Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240729/2/Gf/Mu

Linz, 31.03.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der x, vertreten durch RA x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 25. Februar 2010, GZ SanRB96-21-2009, wegen zwei Übertretungen des Tabakgesetzes zu Recht erkannt:

I.     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.   Die Berufungswerberin hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 25. Februar 2010, GZ SanRB96-21-2009, wurde über die Rechtsmittelwerberin zum einen
eine Geldstrafe in Höhe von 35 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Stunden) und zum anderen eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GmbH zu verantworten habe, dass in dem als „x“ bezeichneten Teilbereich des Raumes eines öffentlichen Ortes (Einkauf­zentrum) auf das gesetzliche Rauchverbot nicht hinreichend hingewiesen und damit nicht dafür Sorge getragen worden sei, dass trotz des bestehenden generellen Rauchverbotes durch Gäste des Betriebes nicht geraucht werde, denn einerseits hätten am 26. Jänner 2009 gegen 16.04 Uhr in der Pizzeria an zwei (von der dort befindlichen Shopping-Mall aus
gesehen ganz links außen befindlichen) Tischen drei Personen geraucht  und zum anderen seien am 4. März 2009 gegen 15.30 Uhr auf allen Tischen jeweils Aschenbecher aufgestellt gewesen. Dadurch habe sie zwei Übertretungen des § 13 Abs. 1 i.V.m. § 13c Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 Z. 3 i.V.m. § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes, BGBl.Nr. 431/1995, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I  120/2008 (im Folgenden: TabakG), begangen, weshalb sie nach § 14 Abs. 4 TabakG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass die der Beschwerdeführerin angelastete Tat auf Grund einer Privatanzeige und des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe hervorgekommen, während die wiederholte Begehung dieser strafbaren Handlung als erschwerend zu werten gewesen sei. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihr am 2. März 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. März 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass sie nur für das von ihr betriebene Lokal, nicht aber für die außerhalb desselben befindliche Shopping-Mall des Einkaufzentrums verantwortlich sei. Denn sie sei nicht Inhaberin dieser Mall, weshalb sie gegen keine der in § 13c Abs. 2 TabakG normierten Obliegenheiten verstoßen habe. Zudem könne trotz des Umstandes, dass ein Lokal gegenüber der Mall „offen“ sei, die Maßgeblichkeit der Ausnahmebestimmung des § 13a Abs. 3 TabakG nicht zweifelhaft sein. Nachdem das Rauchverbot gemäß § 13 Abs. 1 TabakG „in Räumen öffentlicher Orte“ bestehe, sei außerdem nicht die Öffentlichkeit eines Ortes, sondern das Tatbestandsmerkmal des „Raumes“ maßgebend. Aufgrund des Luftangebotes in der Mall selbst sei diese aber mit einem Ort „im Freien“ vergleichbar, weshalb die Mall kein „Raum“ in einem öffentlichen Ort sei. Darüber hinaus treffe das primäre Rauchverbot den Raucher selbst. Weiters wird vorgebracht, dass die von ihr im erstinstanzlichen Verfahren beigebrachten Beweismittel nicht berücksichtigt worden seien, weshalb im gegenständlichen Fall gravierende Verfahrensmängel vorlägen. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass nur ein geringes Verschulden vorliege, weil die vorgeworfene Tat ohne Folgen geblieben sei, da sich  kein Nichtraucher beeinträchtigt gefühlt habe, sodass insgesamt auch die Voraussetzungen des § 21 VStG erfüllt seien.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafhöhe bzw. ein Absehen von der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land zu GZ SanRB96-21-2009; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen schon gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis auch keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 14 Abs. 4 i.V.m. § 13 Abs. 2 Z. 3 TabakG begeht  u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.000 Euro zu bestrafen, der als Inhaber von Räumen eines öffentlichen Ortes nicht dafür Sorge trägt, dass in diesen Räumen – soweit nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 TabakG zum Tragen kommt – nicht geraucht wird.

3.2. Darüber hinaus legt § 44a Z. 1 VStG als einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsstrafverfahrens fest, dass der Spruch des Straferkenntnis den genauen Tatvorwurf zu bezeichnen hat; dazu gehört insbesondere eine möglichst präzise Angabe von Tatort und Tatzeit, sodass kein Zweifel darüber bestehen kann, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist, um den Täter rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

3.2.1 Diesem Erfordernis wird jedoch der Spruch des hier angefochtenen Straferkenntnisses insbesondere schon deshalb nicht gerecht, als dieser (auch in Verbindung mit der Begründung des Straferkenntnisses) keine Konkretisierung dahin aufweist, dass und aus welchen Gründen die – ein essentielles (negatives) Tatbestandsmerkmal bildende – Ausnahme gemäß § 13 Abs. 2 und § 13a Abs. 2 und 3 TabakG hier nicht zum Tragen kam.

3.2.2. Außerdem wurde im Spruch als Tatort zunächst allgemein der „als 'x' bezeichnete Bereich des Teils des Raumes des öffentlichen Ortes 'x'“ angeführt und dieser sodann im Spruchpunkt 1. durch die Angabe „in der Pizzeria an zwei (von der Mall aus gesehen ganz links außen befindlichen) Tischen“ bzw. im Spruchpunkt 2. durch den Hinweis „auf allen Tischen“ näher spezifiziert.

Dazu ist jedoch festzuhalten, dass daraus einerseits nicht eindeutig hervorgeht, was eigentlich zum konkreten örtlichen Einflussbereich dieser Pizzeria gehört, ob bzw. dass sich diese in einem überdachten (denn erst daraus ergibt sich die Raumqualität !) Einkaufszentrum befindet, ob bzw. inwieweit diese gegenüber der Shopping-Mall abgeschlossen ist und daher einen eigenständigen Raum darstellt oder nicht, etc.

Außerdem lässt sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit ableiten, an welchen Tischen genau geraucht wurde. Die belangte Behörde hat diesbezüglich im Spruchpunkt 1) nämlich nur ausgeführt, dass sich die zwei Tische "von der Mall ausgesehen ganz links außen" befunden hätten, ohne dass dies zumindest auch im Akt z.B. durch eine Skizze, Photos, etc. entsprechend dokumentiert wäre. Wenn es sich hierbei um bewegliche, nicht fix mit dem Boden verbundene Tische handelte, kann deren Anordnung innerhalb kurzer Zeit unschwer variiert werden, sodass einer darauf abstellenden Tatortbeschreibung offensichtlich schon von vornherein keine erhöhte Zuverlässigkeit (und damit auch keine Nachvollziehbarkeit) zukommen kann – ganz abgesehen davon, dass auch die Personaldaten der an den Tischen sitzenden Personen nicht festgehalten wurden.

Insgesamt besehen wurde damit dem verwaltungsstrafrechtlichen Mindeststandard hinsichtlich Tatbestandsermittlung und Beweissicherung nicht entsprochen (was vornehmlich darauf zurückzuführen ist, dass die Anzeigeerstattung hier nicht durch ein im Hinblick auf die Erfordernisse des § 44a Z. 1 VStG geschultes Sicherheitsorgan, sondern durch eine – noch dazu offenbar fanatisierte – Privatperson erfolgte).

3.3. Da eine Spruchkorrektur im gegenständlichen Fall schon wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht in Betracht kam, war der gegenständlichen Berufung sohin gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

Rechtssatz:

 

VwSen-240729/2/Gf/Mu vom 31. März 2010:

 

§ 13 TabakG; § 13c TabakG; § 14 TabakG; § 44a Z. 1 VStG

 

* Infolge des in § 13c Abs. 2 Z. 3 TabakG explizit enthaltenen Hinweises auf die Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 2 TabakG bildet Letztere ein essentielles Tatbestandsmerkmal der Strafbestimmung des § 14 Abs. 4 TabakG, sodass dessen Nichtanführung im Spruch des Straferkenntnisses zu einem wesentlichen Mangel i.S.d. § 44a Z. 1 VStG führt;

 

* Weitere Spruchmängel im Hinblick auf die Konkretisierung des Tatortes;

 

* Nichterfüllung des verwaltungsstrafrechtlichen Mindeststandards hinsichtlich Tatbestandsermittlung und Beweissicherung infolge Anzeigeerstattung nicht durch ein geschultes Sicherheitsorgan, sondern durch eine – noch dazu offenbar fanatisierte – Privatperson.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum