Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281198/5/Kl/Pe

Linz, 25.03.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11.1.2010, Ge96-30/3-2009, hinsichtlich Faktum 2 wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung gegen Faktum 2 des Straferkenntnisses wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge zu Faktum 2.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11.1.2009 (gemeint wohl: 2010), Ge96-30/3-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) zu Faktum 2 eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von neun Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.1 Z15 ASchG iVm § 4 Abs.2 Z1 AStV verhängt. Folgende Tat wurde zur Last gelegt:

„Sie sind als gewerberechtlicher Geschäftsführer des Bäckereiproduktions­betriebes ‚x, der von Ihrer Gattin, Frau x, am Standort x betrieben wird, dafür verantwortlich zu machen, dass Sie seit 24. März 2009 (= Tag Ihrer Bestellung zum gewerberechtlichen Geschäftsführer) bis zum heutigen Tag am genannten Standort eine gem. § 74 Abs.2 GewO 1994 genehmigungspflichtige, jedoch nicht genehmigte Betriebsanlage (Bäckereiproduktionsbetrieb) ohne Vorliegen einer Betriebsanlagengenehmigung betreiben.

 

Die Genehmigungspflicht der genannten Betriebsanlage ergibt sich aus § 74 Abs.1 iVm Abs.2 GewO 1994, da sowohl durch die Errichtung als auch durch den Betrieb eines Bäckerei-Produktionsbetriebes nachteilige Einwirkungen iSv § 74 Abs.2 GewO nicht ausgeschlossen werden können.

 

Am 28. Jänner 2009 wurde am genannten Standort der insolvente Vorgängerbetrieb, die Bäckerei x GmbH, von der Gewerbebehörde wegen konsensloser Errichtung und konsenslosen Betreibens geschlossen.

Noch am Tag der Betriebsschließung der früheren Bäckerei x GmbH (Vorgängerbetrieb) stellte Ihre Gattin, Frau x, einen Antrag auf Betriebsanlagengenehmigung für den Nachfolgebetrieb. Am 24. März 2009 wurde um Erteilung der Gewerbeberechtigung angesucht und wurden Sie als gewerberechtlicher Geschäftsführer nominiert bzw. von der Behörde mit Wirkung vom 24. März 2009 gem. § 340 GewO 1994 auch als solcher in das Gewerberegister eingetragen (Gewerberegister Nr. 415/7946).

 

Gemäß § 39 Abs.1 GewO 1994 ist der gewerberechtliche Geschäftsführer der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Zu den gewerberechtlichen Vorschriften gehört u.a. auch die Bestimmung des § 74 Abs.2 GewO 1994, wonach gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden dürfen, wenn sie wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit oder Belästigungen nach den in § 74 Abs. 2 leg cit näher ausgeführten Gründen hervorzurufen.

 

Eine Betriebsanlagengenehmigung für den Bäckereibetrieb in der x, liegt derzeit noch nicht vor. Trotzdem wurde der Betrieb seit der Schließung bis zum heutigen Tag aufrecht erhalten.

 

Der Betrieb wurde an folgenden Tagen nachweislich betrieben:

·         11. Februar 2009 um 3.45 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung durch die Polizeiinspektion x). Dabei wurden sieben beschäftigte Personen angetroffen und die Produktion war in vollem Betrieb.

·         13. Februar 2009 um 4.00 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung durch die Polizeiinspektion x). Dabei wurden sieben beschäftigte Personen angetroffen und die Produktion war in vollem Betrieb.

·         10. Juli 2009 um 6.15 Uhr (nachgewiesen durch eine Überprüfung durch die Polizeiinspektion x). Dabei wurden sechs beschäftigte Personen angetroffen und die Produktion war in vollem Betrieb.

 

Da sie erst mit Wirkung vom 24. März 2009 gewerberechtlicher Geschäftsführer von Frau x sind, haben Sie jedenfalls ab diesem Zeitpunkt die konsenslose Betriebsführung zu verantworten.

 

Wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74 GewO 1994) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu € 3.600,00 zu bestrafen ist (§ 366 Abs.1 Z2 GewO 1994).

 

Gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994 idgF sind Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

 

Weiters wird Ihnen zur Last gelegt, dass am 25. Juni 2009 vom Arbeitsinspektorat im Rahmen einer durchgeführten Kontrolle beim Betrieb in x, festgestellt worden ist, dass die außenliegende Stiege, die zur Betriebsanlage führt, so gestaltet war, dass die Stufenhöhe innerhalb des Stiegenlaufes nicht einheitlich war.

In der Arbeitsstätte x, Bäckerei, x wies die unterste Stufe eine Höhe von 29 cm, gemessen an der zur Hofseite hin liegenden Stiegenwange und eine Höhe von ca. 26 cm an der Seite zur Wand, auf.

Dadurch wurde § 4 Abs.2 Z1 AStV übertreten, wonach die Höhe der Stufen höchstens 18 cm betragen darf und innerhalb des Stiegenlaufes einheitlich sein muss.

 

Gemäß Art.1 § 130 Abs.1 Z15 Arbeitnehmerinnenschutzgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 € bis 7 260 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 € bis 14 530 € zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass zum Thema Außenstiege auszuführen sei, dass diese gesetzeskonform für die hiefür vorgesehene Nutzung vorgesehen sei. Die Behörde müsse sich lediglich davon überzeugen. Der Unterschied von Fluchtweg und normaler Treppe sei offensichtlich.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung ist das in der Einleitung angeführte Mitglied des Oö. Verwaltungssenates lediglich für die Übertretung nach dem ASchG zuständig. Hinsichtlich des übrigen Tatvorwurfes ergeht eine gesonderte Entscheidung des hiefür zuständigen Mitgliedes.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Dem Bw wurde die Tat als gewerberechtlicher Geschäftsführer vorgeworfen. Der Bw wurde mit Wirkung vom 24.3.2009 zum gewerberechtlichen Geschäftsführer der Betriebsinhaberin x bestellt und gemeldet.

 

Gemäß § 370 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 sind Geld- oder Verfallsstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

 

Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung als gewerberechtlicher Geschäftsführer bezieht sich nur auf die Einhaltung von Verpflichtungen, die sich aus gewerberechtlichen Vorschriften ergeben. Regelungen, die nicht dem Kompetenztatbestand „Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“ (Art.10 Abs.1 Z8 B-VG) zugehören, fallen selbst dann, wenn sie in Beziehung zur Gewerbeausübung stehen, nicht in den Verantwortungsbereich des gewerberechtlichen Geschäftsführers (vgl. VwGH 30.1.2002, Zl. 2001/03/0283). Diese strafrechtliche Verantwortung beginnt mit der Erstattung der Anzeige bzw. mit dem Zeitpunkt der Genehmigung als Geschäftsführer und endet mit dessen Ausscheiden oder Entfernen.

 

Da Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes nicht in den Kompetenztatbestand Gewerbe und Industrie fallen, fällt auch die Verantwortlichkeit hinsichtlich der Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften nicht in die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers. Es hat daher der Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer die angelastete Tat nicht begangen. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Faktum 2 (Tatbestand nach dem ASchG) aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, keine Verantwortung des gewerberechtlichen Geschäftsführers

 

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