Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164829/11/Bi/Th

Linz, 12.04.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 16. Februar 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 8. Februar 2010, VerkR96-2227-2009-Hof, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 8. April 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entscheidung) zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einge­stellt, wobei Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38  Abs.1 lit.a und 5 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 70 Euro (48 Stunden EFS) verhängt, weil er am 7. Juli 2009, 14.03 Uhr, in der Gemeinde Vöcklabruck auf der B1 Wiener Straße – Kreuzung mit der Dr. Wilhelm Bock Straße bei Strkm 246.400 der B1, mit dem Sattelzugfahrzeug X und dem Sattelanhänger X trotz Rotlichtes der Verkehrslichtsignalanlage nicht an der Haltelinie angehalten habe, sondern weitergefahren sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 8. April 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, der Zeugen Meldungslegerin Insp. X (Ml) und GI X (GI X) sowie des kfztechnischen AmtsSV Dipl.HTL-Ing. X an Ort und Stelle durchgeführt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Die Beru­fungs­entscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe auf der Fahrt zur AVE nach Timelkam kein Polizeifahrzeug hinter sich gesehen, wohl sei aber eines bei der AGIP-Tankstelle gestanden. Er legt die Original-Tachografenscheibe vor und betont, er habe für die verbleibenden 6 oder 7 km zur AVE sicher noch 10 Minuten gebraucht und sei auf der rechten der beiden geradeaus führenden Fahrspuren gefahren.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berück­sichtigt, der Übertretungsort eingehend besichtigt, die beiden Polizeibeamten unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen und ein kfztechnisches Sachverständigengutachten eingeholt wurde.

 

Bei der Besichtigung der in Rede stehenden Kreuzung wurde festgestellt, dass dort in Richtung Timelkam 4 Fahrspuren vor der Kreuzung sind, nämlich einer für Rechtseinbieger, einer für Linkseinbieger und zwei in Fahrtrichtung gerade­aus; dort besteht eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h. Nach den Aussagen beider Polizeibeamten fuhr GI X mit einem Polizei­fahrzeug auf der linken geradeausführenden Fahrspur hinter 2 oder 3 Pkw, die vor der Kreuzung bei km 246.4 der B1 wegen des von nach 4x Grünblinken und Gelblicht wegen Rotlicht anhielten. Er hielt daher als 3. oder 4. Fahrzeug vor der Kreuzung an. Die Ml bestätigte, als sie angehalten hätten, habe rechts von ihnen ein Sattelkraftfahrzeug, von dem zunächst nur das Auflieger-Kennzeichen und die Firmenaufschrift "X" zu sehen gewesen seien und vor dem sich keine Fahrzeuge befanden, die Fahrt über die Kreuzung fortgesetzt, obwohl die Ampel auf Rotlicht geschaltet habe. Eine Anhaltung sei verkehrs­bedingt unmöglich gewesen, zumal sie sich nach dem Aufschließen an der übernächsten "Lindlbauer-Kreuzung" wieder hinter mehreren Pkw befunden hätten und dort auch für den Sattelzug kein Platz zum Anhalten gewesen wäre. Bei dieser Kreuzung hätten sie das Kennzeichen des Zugfahr­zeuges und vorne die Firmenaufschrift "X" abgelesen.   

Die Ml bestätigte, der Sattelzug sei ihr erst auf gleicher Höhe aufgefallen und ihrem Eindruck nach habe der Lenker beschleunigt, um noch hinüberzukommen; sie konnte nicht mehr sagen, ob sie dabei noch gerollt oder schon gestanden seien und ob die Ampel gerade im Umschalten auf Gelblicht gewesen sei oder bereits tatsächlich Gelb war.

Festgestellt wurde auch, dass die Ampeln auf dieser Kreuzung geradeaus auf der B1 nicht gleichgeschaltet sind, dh die Fahrzeuge in Richtung Timelkam haben noch Rot, während die Fahrzeuge in Richtung Regau schon Grün haben.

Die Zeit "14.03" stammt von der privaten Armbanduhr von GI X. Zu dieser Zeit hat sich der Sattelzug laut Tachografenblatt noch auf der Fahrt befunden, dh die Stehzeit bei der AVE begann eindeutig später; allerdings sind in diesem Bereich der B1 mehrere Ampeln und auch mehrere Fahrt- und Stehvorgänge des Sattelzuges nachzu­vollziehen, wobei die Zuordnung zu einer relativ ungenauen "Tatzeit" unmöglich ist.  

Unter Zugrundelegung der Länge eines Sattelzuges von etwas über 16 m, einer Geschwindigkeit von ca 60 km/h und der Entfernung des Streifenfahrzeuges beim Anhalten vor der Kreuzung von 15 bis 20 m zur Haltelinie – keiner der Zeugen konnte sich erinnern, ob 2 oder 3 Pkw vor ihnen waren – führte der SV aus, dass das Sattelkraftfahrzeug beim Rechts-Vorbeifahren am Polizeifahrzeug mit ca 60 km/h für die Wegstrecke von 15-20 m etwas weniger als 1 Sekunde brauchte. Legt man zugrunde, dass es beim Anhalten (Ausrollen) des Polizeifahrzeuges nach den Zeugen­aussagen "Gelb" oder "Gerade Gelb" war, heißt das, dass das Sattel­kraftfahrzeug entweder am Ende der letzten Grünphase oder am Beginn der Gelbphase über die Haltelinie gefahren ist. Es besteht kein Zweifel, dass die Ampel im Zuge des Überfahrens des Sattelzuges auf Rotlicht umgeschaltet hat. Eine Übertretung des Nichtanhaltens bei Rotlicht, dh ein Passieren der Haltelinie (schon) bei Rotlicht der VLSA kann unter diesen Voraussetzungen aber nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforder­lichen Sicherheit nachgewiesen werden. 

In rechtlicher Hinsicht war daher im Zweifel zugunsten des Bw spruchgemäß zu entscheiden, wobei Verfahrenskostenbeiträge naturgemäß nicht anfallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Tatvorwurf nicht erweisbar (Sattelzug mit 16 m Länge + ca. 60 km/h, Passieren der Haltelinie von Kreuzung bei letzten Grünblinken oder Gelblicht), Abstand Polizeifahrzeuge – Haltelinie nicht erweisbar -> Einstellung).

 

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