Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531021/3/Kü/Ba

Linz, 30.03.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, vom 12. Jänner 2010 betreffend Zurückweisung des Antrags auf Wiederaufnahme des abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsverfahrens über die Errichtung einer Bodenaushubdeponie in der Gemeinde x durch die x GmbH & Co KG sowie Zurückweisung des Antrags auf Erlassung eines Bescheides nach § 62 AWG 2002 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.    

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 8 und 69 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF. iVm §§ 37, 38 und 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl.I Nr. 102/2002 idgF.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. Dezember 2009, UR-2008-33342/36, wurden die Anträge des Berufungswerbers (im Folgenden: Bw) auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Jänner 2009, UR-2008-33342/19, abgeschlossenen Verfahrens betreffend die abfallwirtschaftsrechtlich genehmigte Bodenaushub­deponie der x GmbH & Co KG auf den Grundstücken Nr. x und x, je KG und Gemeinde x, sowie der Antrag auf Erlassung eines Bescheides nach § 62 AWG 2002 betreffend die genannte Bodenaushubdeponie der x GmbH & Co KG zurückgewiesen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass sich aus der Bestimmung des § 69 AVG ergebe, dass nur Parteien eines Verfahrens zur Stellung eines Antrags auf Wieder­­aufnahme berechtigt seien. Dass der Bw im vorangegangenen Verfahren betreffend abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung der Bodenaushubdeponie in x keine Parteistellung zukomme, habe die Behörde bereits in ihrem Bescheid vom 13.10.2009, UR-2008-33342/30, zum Ausdruck gebracht. Durch die dagegen erhobene Berufung sei die Frage der Parteistellung noch nicht rechtskräftig erledigt. Im Sinne des § 38 AVG liege somit eine Vorfrage vor, sodass die Behörde berechtigt sei, das gegenständliche Verfahren auf Wieder­aufnahme des Verfahrens auszusetzen. Sie sei jedoch auch berechtigt, diese Vorfrage selbst zu beurteilen.

 

Zum Antrag auf Erlassung eines Bescheides gemäß § 62 AWG 2002 wurde begründend festgehalten, dass die genannte Bestimmung unter anderem mehrere Möglichkeiten für die Behörde vorsehe, bei Konsenslosigkeiten oder Konsenswidrigkeiten bei Behandlungsanlagen entsprechende Anordnungen zu treffen. Nach herrschender Auffassung hätten Verwaltungsbehörden grundsätz­lich von Amts wegen vorzugehen, sofern die jeweiligen Materiengesetze keine anderslautenden Bestimmungen enthalten würden. Die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens auf Antrag komme daher nur dann in Betracht, wenn dies in der jeweiligen Verwaltungsvorschrift ausdrücklich festgelegt sei. Die Vorschriften des § 62 Abs.2, 2a und 4 AWG 2002 würden keinen Antrag vorsehen, sodass im Verfahren zur Veranlassung entsprechender Maßnahmen grundsätzlich stets von Amts wegen vorzugehen sei. Ein Antrag sei daher unzulässig und zurückzuweisen gewesen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der Rechtsvertretung des Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stattgegeben werde, hilfsweise die Rechtssache zur Beweisaufnahme, Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen. Hinsichtlich des Antrages auf behördliches Vorgehen im Sinne des § 62 AWG wurde beantragt, der vorliegenden Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid in diesem Punkt aufzuheben und der Behörde die Vornahme jener Maßnahmen aufzutragen, zu der sie amtswegig im Sinne des § 62 AWG verpflichtet sei.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass sich die Argumentationslinie der Erstbehörde ausschließlich auf Verfahrensbestimmungen des AWG erschöpfe, ohne die grundsätzliche Anwendung des AVG auch nur annähernd ins Auge zu fassen. Die Erstbehörde negiere völlig die Tatsache, dass der Konsenswerber Materialien in die gegenständliche Deponie einbringe, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens unzulässig machen würden. Schon alleine die hier aufgezeigte Tatsache der Einbringung unzulässiger Materialien müsse die Erstbehörde veranlassen, die Parteistellung des Bw zuzuerkennen.

 

Nach Ansicht des Bw irre die Erstbehörde bei der Darstellung der für die Beurteilung des vorliegenden Wiederaufnahmeauftrages anzuwendenden Gesetzesbestimmungen. Der Wiederaufnahmeantrag würde primär darauf gestützt, dass dem Einschreiter nach Einschaltung eines hiezu befugten Sachverständigen die unzureichende Verhandlungs-Projektsvorbereitung der Erstbehörde präsent geworden sei. Der Bw verweise auf die Bestimmung des § 39 Abs.2 Z 1 AWG, wonach dem Antrag auf eine Genehmigung eines Deponieprojektes zusätzlich Unterlagen anzuschließen seien, die Angaben zu den hydrologischen, geologischen und wasserwirtschaftlichen Merkmalen des Standortes beinhalten würden. Unter Hinweis auf § 13 AVG sei hier auszuführen, dass bereits im Zuge der Verfahrenseinleitung die Behörde vor allem die Aufgabe habe, von Amts wegen Mängelbehebungen bei schriftlicher Antragstellung zu veranlassen. Dies habe die Erstbehörde unterlassen. Ob ein vereinfachtes Verfahren zulässig sei, könne die Behörde erst nach Vorliegen sämtlicher Antrags­unterlagen im Sinne des § 39 AWG 2002 erkennen bzw. bestimmen.

 

Gleichfalls rechtswidrig sei die Zurückweisung der Anträge gemäß § 62 AWG. Woher die Erstbehörde eine Antragstellung auf Erlassung eines Bescheides orte, sei schlichtweg nicht nachvollziehbar. Der Erstbehörde sei zuzugestehen, dass im Falle des § 62 AWG bei Verwirklichung der in dieser Gesetzesstelle angeführten Tatbestände amtswegiges Einschreiten normiert sei. Die Behörde verkenne, dass hier kein Antrag auf Erlassung eines Bescheides nach § 62 AWG gestellt worden sei, sondern ein Antrag auf Tätigwerden der Behörde im Sinne des § 62 AWG.

 

Im Klartext bedeutet dies, dass die Erstbehörde einen Antrag, der auf nichts anderes abziele, als auf ein Tätigwerden der Behörde, zu welchem sie amtswegig verpflichtet sei, wohl ernsthaft nicht als rechtens bezeichnen könne.    

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung mit Schreiben vom 19. Jänner 2010 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsent­scheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 67g Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von den Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Zum Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens:

Hinsichtlich der Bestimmungen § 8 und § 69 AVG sowie § 50 AWG 2002 wird auf die Zitierungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur feststellt (z.B. 20.9.1994, 94/05/0209) kommt das Recht, gemäß § 69 Abs.1 AVG einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen, nur einer Partei des Verwaltungs­verfahrens zu. Wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Partei ist, kann anhand des AVG allein nicht entschieden werden. Die Parteistellung ergibt sich aus dem Inhalt der in Betracht kommenden Sachmaterien (VWGH vom 21.3.2000, Zl. 98/10/0376).

 

Hinsichtlich der Parteistellung des Bw im abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmi­gungs­verfahren über den Antrag der x GmbH & Co KG auf Errichtung und Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf den Grundstücken Nr. x und x, je KG und Gemeinde x, hat der Unabhängige Verwaltungssenat bereits mit Erkenntnis vom 19. Jänner 2010, VwSen-531009/5/Kü/Ba, entschieden. In diesem Erkenntnis wird unter Darlegung der Rechtsgrundlagen und Erwägungs­gründe festgestellt, dass dem Bw im vereinfachten Genehmigungsverfahren keine Parteistellung gemäß § 50 Abs.4 AWG 2002 zukommt. Auf die Ausführungen in diesem Erkenntnis wird hiermit verwiesen.

 

Im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann daher der Bw, mangels Parteistellung im abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigungsverfahren keinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs.1 AVG stellen. Die Zurückweisung seines Antrages ist von der Erstinstanz daher zu Recht erfolgt.

 

5.2. Zum Antrag auf Tätigwerden der Behörde im Sinne des § 62 AWG 2002:

Zur gegenständlichen Rechtsvorschrift darf wiederum auf die Zitierung im erstinstanzlichen Erkenntnis verwiesen werden.

 

Die Bestimmung des § 62 AWG 2002, insbesondere die vom Bw in seinem Antrag geltend gemachten Absätze 2, 2a und 4 zeigen, dass der Gesetzgeber der Behörde bei Vorliegen der im Gesetz angeführten Tatbestände aus öffentlichen Interessen aufgetragen hat, tätig zu werden. Der Behörde soll ein rasches und gegebenenfalls auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides notwendiges Eingreifen ermöglicht werden. In Abweichung zu vergleichbaren Bestimmungen der §§ 79 und 79a GewO, hat der Gesetzgeber im § 62 AWG 2002 kein Antragsrecht des Nachbarn im Hinblick auf das Tätigwerden der Behörde vorgesehen. Auf die Handhabung der nach § 62 AWG 2002 der Behörde zustehenden Zwangsgewalt zur Durchsetzung öffentlicher Interessen hat niemand einen Rechtanspruch, der mit Mitteln des öffentlichen Rechts verfolgbar wäre (vgl. zu § 360 GewO 1994 ergangene Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, z.B. 20.10.1992, Zl. 92/04/0176, 29.5.2002, Zl. 2002/04/0057).

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass in Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu vergleichbaren Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 es sich bei den Verfahren nach § 62 AWG 2002 um amtswegige Verfahren handelt und daher weder den Nachbarn noch sonstigen Institutionen, wie allenfalls Mitbewerbern, ein Antragsrecht darauf zukommt, dass die Behörde ein Verfahren nach § 62 AWG einzuleiten hat. Es müsste daher der Gesetzgeber in der entsprechenden Bestimmung vorsehen, dass Nachbarn ein Antragsrecht im Hinblick auf ein Tätigwerden der Behörde zukommt. Gegenständlich hat dies der Gesetzgeber im § 62 AWG nicht vorgesehen. Dem Bw kommt daher kein subjektives Recht auf Setzung eines behördlichen Verwaltungsaktes bestimmten Inhalts zu. In diesem Sinne wurde daher der gegenständliche Antrag auf Tätigwerden der Behörde gemäß § 62 AWG von der Erstinstanz zu Recht zurückgewiesen. Der Bw ist daher durch den erstinstanzlichen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt worden, sodass der Berufung keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen war.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

 

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