachteile für Dritte ergäben. Die Alkoholbeeinträchtigung sei nicht außergewöhnlich gewesen, da die Atemluftuntersuchung nur wegen der Vermutung der Beeinträchtigung durchgeführt wurde. Die Gesetzesübertretung habe auch keine Schädigung nach sich gezogen und der Umstand, daß er schon mehrere gleichartige Übertretungen begangen habe, könne nicht rechtfertigen, den Strafrahmen in vollem Umfang auszuschöpfen. Die Verhängung einer primären Arreststrafe zusätzlich zur höchstmöglichen Geldstrafe sei weder gerechtfertigt noch angemessen, noch geeignet, noch erforderlich. Die Erstbehörde habe überdies selbst die Eignung einer kumulativen Bestrafung in Zweifel gezogen.

4. Darüber hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbunden Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Art.130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG i.V.m. § 24 VStG in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

Zu Punkt 1.: Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis 30.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen. Gemäß dem 4. Satz dieser Bestimmung können, wenn der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft wurde, Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

Fest steht, daß der Rechtsmittelwerber allein aus den Jahren 1988, 1989 und 1991 sieben Vormerkungen gemäß § 64 Abs.1 KFG 1967 aufweist, wobei mangels Feststellbarkeit aus dem Verfahrensakt die beiden als erschwerend gewerteten einschlägigen Übertretungen aus dem Jahr 1987 im Zweifel als getilgt angesehen werden. Zuletzt wurde über ihn eine Geldstrafe von 30.000 S verhängt, was aber offenbar nicht ausgereicht hat, ihn zum Umdenken im Hinblick auf das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne die erforderliche Lenkerberechtigung zu bewegen, weshalb der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung gelangt, daß es der Verhängung einer Freiheitsstrafe zusätzlich zu verhängten Geldstrafen bedarf, um ihn von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten.

Sein Argument, er sei grundsätzlich, auch ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein, fähig und in der Lage, ein Kraftfahrzeug zu lenken, ohne daß sich hieraus Nachteiliges für Dritte ergebe und die Gesetzesübertretung habe keinerlei Schädigung nach sich gezogen, zeugt nicht nur von mangelnder Bereitschaft, sich den in der Rechtsgemeinschaft geltenden Normen zu unterwerfen, sondern läßt auch auf eine große Selbstüberschätzung und ein hohes Maß an Unverfrorenheit bei gleichzeitiger großer Sozialschädlichkeit schließen. Da allein schon das Rechtsmittelvorbringen keinerlei Zweifel über das offensichtliche völlige Unverständnis gegenüber anderen Straßenbenützern offen läßt, wird die Ausschöpfung sämtlicher gesetzlicher Möglichkeiten zum Schutz von Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer für notwendig erachtet. Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen des Freiheitsentzuges genug Möglichkeit, seine grundsätzliche Einstellung zum Straßenverkehr neu zu überdenken, wobei er auch letztlich keinerlei stichhaltigen Argumente geliefert hat, die die Rechtfertigung der Freiheitsstrafe im konkreten Fall in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten.

Bei der Bemessung der Geldstrafe waren die genannten Vormerkungen erschwerend zu werten, mildernd war kein Umstand. Die verhängte Strafe entspricht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung, wobei die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers berücksichtigt wurden (laut eigenen Angaben verdient er als Altwarenhändler ca. 7.000 S monatlich, hat kein Vermögen und für drei minderjährige Kinder zu sorgen).

Eine Herabsetzung der Strafe war im Hinblick auf generalund vor allem spezialpräventiven Überlegungen nicht gerechtfertigt. Dem Rechtsmittelwerber steht es frei, bei der Erstbehörde um die Möglichkeit, die Strafe in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Zu Punkt 2.: Der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 reicht hinsichtlich der Geldstrafen von 8.000 S bis 50.000 S und für die Ersatzfreiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen.

Der Rechtsmittelwerber wurde zwar im Rahmen einer Routinekontrolle angehalten, erzielte jedoch bei der Alkomatmessung ein niedrigstes Meßergebnis von 0,58 mg/l, was darauf schließen läßt, daß er mehr getrunken hat als die angegebene Dose Bier. Er hat damit den gesetzlichen Grenzwert nicht bloß geringfügig "übersehen", sondern kann daraus geschlossen werden, daß das Lenken des Fahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand vorsätzlich erfolgt ist.

Der Rechtsmittelwerber weist aus dem Jahr 1988 drei einschlägige Vormerkungen auf; mangels Feststellbarkeit aus dem Verfahrensakt werden die aus dem Jahr 1987 angeführten Vormerkungen als getilgt angesehen. Über ihn wurde zuletzt eine Geldstrafe von 42.000 S verhängt, was offensichtlich nicht ausgereicht hat, sein Verhältnis zum Alkohol im Straßenverkehr grundlegend zu ändern. Sein Argument im Rechtsmittel, die Alkoholbeeinträchtigung sei nicht außergewöhnlich gewesen, da die Atemluftuntersuchung nur wegen der Vermutung der Beeinträchtigung durchgeführt wurde, bekräftigt seine vom Unverständnis gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern geprägte Grundeinstellung, wobei der Umstand, daß "schließlich durch die Gesetzesübertretung keine Schädigung" entstanden ist, eher auf einen glücklichen Zufall zurückzuführen sein kann als auf die "Leistung" des Rechtsmittelwerbers.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt jedoch bezüglich dieses Tatbestandes zu der Auffassung, daß die Verhängung einer Primärfreiheitsstrafe als letzte Möglichkeit offenstehen sollte, wenn der angestrebte Erfolg durch die Verhängung einer Geldstrafe nicht erreicht wird. Im gegenständlichen Fall wurde der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 noch nicht zur Gänze ausgeschöpft und der Rechtsmittelwerber wurde in den Jahren 1989 bis 1991 nicht einschlägig bestraft, sodaß die Verhängung einer Geldstrafe diesmal noch für ausreichend erachtet wird, auch wenn gemäß § 100 StVO bei zweimaliger einschlägiger Bestrafung Geld- und Arreststrafe nebeneinander verhängt werden könnten.

Die verhängte Strafe entspricht somit dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers (siehe oben).

Aus diesem Grund konnte auch eine Anführung der genannten Gesetzesbestimmungen im Spruch entfallen.

Die Verhängung der hohen Strafe ist im Hinblick auf die drei als erschwerend zu wertenden einschlägigen Vormerkungen gerechtfertigt, wobei mildernde Umstände nicht behauptet wurden und auch nicht zutage traten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die angeführten Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer Mag. Gallnbrunner Mag. Bissenberger

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