Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164891/6/Br/Th

Linz, 12.04.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Frau X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom  25. Jänner 2010, Zl. VerkR96-11567-2008, nach der am 9. April 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.   Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II. Es enfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2010 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2010 – VStG.

Zu II.:  § 66 Abs.1 u. 2 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über die Berufungswerberin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, wegen der Übertretung nach § 82 Abs.8, 2. Satz iVm § 134 Abs.1 KFG 1967, eine Geldstrafe von 220 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und wider sie folgender Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben es als Benutzer (gemeint wohl Benutzerin) eines Fahrzeuges mit einem ausländischen Kennzeichen, dieses länger als einen Monat nach der Einbringung des Fahrzeuges nach Österreich verwendet, obwohl Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind.

Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 KFG ist nur während eines Monats ab ihrer Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Das KFZ wurde am 21.05.2007 in Österreich eingebracht. Sie haben Ihren Hauptwohnsitz in Österreich und haben das KFZ zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort verwendet.

Tatort: Gemeinde Ostermiething, VVeilhartlandesstraße 501 und Gemeindegebiet Ostermiething;

Tatzeit: 09.10.2008 - 21.05.2007 – 09.10.2008;

Fahrzeug: Kennzeichen X, Motorrad, SONSTIGE Ducati, rot."

 

1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses hat die Behörde erster Instanz erwogen:

Die Ihnen umseits zur Last gelegte Verwaltungsübertretung ist aufgrund der vorliegenden Aktenlage festgestellt und als erwiesen anzusehen.

 

Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 01.12.2008 erhoben Sie mit Ihrem Schreiben vom 13.12.2008 rechtzeitig Einspruch und führten darin aus, das das gegenständliche Motorrad, Kennzeichen X, zwei Besitzer hat und da sich das Fahrzeug überwiegend in Deutschland befände, wurde es vom 2. Besitzer auf seinen Namen bei einer deutschen Versicherung versichert. Außerdem bestünde seit 2000 ein Doppelwohnsitz.

 

In der Folge wurde von Ihnen, nunmehr anwaltlich vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. X & X, am 16.02.2009 Akteneinsicht gewährt und rechtfertigten sich in Ihrer Stellungnahme von 25.03.2009 damit, dass es unrichtig sei, dass Sie das bezeichnete Motorrad länger als einen Monat in Österreich benützen würde. Das Fahrzeug würde nur sporadisch auf österreichischem Staatsgebiet eingesetzt und befände sich überwiegend am Zweitwohnsitz der Beschuldigten in X, X. Es bestünde daher keine Notwendigkeit eine Ummeldung im Sinne des § 37 KFG durchzuführen. Als Beweis forderten Sie die Einvernahme Ihrer Eltern.

 

Daraufhin wurde die Meldungsiegerin, Frau Insp. X, von der Polizeiinspektion X, unter Hinweis auf ihren Diensteid und ihre Wahrheitspflicht als Zeugin einvernommen und gab diese wie folgt zu Protokoll:

"Am 10.10.2008 mittags kam Frau X auf die Polizeiinspektion X um einen Wildschadensunfall mit dem auf sie zugelassenen Motorrades, KZ X, zu melden. Ich fragte sie nach Ihren persönlichen Daten und hier gab Sie mir Ihren österreichischen Wohnsitz in X, an.

Im Zulassungsschein des gegenständlichen Motorrades stand jedoch die deutsche Wohnanschrift X. Ich sprach sie auf das deutsche Kennzeichen an und meinte sie, sie hätte sich erkundigt und es wäre in Ordnung, dass das Fahrzeug auf ihren deutschen Nebenwohnsitz angemeldet ist.

Ich setzte sie davon in Kenntnis, dass dies nicht rechtens ist und sie ihr Fahrzeug auf den österreichischen Hauptwohnsitz anmelden müsse. Sie wirkte leicht verärgert und glaubte sich im Recht. Ich setzte sie davon in Kenntnis, dass ich diesbezüglich Anzeige erstatten werde. Nachdem der Wildunfall aufgenommen war, wurde die Amtshandlung beendet. Bezüglich des Einbringungsdatums kann ich heute nicht mehr genau sagen, ob Frau X das Datum nannte, oder ob ich es aus den Zulassungsdaten entnommen haben."

Ihr Vater, Herr X, gab unter Hinweis auf seine Zeugnisverweigerungsrecht und seiner Wahrheitspflicht als Zeuge folgendes zu Protokoll:

"Ich nehme von meinem Aussageverweigerungsrecht keinen Gebrauch und will aussagen. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, dass ich der Wahrheitspflicht unterliege und eine wissentliche Falschaussage strafgerichtliche Folgen hätte.

Bei dem Wohnsitz in X, X, handelt es sich um das Elternhaus meiner Gattin. Das Anwesen in X haben wir selbst gebaut. Meine Tochter ist dort mit Hauptwohnsitz gemeldet.

Es ist richtig, dass X die Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Motorrades ist Die Versicherung des Fahrzeuges läuft jedoch auf mich. Sie hat das Fahrzeug demnach auf den deutschen Wohnsitz angemeldet.

Es kommt auch vor, dass ich das Fahrzeug lenke, da ich Mitbesitzer des Motorrades bin. Wie lange sich das Motorrad in einem Stück in X befindet kann ich nicht sagen, da möchte ich mich auch nicht festlegen.

X ist etwa 15 km von unserem österreichischen Wohnsitz entfernt. Das Motorrad ist in der Winterpause in X untergestellt. Während den Sommermonaten steht es einmal dort und einmal da. Wie es eben hergeht."

 

Ihre Mutter, Frau X, gab unter Hinweis auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht und ihrer Wahrheitspflicht als Zeuge folgendes zu Protokoll:

"Ich nehme von meinem Aussageverweigerungsrecht keinen Gebrauch und will aussagen. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, dass ich der Wahrheitspflicht unterliege und eine wissentliche Falschaussage strafgerichtliche Folgen hätte.

 

Das Anwesen in X X, ist mein Elternhaus und bin ich die Eigentümerin. Meine Mutter lebt noch in diesem Haus und wird von mir und meiner Familie versorgt.

Meine Tochter X ist sowohl in X als auch in X mit Hauptwohnsitz gemeldet. Sie ist Besitzerin des Motorrades und Zulassungsbesitzerin. Die Versicherung läuft auf meinen Mann. Es handelt sich noch um eine günstigere Versicherungsmöglichkeit aus der Zeit unseres Geschäftes (Bäckerei in X). Mein Mann unterstützt damit unsere Tochter und fährt auch gelegentlich selbst damit

Da wir uns häufig in X aufhalten und dort auch eine versperrbare Möglichkeit des Abstellens gibt, war für uns klar, das Fahrzeug in X anzumelden. Es steht auch die ganze Winterpause dort.

X arbeitet in X und befindet sich X auf dem Nachhauseweg. Dabei versorgt sie auch ab und an meine Mutter und wechselt das Fahrzeug.

Natürlich fährt sie damit auch in X. Das ist ganz vom Wetter abhängig. Motorradfahren ist ihr Hobby und sie fährt damit nach Lust und Laune. Wie bereits erwähnt fährt auch mein Mann gelegentlich damit."

Diese Zeugenniederschriften wurden Ihnen mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 26.05.2009 zur Kenntnis gebracht und weiters ausgeführt, dass gemäß § 82 Abs. 8 2. Satz KFG 1967 Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen sind. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern.

Da Sie das Fahrzeug bereits am 21.05.2007 nach Österreich eingebracht haben und Sie Ihren Hauptwohnsitz bereits lange vor diesem Zeitpunkt in X, X, begründet haben, besteht der begründete Verdacht, dass Sie die Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Ihre Rechtfertigung, dass es unrichtig sei, dass Sie das bezeichnete Motorrad länger als 1 Monat in Österreich benutzen, geht fehl, da es nicht darauf ankommt, ob Sie immer wieder über die Grenze nach Deutschland fahren, sondern darauf zu welchem Zeitpunkt das Fahrzeug nach Österreich eingebracht wurde, nämlich am 21.05.2007. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Frist von einem Monat und wird durch etwaige Fahrten nach Deutschland nicht unterbrochen. Sie hätten somit längstens am 21.06.2007 den Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn abliefern müssen.

Die Zeugenbefragung Ihrer Eltern hat ergeben, dass Sie auch in Deutschland einen Wohnsitz haben und Ihr Motorrad dort in einer Garage abgestellt wird. Doch wie gelangen Sie dort hin, um das Fahrzeug zu wechseln? Es ist kein Fahrzeug mit österreichischem Kennzeichen auf Sie zugelassen?

 

Auf die Frage nach Ihrer Wohnanschrift anlässlich der Unfallaufnahme am 10.10.2008 haben Sie Ihren österreichischen Hauptwohnsitz genannt. Es liegt somit die Vermutung nahe, dass der österreichische Wohnsitz auch der Mittelpunkt Ihrer Lebensbeziehungen ist. Bisher ist es Ihnen nicht gelungen einen überprüfbaren Gegenbeweis anzutreten.

In Ihrer Rechtfertigung vom 13.08.2009 hielten Sie Ihre Einspruchsangaben vollinhaltlich aufrecht und verteidigten sich damit das gegenständliche Motorrad zu keinem Zeitpunkt nach Österreich eingebracht zu haben. Bezüglich des Fahrzeugswechsels gäbe es immer ausreichend Möglichkeiten, so zum Beispiel eine Fahrzeugwechsel (Auto/Motorrad) mit Ihrem Vater. Ihrer Rechtfertigung legten Sie sowohl eine Meldebestätigung der Gemeinde X als auch X bei, wonach Sie dort im jeweiligen Melderegister gemeldet sind.

 

Ihren Rechtfertigungsangaben ist nun folgendes entgegenzuhalten:

 

Gemäß § 82 Abs.8 KFG 1967 sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während eines Monats ab der Einbringung in das Bundesgebiet zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern.

Angewendet auf den gegenständlichen Fall begann die Frist daher mit 21.05.2008 zu laufen. Sie haben es bis zum 09.10.2008 unterlassen Ihrer Verpflichtung nach § 82 Abs 8 KFG nachzukommen.

 

Aus den Meldedaten geht hervor, dass Sie in X, Ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben und das seit mindestens X.

 

Nach § 1 Abs.7 des Meldegesetzes ist der „Hauptwohnsitz" eines Menschen an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat und dies ist nach Ansicht der Behörde Ihr Wohnsitz in Ostermiething. Schließlich haben sie auch anlässlich der Unfallaufnahme Ihren Wohnsitz in Ostermiething angegeben. Auch die Zeugenaussagen Ihrer Eltern entkräften diese Vermutung nicht.

 

Der in Deutschland begründete Hauptwohnsitz dient offensichtlich nur für die Zulassung und das eventuelle Überwintern des Fahrzeuges. Ihr Mittelpunkt des Lebensinteresses liegt jedoch in Ostermiething. Den Gegenbeweis konnten Sie mit keinerlei überprüfbaren Beweisen antreten.

 

Wie bereits ausgeführt kömmt es auch nicht darauf an," ob Sie immer wieder über die Grenze nach Deutschland fahren, sondern darauf zu welchem Zeitpunkt das Fahrzeug nach Österreich eingebracht wurde, nämlich am 21.05.2007. Ab diesem Zeitpunkt läuft die Frist von einem Monat und wird durch etwaige Fahrten nach Deutschland nicht unterbrochen.

 

Sie haben somit die Verwaltungsübertretung begangen und zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass Grundlage hiefür gemäß § 19 VStG 1991 stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Beim vorgegebenen Strafrahmen - bei § 134 Abs. 1 KFG 1967 bis zu € 5.000,- - ist die verhängte Strafe auch dem Unrechtsgehalt der Tat angepasst und schuldangemessen.

 

Da Sie trotz Aufforderung vom 26.05.2009 Ihre Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht bekannt gegeben haben, wurde bei der Bemessung der Strafe von der Ihnen mitgeteilten Schätzung (ca. 1.200,- mtl. Nettoeinkommen, kein Vermögen, zwei Sorgepflichten) ausgegangen.

 

Ihre bisherige Unbescholtenheit wurde strafmildernd gewertet.

Eine niedriger Straffestsetzung war jedoch sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen nicht möglich.

Die Voraussetzungen zur Anwendung des § 20 bzw. § 21 Abs. 1 VStG 1991 liegen nicht vor.

 

Die Vorschreibung des Verfahrenskostenbeitrages gründet in der bezogenen Gesetzesstelle. Es war spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. Die Berufungswerberin wendet sich dagegen mit ihrer dagegen fristgerecht und fälschlich jedoch als Einspruch bezeichneten Berufung. Im Ergebnis verweist sie darin auf den seit Jahren in Deutschland bestehenden Wohnsitz, sowie die Finanzierung dieses Fahrzeuges über eine deutsche Bank. Der Fahrzeugbrief als Pfand sei bei der Bank hinterlegt. Die Berufungswerberin verweist abermals auf ihren Wohnsitz in X der nicht erfunden sei. Ebenso verweist sie auf die kostengünstigere Anmeldung in Deutschland und den weiterhin in Deutschland bestehenden Wohnsitz.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Die Meldungslegerin Insp. X wurde als Zeugin einvernommen. Die Berufungswerberin, die berufsbedingt an der Berufungsverhandlung entschuldigt nicht teilzunehmen in der Lage war, wurde durch deren Mutter, X, deutsche Staatsbürgerin, wh. in X, vertreten. Auch eine Vertreterin der  Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung  teil.

 

4. Sachverhalt:

Eingangs wird festgestellt, dass der Berufungswerberin die h. Ladung zur Berufungsverhandlung an die deutsche Wohnadresse zugestellt wurde, wobei sie laut Zustellnachweis persönlich am 27.3.2010 übernommen wurde. Alleine dies kann bereits als überzeugendes Indiz der nicht bloßen Scheinanmeldung  in Deutschland herhalten.

Im übrigen wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung durch Vorlage eines Reisepasses belegt, dass die Berufungswerberin jedenfalls die Deutsche aber laut deren Vertreterin auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Wie sich insbesondere aus Seite 49 bis 51 (Zeugenaussagen der Eltern), sowie den Seiten 63 u. 64 des Aktes ergibt, ist die Berufungswerberin wohl in Österreich geboren und durchgehend mit Hauptwohnsitz in Österreich, aber auch seit 9.10.2000 (in X) in der Bundesrepublik Deutschland gemeldet. Von dort aus wird das Motorrad überwiegend von der Berufungswerberin als auch gelegentlich von deren Vater benützt. Das die Zulassungskosten in Deutschland günstiger sind vermag die sachliche Basis für die Zulassung dieses Fahrzeuges in Deutschland für eine deutsche Staatsbürgerin, mit familiären Hausbesitz und Wohnsitz in Deutschland, wohl kaum  in Frage zu stellen.

Das bücherliche Eigentum der Familie X an der Liegenschaft in X, wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung durch Vorlage einer entsprechenden gerichtlichen Bestätigung nachgewiesen.

Im Rahmen der Befragung der Mutter als  Vertreterin der Berufungswerberin, auf deren zusätzliche zeugenschaftliche Vernehmung verzichtet werden konnte, gelangte glaubhaft zum Ausdruck, dass die Berufungswerberin das Erdgeschoss des dortigen Wohnhauses für sich allein bewohnt und auch diese Örtlichkeit im Ergebnis als  Mittelpunkt ihres Lebensinteresses angesehen werden kann. Jedenfalls ist das Fahrzeug dort auf Dauer eingestellt und wird überwiegend  von dort aus von der Berufungswerberin benützt. Das es auch gelegentlich von deren Vater (Zeugenaussage Seite 67 des Aktes) bentützt wird ist unbeachtlich.

 

4.1. Im Zuge der Unfallaufnahme wegen einer Kollision mit einem Feldhasen wurde der Widerspruch des Hauptwohnsitzes in Österreich in Verbindung mit der Fahrzeuganmeldung an der deutschen Adresse bekannt. Die diesbezüglich zeugenschaftlich befragte Meldungslegerin hat jedoch keine Feststellungen getroffen, dass dieses Fahrzeug nach Österreich eingebracht anzusehen wäre.  Vielmehr scheint die Berufungswerberin bereits zum Zeitpunkt der Konfrontation mit der von der Behörde erster Instanz vertretenen Rechtsauffassung auf ihren Wohnsitz auch in Deutschland hingewiesen zu haben.

Es kann letztlich dahingestellt bleiben inwiefern es zu der Benennung des Wohnsitzes in Österreich als Hauptwohnsitz gekommen ist. Die Vertreterin der Berufungswerberin machte jedenfalls glaubhaft, dass der Wohnsitz in Deutschland als Mittelpunkt des Lebensinteresses der Berufungswerberin angesehen werden kann. Durchaus glaubhaft erscheint auch der Hinweis wonach ein Unterschied zwischen Haupt- u. Zweitwohnsitz der deutschen Rechtslage fremd ist. Jedenfalls kann an der Rechtmäßigkeit der Anmeldung des in Deutschland stationierten und dort von einer deutschen Staatsbürgerin finanzierten Motorrades kein Zweifel gehegt werden.  Daher konnte letztlich der Verantwortung der Berufungswerberin im vollem Umfang gefolgt werden, indem sie zweifelsfrei und überzeugend den Gegenbeweis des dauernden Fahrzeugstandortes in Deutschland darzulegen vermochte.

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 82 Abs.8 KFG sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage zulässig. Nach Ablauf dieser Frist sind der Zulassungsschein und die Kennzeichentafeln der Behörde, in deren örtlichem Wirkungsbereich sich das Fahrzeug befindet, abzuliefern. Die Ablieferung begründet keinen Anspruch auf Entschädigung.

Aufgrund dieser Rechtslage sind demnach Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen (zur Standortvermutung vgl. auch ARBÖ-Kommentar zur StVO - CD-Rom Ausgabe 8/99).

 

Die Verwendung solcher Fahrzeuge ist nur während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage, somit nur vorübergehend, zulässig.

Da die Berufungswerberin als deutsche Staatsbürgerin nicht nur einen Wohnsitz, sondern auch eine Liegenschaft an ihrem Zweitwohnsitz in Deutschland hat, ist alleine schon dadurch der Beweis betreffend die dortige Standortvermutung als erbracht anzusehen. Das sie damit auch nach Österreich fährt steht dieser Standortvermutung nicht entgegen.

Die Ausdehnung der Beweislast für die Führung des Gegenbeweises, so wie dies aus der  Begründung der Behörde erster Instanz hervorleuchtet, darf nicht so weit führen, dass die Verwendung eines in Deutschland zugelassenen Kraftfahrzeuges seitens einer mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldeten Person, gleichsam auf einer im Ergebnis unwiderlegbaren Vermutung hinausliefe.

Vielmehr stellt sich hier die Faktenlage durchaus so, dass dieses Fahrzeug mit gutem Grund im Deutschland  angemelet wurde, zumal es nicht nur von einer deutschen Staatsangehörigen gehalten wird und darüber hinaus auch noch von einer deutschen Bank finanziert wurde.

Auch daran kann die Annahme geknüpft werden, dass dieses Fahrzeug primär dem dortigen Standort zuzuordnen ist.

Diese rechtliche Schlussfolgerung kann durchaus auch mit dem § 40 Abs.1 zweiter Satz in Einklang gebracht werden, welcher lautet: "Als dauernder Standort eines Fahrzeuges gilt der Hauptwohnsitz des Antragstellers, bei Fahrzeugen von Unternehmungen der Ort, von dem aus der Fahrzeughalter (hier die Berufungswerberin) über das Fahrzeug hauptsächlich verfügt;

Es müsste nicht zuletzt als geradezu realitätsfern und mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot in einer insbesondere durch das Gemeinschaftsrecht länderübergreifenden Wirtschaftsgeschehen abträglich und letztlich rechtsstaatlich bedenklich bezeichnet werden, dem Kraftfahrrecht eine Intention zuzusinnen, die einer Fahrzeuganmeldung an einem Zweitwohnsitz entgegenstehen würde, indem es etwa genauer Prognosen bedürfte wo dieses Fahrzeug quantitativ im Einsatz stehen wird (VfSlg. 12947). Dies trifft umso mehr für einen Fall zu wo Wohnsitz und Staatsbürgerschaft der Eigentümerin mit der Zulassung ident sind.

Ob eine Norm dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot entspricht, richtet sich im übrigen nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gegenstand und dem Zweck der Regelung. Daß sich in Einzelfällen bei der Interpretation Schwierigkeiten ergeben, macht die Regelung noch nicht - im Hinblick auf Art. 18 B-VG - verfassungswidrig. Auch in der Vollziehung eines Gesetzes gilt es diesen Grundsatz nicht aus dem Auge zu verlieren, wobei  insbesondere die seit Stammfassung des KFG durch den Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft eingetretene Öffnung der Grenzen und der Märkte, eine zu enge Auslegung zu keinem verfassungswidrigen Ergebnis führen darf.

Wenn letztlich die Behörde erster Instanz im Hinblick auf die im Zusammenhang mit einer Anzeige  wegen eines Wildunfalls  von bei der Polizeiinspektion X bereits am 17.11.2008 zu Zeiträumen der Tatbegehung [der Einbringung nach Österreich] zwischen 21.5.2007 bis 9.10.2008 gelangte, entzieht sich dies letztlich auch einer obektiven Nachvollziehbarkeit und könnte allenfalls eine Standortvermutung in Österreich nur als eine nicht beweistaugliche Präsumtion qualifiziert werden (vgl. auch VwGH 21.9.2006, 2006/15/0025  und VwGH 25.1. 2006, 2001/14/0170).

 

Das angefochtene Straferkenntnis war daher mangels objektiver Tatbegehung zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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