Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590241/2/Gf/Mu

Linz, 06.04.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch RA x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 4. März 2010, Zl. SanRB01-13-37-2007 (mitbeteiligte Partei: x, vertreten durch RA x), wegen der Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in x (voraussichtliche Betriebsstätte im x) zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Schriftsatz vom 1. März 2007 hat die mitbeteiligte Partei einen Antrag auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit der voraussichtlichen Betriebsstätte in der x in x gestellt.

 

Dagegen hat (u.a.) der Beschwerdeführer einen Einspruch erhoben und diesen damit begründet, dass hierfür kein Bedarf bestehe.

 

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Perg vom 4. März 2010, Zl. SanRB01-13-37-2007, wurde dem Gesuch der mitbeteiligten Partei stattgeben und dieser die Konzession im beantragten Umfang erteilt.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass das Versorgungspotential der Apotheke des Beschwerdeführers auf Grund eines ent­sprechenden Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer nicht unter das gesetzlich geforderte Mindestmaß von 5.500 Personen sinke.

 

1.3. Gegen diesen ihm am 8. März 2010 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 18. März 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene
Berufung.

 

Darin bringt der Beschwerdeführer vor, dass das Versorgungspotential seiner Apotheke im ergänzenden Gutachten der Oö. Apothekerkammer vom 26. August 2008 insoweit unzutreffend ermittelt worden sei, als diesem die Einwohner bestimmter Ortschaften nicht zuzurechnen seien, da jene deutlich näher zu x (dem Sitz der neu zu errichtenden Apotheke) als zu x (dem Sitz der Apotheke des Rechtsmittelwerbers) lägen. Außerdem sei das Versorgungspotential von bestehenden Apotheken nach der neuesten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH v. 21. September 2009, B 755/09) jedenfalls von Amts wegen zu prüfen, also auch dann, wenn diese im Konzessionserteilungsverfahren keinen Einspruch erhoben hat, deren Versorgungspotential jedoch – wie dies hinsichtlich der Apotheke des Ehegatten der Konzessionswerberin zutreffe – unter 5.500 Personen sinken wird.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. dessen Abänderung dahin, dass der mitbeteiligten Partei die Konzession nicht erteilt wird, beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Perg zu Zl. SanRB01-13-2007; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 2 Z. 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Allseits unstrittig ist im gegenständlichen Fall, dass in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat, sich zum Zeitpunkt der Antragsstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte keine ärztliche Hausapotheke befindet und die nächstgelegene öffentliche Apotheke mehr als 500 Meter entfernt ist.

 

3.2. Unter derartigen Umständen darf einem Antragsteller die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke nach § 10 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 Z. 3 des Apothekengesetzes, RGBl.Nr. 5/1907, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: ApG), nur dann versagt werden, wenn für diese deshalb kein Bedarf besteht, weil sich die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen auf weniger als 5.500 verringert.

 

3.2.1. Diesbezüglich wird zunächst in dem von der Landesgeschäftsstelle Oberösterreich der Österreichischen Apothekerkammer erstellten Gutachten vom 1. August 2007, Zl. III-5/2/2-185/5/07, ergänzt durch das Gutachten vom 26. August 2008, Zl. III-5/2/2-136/3/08 (im Folgenden: Gutachten der Apothekerkammer), im Wege einer Prognoseentscheidung ausgeführt, dass jedenfalls zu erwarten ist, dass das Versorgungspotential der in x bereits bestehenden (vom Ehegatten der Konzessionswerberin betriebenen) öffentlichen Apotheke unter 5.500 Personen sinken, nämlich nur mehr aus 3.650 ständigen Einwohnern innerhalb des 4‑km-Polygons sowie aus 383 zusätzlich zu versorgenden Personen im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG bestehen wird. Hingegen wird das Versorgungspotential der in Schwertberg gelegenen Apotheke des Rechtsmittelwerbers auch im Falle der Konzessionserteilung an die mitbeteiligte Partei weiterhin insgesamt 6.086 Personen umfassen. (Im Ergebnis gilt danach Gleiches auch für eine weitere bestehende öffentliche Apotheke in x.)

 

Die logische Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit dieses Gutachtens wird auch vom Beschwerdeführer selbst nicht in Zweifel gezogen. Er wendet sich vielmehr  nur gegen die angewendete Methode der Ergebnisermittlung. Da er insoweit dem Gutachten aber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, waren seine diesbezüglichen Einwände somit schon von vornherein nicht zu berücksichtigen.

 

3.2.2. Der Rechtsmittelwerber bringt jedoch weiters vor, dass das Versorgungspotential der in x bereits bestehenden öffentlichen Apotheke nach dem Gutachten unter 5.500 Personen sinken und dieser Umstand von der belangten Behörde vom Amts wegen aufzugreifen gewesen wäre.

 

Insgesamt besehen bleibt damit allein die Rechtsfrage strittig, ob § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG gleichsam in einem objektiven Sinn dahin auszulegen ist, dass ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke immer schon dann zu verneinen ist, wenn das Versorgungspotential einer der bereits bestehenden öffentlichen Apotheken – unabhängig davon, ob dies vom Betroffenen auch prozessual releviert wurde – unter 5.500 Personen sinken würde, oder vielmehr in einem subjektiven Sinn dahin, dass lediglich dann kein dementsprechender Bedarf vorliegt, wenn die Einschränkung des Versorgungspotentials von einem solchen Konzessionsinhaber auch tatsächlich und in berechtigter Weise geltend gemacht worden ist. 

 

3.2.2.1. Rein sprachlich ist § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG als eine Feststellung gefasst, nämlich dahin, dass ein Bedarf nicht besteht, wenn die Zahl der von der bestehenden öffentlichen Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5.500 betragen wird. Diese Formulierung lag auch schon dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1998, G 37/97 u.a. (= VfSlg 15103/1998) zu Grunde, mit dem diese Regelung im Wesentlichen mit der Begründung als verfassungskonform festgestellt wurde, dass Regelungen, die im Bereich der Heilmittelversorgung die Zulassung zur Erwerbsausübung auch von dem Umstand abhängig machen, ob eine Existenzgefährdung bestehender Apotheken eintritt, sowohl im öffentlichen Interesse liegen und zur Zielerreichung der Sicherung einer bestmöglichen Heilmittelversorgung geeignet sind sowie zudem nicht unverhältnismäßig in die Erwerbsausübungsfreiheit eingreifen. In diesem Zusammenhang hat der VfGH auch ausgeführt, dass es im öffentlichen Interesse liegt, dass die bestehenden Apotheken auch im Falle einer Neuerrichtung weiterhin ihrer Betriebspflicht nachkommen und ein optimales Medikamentenlager, d.h. die benötigten Medikamente in einwandfreier Beschaffenheit, rasch, überall, jederzeit und zu erschwinglichen Preisen für den Konsumenten bereithalten können, was Betriebe mit einer bestimmten Mindestgröße voraussetzt (vgl. VfSlg 15103/1998, 216 f).

 

Daraus wird insgesamt deutlich, dass der VfGH – systematisch betrachtet – die Anordnung des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG als eine Vorschrift qualifiziert, die einen (zulässigen) Eingriff in ein Grundrecht (nämlich jenes der Erwerbsfreiheit gemäß Art. 6 StGG) normiert, nicht aber primär (bzw. jedenfalls nicht von ihrer Grundintention her) eine Bestimmung des objektiven Rechts darstellt; sie verkörpert vielmehr in erster Linie eine Schutznorm zugunsten bestehender Apotheken und nicht eine Regelung öffentlicher Interessen (bzw. nur insoweit, als dieser ein Interessensausgleich zwischen eingeschränkter Grundrechtsgewährleistung und zulässiger Eingriffsermächtigung zu Grunde liegt: [Nur] das öffentliche Interesse an einer angemessenen Heilmittelversorgung [nicht aber auch die Sicherung eines optimalen Betriebsgewinnes für die bestehende Apotheke] verkörpert einen prinzipiellen Rechtfertigungsgrund für den Grundrechtseingriff).

 

3.2.2.2. Davon ausgehend liegt es aber jeweils in der Entscheidungsfreiheit des einzelnen Grundrechtsträgers selbst, ob er den drohenden Eingriff in seine (Rechts-, v.a. aber auch in seine betriebswirtschaftliche Kalkulations-)Sphäre auch prozessual geltend machen will oder nicht. Dies bedeutet somit, dass bei der Bedarfsprüfung nach § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG nur solche Inhaber von bestehenden Apotheken als schützenswert einzubeziehen sind, die im Verfahren zur Erteilung einer Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke einen formellen Einspruch gemäß § 48 Abs. 2 ApG erhoben haben.

 

Andernfalls würde jeder von einer mitbeteiligten Partei erhobene Einspruch – auch wenn dieser sachlich völlig unbegründet ist – von seinem Endeffekt her betrachtet gleichsam eine Popularklage bewirken. Abgesehen davon, dass sich hierfür weder in § 48 Abs. 2 ApG selbst noch in den Materialien entsprechende Anhaltspunkte finden lassen, ließe sich ein derartiges Ergebnis nur dann und insoweit vertreten, wenn es um den Schutz gesetzlich absolut festgelegter öffentlicher Interessen ginge. Dies ist jedoch im hier maßgeblichen Zusammenhang – wie bereits zuvor gezeigt – nicht der Fall, weil die auf ein Mindestversorgungspotential von 5.500 Personen abstellende Bedarfsprüfung primär der wirtschaftlichen Existenzsicherung bestehender Apotheken und nur von ihrer Reflexwirkung her besehen dem Ziel der optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung dient: Denn es liegt auf der Hand, dass die Versorgungslage objektiv besehen im Regelfall vergleichsweise nur besser sein kann, je mehr Apotheken in einem bestimmten Einzugsgebiet bestehen. Und nur an diesem Regelfall – und nicht an den in Relation dazu zahlenmäßig kaum ins Gewicht fallenden Sondersituationen, in  denen ein spezifisches Medikament nicht vor Ort vorrätig ist, sondern erst auf gesonderte Bestellung geliefert werden kann (was regelmäßig ohnehin auch innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden möglich ist) – kann sich eine gesetzliche Regelung orientieren.

 

3.2.2.3. Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der dieser Bestimmung zu Grunde liegenden Zielsetzung, wonach dadurch die Existenzfähigkeit einer Apotheke nicht durch den Gesetzgeber garantiert, sondern vielmehr der Einschätzung des Konzessionswerbers bzw. Konzessionsinhabers selbst überlassen wird (vgl. dazu das bereits angeführte Erkenntnis VfSlg 15103/1998, 219). Sinkt etwa das Versorgungspotential unter 5.500 Personen, so hat der Betreiber aus eigenem zu entscheiden, ob er die Apotheke als ein wirtschaftlich leistungsfähiges Unternehmen weiterführen kann und will; eine amtliche Zurücknahme der Konzession allein aus diesem Grund kommt nämlich nach § 19 ApG nicht in Betracht.

 

3.2.2.4. Welche neueste Rechtsprechung des VfGH hingegen zu einem anderen Ergebnis führen sollte, bleibt insbesondere schon deshalb unerfindlich, weil der vom Beschwerdeführer in seiner Berufung angeführte "Beschluss vom 21.9.2009, B 755/09" (vgl. S. 9) in keiner Judikatursammlung auffindbar ist.

 

3.2.2.5. Erhebt daher der Inhaber einer bestehenden Apotheke im Verfahren zur Konzessionserteilung für eine Neuapotheke keinen Einspruch nach § 48 Abs. 2 ApG, so dokumentiert er damit nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates, dass er sich dadurch, dass das Versorgungspotential seiner Apotheke künftig unter 5.500 Personen sinken könnte, in der Möglichkeit, seinen Betrieb auch weiterhin lukrativ zu führen, als nicht gefährdet erachtet. Von welchen subjektiven Motiven er sich bei dieser Entscheidung leiten lässt, ist hingegen aus rechtlicher Sicht unbeachtlich.

 

Eine andere Sichtweise würde auch das Grundprinzip der liberalen Marktwirtschaft, dem Österreich jedenfalls seit seinem Beitritt zur Europäischen Union verpflichtet ist, ernsthaft in Frage stellen.

 

3.3. Aus allen diesen Gründen war die gegenständliche Berufung sohin gemäß § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.   Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

 


Rechtssatz:

 

VwSen-590241/2/Gf/Mu vom 6. April 2010

 

§ 10 Abs. 2 Z. 3 ApG; § 48 Abs. 2 ApG

 

Im gegenständlichen Fall bleibt allein die Rechtsfrage strittig, ob § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG gleichsam in einem objektiven Sinn dahin auszulegen ist, dass ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke immer schon dann zu verneinen ist, wenn das Versorgungspotential einer der bereits bestehenden öffentlichen Apotheken – unabhängig davon, ob dies vom Betroffenen auch prozessual releviert wurde – unter 5.500 Personen sinken würde, oder vielmehr in einem subjektiven Sinn dahin, dass lediglich dann kein dementsprechender Bedarf vorliegt, wenn die Einschränkung des Versorgungspotentials von einem solchen Konzessionsinhaber auch tatsächlich und in berechtigter Weise geltend gemacht worden ist. 

 

Rein sprachlich ist § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG als eine Feststellung gefasst, nämlich dahin, dass ein Bedarf nicht besteht, wenn die Zahl der von der bestehenden öffentlichen Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5.500 betragen wird. Diese Formulierung lag auch schon dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1998, G 37/97 u.a. (= VfSlg 15103/1998) zu Grunde, mit dem diese Regelung im Wesentlichen mit der Begründung als verfassungskonform festgestellt wurde, dass Regelungen, die im Bereich der Heilmittelversorgung die Zulassung zur Erwerbsausübung auch von dem Umstand abhängig machen, ob eine Existenzgefährdung bestehender Apotheken eintritt, sowohl im öffentlichen Interesse liegen und zur Zielerreichung der Sicherung einer bestmöglichen Heilmittelversorgung geeignet sind sowie zudem nicht unverhältnismäßig in die Erwerbsausübungsfreiheit eingreifen. In diesem Zusammenhang hat der VfGH auch ausgeführt, dass es im öffentlichen Interesse liegt, dass die bestehenden Apotheken auch im Falle einer Neuerrichtung weiterhin ihrer Betriebspflicht nachkommen und ein optimales Medikamentenlager, d.h. die benötigten Medikamente in einwandfreier Beschaffenheit, rasch, überall, jederzeit und zu erschwinglichen Preisen für den Konsumenten bereithalten können, was Betriebe mit einer bestimmten Mindestgröße voraussetzt (vgl. VfSlg 15103/1998, 216 f).

 

Daraus wird insgesamt deutlich, dass der VfGH – systematisch betrachtet – die Anordnung des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG als eine Vorschrift qualifiziert, die einen (zulässigen) Eingriff in ein Grundrecht (nämlich jenes der Erwerbsfreiheit gemäß Art. 6 StGG) normiert, nicht aber primär (bzw. jedenfalls nicht von ihrer Grundintention her) eine Bestimmung des objektiven Rechts darstellt; sie verkörpert vielmehr in erster Linie eine Schutznorm zugunsten bestehender Apotheken und nicht eine Regelung öffentlicher Interessen (bzw. nur insoweit, als dieser ein Interessensausgleich zwischen eingeschränkter Grundrechtsgewährleistung und zulässiger Eingriffsermächtigung zu Grunde liegt: [Nur] das öffentliche Interesse an einer angemessenen Heilmittelversorgung [nicht aber auch die Sicherung eines optimalen Betriebsgewinnes für die bestehende Apotheke] verkörpert einen prinzipiellen Rechtfertigungsgrund für den Grundrechtseingriff).

 

Davon ausgehend liegt es aber jeweils in der Entscheidungsfreiheit des einzelnen Grundrechtsträgers selbst, ob er den drohenden Eingriff in seine (Rechts-, v.a. aber auch in seine betriebswirtschaftliche Kalkulations-)Sphäre auch prozessual geltend machen will oder nicht. Dies bedeutet somit, dass bei der Bedarfsprüfung nach § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG nur solche Inhaber von bestehenden Apotheken als schützenswert einzubeziehen sind, die im Verfahren zur Erteilung einer Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke einen formellen Einspruch gemäß § 48 Abs. 2 ApG erhoben haben.

 

Andernfalls würde jeder von einer mitbeteiligten Partei erhobene Einspruch – auch wenn dieser sachlich völlig unbegründet ist – von seinem Endeffekt her betrachtet gleichsam eine Popularklage bewirken. Abgesehen davon, dass sich hierfür weder in § 48 Abs. 2 ApG selbst noch in den Materialien entsprechende Anhaltspunkte finden lassen, ließe sich ein derartiges Ergebnis nur dann und insoweit vertreten, wenn es um den Schutz gesetzlich absolut festgelegter öffentlicher Interessen ginge. Dies ist jedoch im hier maßgeblichen Zusammenhang – wie bereits zuvor gezeigt – nicht der Fall, weil die auf ein Mindestversorgungspotential von 5.500 Personen abstellende Bedarfsprüfung primär der wirtschaftlichen Existenzsicherung bestehender Apotheken und nur von ihrer Reflexwirkung her besehen dem Ziel der optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung dient: Denn es liegt auf der Hand, dass die Versorgungslage objektiv besehen im Regelfall vergleichsweise nur besser sein kann, je mehr Apotheken in einem bestimmten Einzugsgebiet bestehen. Und nur an diesem Regelfall – und nicht an den in Relation dazu zahlenmäßig kaum ins Gewicht fallenden Sondersituationen, in denen ein spezifisches Medikament nicht vor Ort vorrätig ist, sondern erst auf gesonderte Bestellung geliefert werden kann (was regelmäßig ohnehin auch innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden möglich ist) – kann sich eine gesetzliche Regelung orientieren.

 

Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der dieser Bestimmung zu Grunde liegenden Zielsetzung, wonach dadurch die Existenzfähigkeit einer Apotheke nicht durch den Gesetzgeber garantiert, sondern vielmehr der Einschätzung des Konzessionswerbers bzw. Konzessionsinhabers selbst überlassen wird (vgl. dazu das bereits angeführte Erkenntnis VfSlg 15103/1998, 219). Sinkt etwa das Versorgungspotential unter 5.500 Personen, so hat der Betreiber aus eigenem zu entscheiden, ob er die Apotheke als ein wirtschaftlich leistungsfähiges Unternehmen weiterführen kann und will; eine amtliche Zurücknahme der Konzession allein aus diesem Grund kommt nämlich nach § 19 ApG nicht in Betracht.

 

Erhebt daher der Inhaber einer bestehenden Apotheke im Verfahren zur Konzessionserteilung für eine Neuapotheke keinen Einspruch nach § 48 Abs. 2 ApG, so dokumentiert er damit nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates, dass er sich dadurch, dass das Versorgungspotential seiner Apotheke künftig unter 5.500 Personen sinken könnte, in der Möglichkeit, seinen Betrieb auch weiterhin lukrativ zu führen, als nicht gefährdet erachtet. Von welchen subjektiven Motiven er sich bei dieser Entscheidung leiten lässt, ist hingegen aus rechtlicher Sicht unbeachtlich.

 

Eine andere Sichtweise würde dem gegenüber auch das Grundprinzip der liberalen Marktwirtschaft, dem Österreich jedenfalls seit seinem Beitritt zur Europäischen Union verpflichtet ist, ernsthaft in Frage stellen.

 

 

 

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