Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164807/6/Fra/Ka

Linz, 02.04.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn x gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20.1.2010, VerkR96-9951-2009, betreffend Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat zu diesem Verfahren keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z2 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw),

1. wegen Übertretung des § 52 lit.a Z10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 70 Euro (EFS 36 Stunden) und

2. wegen Übertretung des § 102 Abs.3 5. Satz KFG 1967 gemäß § 134 Abs.3c leg.cit. eine Geldstrafe von 50 Euro (EFS 12 Stunden) verhängt, weil er

am 8.10.2009 um 17.08 Uhr in der Gemeinde Fraham, Ortsgebiet Unterhillinglah, L531 Schartener Straße, in Fahrtrichtung Scharten; Messstrecke von km 15,000 bis km 14,600 als Lenker des PKW, Audi A3, schwarz, Kz.: x

1. die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Geschwindigkeit von 30 km/h um 20 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde und

2. als Lenker während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung im Sinne der Verordnung vom 11.5.1998, BGB.Nr.II/152/1999, telefoniert hat. Dies wurde bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festegestellt. Er hat die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert, obwohl ihm diese angeboten wurde.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Die Berufung richtet sich nur gegen das Faktum 1 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960). Der Bw bringt diesbezüglich mit näherer Begründung vor, er habe die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung nicht begangen. Festzustellen ist sohin, dass das Faktum 2 (§ 102 Abs.3 5. Satz KFG 1967) in Rechtskraft erwachsen ist, weshalb diesbezüglich eine Berufungsentscheidung entfällt.

 

3.2. Zum Faktum 1 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960):

3.2.1. Gemäß Art.89 Abs.1 B-VG steht die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Gesetze, Verordnungen und Staatsverträge, soweit in diesem Artikel nichts anderes bestimmt wird, den Gerichten nicht zu.

 

Art.89 Abs.1 B-VG regelt demnach, wie weit Gerichte (gemäß Art.129a Abs.3 B-VG gilt Art.89 B-VG sinngemäß auch für den UVS) befugt sind, die Gültigkeit der von ihnen anzuwendenden Regelungen zu überprüfen. Gerichte können Verordnungen beim Verfassungsgerichtshof nur dann anfechten, wenn sie diese in einem anhängigen Verfahren anzuwenden hätten, das heißt, wenn die Verordnung präjudiziell ist; gleiches gilt für die amtswegige Einleitung eines Verordnungsprüfungsverfahrens durch den Verfassungsgerichtshof. Voraussetzung eines amtswegigen Prüfungsverfahrens oder eines Antrages eines Gerichtes oder eines UVS ("konkrete Normprüfung") ist also die Präjudizialität der zu prüfenden Bestimmung. Darunter versteht man, dass der Verfassungsgerichtshof selbst oder das Gericht bzw. der UVS bei der Lösung einer Rechtsfrage die fragliche Norm (Verordnung) anzuwenden hat. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn die fragliche Norm bzw. Verordnung nicht gehörig kundgemacht wurde. Die Präjudizialität hat das Antrag stellende Gericht bzw. der UVS selbst zu beurteilen.

 

Hat ein Gericht hingegen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit einer kundgemachten Verordnung, ist das Verfahren zu unterbrechen und ein entsprechender Antrag beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Ist die Verordnung allerdings nicht ordnungsgemäß kundgemacht, sind Gerichte an sie nicht gebunden (Art.89 Abs.1 B-VG); sie ist außer Acht zu lassen, ohne dass ein Antrag an den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt. Daraus ist zu schließen, dass ein Gericht eine Verordnung dann als nicht existent zu betrachten hat, wenn eine gehörige, das heißt gesetzmäßige Kundmachung fehlt; in einem solchen Fall liegt eine Norm nicht vor (absolute Nichtigkeit). Diese Rechtsauffassung wird vom Verfassungsgerichtshof in seiner aktuellen Rechtssprechung und von einem Teil der Lehre vertreten (vgl. VfGH im Erkenntnis VfSlg 14.457/1996 und im Beschluss VfSlg 14.425/1996 hinsichtlich der Zulässigkeit von Verordnungsprüfungsanträgen).

 

Diese Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofes wurde vom Verwaltungsgerichtshof vollinhaltlich nachvollzogen und wird seitdem vom Verwaltungsgerichtshof die Frage, ob eine Verordnung gehörig (= gesetzmäßig) kundgemacht wurde, als Gericht im Sinne des Art.89 Abs.1 B-VG selbst überprüft (vgl. VwGH vom 18.5.2004, Zl. 2002/17/0271 uva.).

 

Auf Grund obiger Ausführungen und in Bindung an die Rechtssprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist sohin festzuhalten, dass der UVS berechtigt und verpflichtet ist, die gehörige (gesetzmäßige) Kundmachung von Verordnungen zu überprüfen.

 

3.2.2. Was den gegenständlichen Fall anlangt, ist vorerst auf den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 8.9.2009, VerkR10-141-2009 hinzuweisen. Mit diesem Bescheid wurde die straßenpolizeiliche Bewilligung erteilt, auf der L531, Schartener Straße von Strkm.14,2 (+ 135 m) bis Strkm.15,8 (+ 52 m) in Unterhillinglah links im Sinne der Kilometrierung vom bestehenden Gehsteig Unterhillinglah bis zur Innbachbrücke vom 9.9.2009 bis 15.12.2009 unter Einhaltung von konkret angeführten (insgesamt 33 Punkte) Bedingungen, Auflagen und Fristen, Bauarbeiten für die Errichtung eines Gehsteiges durchzuführen. Laut Punkt 3 dieses Bescheides sind die Arbeiten vom 9.9.2009 bis 15.12.2009 durchzuführen, wobei an Samstagen, Sonn- und Feiertagen nicht gearbeitet werden darf. Laut Punkt 4 dieses Bescheides darf die Länge der jeweiligen Arbeitsstelle 50 m nicht überschreiten.

 

Laut § 1, Punkt 3, § 2 Punkt 3, § 3 Punkt 2 und § 4 Punkt 2 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 8.9.2009, VerkR10-141-2009, mit der gemäß § 43 Abs.1a iVm § 94b Abs.1 lit.b StVO 1960 anlässlich der Durchführung der mit dem oa Bescheid bewilligten Arbeiten im Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs und zur Sicherheit der mit den Arbeiten beschäftigten Personen vorübergehende Verkehrsmaßnahmen im Zeitraum vom 9.9.2009 bis 15.12.2009 verordnet wurden, wird jeweils 25 m vor dem Arbeitsbereich bis 25 m nach dem Arbeitsbereich in beiden Fahrtrichtungen das Überschreiten einer Fahrgeschwindigkeit von 30 km/h bei näher angeführten Bedingungen verboten.

 

Da nach Punkt 4 des oa Bescheides die Länge der jeweiligen Arbeitsstelle 50 m nicht überschreiten darf, darf sich sohin der Geschwindigkeitsbeschränkungsbereich von 30 km/h in örtlicher Hinsicht auf maximal 100 m erstrecken.

 

Der Meldungsleger BI X hat auf entsprechende Anfrage dem Oö. Verwaltungssenat mitgeteilt, dass sich die gesamte Nachfahrstrecke von 400 m innerhalb der Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 30 km/h" gemäß § 52 lit.a Z10a und gemäß § 52 lit.a Z10b StVO 1960 erstreckte, woraus resultiert, dass die entsprechenden Vorschriftszeichen nicht gehörig kundgemacht gewesen sein konnten. Die Distanz zwischen beiden Vorschriftszeichen darf entsprechend der oa rechtlichen Grundlage max. 100 m betragen. Da sohin das verordnete Verbot für den Bw nicht rechtswirksam geworden ist, war der Berufung schon aus diesem Grunde stattzugeben, ohne dass auf die weiteren vom Bw vorgebrachten Argumente einzugehen war.

 

Das Strafverfahren gegen den Bw war daher unter Anwendung des § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Johann Fragner

 

 

 

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