Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401059/6/BP/Eg

Linz, 29.03.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde der xx, StA von Syrien, derzeit angehalten im PAZ Salzburg, vertreten durch x, wegen Anhaltung in Schubhaft seit 16. Februar 2010 durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

I.            Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin bestehen.

 

II.        Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 16. Februar 2010, GZ.: Sich40-1283-2010, wurde über die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs. 2 Z. 2 iVm. § 80 Abs. 5 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG idgFiVm. § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft angeordnet und im PAZ Salzburg vollzogen.

 

Begründend führt die belangte Behörde zunächst zum Sachverhalt aus, dass der illegale Aufenthalt in Österreich der Bf, einer Staatsbürgerin von Syrien, durch eine Fremdenkontrolle am Flughafen Wien-Schwechat festgestellt worden sei. Im Rahmen der Fremdenkontrolle habe sie kein Reisedokument zur Vorlage bringen können. Nachdem der illegale Grenzübertritt und die illegale Einreise festgestellt worden seien, habe die Bf vor der Polizeiinspektion Flughafen Schwechat am 7. Februar 2010 um 18:00 Uhr ein Asylbegehren geäußert. Dabei habe sie  angeführt xx zu heißen, am 1. Jänner 1990 in Hasaka geboren und Staatsangehörige von Syrien zu sein. Sie sei ledig und würde über keinerlei Barmittel verfügen. Den Aufenthalt im Bundesgebiet könne sie nicht aus eigenen Mitteln finanzieren. Die Identität könne sie nicht zum Nachweis bringen. Der Reisepass würde sich beim Schlepper befinden und den gegenwärtigen Aufenthaltsort dieses Schleppers würde sie nicht kennen. Sie könne daher keinerlei Dokumente vorlegen und die angeführte Identität auch nicht zum Nachweis bringen. Ausgenommen des mitgereisten volljährigen Bruders würde die Bf keine Bezugspersonen in Österreich haben. Die Familie habe sie im Herkunftsstaat mit der schlepperunterstützten Ausreise am 24. Jänner 2010 zurückgelassen. Die einzige Bezugsperson in der Europäischen Union sei ein Onkel väterlicherseits, welcher sich in Deutschland aufhalten würde. In Österreich sei die Bf völlig alleinstehend.

 

Darüber hinaus habe die Bf in der niederschriftlichen Erstbefragung unter Beizug eines Dolmetschers der Sprache Kurdisch im Asylverfahren vor Polizeibeamten der Polizeiinspektion Flughafen Schwechat am 7. Februar 2010 im Wesentlichen angeführt, das Heimatland mit ihrem mitgereisten volljährigen Bruder am 24. Jänner 2010 schlepperunterstützt verlassen zu haben. Für die Reise hätte die Bf ihr syrisches Reisedokument verwendet. Ob und welches Visa sich im Dokument befunden habe, könne sie nicht angeben, zumal sie das Dokument dem Schlepper ausgehändigt habe und sich dieses während der gesamten Reise beim Schlepper befunden habe. Darüber hinaus habe der Schlepper das Dokument auch bei der Einreise nach Österreich nicht mehr ausgefolgt weswegen die Bf dieses auch nicht zur Vorlage bringen könne. Sie würde aber genau wissen, von Syrien in einem LKW in die Türkei gereist zu sein. In der Türkei habe sich die Bf 2 Tage in einem unbekannten Haus aufgehalten und sei von Istanbul direkt am Luftweg nach Österreich und somit über Österreich in die Europäische Union eingereist. Sie sei zuvor noch nie in der Europäischen Union gewesen. In Istanbul sei sie vor der Ausreise nach Österreich kontrolliert und für drei Stunden angehalten worden. Daraufhin sei die Bf mit einer unbekannten Fluglinie direkt nach Schwechat geflogen. Für die schlepperunterstützte Reise habe sie 200.000,00 syr. Lire bezahlt.

 

Erhebungen und Ermittlungen der Polizeiinspektion Flughafen Schwechat hätten Dank sichergestellter Videoaufnahme zum Ergebnis gebracht, dass die Bf  entgegen der Angabe nicht von Istanbul, sondern mit der griechischen Olympic Airline, Flugnummer OA 159 von Athen kommend nach Wien-Schwechat mit der dokumentierten Abflugzeit in Athen am 7. Februar 2010 um 11:30 gereist sei.

 

Es liege somit beweiskräftig vor, dass die Bf nicht über Österreich in die Europäische Union eingereist sei, sondern entgegen ihren Angaben zuvor in Griechenland aufhältig gewesen sei. Nachdem eine Überprüfung der Fingerabdrücke negativ verlaufen sei, stehe auch beweiskräftig fest, dass die Bf in Griechenland von einer Asylantragstellung bewusst Abstand genommen habe.

 

Der Sachverhalt der sichergestellten Videoaufnahmen und festgestellten Reiseroute über Griechenland sei der Bf bislang nicht zur Kenntnis gebracht worden.

 

In Folge des Begehrens auf staatliche Unterstützung sei die Bf zunächst in die Erstaufnahmestelle West und in späterer Folge in die Erstaufnahmestelle Ost überstellt worden, wo zunächst, wenn auch nur vorübergehend, eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen worden sei. Über einen anderwärtigen ordentlichen Wohnsitz verfüge die Bf im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht.

 

Im Besonderen werde angeführt, dass die Bf einen Bezug zu Griechenland erst gar nicht hergestellt und damit eine Einreise in die Europäische Union über Griechenland bewusst verschwiegen habe. Es liege daher auf der Hand, dass die Bf unter keinen Umständen nach Griechenland rückkehren wolle. Einleuchtend sei dazu, dass eine Abschiebung nach Griechenland eine massive Rückstellung hinsichtlich der Reiseroute und Reiseziel wäre, die weiteren finanziellen Aufwendungen für die Weiterreise von Griechenland in Richtung West – Nord-West als nichtig betrachtet werden müssten und zugleich eine enorme Entfernung zum Zielland bestünde.

 

Nachdem sich die einzige Bezugsperson in der Europäischen Union in Deutschland aufhalte, sei auch davon auszugehen, dass das Reiseziel Deutschland sei, denn die Bf habe in Schwechat nicht aus eigener Initiative einen Asylantrag gestellt, sondern erst nachdem der illegale Aufenthalt im Rahmen einer Fremdenkontrolle festgestellt worden sei. Demnach müsse in allen Belangen davon ausgegangen werden, dass die Bf das Reisedokument vorab bewusst vernichtet habe und mit dem Ziel der Weiterreise nach Deutschland in Österreich eingereist sei.

 

Weiters werde seitens der belangten Behörde im Besonderen festgehalten, dass die Bf bislang nicht in Kenntnis des Ergebnisses der Beweissicherung der festgestellten Reiseroute in Bezug auf die Ersteinreise in Griechenland gewesen sei und beruhigt davon habe ausgehen können, dass die Republik Österreich in Unkenntnis der Einreise und des Aufenthalts in Griechenland sei.

 

Am 11. Februar 2010 habe das Bundesasylamt Erstaufnahmestelle West nunmehr aber Konsultationen mit Griechenland eingeleitet. Die Mitteilung über das geführte Konsultationsverfahren und das eingeleitete Ausweisungsverfahren nach Griechenland sei der Bf in ihrer Landessprache unmittelbar vor Verhängung der Schubhaft ausgefolgt worden.

 

Die Bf habe  bereits in der Vergangenheit durch die zahlreichen illegalen Grenzübertritte in und innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie infolge des illegalen Grenzübertrittes ins Bundesgebiet der Republik Österreich, der bewussten Falschangaben, der bewusst betriebenen und versuchten Irreführung der Behörden  in einer unmissverständlichen Art und Weise zu erkennen gegeben, dass sie in gar keiner Weise gewillt sei die Rechtsordnung ihres Gastlandes Österreich bzw. die jeweiligen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich des Fremdenrechtes zu respektieren.

 

Aus konkret geschilderten Gründen sei im Besonderen davon auszugehen, dass die Bf an einem Aufenthalt in Österreich ebenso wenig interessiert sei wie auch  an den Aufenthalten in den bisherigen durchreisten Mitgliedstaaten.

 

Nachdem aufgrund der Gesamtheit des geschilderten Sachverhaltes sowie infolge dessen, dass die Bf das Bundesasylamt die Hoffnung auf eine Legalisierung des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet der Republik Österreich nicht erfüllt habe und gegen sie bereits eine durchsetzbare Ausweisung gemäß § 10 AsylG eingeleitet habe, sei zu befürchten, dass sich die Bf  – auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde unverzüglich – und ohne eine drohende Überstellung nach Griechenland abzuwarten - entziehen werde. Von der belangten Behörde sei  – in Anbetracht der Tatsache dass der Bf mit dem gegenständlichen Ausweisungsverfahren durch das Bundesasylamt zur Kenntnis gebracht worden sei, dass die Außerlandesbringung nach Griechenland in Kürze angestrebt werde – unter Zugrundelegung der Gesamtheit des Sachverhaltes daher zu Recht von der Anwendung gelinderer Mittel Abstand zu nehmen und ein konkreter und vor allem sehr akuter Sicherungsbedarf zu bejahen.

 

Die Anordnung der Schubhaft sei - nach genauester Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung - verhältnismäßig, denn dem Recht der Fremden auf Schutz der persönlichen Freiheit stehe das Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber.

 

 

1.2. Gegen ihre Anhaltung in Schubhaft erhob die Bf zunächst mit zwei von einander unabhängigen Schriftsätzen jeweils vom 26. März 2010 durch zwei rechtsfreundliche Vertreter Schubhaftbeschwerde an den Oö. Verwaltungssenat. Im Verfahren konnte geklärt werden, dass die Bf durch Rechtsanwalt x im ggst. Schubhaftbeschwerdeverfahren vertreten wird.

 

Begründend wird in der Schubhaftbeschwerde ua. ausgeführt, dass die Bf gemeinsam mit ihrem Bruder illegal am Flughafen Wien - von Griechenland kommend – nach Österreich eingereist sei. Sie habe den Aufenthalt in Griechenland verschwiegen, sei völlig mittellos und habe einen Verwandten in Deutschland. Sie habe keinerlei Handlungen gesetzt, die die Annahme rechtfertigen würden, dass in ihrem Fall Sicherungsbedarf bestehe. Sie habe einen Asylantrag gestellt, wobei diesbezüglich vermutlich im Verfahren herauskommen werde, dass Griechenland zur Prüfung dieses Antrags zuständig sein werde.

 

Auch, wenn die belangte Behörde den Sicherungsbedarf konkret begründet habe, bestehe dieser nicht, da die Bf vom Zeitpunkt der Einreise (7. Februar 2010) bis zur In-Schubhaftnahme am 16. Februar 2010 nicht untergetaucht sei. Die Handlung der Bf sei angesichts der Situation für Asylwerber in Griechenland verständlich und nachvollziehbar. Der Pauschalverdacht, dass bei der Bf Fluchtgefahr bestehe, weise keinerlei auf die Person der Bf bezogenen Gründe auf. Die Bf werde in Österreich solange bleiben, bis ihr Asylverfahren rechtskräftig abgeschlossen werde. Die Voraussetzungen für die Anordnung und Anhaltung in Schubhaft seien demnach nicht gegeben. Im vorliegenden Fall hätte die belangte Behörde ein gelinderes Mittel zur Anwendung bringen müssen. Auch die neuen fremdenrechtlichen Bestimmungen würden die Erlassung der Schubhaft sowie die Anhaltung der Bf in Schubhaft nicht rechtfertigen.

 

Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung sei die Ausweisung der Bf noch nicht durchsetzbar gewesen. Diese sei erst durchsetzbar, wenn der Asylgerichtshof der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes keine aufschiebende Wirkung zuerkenne. Die Tatbestände des § 76 Abs. 2a FPG würden im Falle der Bf nicht vorliegen.

 

Abschließend wird der Antrag gestellt:

Der Unabhängige Verwaltungssenat möge aussprechen, dass die Anhaltung der Bf in Schubhaft seit dem 16. Februar 2010 rechtswidrig sei.

Der Unabhängige Verwaltungssenat möge aussprechen, dass die Anhaltung der Bf in Schubhaft rechtswidrig sei.

Weiters wird Kostenersatz gefordert.

 

 

2. Mit Schreiben vom 29. März 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.1. In einer Gegenschrift führt die belangte Behörde mit Verweis auf die im Schubhaftbescheid dargelegte Begründung ua. aus, dass die Reiseroute der "Austrian Airlines" regelmäßig über Wien abgewickelt werden, weshalb der Aufenthalt in Österreich erklärbar ist, nichts aber an der Tatsache ändern würde, dass eigentliches Zielland die Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. Im Übrigen werde im Hinblick auf den Sicherungsbedarf auf die erhöhte Fluchtgefahr seit der durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung am 23. März 2010 verwiesen.  

 

Abschließend wird die kostenpflichtige Abweisung der in Rede stehenden Beschwerde beantragt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 83 Abs. 2 FPG abgesehen werden konnte.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.     wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.     wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.     wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2. Es ist unbestritten, dass die Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 16. Februar 2010, GZ.: Sich40-1283-2010, seit 16. Februar 2010 bis dato in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

Nachdem sich die Bf zur Zeit der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch in Schubhaft befindet, war gemäß § 83 Abs. 4 FPG eine umfassende Prüfung der Anhaltung vorzunehmen.

 

3.3. Gemäß § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

  1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;
  2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;
  3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder
  4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 des Asylgesetzes 2005 gilt ein Ausweisungsverfahren als eingeleitet, wenn nach Ziffer 1 im Zulassungsverfahren eine Bekanntgabe nach   § 29 Abs. 3 Z 4 oder 5 erfolgt.

 

3.4. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass die Bf am 7. Februar 2010 einen Asylantrag in Österreich gestellt hat. Die Bf reiste am Luftweg von Athen kommend nach Österreich (Flughafen Wien-Schwechat) ein, wo sie auch nach einer fremdenpolizeilichen Kontrolle einen Asylantrag stellte. Sie hatte sich somit unmittelbar vor ihrer Einreise nach Österreich im EU- bzw. Schengen-Mitgliedstaat Griechenland aufgehalten, weshalb die Annahme, dass Griechenland zur Prüfung des Asylantrags zuständig sei, gerechtfertigt war. Ferner wurde der Bf am 16. Februar 2010 nachweislich gemäß § 27 und 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei das Asylbegehren mangels Zuständigkeit Österreichs zurückzuweisen sowie, dass die Abschiebung nach Griechenland beabsichtigt sei.

Es liegen somit grundsätzlich die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG vor.

 

Weiters ergibt sich aus der Aktenlage, dass mit Bescheid des Bundesasylamtes EAST-West vom 23.  März 2010, AZ.: 10 01 138, gemäß § 5 iVm. § 10 AsylG 2005 der Asylantrag der Bf zurückgewiesen und ihre Ausweisung für zulässig erklärt wurde, weshalb nunmehr grundsätzlich auch § 76 Abs. 2 Z. 1 FPG gegeben wäre.

 

3.5. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person der Bf gelegen sein, die erwarten ließen, dass sich die Bf dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 2 FPG entziehen würde. Dabei sind diese Umstände nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht isoliert voneinander, sondern in Zusammenschau und unter Erstellung einer Einzelfallprüfung zu betrachten.

 

Grundsätzlich ist vorerst anzumerken, dass die belangte Behörde eine äußerst fundierte Einzelfall bezogene Prüfung des Sicherungsbedarfes der Bf durchgeführt hat, der aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates durchaus zu folgen ist.

 

Im vorliegenden Fall muss zunächst festgestellt werden, dass die Identität der Bf bis dato mangels gültiger Dokumente nicht eindeutig geklärt ist. Der belangten Behörde ist zu folgen, dass die Bf bewusst durch diesen Umstand die Verschleierung der Reiseroute bewerkstelligen wollte. Einmal innerhalb der Schengengrenze, konnte sie davon ausgehen, dass sie keinerlei standardisierten Kontrollen unterworfen würde und auf diese Weise das vermutliche Zielland Deutschland hätte erreichen können, um dort um Asyl anzusuchen oder sonst den Aufenthalt zu sichern.

 

Sie ist mittellos, in Österreich nicht sozial oder sonstig integriert und legte mehrere illegale Grenzübertritte an den Tag. Besonders aber ist zu würdigen, dass sie offensichtlich keinesfalls dazu bereit ist, nach Griechenland auszureisen und dort das Ergebnis eines Asylverfahrens abzuwarten, was sie schon bei seiner ersten Einreise hätte tun können. Sie dokumentiert jedoch eindrucksvoll, dass es nicht um die Erlangung von Schutz vor politischer Verfolgung geht, sondern um ein klares wirtschaftliches und persönliches Kalkül. Auch in Österreich erfolgte die Asylantragstellung erst nach Aufgriff von Seiten der Behörden. In der Folge behauptete sie direkt aus der Türkei nach Österreich eingereist zu sein. Das Motiv für diese Lüge ist klar: Sie wollte auf diese Weise einer Abschiebung nach Griechenland entgehen. Dadurch allein schon gibt sie ein Beispiel dafür, dass sie in der Wahl der Mittel zur Erreichung ihrer Ziele nicht von allzu großen Skrupeln geplagt ist. Wenn in der Berufung vorgebracht wird, die Bf würde sich in Österreich vor der In-Schubhaftnahme nicht dem behördlichen Verfahren entzogen haben, ist dies zwar richtig, allerdings muss auch festgestellt werden, dass die Bf ja noch davon ausging, dass die österreichischen Behörden in Unkenntnis der wahren Reiseroute seien, weshalb keine Abschiebung nach Griechenland drohen würde. Sie konnte auch davon ausgehen, da – mangels Asylbegehren in Griechenland – kein Eurotac-Treffer zu erwarten war. Somit hätte die Bf die offenbar intendierte Reise nach Deutschland ungehindert fortsetzen können. Dass die Bundesrepublik Deutschland das eigentliche Zielland darstellt, erhärtet auch die Annahme der Fluchtgefahr, da Österreich lediglich als Durchzugsland zum eigentlichen Zielland betrachtet wird.

 

Der belangten Behörde folgend ist im vorliegenden Fall von einem besonders hohen Sicherungsbedarf auszugehen und zu attestieren, dass sich die Bf – auf freiem Fuß belassen – ab dem Zeitpunkt, in dem sie über die beabsichtigte Abschiebung nach Griechenland informiert wurde, fraglos dem Zugriff der Behörde entzogen haben würde. Je weiter dieses Verfahren fortschritt, desto höher ist auch die Fluchtgefahr anzusetzen. Diese bestand aber schon zweifellos zum Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahme.

 

3.6. Damit scheidet auch grundsätzlich die Anwendung gelinderer Mittel über die Bf gemäß § 77 FPG konsequenter Weise aus. Eine allfällige tägliche Meldepflicht würde das Ziel der Schubhaft nicht haben gewährleisten können.

 

3.7. Die Verhängung der Schubhaft ist demnach zweifellos auch verhältnismäßig, denn dem Recht der Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht der Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

Der Schutz des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK kann im vorliegenden Fall ebenfalls nicht schlagend in Anwendung gebracht werden, zumal die Bf in Österreich (mit Ausnahme des mit ihr eingereisten Bruders, der sich ebenfalls in Schubhaft befindet) keinerlei familiäre Bezugspunkte hat.

 

3.8. § 80 Abs. 2 FPG normiert, dass die Schubhaft so lange aufrechterhalten werden kann, bis der Grund für ihre Anhaltung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Grundsätzlich wird hier eine zweimonatige Höchstgrenze festgelegt. Die Bf wird gegenwärtig seit 6 Wochen in Schubhaft angehalten, weshalb die gesetzlich normierte zweimonatige Frist noch nicht ausgeschöpft ist.

 

Das Ziel der Schubhaft, die Ausweisung und Abschiebung nach Griechenland, ist zum Entscheidungszeitpunkt durchaus zeitnah erreichbar, da keine Umstände bekannt sind, die gegen die Durchführbarkeit der Rückführung der Bf sprechen und Griechenland der Rückübernahme bereits zugestimmt hat. Weiters ist anzumerken, dass vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht die teilweise problematische Situation für Asylwerber in Griechenland negiert wird. Im Falle der Bf ist aber jedenfalls festzustellen, dass keinerlei besondere Gründe, wie zB. Auswirkung der Abschiebung auf allfällige Kinder, der Gesundheitszustand der Bf, etc. vorliegen, die die vom Bundesasylamt im Bescheid vom 23. März 2010 ausgesprochene Ausweisung nach Griechenland als unzulässig oder unverhältnismäßig erscheinen lassen könnten.

 

3.9. Es sind zudem keinerlei Umstände bekannt, die einer weiteren Anhaltung der Bf in Schubhaft entgegenstehen würden, weshalb die Beschwerde vom 26. März 2010 als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig auszusprechen war, dass auch die Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft weiterhin vorliegen.

 

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung (BGBl. II Nr. 456/2008) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Hinweis:

Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Bernhard Pree

Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 29.04.2010, Zl.: 2010/21/0113, 0114-3

 

 

 

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