Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100469/3/Fra/Ka

Linz, 20.07.1992

VwSen - 100469/3/Fra/Ka Linz, am 20.Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des G H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F B, Linz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 19. Februar 1992, VerkR96-397-1991, betreffend die Fakten 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960), 2 (§ 16 Abs.1 lit.a StVO 1960) und 4 (§ 102 Abs.5 lit.a KFG 1967), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochte Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.3 VStG.

II. Es entfällt die Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Straferkenntnis vom 19. Februar 1992, VerkR96-397-1991, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1. § 20 Abs.2 StVO 1960, 2. § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960, 3. § 57a Abs.1 KFG 1967, 4. § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 und 5. § 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 Strafen verhängt. Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da hinsichtlich der Fakten 1, 2 und 4 (das Faktum 3 = § 57a Abs.1 KFG 1967 wurde nicht angefochten) durch ein Einzelmitglied zu entscheiden, da jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden. Hinsichtlich des Faktums 5 (§ 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960) hat eine Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates zu entscheiden, da diesbezüglich eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51c VStG). Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.1 VStG abgesehen werden.

I.3 Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Bestimmung des § 44a Z.1 VStG stellt das Erfordernis der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat auf. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß a) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und b) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. VwGH vom 13. Juni 1984, Slg. 11466 A, vS). Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z.1 VStG genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lassen (vgl. VwGH vom 3.10.1985, 85/02/0053, vS). Um dem Erfordernis des unverwechselbaren Feststehens der Identität der Tat zu genügen, muß im Spruch des Strafbescheides dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß kein Zweifel bestehen kann, wofür er bestraft worden ist. Der Spruch muß weiters geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Zum Faktum 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960): Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit "auf der G.straße in L" überschritten zu haben. Bei der G.straße in L handelt es sich um einen längeren Straßenzug. Die bloße Angabe eines Straßenzuges ohne genauere Bezeichnung des Tatortes genügt dem im § 44a Z.1 VStG statuierten Konkretisierungsgebot nicht. (vgl. VwGH vom 25.2.1983, 81/02/0184).

Zum Faktum 2 (§ 16 Abs.1 lit.a StVO 1960): Zur Umschreibung der Tat im Sinne des § 44a Z.1 VStG bedarf es der Ausführung, ob der Gegenverkehr durch das Überholen gefährdet oder behindert wurde oder hätte werden können (vgl. VwGH vom 20.11.1985, 84/03/0274). Die Umschreibung, "einen ESG-Omnibus überholt zu haben, ohne sich zu überzeugen, daß ein gefahrloses Überholen möglich war, da sich dort eine für den Beschuldigten unübersichtliche Rechtskurve befand" genügt dem Konkretisierungsgebot im Sinne der vorhin genannten Bestimmung nicht. Im übrigen kann aus dieser Umschreibung nicht zweifelsfrei erkannt werden, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist, sodaß dieser rechtlich nicht davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Zum Faktum 3 (§ 102 Abs.5 lit.a KFG 1967): Dem Beschuldigten wird zum Vorwurf gemacht "den Führerschein nicht mitgeführt bzw. nicht ausgehändigt zu haben". Hiezu ist festzustellen, daß das Nichtmitführen der Urkunden und die Weigerung, die (mitgeführten) Urkunden auf Verlangen dem Straßenaufsichtsorgan auszuhändigen, verschiedene Straftatbestände sind (vgl. VwGH vom 19.12.1985, 85/02/0272). Mit dieser alternativen Spruchfassung wird den Anforderungen des § 44a Z.1 VStG insofern hinsichtlich der Tatumschreibung nicht entsprochen, als nicht zweifelsfrei feststeht, wofür der Täter bestraft worden ist.

Da bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, entsprechende Schuldspruchergänzungen vorzunehmen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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