Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222381/2/Kl/Pe

Linz, 08.04.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1.3.2010, Ge96-22-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 1.3.2010, Ge96-22-2009, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe von 360 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 114 und 367a Gewerbeordnung 1994 verhängt, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Gewerbeinhaber (Gastgewerbe in der Betriebsart „Gasthof“ im Standort x) und als Festwirt des „x Zeltfestes“ zu verantworten hat, wie aus der Anzeige der Polizeiinspektion x vom 27.5.2009, Gz: A173623/01, hervorgeht, dass in der Nacht vom 16.5. 2009 auf den 17.5.2009 beim „x Zeltfest“ in x, auf Gst. Nr. x, KG x, an die Jugendlichen x (geb. am x), x (geb. am x), x (geb. am x) und x (geb. am x) Alkohol im übermäßigen Ausmaß ausgeschenkt wurde (diese Jugendlichen waren stark alkoholisiert), obwohl es Gewerbetreibenden untersagt ist, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendliche dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Diese Jugendlichen waren zu diesem Zeitpunkt 16 bzw. 17 Jahre alt, wobei der übermäßige Alkoholkonsum für sie (ab dem vollendeten 16. Lebensjahr) nach § 8 Abs.1 des Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 verboten war.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass das Verfahren mangelhaft geführt worden sei, zumal dem Antrag auf Einvernahme von sechs jugendlichen Personen und Ladung und Einvernahme von 25 erwachsenen Personen nicht stattgegeben wurde. Weiters wurde ein Gutachten eines medizinischen Amtssachverständigen über die fehlende Alkoholisierung beantragt. Schließlich wurde ausgeführt, dass an die Jugendlichen x, x, x und x nicht Alkohol im übermäßigen Ausmaß ausgeschenkt worden sei. Es sei nicht verboten, Jugendlichen ein alkoholisches Getränk in Form von Bier auszuschenken. Es sei der Ausschank von Alkohol an Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr, soweit die alkoholischen Getränke 14 vol.% nicht erreichen, gar nicht geregelt. Auch seien keine Ermittlungen zum Kontrollsystem durchgeführt worden. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 367a Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

 

Gemäß § 114 GewO 1994 dürfen Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. In diesen Fällen haben die Gastgewerbetreibenden an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf dieses Verbot hingewiesen wird.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch dann, wenn alkoholische Getränke durch Absorbierung an einen pulver-, pastenförmigen oder anderen Trägerstoff gebunden werden.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

Diesen Anforderungen entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht. Vielmehr wird dem Bw entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz iVm § 114 GewO 1994 vorgeworfen, „Alkohol im übermäßigen Ausmaß“ ausgeschenkt zu haben, ohne dieses objektive Tatbestandsmerkmal näher zu umschreiben. Nach der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht es aber nicht aus, bloß den Gesetzestext vorzuwerfen, sondern ist im Sinn des Gebotes des § 44a Z1 VStG auch jener konkrete Sachverhalt, der der Gesetzesbestimmung zugeordnet werden kann, die die Handlung zur Verwaltungsübertretung erklärt, konkret darzulegen. Eine solche konkrete Umschreibung, nämlich in welchem Ausmaß den im Straferkenntnis namentlich angeführten Jugendlichen Alkohol im Lokal ausgeschenkt wurde, fehlt dem Tatvorwurf. Auch die Begründung des Straferkenntnisses, welche freilich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Spruch nicht ersetzen kann, enthält lediglich den Grad der Alkoholisierung der angetroffenen Jugendlichen. Das Ausmaß des Alkoholkonsums im angeführten Lokal ist aber auch der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen. Auch wurde im gesamten erstbehördlichen Verwaltungsstrafverfahren ein entsprechender Tatvorwurf dem Bw nicht gemacht. Auch die als erste Verfolgungshandlung ergangene Strafverfügung vom 22.6.2009 enthält keine Konkretisierung des Alkoholkonsums im Lokal.

 

Es ist daher in der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist keine entsprechende konkretisierte Tatumschreibung dem Bw vorgeworfen worden, sodass Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Es war daher aus diesem Grunde das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, waren gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Tatkonkretisierung, übermäßiger Alkoholkonsum

 

 

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