Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522497/8/Kof/Ka

Linz, 22.04.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X vertreten durch X gegen
den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 02.02.2010, AZ: 06/509424, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigung für die Klasse B, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen  und

der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z2 und 8 Abs.3 Z2 FSG,

    BGBl. I Nr.120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009

§ 14 Abs.5 FSG-GV,

   BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 64/2006

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid die dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) von Bezirkshauptmannschaft Schärding
am 3.4.2007 erteilte Lenkberechtigung für Klasse B wie folgt eingeschränkt:

Sie haben sich in Abständen von drei Monaten für den Zeitraum von zwei Jahren einer ärztlichen Kontrolluntersuchung (Facharzt Psychiatrie, Serumspiegel, regelmäßige Medikamenteneinnahme)  und  alle vier Monate (CDT, LFP + MCV)
zu unterziehen und folgende Befunde im Original vorzulegen,

-          Kontrolluntersuchung – Facharzt Psychiatrie, Serumspiegel, regelmäßige Medikamenteneinnahme: bis spätestens 1.5.2010, 1.8.2010, 1.11.2010, 1.2.2011,  1.5.2011,  1.8.2011,  1.11.2011  und  1.2.2012

-          CDT + MCV + LFP:  bis spätestens  1.6.2010,  1.10.2010,  1.2.2011, 1.6.2011,  1.10.2011  und  1.2.2012

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 15.2.2010 erhoben und beantragt, diese Auflagen aufzuheben
bzw. dem Bw die Lenkberechtigung ohne Auflagen zu belassen.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (mVh) nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw mit Schreiben vom 13.4.2010 auf eine mVh ausdrücklich verzichtet hat.  vgl. VwGH vom 20.4.2004, 2003/02/0270 mit Vorjudikatur; vom 26.1.2010, 2009/02/0220.

 

Die amtsärztliche Sachverständige, Frau Dr. X hat betreffend die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B das Gutachten vom 23.3.2010, Ges-310146/2-2010 erstellt.

 

"Es wurde durch den UVS an uns das Ersuchen erstellt, ein amtsärztliches Gutachten darüber zu erstellen, ob die beim Bw vorgeschriebenen Auflagen (beizubringende Befunde), erforderlich sind.

Dazu wird wie folgt Stellung genommen:

Es wurden folgende aktenkundige Befunde eingesehen:

 

1.  Fachärztliche Stellungnahme von Dr. X, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie vom 05.03.2009, wobei folgende Diagnosen erstellt wurden:

-          bipolare affektive Störung gegenwärtig remittiert

-          schädlicher Gebrauch von Alkohol

-          Zustand nach SMV 07/2008

Herr Dr. X kam zu der Beurteilung, dass es sich um eine Störung aus dem bipolaren Formenkreis handelt und unter Medikation das Zustandsbild zum damaligen Untersuchungszeitpunkt weitgehend remittiert gewesen sei, jedoch bei Stimmungsverschlechterung durchaus die Neigung zum schädlichen Alkoholgebrauch und es damit zu weiteren Kontrollverlusten und unüberlegten Handlungen kommen könne. Weiters sei das Krankheitsbild derart ausgeprägt, dass keine Berufstätigkeit möglich sei und beim Bw zum damaligen Zeitpunkt auch von keiner ausreichenden Stabilität ausgegangen werden konnte und der Facharzt weitere regelmäßige fachärztliche Kontrollen mit regelmäßiger Kontrolle des Lithium-Spiegels empfahl.

 

2.  Weiters wurde der Arztbrief des Klinikums Wels-Grieskirchen vom 21.10.2009 eingesehen, wobei im Rahmen eines stationären Aufenthaltes im Juli 2008 eine Suiziddrohung und Suizidhandlung (Schnittverletzungen der linken Hand) unter Alkoholeinfluss sowie Alkholabhängigkeit und mittelgradige depressive Episode festgestellt wurden, während eines stationären Aufenthaltes zwischen 05.03. und 11.03.2008 rezidivirende depressive Episoden extrapyramidaler Tremor, funktionelle Gangstörung und Hypercholesterinämie.

 

3. Weiters wurde eine fachärztliche Stellungnahme von Dr. X vom 14.01.2010 beigebracht, wobei ebenso wiederum die bipolare affektive Störung, gegenwärtig remittiert, festgestellt wurde sowie ein schädlicher Gebrauch von Alkohol (gegenwärtig laut Bw abstinent). In der Beurteilung kam Herr
Dr. X zu dem Ergebnis, dass der vom Bw vorgelegte Lithium-Spiegel mit 1,05 im oberen therapeutischen Bereich läge und ein CDT-Wert mit 1,04 unauffällig sei. Das Zustandsbild sei gegenwärtig remittiert, jedoch müsse man aber bedenken, dass das Absetzen der Medikation mit Quilonorm innerhalb nur weniger Monate wiederum zu einer affektiven Auslenkung führen könne und auch zu den damit verbundenen Kontrollverlusten.

    Aus fachärztlicher Sicht wurden unbedingt regelmäßige fachärztliche Kontrollen des Lithium-Spiegels und CDT-Spiegelkontrollen empfohlen sowie weitere fachärztliche Kontrollen.

 

Beurteilung aus ho. Sicht:

Laut der vorliegenden fachärztlichen Stellungnahmen von Herrn Dr. X sowie der beiliegenden Arztbriefe des Klinikums Wels-Grieskirchen handelt es sich beim Bw um eine bipolare affektive Störung sowie um Zustand nach schädlichem Gebrauch von Alkohol, gegenwärtig abstinent, sodass davon auszugehen ist, dass als Voraussetzung für eine Stabilität des Gesundheitszustandes eine sehr gute Compliance (Einsicht in die Notwendigkeit der regelmäßigen Medikamenteneinnahme) gegeben sein muss und deshalb auch eine regelmäßige Lithium-Spiegel-Messung zum Nachweis dieser Compliance erforderlich ist.

Da beim Bw auch ein schädlicher Gebrauch von Alkohol diagnostiziert wurde,
ist auch aus ho. Sicht der Nachweis einer Abstinenz in Form der Vorlage eines CDT-Wertes erforderlich.

Insbesondere bei bipolaren Störungen (manisch-depressive Störungen) handelt es sich um eine psychische Störung, wobei der Affekt einerseits in Richtung Depression (gedrückte Stimmung) gehen kann oder in Richtung Manie (gesteigerte Stimmung). Diese Veränderungen können akut, chronisch oder episodisch auftreten, wobei es insbesondere zu Antriebsstörungen, körperlichen Spannungszuständen, formalen oder inhaltlichen Denkstörungen kommen kann, bei denen die Betroffenen unter willentlich nicht kontrollierbaren Schwankungen ihrer Stimmungslage leiden und gleichzeitig bei starker Ausprägung der Beschwerden die Fähigkeit zur angemessenen Prüfung der Realität eingeschränkt sein kann, sodass dieses übersteigerte Aktivitätsniveau seitens der Manie oder auch die übermäßig niedergeschlagene Stimmungslage mit Energielosigkeit im Bereich der Depression zu schweren Beeinträchtigungen der Fahrtüchtigkeit (Konzentration, Aufmerksamkeit, reaktiver Belastbarkeit) führen kann und die Fahreignung ausschließt.

Im Rahmen dieser Grunderkrankung ist deshalb eine regelmäßige fachärztliche Kontrolle sowie eine regelmäßige Medikamenteneinnahme erforderlich, ebenso auch die Alkoholabstinenz.

Es ist deshalb zu den genannten regelmäßigen Kontrollen des Lithium-Spiegels zusätzlich noch die regelmäßige Vorlage des CDT-Wertes zum Nachweis der Alkoholabstinenz bei schädlichem Gebrauch von Alkohol erforderlich.

Insbesondere besteht im Rahmen der bipolaren affektiven Störung speziell bei zusätzlicher Alkoholwirkung eine stark erhöhte Gefahr der Destabilisierung und des Kontrollverlustes, weshalb der Nachweis der Abstinenz erforderlich ist."

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen
die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2
bis 4 FSG) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen einzuschränken.

 

Gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund zum
Lenken von Kraftfahrzeugen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass
er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Auflagen anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann.

 

Personen, welche alkoholabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 (wiederzu-)erteilen.

 

Der Bw hat in der Stellungnahme vom 13.4.2010 – Parteiengehör zum amtsärztlichen Gutachten – ausgeführt, dass  

"im Rahmen dieses Gutachtens zwar die möglichen Folgen der Erkrankungen des Bw angeführt werden, nicht allerdings angegeben, ob aufgrund des konkreten Gesundheitszustandes des Bw geradezu angenommen werden muss, dass in absehbarer Zeit eine solche Folge iS einer Verschlechterung eintreten wird."

 

 

Dieses Vorbringen des Rechtsvertreters des Bw wäre zutreffend (gewesen), falls die belangte Behörde eine Befristung der Lenkberechtigung ausgesprochen hätte.

 

Im vorliegenden Fall wurde jedoch keine Befristung, sondern wurden gemäß
§§ 24 Abs.1 Z2 und 8 Abs.3 Z2 FSG sowie § 14 Abs.5 FSG-GV Auflagen vorgeschrieben.

 

Die amtsärztliche Sachverständige hat im Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass bei der dem Bw erteilten Lenkberechtigung die Vorschreibung der im erstinstanzlichen Bescheid enthaltenen Auflagen erforderlich ist.

 

Das Gutachten der amtsärztlichen Sachverständigen ist vollständig, schlüssig und widerspruchsfrei und wurde daher der Entscheidung zugrunde gelegt.

 

Ein von einem tauglichen Sachverständigen erstelltes Gutachten kann in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden.

Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, E 244 und E 245 zu
§ 52 AVG  sowie  Hengstschläger-Leeb, AVG-Kommentar, Rz 65 zu § 52 AVG, jeweils mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

 

Der Bw ist dem amtsärztlichen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene – also durch Vorlage entsprechender (Gegen-)Gutachten – entgegengetreten.

 

Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, der erstinstanzliche Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

Beschlagwortung:

Lenkberechtigung – Auflagen nach § 14 Abs.5 FSG-GV.

 

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