Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310393/10/Kü/Hue/Ba

Linz, 30.03.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung von Herrn x, x, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, vom 27. Jänner 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Jänner 2010, Zl. UR96-26/7-2009/Ka, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. März 2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 

360 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend korrigiert, dass der verletzten Rechtsvorschrift der Zusatz "iVm dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28. Mai 2009, Zl. UR01-31/6-2008/Ka" angefügt wird.

 

II.              Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Verfahrenskosten der Erstbehörde verringert sich auf 36 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.  

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Jänner 2010, Zl. UR-96/7-2009/Ka, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z21  Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 1.500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen verhängt, weil er dem rechtskräftig erteilten Behandlungsauftrag gem. § 73 Abs. 1 AWG 2002 der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28. Mai 2009, Zl. UR01-31/6-2008/Ka, in welchem dem Bw aufgetragen worden sei bis längstens 31. August 2009 die auf den Grundstücken Nr. x und .x, alle x, Marktgemeinde x, gelagerten – in insgesamt 24 Positionen gelisteten – Gegenstände und Teile, die Abfall sowie gefährlichen Abfall iSd des AWG 2002 darstellen würden und deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall bzw. eine Entfernung als gefährlicher Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich sei, nicht nachgekommen worden sei, indem eine ordnungsgemäße Entsorgung nachweislich vom 1. September bis 19. Oktober 2009 nicht erfolgt sei.  

 

Ferner wurde gem. § 64 VStG ein Kostenbeitrag in der Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die am 28. Jänner 2010 zur Post gegebene und vom Bw rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 27. Jänner 2010. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die im Behandlungsauftrag angeführten Gegenstände den subjektiven Abfallbegriff nicht erfüllen würden. Entledigungsabsicht und die Notwendigkeit einer Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung der Gegenstände als Abfall liege nicht vor. Der Bw habe nicht schuldhaft gehandelt, da er durch Notstand (Verwüstung des Anwesens durch orkanartigen Sturm im Juni 2007, in welchem die Gegenstände angefallen seien) entschuldigt sei. Der Bw und seine unterhaltsberechtigte Familie lebe von den Erträgnissen der Land- und Forstwirtschaft. Er sei dem Entsorgungsauftrag nur deshalb nicht gänzlich nachgekommen, da der Rinderstall seines Anwesens dringend umgebaut habe werden müssen und er sich somit in Zeitnot befunden habe. Durch besagten Sturm sei der Stall großteils zerstört worden, weshalb keine Einstellplätze für die am Hof befindlichen Tiere vorhanden gewesen seien. Anfang Jänner 2010 sei dem Bw die "Androhung der Ersatzvornahme" zugestellt und diesbezüglich eine Frist bis 31. März gesetzt worden. Sohin sei das Straferkenntnis noch innerhalb dieser offenen Frist erlassen worden und stelle eine "Überraschungsentscheidung" dar. In eventu könne dem Bw nur ein geringfügiges Verschulden zur Last gelegt werden, welches keine Folgen nach sich gezogen habe. Der Bw sei laut den getroffenen Feststellungen dem Entsorgungsauftrag in 12 der 24 aufgelisteten Positionen nachgekommen. 5 weitere Positionen habe er in angemietete geschlossene Scheunen gebracht, da diese Gegenstände noch in Verwendung stünden. Hinsichtlich der verbleibenden Positionen sei der Bw gewillt, diese entweder einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen oder ebenfalls in die Scheune zu verbringen. Aufgrund näher ausgeführter zeitlicher Engpässe werde hiefür jedoch Zeit bis Mai 2010 benötigt. Aus angeführten Gründen sei das Verschulden deutlich im unteren Durchschnitt anzusetzen, weshalb gem. § 21 VStG von einer Bestrafung abzusehen gewesen wäre. In eventu wird ausgeführt, dass die verhängte Strafe viel zu hoch bemessen sei. Die Tat habe keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen, weshalb nicht von einer Interessensgefährdung im größeren Ausmaß gesprochen werden könne. Der Bw sei dem Entsorgungsauftrag zum größten Teil nachgekommen. Damit hätte mit der Verhängung der Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden können. Weiters seien bei der Strafbemessung seine Unbescholtenheit und sein bisher ordentlicher Lebenswandel nicht berücksichtigt worden. In Anbetracht zweier vorliegender Milderungsgründe und dem Fehlen von Erschwerungsgründen hätte die Erstbehörde von einer außerordentlichen Strafmilderung Gebrauch machen müssen. Zudem seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bw nur unzureichend erhoben worden. Deshalb würde eine Herabsetzung der Strafe nicht gegen general- und spezialpräventive Erwägungen verstoßen.

 

Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Aussprechung einer Ermahnung gem. § 21 VStG aufgrund der Geringfügigkeit des Verschuldens sowie der unbedeutenden Folgen der Tat, in eventu die Herabsetzung der Strafe auf ein tat- und schuldangemessenes Ausmaß.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit Schreiben vom 1. Februar 2010 den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. März 2010, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreterin  und ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen haben.

 

4.1. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung räumte der Bw ein, dass dem Behandlungsauftrag (zur Tatzeit) nicht zur Gänze nachgekommen worden ist und schränkte nach Erörterung der Sachlage die vorliegende Berufung auf die Strafhöhe ein. Strafmildernd seien nach Ansicht des Bw seine Unbescholtenheit, das geringfügige Verschulden, die bereits in der Berufung dargelegte persönliche Situation des Bw und der Umstand zu werten, dass der Entfernung der Abfälle nunmehr nachgekommen worden sei. Aus diesen Gründen und aufgrund des Nettoeinkommens von 900 Euro pro Monat wurde die Verhängung einer Ermahnung, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Unbestritten ist, dass dem Bw mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 28. Mai 2009, Zl. UR01-31/6-2008/Ka, gem. § 73 Abs.1 Z1 und 3 iVm §§ 1 Abs.3, 2 und 15 Abs.3 AWG 2002 aufgetragen wurde, die auf näher bezeichneten Grundflächen gelagerten Abfälle bis längstens 31. August 2009 einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und diese Entsorgung bis spätestens vorgenannten Zeitpunkt unter Vorlage entsprechender Entsorgungsnachweise der Behörde schriftlich zu melden. Weiters ist unstrittig, dass der Bw zumindest im gegenständlichen Tatzeitraum (1. September – 19. Oktober 2009) den Behandlungsauftrag vom 28. Mai 2009 nicht erfüllt hat. Zur Verwirklichung der verfahrensgegenständlichen Tat ist es unerheblich, ob dem Bw im Vollstreckungsverfahren (Androhung der Ersatzvornahme) von der belangten Behörde zwischenzeitlich eine (neuerliche) Frist zur Erfüllung des Entfernungsbescheides gesetzt wurde.

 

Auch ist das Vorbringen des Bw in der Berufung, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Gegenständen nicht um Abfall iSd AWG 2002 handelt, für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ohne rechtliche Bedeutung, da auch der Unabhängige Verwaltungssenat an den oben angeführten rechtskräftigen Behandlungsauftrag gebunden ist. Zudem hätte die Möglichkeit bestanden, den Entfernungsauftrag innerhalb der Rechtsmittelfrist zu bekämpfen, was jedoch nicht erfolgt ist.

 

Es ist weiters festzustellen, dass die Berufung in der Berufungsverhandlung auf das Strafausmaß eingeschränkt wurde. Der Schuldspruch ist damit in Rechtskraft erwachsen und es ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, sich inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde auseinander zu setzen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch wenn die gegenständliche Verwaltungsübertretung dem Bw objektiv und subjektiv vorwerfbar ist, ist hinsichtlich der Strafbemessung die persönliche Situation des Bw (Sturmschäden im Juni 2007 und damit verbundene Wiederherstellungsarbeiten an Gebäuden), sein Tatsachengeständnis und seine Unbescholtenheit zu berücksichtigen. Aufgrund dieser Umstände erscheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat im vorliegenden Fall die Verhängung einer über der gesetzlichen Mindeststrafe liegenden Strafe nicht gerechtfertigt und kann mit der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden. Mit der nun festgesetzten Strafe ist nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates die Sanktion gesetzt, um dem Bw die Rechtswidrigkeit seiner Vorgangsweise vor Augen zu führen und ihn dazu veranlassen, in Hinkunft behördlichen Behandlungsaufträgen besonderes Augenmerk zu schenken. Wenn der Bw seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zur Strafbemessung ins Treffen führt, ist er darauf hinzuweisen, dass die gesetzliche Mindeststrafe aus dem bloßen Grund einer schlechten finanziellen Situation nicht unterschreitbar ist.

 

Die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung (§ 20 VStG) war nicht in Betracht zu ziehen, da im gegenständlichen Fall von keinem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe gesprochen werden kann. Die Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) scheidet schon deshalb aus, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen und geringfügiges Verschulden) nicht vorliegen: Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Bw keinerlei weiteren – wenn auch nur losen Kontakt – zur Behörde gepflegt und deshalb auch keine Verlängerung der Entfernungsfrist beantragt hat. Seitens des Bw wurden erst zu dem Zeitpunkt Entfernungsaktivitäten gesetzt, als bereits das Vollstreckungsverfahren (Androhung der Ersatzvornahme) eingeleitet war, wobei bis dato eine vollständige Entfernung des Abfalls aus den gegenständlichen Grundstücken nach wie vor ausständig ist und auch die Übersendung verschiedener Entsorgungsbestätigungen an die belangte Behörde noch nicht durchgeführt wurde.    

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Gem. § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafe neu festzusetzen. Da die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gem. § 65 VStG nicht zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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